Hundert Jahre der Luftschifffahrt
Hundert Jahre der Luftschifffahrt.
Seit undenklichen Zeiten beseelte den Menschen der Wunsch, die natürlichen Fesseln, welche ihn an den Staub der Erde ketten, zu brechen und sich frei über Berge und Thäler zum blauen Himmel aufzuschwingen. Es giebt kein Volk, in dessen Sagen sich diese tiefe Sehnsucht nicht wiederspiegelte, kein Volk, dessen Phantasie nicht menschliche beflügelte Wesen geschaffen hätte. Mustern wir die Götter- und Heldengestalten, welche nach dem Glauben unserer Vorfahren auf den Wolken dahinjagten, oder die Engel- und Teufelschaaren, welche, auf ihren Schwingen durch die Lüfte fahrend, dem Menschen Gutes und Böses brachten, so werden wir sehr bald der Ueberzeugung, daß die Uebertragung des Flugvermögens auf menschliche Wesen ein von der Natur in unsere Seele gepflanztes Verlangen bilde, das nicht auslöschen wird, so lange unser Geschlecht besteht.
Daraus erklärt sich, wie seit Jahrtausenden die Menschen es immer von Neuem versuchten, diese brennende Sehnsucht zu stillen, und wie es trotz unzähliger mißlungener Versuche immer verwegene Geister gab, die sich die Aufgabe stellten, gegen den Himmel zu stürmen. Und wenn auch der mit den gegebenen Verhältnissen kühl rechnende Verstand von der anscheinend unnützen Mühe abrieth, so genügte nur ein Blick auf die geflügelten Schaaren der Vögel und der Insecten, um in der schon zweifelnden Brust des Forschers das Bewußtsein wieder zu stärken, daß die Lösung des Räthsels vom Fluge etwas durchaus Natürliches, dem Menschen Erreichbares sei.
Darum versuchte man auch zuerst, den Flug des Vogels nachzuahmen. Die griechische Sage läßt den Tausendkünstler Dädalus Flügel herstellen, auf denen er mit seinem unglücklichen Sohne Icarus aus der Gefangenschaft des eifersüchtigen Minos entfloh, und von dem Tarentiner Archytas wird berichtet, er habe eine hölzerne Taube gefertigt, die er durch eingeblasenen Hauch zu beleben trachtete. In der griechisch-römischen Culturwelt, während des Mittelalters und in der neuesten Zeit wurden diese Versuche oft wiederholt, sie führten aber zu keinem nennenswerthen Resultate; denn wir wissen bis heute unendlich mehr von den Gesetzen, nach welchen die Sterne ihre elliptischen Bahnen im Weltraume beschreiben, [216] als von den Regeln, nach denen die Vögel in der irdischen Luft kreisen.
Erst vor einem Jahrhundert ist, dank einer überraschenden Erfindung, in den bisherigen Anschauungen über die Flugtechnik eine radicale Wandlung eingetreten. Die Gebrüder Montgolfier, Papierfabrikanten zu Annonay, trugen sich mit der Absicht, künstliche Wolken herzustellen, und füllten zu diesem Zweck im November 1782 einen hohlen Papierballon mit erwärmter Luft, welcher zu ihrer Freude sofort in die Höhe stieg. Am 19. September 1783 führten sie vor dem französischen Hofe und einer großen Volksmenge einen zweiten gelungenen Versuch aus und begründeten hierdurch eine neue Aera der Luftschifffahrt. Das Princip, auf welchem die Montgolfière beruht, war auch zu damaliger Zeit nicht neu. Das Naturgesetz, daß Gegenstände, welche leichter sind als die Luft, unbedingt in die Höhe steigen müssen, war den Naturforschern ebenso gut bekannt, wie dasselbe Gesetz, kraft dessen ein auf den Boden eines mit Wasser gefüllten Gefäßes hinabgedrücktes Holzstück sofort auf die Oberfläche desselben hinaufgetrieben wird, sobald man es losläßt. Es fehlte auch nicht in früherer Zeit an Vorschlägen, derartige Luftschiffe zu bauen, und wir erwähnen nur, daß im Jahre 1775 der Dominikanerbruder Galien zu Avignon die Absicht hegte, einen großen aus leichtem Holz gezimmerten Kasten mit der leichten Luft höherer atmosphärischer Schichten zu füllen und ihn dann zum Transport ganzer Armeen zu verwenden. – Noch im Jahre 1783 wurde die Erfindung der Gebrüder Montgolfier durch den Physiker Charles übertroffen, der einen kugelförmigen Ballon aus luftdicht präparirtem Seidentaffet baute, ihn mit leichtem Gase füllte und durch das noch heute gebräuchliche Netzwerk an demselben eine Gondel befestigte.
