Eine Stunde in einem türkischen Gerichtssaale

Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Eine Stunde in einem türkischen Gerichtssaale
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 549–550
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[549]
Eine Stunde in einem türkischen Gerichtssaale.

Wir kamen eine Stunde früher, ehe Aslan Pascha Audienz gab und zu Gericht saß, im Divan an. Der Bote, welcher gesandt worden war, uns zum Pascha zu geleiten, theilte uns mit, daß wir im Bureau des Aufsehers willkommen sein und den Pascha finden würden. Und da fanden wir ihn richtig, auf seinen Knien kauernd, umgürtet von den Gewändern seiner Würde.

„Khosch bulduk“ (Wohl gesunden) rief unser Führer Sarim Bey. „Burum!“ (Willkommen!) rief der Pascha.

Man winkte uns zu einem Sitze, den wir sofort einnahmen. Tschibuks mit dicken Bernsteinspitzen wurden uns gereicht und mit würziger Kohle angebrannt, worauf wir mit echt muselmännischer Apathie und Schweigsamkeit rauchten, wie der Pascha.

„Wie gehts?“ fragte endlich Sarim.

„Giedillah, Effendim“ (ich bin sehr krank) antwortete der Pascha, seine dicke gelbe Spitze einen Augenblick aus dem Munde nehmend.

„Min Allah!“ (Das wolle Gott nicht!) rief Sarim.

„Es ist wahr!“ versetzte der Pascha.

Langes Schweigen nur durch Tschibukdampfen unterbrochen.

„Was haben Sie jetzt für Arbeit vor?“ fragte Sarim nach langer Pause.

„Bosh!“ (Nichts!) entgegnete der Pascha zugleich mit einem Paff.

„Das ists – deshalb ist er krank,“ rief der Kadi, ein Unterrichter, der in des Paschas Abwesenheit Recht spricht. „Mein Herr ist der Herr und ich bin sein Sklave. Haben wir nicht den Schurken, der Bokschaliks (Geld aus der Zeit Mahmuds) nachmachte?“

„Benezer, Sie sind ein Esel, Kadi,“ war des Paschas Antwort. „Maschal’lâh, was kommt bei einem solchen Processe heraus? Die Arbeit lohnt nicht. Wahrscheinlich trägt der griechische Hallunke alle seine Piaster auf dem Rücken (d. h. er hat nichts). Unsere Casse ist niedrig, und wir brauchen Kläger und Verklagte, die ihre Gerichtskosten aus voller Börse bezahlen können. Deshalb sag’ ich noch einmal, Benezer, daß Sie ein Esel sind und der Sohn eines Esels.“

„Auch ist ein reicher Pascha unterwegs,“ fuhr der Kadi fort, ohne den ihm zugesprochenen Stammbaum in Frage zu stellen, „um die Hülfe des Lieblings vom Padischah (dem Sultan), Ihre Hülfe, mein Gebieter, anzuflehen. Ich weiß, daß er reich ist, wie König Karuun (der Crösus des Ostens), und seine Piaster umherstreut, als wären sie Feigenstaub!“

„Tschok tschai“ (das ist viel), erwiderte Aslan. „Und Sie glauben, daß er Geld hinter sich lassen wird?“

„Mein Gebieter ist weiser, als ein Karabasch. Sein Scharfsinn dringt in den Mittelpunkt aller Dinge, und nichts ist verborgen vor seinen Augen. So ist’s, wie mein Gebieter gerathen.“

„Es ist gut!“ entgegnete der Pascha. „Wenig sind der Piaster, die letzthin ihren Weg in den Schatz gefunden haben. Inschal’lâh (ich hoffe zu Gott), daß es so sei, wie Sie gesprochen, Benezer. Die Achtung vor der Gerechtigkeit muß im Verfall sein, sonst würden wir nicht so magere Geschenke bekommen. Ein Bokschah oder Anali (Taschentuch oder Handspiegel), das hält man jetzt für entsprechende Spenden an die Vertreter des Herrn der drei Meere. Doch nun vorvärts. Es ist Zeit. Gel!“ (Komm!)

