Eine Nordpolfahrt der Zukunft
Eine Nordpolfahrt der Zukunft.
Gut Ding will Weile haben!
Und so wird noch mancher stolze Kiel die Fluthen der Eismeere durchschneiden und seine Widerstandsfähigkeit in den harten Stürmen der arktischen Zone erproben müssen, manch kühner Forschergeist wird noch an den Schnee- und Eisfeldern der Polarländer und Meere erlahmen, ehe es gelingen dürfte, das Banner der Wissenschaft an dem einen Endpunkte der Erdachse, auf dem Nordpol, zu entfalten.
Die bisher von einem Schiffe (Dampfer) erreichte höchste nördliche Breite liegt unter 82° 27′, bis zu welchem Punkte der „Alert“, eines der beiden Schiffe, welche die Engländer 1875 zur Erforschung des Nordpols ausgerüstet hatten, unter Capitain Nares am 11. September 1875 durch den Kennedycanal an der Westküste Grönlands vordrang. Diese Expedition kam auch mittelst Schlittenreisen am weitesten gegen Norden vor, und so konnte Schiffslieutenant Markham am 12. Mai 1876 unter 83° 20′ nördlicher Breite die englischen Farben im altersgrauen Spiegel des ewigen Ureises zurückstrahlen lassen.
Nicht minder günstige Resultate hatte auch bereits die österreichische Expedition Anfangs der siebenziger Jahre zu verzeichnen gehabt, bei welcher das schon im Winter 1872 frühzeitig an der Westküste von Nowaja-Semlja im Eise festgefrorene Schiff „Der Tegetthoff“, in einem mächtigen Eisfelde treibend, am 31. October 1873 bis 79° 51′ nördlich von den zuvor genannten Inseln geführt und festgelegt wurde, von welchem Orte aus später zu Schlitten bis 82° 5′ nordwärts gedrungen und das von der Expedition so benannte Franz-Joseph-Land entdeckt werden konnte.
Sämmtliche übrigen Nordpolfahrten, auch die deutschen, blieben weit hinter diesen erreichten hohen geographischen Breiten zurück. So wurde in den Jahren 1880 und 1881 Franz-Joseph-Land von Neuem durch die Engländer aufgesucht. Diese Reise endete aber, wie diejenige des „Tegetthoff“, mit dem Einfrieren und dem Verluste des Schiffes, und kehrte die Expedition, nachdem der Winter 1881 zu 1882 auf Franz-Joseph-Land zugebracht worden war, zu Schlitten und mittelst Boote nach Nowaja-Semlja zurück, woselbst sie, wie früher die „Tegetthoff“-Fahrer, von einem Schiffe aufgenommen wurde.
Auch ein dritter Weg zum Nordpole, welchen die Amerikaner im Jahre 1879 durch die Behringstraße einschlugen, führte zu keinem Resultate. Die „Jeanette“, am 8. Juli desselben Jahres von San Francisco ausgelaufen, saß bereits am 7. September in einem Eisfelde nördlich der Heraldinsel fest, in welchem sie am 17. Juni 1881 nach zweijährigem Umhertreiben in der Nähe der neusibirischen Inseln zu Grunde ging. Die Mannschaften retteten sich zwar mit den Booten nach Sibirien an die Lenamündungen, jedoch kamen der Capitain de Lony und zwei Drittel der Mannschaft in den Schneefeldern um, und ihre Leichen wurden erst im März 1882 aufgefunden.
Es ist keine Frage, daß die bisher bei der Erforschung der Polargegenden gemachten Erfahrungen, wenn auch nicht gerade abschreckend, so doch immerhin entmuthigend wirken müssen und jedenfalls darauf von Einfluß sind, daß einmal gemachte Entdeckungen nicht sofort weiter fortgesetzt und auf der erlangten Basis weiter durchgeführt werden.
Doch soll nach allen diesen Erfahrungen und Enttäuschungen die Erforschung jener eisumsponnenen Zone aufgegeben werden? Gewiß nicht! Was der Mensch mit einem, wenn auch öfter unternommenen, kühnen Anlaufe nicht erreicht, das hat er oft später in langsamem und schrittweisem Ringen durchzuführen gewußt.
Die Anordnungen und Mittel, welche bisher bei den ausgeführten Nordpolfahrten getroffen, bezüglich angewendet worden sind, entsprechen noch nicht völlig den in den arktischen Regionen herrschenden klimatischen Verhältnissen. Nach unserer Meinung sind namentlich zwei Momente vergessen worden, deren Mitwirkung für die Erreichung eines erfolgreichen Ergebnisses als durchaus erforderlich anzusehen sein dürfte.