Die Geschichte des Luftballons ist jedoch so allgemein bekannt, daß wir hier auf dieselbe ausführlicher nicht einzugehen brauchen. Man überzeugte sich bald, daß der Luftballon wohl steigen und sinken könne, aber gänzlich unlenkbar sei und als ein Spiel der Winde im vollsten Sinne des Wortes von dem leisesten Windhauche fortgerissen werde. Man benutzte ihn zwar zur wissenschaftlichen Erforschung höherer Luftschichten oder führte ihn an Festtagen u. dergl. als ein Schaustück der Volksmenge vor, aber seine Bedeutung war in den Augen ernster Forscher immer mehr gesunken, bis man seine Erfindung durch lange Jahre sogar als einen Rückschritt in den Bestrebungen der Luftschifffahrt betrachtete.
Unter solchen Umständen entstanden neue Projecte, deren Schöpfer weder den Flug der Vögel nachahmten noch den Luftballon in den Kreis ihrer Berechnungen zogen, sondern nach physikalischen Gesetzen eine Maschine zu construiren suchten, die, durch menschliche oder maschinelle Kraft in Bewegung gesetzt, sich selbst heben und in der Luft fortbewegen würde. Diese moderne Schule der Flugkunst spaltete sich bald in zwei Richtungen: die Anhänger der einen empfahlen die Benutzung starrer geneigter Ebenen, die, in gerader Linie vorwärts bewegt, das Aufsteigen des Luftschiffes bewirken sollten; die Anhänger der andern dagegen suchten das für die Bewegung im Wasser mit großem Erfolg angewendete Princip der Schraube auch für die Luftschifffahrt zu verwenden.
Eine Flugmaschine, die durch Vorwärtsbewegung geneigter Ebenen in die Höhe steigt, ist jedem Kinde bekannt; wir sehen sie an klaren Herbsttagen am Himmel an langen Schnuren flattern, als vom Winde getragene Papierdrachen. Während der Kopf des Papierdrachens mit einer bestimmten Geschwindigkeit und unter einem gewissen Winkel durch die Luft fährt, wird dieselbe zusammengedrückt und verhindert durch den Gegendruck das Niederfallen des Spielzeugs. Dieser Gegendruck wird am leichtesten erzeugt, wenn wir den Drachen gegen den Wind bewegen, und dadurch erklärt sich die Manchem so sonderbar erscheinende Thatsache, warum der Papierdrache stets gegen den Wind aufsteigt; freilich kann er auch in der Windrichtung gehoben werden, aber dann müßte seine eigene Geschwindigkeit die des Windes übertreffen.