Der Pascha arbeitete sich mit großer Anstrengung auf seine Füße, wobei ihm zwei Nefers[1] wörtlich unter die Arme griffen. Als diese ihn wie einen Leuchter oder eine Puppe auf die Füße gebracht hatten, unterstützten sie den Gapsenden und Wankenden unter den Ellenbogen und machten es dem „Günstling des Padischah“ möglich, vorwärts zu schreiten. Ihm folgten sechs Soldaten der Garde und ein Officier, außerdem sein Schwertträger, sein Oberster der Kaffeebereiter, der Spiegel- und Börsenträger, der Träger und Füller der Pfeife, zwei Mantelträger, ein Träger des großen Mantels, sein Hauptmann des Marstalls, der Inspector, der Aufseher, der Executor und Henker und noch viele untergeordnete Beamte.

Langsam und feierlich ließen ihn die Nefers auf die weichen, einsinkenden Kissen des Divan am obern Ende der Audienz- und Gerichtshalle nieder. Die Menge der Kläger und Verklagten, welche am Eingange zu beiden Seiten standen, falteten demüthig über die Brust ihre Hände, breiteten dann die innern Handflächen nach oben aus, und stürzten sich mit der Stirn gegen die Erde. Die Beamten an der Thür trieben dann die Leute heran, den Saum des Gewandes vom Pascha zu küssen. Aber der Pascha war sehr gnädig und herablassend, und gab den Nahenden freundlich die Hand. Jeder nahm diese mächtige Hand mit vieler Andacht, beugte sich nieder, und legte sie sich ein Weilchen auf seinen Kopf.

„Lah illàh el il l’Allàh! Muhamed il resul Allàh!“ (Es gibt keinen Gott, als Gott! Muhamed ist der Prophet von Gott) rief der Secretair des Gerichts mit singender Feierlichkeit. „Allàh schekier! (Lob sei Gott) Die ganze Erde muß kommen für Gerechtigkeit in diese Zuflucht vor das Auge des Schattens vom Padischah. Laßt nun Alle, die Gerechtigkeit wollen, darum bitten und sie sollen die Gabe erhalten!“

Als der Secretair diese Worte gesprochen, machte sich ein ältlicher Türke mit grauem Bart aus der Menge los, schritt rasch durch die Halle bis in die leere Mitte, warf sich auf seine Kniee und murmelte dreimal: „Gerechtigkeit! Gerechtigkeit! Gerechtigkeit!“

Der Secretair breitete Pergament auf seinen Knieen aus, tunkte die Feder in das Tintenfaß an seinem Gürtel, und hielt sich bereit, die Sprüche des Spiegels der Gerechtigkeit niederzuschreiben.

„Wer ruft um Gerechtigkeit? Sprich! Wir hören!“ sagte der Pascha.

„Möge das Leben meines Herrn sein, wie seine Macht, ohne Ende und sein Schatten nie abnehmen!“ rief der alte Türke. „Der Ruf meines Herrn hat sogar die Thore von El Masr (Cairo) erreicht, und das Licht seines Scharfsinnes entdeckt Geheimnisse, verborgen in der Finsterniß der Mitternacht. Deshalb bin ich gekommen, ich Suleiman, der Specereihändler von Divan Yuli (Divanstraße), um den Richterspruch des Widerscheines vom Padischah gegen Ibu Scheitan Kahuur, den schwarzen Sclaven, der meine Casse hat in meiner Abwesenheit, zu erflehen.“

„Gut. Du sollst haben, was Recht ist. Denn bin ich nicht hier wie der Padischah selbst, die Sonne der Gerechtigkeit und der Schatten des Universums?“ rief der Pascha.

„Taibin! Taibin! (Ausgezeichnet! Sehr gut!)“ schrieen die Beamten in seiner Nähe, und ein Beifallsgemurmel lief durch den ganzen Saal.