Wir meinen zunächst die Einrichtung von Stationen, welche für die Dauer vieler Jahre ausgerüstet sein müßten, an den bisher zu Schiffe erreichten Punkten, dann aber auch die Anwendung eines Kommunikationsmittels, welches unabhängig vom Wasser, vom Eis und von der Erde es gestattet, weiter vorzudringen.
Der Anfang hierzu ist bereits gemacht, und mit Stolz können wir hervorheben, daß auch Deutschland im Kreise der internationalen Stationen vertreten ist, welche als Basis für spätere Erforschungen der Pole von allen cultivirten Völkern der Erde, wenn auch augenblicklich nur als wissenschaftliche Beobachtungswarten, eingerichtet worden sind (vergl. Jahrg. 1882, S. 379). Desgleichen hat auch bereits das zweite von uns erwähnte Moment in sofern Berücksichtigung gefunden, als Seitens einer englisch-amerikanischen Gesellschaft für Zwecke einer Nordpolexpedition Luftballons und dynamische Luftschiffe in Anwendung gebracht werden sollen.
Man mag über die Leistungsfähigkeit der Aëronautik so gering denken, wie man will: der Sichtbarkeit der Fortschritte gegenüber, welche die Luftschifffahrt in den letzten Jahren aufzuweisen hatte, wird sich auch das Auge des größten Zweiflers nicht verschließen können, und ist von uns Deutschen der hohe Erfolg nicht genug zu würdigen, welchen Haenlein seiner Zeit in Brünn durch sein mit Eigengeschwindigkeit ausgestattetes, lenkbares Luftschiff erreicht hat (vergl. Jahrg. 1882, S. 215). Auf dem Gebiete der Kunst zu „fliegen“ ist es aber leider in derselben Weise zugegangen, wie in den meisten anderen Branchen der Erfindungen, die nur zu häufig schnöde Gewinnsucht auszubeuten suchte, und deren Erzeugnisse hierdurch auf Kosten des guten Erfolgs mit Recht als in den Pfuhl des Schwindels gehörend bezeichnet werden mußten.
Möge aber das Endziel der Luftschifffahrt noch in grauer Ferne liegen, so kommt es zunächst vor Allem darauf an, die Menschenkräfte selbst derartig abzuhärten, zu stählen und mit dem zu ihrer Erhaltung durchaus erforderlichen Comfort zu umgeben, daß sie auch unter den Gletschern Grönlands und des Franz-Joseph-Landes, auf dem Eisspiegel selbst jenseits des 85.° nördlicher Breite Jahre hindurch dem Nordpolklima zu trotzen im Stande wären.
Uns will es scheinen, daß hierzu vor allen anderen Dingen eine völlige Acclimatisirung an jene rauhen, eiserfüllten, orkanbewegten Regionen erforderlich ist und daß die Forscher, welche sich den Nordpol als Ziel gesetzt haben, zuvor lange Zeit in südlicheren arktischen Stationen zugebracht haben müssen, um nach und nach und in längeren Zwischenpausen immer weiter nach Norden vorzudringen.
Der Amerikaner Hall dürfte ein in dieser Beziehung leuchtendes Vorbild gegeben haben. Dieser unermüdliche Mann hat sich jahrelang in dem nördlichen Inselgewirr seines heimathlichen Erdtheiles aufgehalten und ist dabei beinahe selbst zum Eskimo geworden, um sich gründlich für eine Fahrt zur Erforschung des Nordpols vorzubereiten, welche dann auch auf sein energisches Betreiben im Jahre 1869 seitens der amerikanischen Vereinigten-Staaten-Regierung von New-York aus zur Ausführung gebracht wurde. Doch trotz dieser Abhärtung erlag auch Hall am 8. November 1871 den Einflüssen des fast dauernd Erstarrung athmenden Klimas.
Die von den Schweden in der Mussel-Bai auf Spitzbergen beinahe unter dem 80.° errichteten und die von den Amerikanern [344] in der Lady-Franklin-Bucht unter 81° 20′ nördlicher Breite etablirten Beobachtungsstationen sind die nördlichsten Orte von den kürzlich angelegten Observatorien, welche, in den verschiedenen Eismeeren vertheilt, zu 11 um den Nord- und zu 2 um den Südpol liegen.