Das Project der ersten nach diesem Princip construirten Maschine wurde 1843 von Henson veröffentlicht. Sein Aërostat, welchen wir unseren Lesern in Bild vorführen (S. 217), wurde von der Spitze einer schiefen Ebene losgelassen und erhielt, auf derselben herunterrollend, genügende Geschwindigkeit, um sich eine Zeitlang in der Luft zu erhalten. In Folge der Reibung gegen die Luft hätte jedoch diese Geschwindigkeit bald so gering werden müssen, daß ein Sinken der Maschine unvermeidlich geworden wäre, und um dies zu vermeiden, brachte Henson an derselben noch einen kleinen Dampfmotor an, welcher zwei Schraubenflügel trieb, durch die der Flugapparat weiter vorwärts bewegt würde; hierdurch sollte der Verlust der Geschwindigkeit wieder ausgeglichen werden. Ein Zeitgenosse Henson’s giebt uns im „Journal of Arts and Science“ folgende Beschreibung dieses Modells:
„Der Apparat besteht aus einem Kasten, welcher die Waaren, Passagiere, Maschinen, Feuerung etc. enthält, und mit diesem ist ein rechtwinkliges Gerüst aus Holz oder Bambusrohr verbunden, das mit Persenning oder geöltem Seidenzeug überzogen ist. Dieses Gerüst erstreckt sich zu beiden Seiten des Kastens, ähnlich wie die ausgebreiteten Flügel eines Vogels, jedoch mit dem Unterschiede, daß das Gerüst unbeweglich ist. Hinter den Flügeln sind zwei senkrechte Fächerräder angebracht mit schrägen Flügeln, welche den Apparat durch die Luft forttreiben sollen. Die runden regenbogenfarbigen Räder sind die Schrauben, welche ganz der Schraube eines Dampfschiffes entsprechen und auf die Luft nach Art einer Windmühle wirken. An einer Achse am Hinterende des Kastens ist ein dreieckiges Gerüst angebracht, das wie ein Vogelschwanz aussieht und gleichfalls mit Persenning oder geöltem Seidenzeug überzogen ist. Dies kann nach Belieben ausgebreitet und zusammengezogen werden und wird auf und nieder bewegt, um die Maschine steigen oder sinken zu lassen. Unter dem Schwanze befindet sich ein Ruder, um den Lauf der Maschine nach rechts oder links zu lenken, und um die Steuerung noch zu erleichtern, ist endlich ein Segel zwischen zwei von dem Kasten aufsteigenden Masten ausgespannt. Die Menge Persenning oder geöltes Seidenzeug, welche erforderlich ist, um die Maschine flott zu erhalten, [217] wird auf einen Quadratfuß für je ein halbes Pfund an Gewicht angegeben.“
Außer Henson haben noch Wenham und Stringfellow Modelle von Flugmaschinen nach ähnlichen Principien gebaut; dieselben bewegten sich an einem Drahtseile mit großer Geschwindigkeit vorwärts, stiegen auch auf kurze Zeit in die Höhe, erwiesen sich aber im Großen und Ganzen als durchaus unpraktisch und unzuverlässig.
Weit größere Erfolge hatten indessen die Anhänger der Luftschraube zu verzeichnen. Den ersten praktischen Beweis für die Anwendbarkeit derselben hat Sir George Cayley schon im Jahre 1796 geliefert. In J. Bell. Pettigrew’s interessantem Werke: „Die Ortsbewegung der Thiere nebst Bemerkungen über die Luftschifffahrt“ finden wir einen Auszug aus Cayley’s Abhandlung, der seinen für die Flugkunst epochemachenden Apparat (vergl. unsere Abbildung Seite 216) erläutert.
„Da es manchem meiner Leser Vergnügen machen wird,“ schreibt der genannte Verfasser, „zu sehen, wie eine Maschine sich durch mechanische Mittel in die Luft erhebt, so will ich ein Instrument dieser Art beschreiben, das sich jeder in zehn Minuten herstellen kann.
a und b stellen zwei Korke vor, in deren jeden vier Schwungfedern von irgend einem beliebigen Vogel eingefügt sind, und zwar so, daß sie, wie die Flügel einer Windmühle, ein wenig schräg stehen, jedoch an beiden Korken in entgegengesetzter Richtung. In dem Kork a ist ein drehrunder Stab befestigt, der mit einer scharfen Spitze endet. Am oberen Theile des Korks b ist ein Fischbeinbogen angebracht, mit einem kleinen Bohrloch im Mittelpunkte zum Durchtritt der Spitze des Stabes. Der Bogen wird dann auf beiden Seiten gleichmäßig an den oberen Theil des Stabes gebunden, und die kleine Maschine ist fertig. Dann windet man die Schnur auf, indem man die beiden Flugschrauben in entgegengesetzter Richtung dreht, sodaß die Elasticität des Bogens sie, mit ihren vorderen Kanten nach oben gerichtet, wieder abwindet; man stellt darauf den Kork mit dem Bogen auf den Tisch und drückt auf den oberen Kork so stark mit dem Finger, daß die Schnur sich nicht abwickeln kann; wenn man nun den Finger plötzlich wegnimmt, so drehen sich die Federn und das Instrument steigt bis zur Zimmerdecke empor.“
Die Wirkung der Luftschraube ist durchaus ähnlich derjenigen der Schrauben bei unseren Dampfschiffen. Sobald die Schraube im Wasser in Bewegung gesetzt wird, übt sie einen Druck gegen das Wasser aus; dieses drückt in Folge dessen gegen den Körper des Schiffes und treibt es nach vorwärts. Bewegt sich dagegen die Schraube in der Luft, so wird in diesem Falle der Apparat, an dem sie befestigt ist, durch den Druck der Luft vorwärts getrieben, und zwar, der Stellung der Schraube entsprechend, in senkrechter oder in ebener Richtung. Wir brauchen dabei nicht besonders hervorzuheben, daß die Luftschraube anders gebaut sein muß, als die für die Vorwärtsbewegung im Wasser bestimmte. Im Jahre 1842 fertigte ein gewisser Phillips ein Modell, das zwei Pfund wog und aus einem Dampfkessel mit vier sich drehenden Fächern bestand. Sobald der Dampf durch die Fächer strömte, versetzte er sie mit großer Geschwindigkeit in Umdrehung; das Modell stieg in die Höhe und fiel erst zu Boden, nachdem es eine ziemlich bedeutende Strecke „durchflogen“ hatte.