„Mein Herr, der Pascha,“ nahm der alte Türke wieder das Wort, „haben ohne Zweifel den Ruf Suleimans vernommen, der die kaiserlichen Essenzen bereitet. Ich habe die Eigenschaften wohlriechender Pflanzen zu meiner Wissenschaft gemacht, bis ich alle Gelehrten dieses Faches herausfordern konnte. Selbst die Wissenschaft der Franken ist nur ein Stäubchen in der Sonne meiner Wissenschaft von allen wohlriechenden Essenzen. Vor einigen Wochen erfand ich nach hundert kostbaren Versuchen eine neue Essenz, deren Vorzüge alle andern Essenzen unter dem Himmel zusammengenommen übertrafen. Ein einziger Zug davon mit dem Athem war wie der Eingang in’s Paradies. Ein Fläschchen davon blos zu öffnen, gab so viel Wonne, wie die Bekehrung aller Ungläubigen. Sie war geboren aus dem Geist der Rose, und wer sie roch, brauchte lange Zeit, um vor Entzücken wieder zu sich zu kommen. Dieser Sohn hier eines verbrannten Vaters stahl mir nun die einzige Flasche dieser Essenz, klein wie eine Erbse, verkaufte sie an einen listigen Franken, der die Natur dieser Essenz entdeckte und nun nachmacht. Dieser Kahuur hat mich und die höchsten Harems und die Houris im Paradiese um die höchste Wonne gebracht.“

„Kahuur, tritt vor!“ befahl der Pascha.

Der schwarze Nubier ward hervorgestoßen. Er warf sich winselnd auf den Boden und schrie um Gnade. Aber auf des Pascha’s Befehl ward er in eine Ecke gebracht, an den Füßen entblößt und an eine Holzstange gebunden, die von zwei Männern gehalten wurde, während sie mit den freien Händen dicke lederne Riemen hervorzogen, um wechselsweise die nackten Füße zu schlagen. Der Schwarze schrie fürchterlich, seine Augen rollten entsetzlich vom Boden herauf, in welchen er biß, den er mit den Handen kratzte. Die beiden Diener der Gerechtigkeit fuhren ruhig fort, die Füße [550] des Schuldigen zu bearbeiten, bis der Pascha sein Themum! (Genug!) rief. Der Schwarze ward jetzt losgebunden, und auf den Händen kriechend zur Thür hinausgelassen.

Jetzt warf sich ein alter Jude hervor und begann seine Klage: „Ich rufe zur Glorie der Wahrheit! Werd’ ich rufen vergebens zu dem allmächtigen Pascha, welcher der Athem ist in den Nasenlöchern seines Sklaven? Ich machte ein Geschäft mit dem schmutzigen Griechen Angiolo.“

„Angiolo trete vor!“ rief der Pascha, und es geschah. Der Jude fuhr fort:

„Ich kam mit ihm überein, o Rose der Gerechtigkeit, ihn zu machen zum Eigenthümer von zwei Packeten meiner feinsten Bokschäs für –“

„War die Steuer darauf bezahlt?“ unterbrach ihn der Pascha.

„Die Weisheit des Spiegels der Gerechtigkeit ist wunderbar!“ rief der Jude. „Alle Geheimnisse liegen vor ihm, wie die Erde um Mittag vor der Sonne. Wer kann etwas bergen vor der Sonne aller Wissenschaft? Bei den Gebeinen Abrahams, würde ich nicht thörichter sein, wie ein Hund, wollte ich etwas zu bergen suchen, der ich weniger bin als ein Sklave in seinen Augen? Ich brachte die Tücher in’s Zollhaus, aber Namik, an welchen ich alle Steuern zahle, war abwesend. Ich zeigte die Tücher seinem Secretair und sagte ihm, daß ich schon einen Käufer für sie habe, und die Steuer später bringen werde.“

„Latitscha,“ rief der Pascha dem Secretair zu, „schreib, daß der Jude 100 Piaster Strafe wegen Umgehung der Steuer zu zahlen hat, und Angiolo, der Grieche, 50 Piaster wegen Ankauf unversteuerter Waare. Wo verkauftest Du die Tücher, Ungläubiger?“

„Im Bazaar,“ jammerte der Jude händeringend.