Die eine der vom deutschen Reiche errichteten Stationen, zu deren Gründung im verflossenen Jahre die „Germania“, das von der zweiten deutschen Nordpolexpedition an die Ostküste von Grönland her bekannte Schiff, den Dr. Wilhelm Giese als Leiter hinführte, liegt im Cumberlandsund in der Davisstraße, die andere auf Südgeorgien im Südatlantischen Ocean, zu deren Einrichtung und Leitung ein Schiff der kaiserlichen Marine den Dr. Schrader hinbrachte.
Diese sämmtlichen Stationen werden durch ihre meteorologischen Aufzeichnungen, durch die Beobachtung der Meeresströmungen, durch Aufklärung der Geheimnisse des Erdmagnetismus etc. wesentlich das Gelingen zukünftiger Nordpolexpeditionen erleichtern, und aus den daselbst installirten Mannschaften wird sich der Kern einer Armee herausbilden, welche einst mit Erfolg den Entscheidungskampf um den Nordpol wird aufnehmen können.
Was das neue englisch-amerikanische Project einer Nordpolfahrt anbetrifft, so sehen wir von einer speciellen Wiedergabe der in amerikanischen Journalen und in der „Times“ seiner Zeit darüber enthaltenen Notizen ab, da die Schilderung eines ideellen Verlaufes einer Nordpolexpedition, wie dieselbe im Nachstehenden besprochen werden soll, jedenfalls alles das mit enthalten wird, was die Engländer und die Amerikaner in dieser Beziehung geplant haben.
Das unserem Aufsatze beigegebene Bild soll den Verlauf einer Forschungsfahrt in die arktischen Länder und Meere veranschaulichen. Ein Blick auf die geographische Karte im Mittelpunkt der Illustration zeigt, welches umfangreiche Gebiet noch zu durchfahren, zu durchwandern und aufzuklären ist, ehe einer der allein ruhenden Punkte der rastlos um sich selbst eilenden Erdkugel erreicht werden kann. Als Angriffspunkt, dieses Riesenwerk zu lösen, möchte den deutschen Forschern der Weg durch das Ostgrönländische und Ostspitzbergische Meer, an der Ostküste Grönlands entlang, über Spitzbergen, durch Nowaja-Semlja nach Franz-Joseph-Land gelten.
Hier haben bereits überall deutsche Männer gewirkt und geduldet, sind deutsche Zungen erklungen, und die auf den Reisen der „Germania“, der „Hansa“, sowie des „Tegetthoff“ (österreichische Nordpolfahrt 1871) neu entdeckten Länder führen die Namen „König-Wilhelm-Land“ und „Franz-Joseph-Land“.
Von hier aus möge das deutsche Wort von Neuem erklingen, und oben am Nordpol mögen sich die Banner Deutschlands und Oesterreichs auch im Dienste der Wissenschaft vereinen, wie sie schon jetzt im gegenseitigen staatlichen Interesse in treuer Freundschaft zusammen wehen.
Wie weit „König-Wilhelm-Land“, wie weit „Franz-Joseph-Land“ nach Norden reichen, ob, durch Meeresarme von diesen Ländern getrennt, sich noch andere Inseln gegen den Nordpol hin erstrecken, wer will das behaupten? Dieses festzustellen muß aber die nächste Aufgabe der Forschungen sein. Um sie zu lösen, heißt es jedoch dort oben erst einmal festen Fuß zu fassen, Stationen zu gründen, die in gleichzeitig weiter südlich anzulegenden Ansiedelungen und Depotplätzen den Rückhalt finden. Eine Entfernung derselben unter einander von fünfzehn bis höchstens dreißig geographischen Meilen scheint im Allgemeinen zulässig, bei schwierigem Terrain, in vergletscherten oder unter Ureis begrabenen Landstrichen, im farblosen Labyrinth des festen Packeises wird man aber häufiger sich mit noch bei weitem geringeren Entfernungen begnügen müssen. Wir haben schon zuvor darauf hingedeutet, daß den in die arktischen Zonen entsendeten Männern durchaus derjenige Comfort gewährt werden muß, welcher sie, sozusagen außer Dienst, möglichst vor den Einflüssen des Klimas bewahrt, die bisher bei allen Nordpolfahrten so schwer in’s Gewicht gefallen sind. Nach gethaner Pflicht, nach körperlichen Anstrengungen verlangen Geist und Körper in möglichster Behaglichkeit zu ruhen.