Die Idee des Schraubenluftschiffes fand vor Allem in Frankreich begeisterte Anhänger, und in den sechsziger Jahren fertigten jenseits der Vogesen Nadar, Pontin d’Amécourt und de la Landelle Uhrwerkmodelle, die in die Luft steigen und auch gewisse Lasten tragen. Durch diese Versuche im Kleinen ermuthigt, construirten diese Herren auf dem Papier großartige Flugmaschinen, bei denen die nach oben gerichteten Schrauben das Luftschiff heben und die quer an demselben angebrachten es in der Luft vorwärts bewegen sollten.
Als Curiosität führen wir ein solches Luftschiff der Zukunft unsern Lesern vor (vergl. Abbildung S. 216). Die mit m bis t bezeichneten Schrauben sollen hier das Aufsteigen des Schiffes bewirken, während die unten bei t befindliche zum Vorwärtsbewegen desselben bestimmt ist.
Wenn auch alle diese Versuche einerseits klar bewiesen, daß die Herstellung einer Flugmaschine kein Ding der Unmöglichkeit und kein leeres Hirngespinnst ist, so zeigten sie andererseits, daß wir von der praktischen Verwirklichung der angestrebten Idee noch unendlich weit entfernt sind, da unsere kühnsten Pläne einstweilen an der Unzulänglichkeit der uns zu Gebote stehenden technischen Mittel scheitern.
Inzwischen war in dem letzten deutsch-französischen Kriege der Luftballon wieder zu Ehren gekommen. Bekanntlich verließen während der Belagerung von Paris 66 Ballons mit etwa 160 Personen und gegen 3 Millionen Briefen die eingeschlossene Hauptstadt, und 364 Brieftauben, welche die Ballonfahrer mitgenommen hatten, kehrten mit Nachrichten in dieselbe zurück. Hierdurch wurde die Aufmerksamkeit der Militär-Behörden aller Länder auf das verachtete Kind der Montgolfier wieder gelenkt, und die Verfechter der Ansicht, daß man den Luftballon lenkbar machen könne, erschienen von Neuem auf der Bildfläche. – Die jetzt zahlreicher auftauchenden „Erfinder des lenkbaren Luftschiffes“ halten daher vornehmlich daran fest, man müsse durch Schrauben oder Flügel dem Luftballon eine eigene Geschwindigkeit geben und ihn dadurch lenkbar machen. Indem sie ferner auf Grund meteorologischer Beobachtung anführen, daß die Windgeschwindigkeit nur an 26 Tagen des Jahres mehr als 5 Meter pro Secunde beträgt, behaupten sie, daß schon ein lenkbares Luftschiff von 5 bis 8 Meter Eigengeschwindigkeit während des ganzen Jahres mit Ausnahme von circa 8 Tagen gegen den Wind fahren würde.