„Also in der Stadt, Latitscha, schreib, daß der Jude außerdem 100 Piaster zu zahlen hat wegen verbotener Geschäfte in der Stadt. Hebräer, Deine Sache ist abgethan. Nein! Latitscha, schreib, daß der Jude noch andere 100 Piaster Avania wegen grundloser Klage zahlen muß. Nun ist’s gethan.“

Unter allgemeinem Beifall wand sich der alte, weißbärtige Jude zum Saale hinaus, in welchem jetzt ein Beamter eine jener alten Weiber vorführte, die man in türkischen Städten so häufig als Hausirer mit Blumenbouquets, Zauberformeln, Parfümerien und „Geheimnissen für die Harems“ antrifft.

„Welche Klage liegt gegen dieses Weib vor?“ frug der Pascha den Beamten Saider.

„Keine,“ antwortete das Weib, „keine, Effendiman!“ (mein Meister).

„Dies Weib,“ antwortete Saider, „ist schon öfter wegen ihrer Missethaten vor Gericht gewesen. Es ist die bekannte Seinip Hanum.“

„Was hat sie gethan?“ frug der Pascha.

„Nichts, Effendiman,“ antwortete sie zuversichtlich. „Saider gibt mir Schuld, was eine Tochter von einem Kamal gethan, welche gewisse Botschaften in den Harem von Saraf Pascha einschmuggelte.“

„Thaten Sie nichts Aehnliches?“ frug Aslan.

„Nicht jetzt, mein Auge! Nicht daß ich leugnen sollte, früher solche Dienste, für manchen Sikdam (jungen Herrn) der Stadt geleistet zu haben. In den feinsten Harems hab’ ich Kleinodien verkauft, mit den Worten der Leidenschaft darauf von Goldstaub auf Rosenblättern. Ich habe –“

„Maschallah, sie spricht von Dingen, die schandbar zu hören sind. Was soll’s mit diesem Weiber-Bosch?“

„So sagen sie Alle öffentlich,“ erwiderte die unerschütterliche Seinip. „Aber sehen Sie, Effendiman! Seinip weiß Diamanten von Kohle zu unterscheiden und falschen Zorn von wahrer Leidenschaft. Seht, was ich für Kostbarkeiten in meinem Korbe habe! Seidene Shawls, umgeben von Liebesballaden des Hafiz in echtem Golddruck, Specereien von Arabien und fernern Ländern über den Meeren, Bilder mit Rahmen voller Herzensergießungen und Calams (Federn), deren Worte, wenn discret damit geschrieben, sanfter athmen, wie der Duft von Rosen, Bouquets zum Schutz gegen das böse Auge, Zaubersprüche und Ringe und Amulets und – was ich Ihnen besonders empfehle, Effendiman, ein Kästchen mit Essenzen und Liebesgetränken, mit einem Zauberspruch am Boden, durch welchen, wenn das Kästchen bei abnehmendem Monde die Nacht hindurch ungeschlossen bleibt, am Morgen jedesmal hundert Piaster gefunden werden.“

„Inschallah, Ihr Geheimniß ist werth zu lernen!“ rief der Pascha.

„Effendiman, mein Auge, da ist es!“ rief das Weib, indem sie das Kästchen ihm hinauf reichte.

„Latitscha!“ rief jetzt der Pascha, „schreib: Saider hat 50 Piaster Strafe wegen falscher Anklage gegen eine gute Muhamedanerin zu zahlen.“

Nach diesem Spruche des Lichtes der Gerechtigkeit entstand eine große Bewegung im Saale. Eine junge Dame in feinster Kleidung trat plötzlich aus einem Nebengemache hervor mitten in den Saal.