Sollen die Stationen Jahre hindurch mit denselben Leuten besetzt bleiben, so muß für ein Unterkommen gesorgt werden, das unter allen Umständen vor der schneidenden Kälte, die weit den Gefrierpunkt des Quecksilbers übersteigt, vor den das Mark durchwühlenden Schneewehen und den orkanartigen Stürmen schützt. Wasser aus aufgethautem Schnee und Conserven sind sicherlich die einzigen Nahrungsmittel, welche dauernd den Eisverbannten zu Gebote stehen werden, denn die Ergebnisse der Jagd in jenen Breiten sind sehr gering und stets auch nur dem Zufall zu verdanken. Jedoch bezüglich der Kleidung, der Nahrung und sonstiger Ausrüstungsgegenstände der Nordlandsfahrer ist bisher stets das Richtige getroffen worden.
Anders steht es bezüglich der Stationsgebäude. Uns will es scheinen, daß nur ein schweres Blockhaus geeignet ist, den nordischen Wettern zu widerstehen, und daß gegen die Kälte und gegen den alles durchdringenden Schneesturm allein doppelte Wände mit Moosfütterung, die Wahrung des Einganges durch Vorhäuser, sowie der Fenster durch Laden, und im Innern ein mächtiger Steinofen schützen werden. Der Schnee auf dem Dache, die zusammengepeitschten Schneewehen um das Gebäude selbst möchten hierzu ebenfalls nicht unwesentlich beitragen. – Jedoch wie soll das Material zu diesen Gebäuden in jenen baumlosen Einöden gewonnen werden? Auf Treibholz, welches sich in dem südlicheren arktischen Meere in nicht unbedeutender Menge findet, wird an den fast ausnahmslos eisumsponnenen Küsten des König-Wilhelm- und Franz-Joseph-Landes kaum zu rechnen sein; die erforderlichen Hölzer aus dem Heimathshafen mitzunehmen, würde nicht gut möglich sein. Das Schiffsgebäude selbst muß daher das Material hergeben; der Zweck desselben als Fahrzeug ist ja auch in dem vorliegenden Falle erfüllt, wenn es gelang, eine Küste zwischen dem 80° und 85° nördlicher Breite zu gewinnen.
Steil ragen die Felsen aus den Fluthen empor, welche in nicht weiter Ferne die weite Fläche des Packeises begrenzt. Thaleinschnitte sind nirgend zugänglich; dieselben sperrt das sich langsam als Gletscher aus dem Inneren des Landes nach dem Meere fortbewegende Eis.
Mühsam muß auch das geringste Bedürfniß emporgeschleppt werden. Endlich ist das Stationshaus vollendet; alle Vorräthe, namentlich der Rest des Schiffsholzes, die Kohlen geborgen. Auch das Observatorium, durch Drahtseile gesichert und mit einem optischen Telegraphen versehen, harrt seiner Benutzung, und die für den Transport der Schlitten mitgeführten Hunde erfreuen sich wieder des festen Bodens in ihrem mit Hütten ausgestatteten Zwinger.
So lange es der nur allzu kurze winterliche Sommer zuläßt, wird versucht, durch die Jagd die Vorräthe zu vermehren; die ganze Natur ist selbst der endlose Eiskeller, welcher auch die überreichste Jagdbeute lange Zeit vor dem Verderben schützt. Jedes gewonnene Fell wird die Wohnlichkeit des Blockhauses erhöhen, jede Tonne Fett oder Thran das Licht- und Heizmaterial vermehren.
Ist die Einrichtung vollendet, so werden Zweigstationen gegründet, die sich zuerst jedoch auf südlicher gelegene Punkte erstrecken müssen. Ehe der Kampf um den Nordpol aufgenommen werden kann, ist es erforderlich, eine Etappenstraße zum Heimathsland hin zu sichern; denn die Anlage dieser ermöglicht nicht nur einen etwa nothwendig werdenden Rückzug, sondern sie gestattet vor allen Dingen auch die Möglichkeit einer späteren Zufuhr, wenn es vielleicht im nächsten Jahre unmöglich werden sollte, wiederum zu Schiffe in die zuvor erreichten hohen Breiten zu gelangen.