Die größte Aufmerksamkeit unter allen diesen Apparaten verdient ohne Zweifel das lenkbare Luftschiff von Haenlein in Frauenfeld in der Schweiz. Dasselbe (vergl. die obenstehenden Abbildungen) ist in ovaler Form gebaut und hat eine Länge von 50,4 Meter bei einem Durchmesser von 9,2 Meter. Zwischen der Gondel und dem Ballon ist ein Rahmen angebracht, an welchem das Steuerruder befestigt ist und der außerdem dazu dienen soll, durch 4 Streben (v) die Verbindung zwischen der Gondel und dem Ballon zu vermitteln. Die am Hintertheile der Gondel befestigte Luftschraube, deren 4 Flügel aus dünnem [218] Eisenblech bestehen, wird durch eine Gaskraftmaschine in Bewegung gesetzt. Die Maschine saugt Gas aus dem Ballon an, vermengt dasselbe mit atmosphärischer Luft, und dieses Gemenge wird durch einen von einer kleinen elektrischen Batterie abgegebenen elektrischen Funken entzündet. Die Explosion des Gases setzt hierauf den Kolben in Bewegung und läßt die Maschine mit 3 bis 4 effectiven Pferdekräften arbeiten. Da nun durch den Verbrauch des Gases der Ballon erschlaffen würde, so wurde im Innern desselben noch eine Luftblase (n-n) angebracht, in welche Luft eingepumpt werden kann, um die Spannung des großen Ballons zu reguliren. Außerdem befinden sich an demselben selbstthätige Sicherheitsventile (s-s), welche ein etwaiges Platzen des Ballons in Folge übermäßiger Gasspannung verhüten sollen. Die Kosten des gesammten Apparates, der zwei, unter Umständen auch drei Personen tragen kann, belaufen sich auf etwa 28,400 Gulden ö. W.
Mit einem ähnlichen Ballon, dessen Schraube jedoch nur durch Menschenhand gedreht wurde, stieg schon im Jahre 1872 Dupuy de Lôme von Vincennes aus in die Höhe. Die selbstständige Bewegung des Luftballons betrug nach seinen Angaben 2,82 Meter, die des Windes dagegen 16 bis 17 Meter. Unter diesen Umständen konnte das Fahrzeug gegen den Wind nicht ankämpfen; es gelang ihm aber, den Wind unter einem Winkel von 12° zu kreuzen. In gewisser Beziehung war also die Lenkbarkeit des Luftschiffes erreicht, und sie war genügend für ruhige Luft, aber fast vollständig unzureichend bei einem nicht besonders starken Winde.
Indem wir hiermit unsern gedrängten und möglichst unparteiischen Rückblick auf die Entwickelung der Luftschifffahrt in dem letzten Jahrhundert beschließen, heben wir noch besonders hervor, daß sich am 31. August vorigen Jahres ein „Deutscher Verein zur Förderung der Luftschifffahrt“ in Berlin gebildet hat, welcher eine Monatsschrift herausgiebt, in welcher die Fragen der Flugtechnik erörtert werden. Hoffen wir, daß es demselben gelingen wird, Wesentliches zur Lösung des schwierigen Räthsels beizutragen und einer unnützen Zersplitterung der Kräfte auf diesem Gebiete der Culturarbeit entgegenzuwirken! Ein Unheil für die Flugtechnik waren bis jetzt Leute, die ohne genügende Vorbildung sich berufen wähnten, an der Lösung des Problems zu arbeiten, und natürlich auf Irrwege gelangten und Fehler begingen, welche nicht nur ihre eigene Person, sondern, was viel schlimmer ist, die Sache selbst bei der großen Menge lächerlich machten und dadurch dieselbe schädigten. Der neugegründete Verein wird voraussichtlich durch passende Belehrung Manchen dieser unberufenen Erfinder von seinen Illusionen befreien und so das vielfache Elend verhüten, mit welchem bis jetzt viele Familien die Ruhmessucht ihrer Ernährer zu büßen hatten. Dem Vereine müßten aber auch die Mittel an die Hand gegeben werden, wirklich brauchbaren Projecten materielle Hülfe zuzuwenden, und unter den ihm gestellten Aufgaben dürfte es besonders diese sein, welche auf Unterstützung von Seiten der Nation hoffen darf.
Das hohe Ziel, welchem der Verein entgegenstrebt, ist, wie wir gesehen haben, keineswegs unerreichbar, und der Tag, an welchem das erste lenkbare Luftschiff die Feuerprobe gegen Wind und Wetter bestanden haben wird, wird einen der glanzvollsten der menschlichen Geschichte bilden. Die Eroberung des Luftreiches würde ohne Zweifel alle Siege der Cultur verdunkeln, durch welche der Mensch sich bisher zum Beherrscher des Landes und des Wassers emporgeschwungen.