Der Pascha und alle seine Beamten sahen mit verstohlenen Blicken auf die reizende Creatur. Ihre großen, schwarzen Augen strahlten mit dem unheimlichen Feuer, den die Schönen vornehmer Art auf Kosten ihrer Gesundheit durch den Gebrauch der Belladonna erkaufen. (Auch Arsenik gibt unnatürlichen Augenglanz, wie viele englische Damen wissen und beweisen.) Die Wangen glänzten weiß und marmorn aus dem feinen Nebelschleier ihres Yasschmack, mit röthlichen Hauchen in der Mitte. Die langen Aermel ihres Mantels waren zurückgeschlagen und enthüllten runde, alabastern scheinende Arme. Ein Kranz von Perlen und Blumenzweigen band einen Theil ihres sonst frei fließenden, lockigen schwarzen Haares in reizendem Contraste zu schneeweißen Schultern.

„Salam Aleikum!“ (Friede sei mit Euch!) rief sie ohne Spuren der Demuth und Sklaverei, und fuhr mit gebieterisch erhobenem Finger fort: „Pascha, ich verlange Ihren Schutz gegen meinen Gatten!“

„Inschallah!“ rief dieser. „Ein Weib hat kein Recht, die Wünsche ihres Gatten zu bestreiten, außer in Fällen von Blödsinn oder Grausamkeit. Er ist ihr Herr und sie dagegen Bosch, weniger als Bosch in seinen Augen.“

„Wallah!“ rief die Schöne mit höher erhobenem Finger. „Er ist ein Grausamer und Blödsinniger dazu, seinem Weibe so zu begegnen. Ich hatte eine Sklavin, Saida Hanum, vor meiner Verheirathung und brachte sie mit. Er sah auf sie mit unverschämtem Auge. Ich sandte sie deshalb fort zu einer Freundin. Aber er fand sie aus, und brachte sie zurück.“

„Warum zeigten Sie ihm nicht die Sohlen Ihrer Schlafschuhe?“

„Ich that es, mein Herr, und hatte schon Lust, sie auch mit seinen Ohren in Berührung zu bringen.“

„Guzel! Guzel!“ (Sehr gut! Sehr gut!) rief der Pascha, während die Schöne einen schweren Beutel Geldes hervorzog und ihn zu ihm hinauf befördern ließ.

„Wenn weitere Kosten entstehen,“ setzte sie hinzu, „laßt sie durch den Secretair einziehen. Ich brauche hier nicht zu sparen.“

„Guzel! Guzel!“ rief der Pascha nochmals, und setzte hinzu: „Die Sache ist sehr ernst, wenn ein Weib, ruhig und harmlos, wie Sie sich zeigen, genöthigt wird, den Boden ihres Schlafschuhs gegen die Ohren ihres Gatten zu bringen. Ich sehe, daß Sie im Rechte sind, an Ihrer Ruhe, denn diese ist blos mit dem Gerechten. Ich will ein Schreiben an Ihren Gatten senden, welches ihm das Recht zeigen soll. So lange der Günstling des Padischah zu Gericht sitzt, soll kein Weib ungerecht von ihrem Gatten behandelt werden.“

Die Schöne machte ihr graziöses, würdevolles „Salam“, der Pascha erwiderte es, und sah der leise Abtretenden entzückt nach. Dann erklärte er sich für zu müde, um noch weiter Recht sprechen zu können. Er übergab also die weitere Rechtspflege dieses Tages und seinen Platz dem Kadi. Von seinen Nefers geführt und halb getragen, von seinen Beamten und Dienern umgeben, zog sich der Pascha wankend und wackelnd zurück. Wir folgten ihm, hinlänglich belehrt und unterrichtet über türkische Rechtspflege.




  1. Nefers sind Männer von besonderer, vermeintlicher Reinheit. Sie tragen Weiberhaar um Hals und Schultern.