Wenn es schon schwierig war, den Transport der schweren Hölzer etc. vom Schiff auf die steile Küste zu bewerkstelligen, so werden die Mühseligkeiten noch ungeheuerlich wachsen, wenn es gilt, die Hunderte und Aberhunderte von Centnern nach den Bauplätzen der anderen Stationen zu schaffen. – Der lange Tag hat längst der schaurigen, für den Nordpolfahrer geradezu ewigen Nacht weichen müssen. Die rauheste Jahreszeit ist eingetreten, und nur die in Folge vorübergehender günstigerer Witterung sich einstellenden Ruhepausen im Kampfe der Natur, in der von Schnee und Sturm durchtobten Atmosphäre, sowie der Glanz des strahlenden Nordlichtes lassen eine Reise von wenigen Kilometern zu, die oftmals hin und zurück gemacht werden muß und zu deren Gelingen die treuesten Freunde des Menschen, die Hunde, nicht am geringsten beitragen.
Soll die Riesenarbeit der Stationsanlagen gelingen, so muß gleichzeitig von mehreren Punkten aus vorgegangen werden. Des Menschen Energie wird jedoch unter der Voraussetzung, daß die
[345][346] hierzu erforderlichen Geldmittel aufgebracht werden können, alle Schwierigkeiten zu überwinden wissen, und in zwei bis drei Jahren sind vielleicht an Grönlands Ostküste, auf den Inseln nördlich Nowaja-Semljas bis zum 85° nördlicher Breite hin Etappen angelegt, welche den weiteren Forschungen nach Norden den durchaus erforderlichen Rückhalt und Nachschub gewähren.
Die Beobachtungen zahlreicher Stationen, die Möglichkeit, sich durch die optischen Telegraphen, vielleicht mit Hülfe zeitweise zu besetzender Zwischenstationen, zu verständigen, oder auch gar directe Uebersendungen von Nachrichten werden es später zulassen, rechtzeitige Berichte nach den Häfen des nördlichen Europas oder Südgrönlands zu senden, die sich über die Möglichkeit und die Vermuthung aussprechen dürften, daß sich für den Sommer des betreffenden Jahres die Eisverhältnisse für ein weiteres Vordringen zu Schiffe günstig gestalten möchten. In Folge hiervon könnten dann die in diesen Häfen völlig zur Abfahrt bereitliegenden Expeditionsschiffe alsbald gegen Norden steuern, um es entweder selbst zu versuchen, auf eigene Faust vorzudringen, oder von irgend einer zu erreichenden Station aus die Reise zum Pol zu unternehmen.
Die Mitführung eines kleinen Ballon captif zu Recognoscirungen könnte das Auffinden offenen Wassers wesentlich erleichtern, auch ließe sich in einer Höhe von vielleicht nur 500 Metern ein Ueberblick gewinnen, der gewiß zur weiteren Aufklärung der arktischen Verhältnisse dienen würde. Eine Recognoscirung mit dem Ballon erfordert aber völlig windstilles Wetter und werden wohl die Tage nicht allzu häufig sein, an welchen die Witterung ein derartiges Unternehmen gestattet.
Schließlich wird aber auch dem Vordringen zu Schiff, mit Booten oder auf Schlitten vielleicht ein unüberwindliches Halt zugerufen werden. Eine letzte Station ist dann provisorisch einzurichten; von dieser aus erfolgt das allein nur noch mögliche Vorwärts mittelst eines dynamischen Luftschiffes. Ein festliegendes geschütztes Eisfeld giebt wiederum den nöthigen Raum für das zur Vorbereitung der Luftreise erforderliche Gebäude. Ein günstiger Wind – der Aërostat entschwindet nach Norden, um nach Erreichung des Zieles entweder mit einer anderen südlich wehenden Luftströmung zurückzukehren, oder (wenn das lenkbare Luftschiff wirklich erfunden sein wird), seine Eigengeschwindigkeit gebrauchend, die eisige Luft in der Richtung seines Ausganges zu durchfurchen. Für alle Fälle ist das Luftschiff mit einem kleinen Boot, mit einem Schlitten und mit einem dreißigtägigen Proviant zu versehen, damit auch im Fall eines Verlustes des Ballons beim Landen die Rückreise ermöglicht werden kann. Das Gewicht aller dieser Gegenstände gestattet dann aber sicherlich nur die Beförderung eines oder höchstens noch eines zweiten Reisenden. Wer wird sich zuerst einem Aërostaten in jenen Zonen anvertrauen? Freundlicher Leser, frage dein eigenes Herz! F.