Eine Invitationskarte, eine Vignette und zwei Subscriptionsscheine

Henry Fielding W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Zweite Abtheilung (1840) von Franz Kottenkamp
Eine Invitationskarte, eine Vignette und zwei Subscriptionsscheine
Hogarth’s Porträt
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


[Ξ]
Eine Invitationskarte, eine Vignette
und
zwei Subscriptionsscheine.
[Ξ]

[Ξ]
Eine Invitationskarte, eine Vignette und zwei Subscriptionsscheine.




Von den beiden ersten Bildern dieses Blattes dient das eine zur Titelvignette an dem Buche Nichol’s über Hogarth (Biographical anecdotes of William Hogarth, London 1782), und ist auch in andere Sammlungen der Werke dieses Künstlers übergegangen. Es war eine Invitationskarte, worauf Hogarth seinen Witz in einem Wortspiele übte. Sie war an einen seiner Freunde, King, gerichtet, den er auf eine Pastete zum Mittagessen in dem Wirthshause zur Bischofsmütze einlud. In einer runden Einfassung befindet sich deßhalb eine Pastete und darauf eine Bischofsmütze, an der einen Seite ein Messer und an der andern eine Gabel. Die Inschrift heißt: Mr. Hogarth’s compliments to Mr. King. He desires the honour of his company at dinner on thursday next (Hogarth sendet seinen Gruß dem H. King, und wünscht die Ehre seiner Gesellschaft beim [988] Mittagessen nächsten Donnerstag). Dann folgt das Wortspiel: Eta beta pi, wird ungefähr ausgesprochen, wie eat a bit of pye (um ein Stück Pastete zu essen). Ueber den Werth dieses Wortspiels mag die Liebhaberei von Engländern entscheiden.

Das zweite Bild ist die Darstellung einer Scene aus Pope’s Lockenraub, eines mit Unrecht gegenwärtig in demselben Grade geschmähten Dichters, wie ihn seine Zeitgenossen hochzustellen pflegten. Das Gedicht, woraus diese Darstellung entnommen wurde, der Lockenraub, ist keine üble Verspottung des nichtsbedeutenden Treibens der höheren aristokratischen Gcsellschafts-Cirkel, so wie ihres Conversationstones, beides bekanntlich noch gegenwärtig ein reichhaltiger Stoff für die Satyre jeder Art. Wegen des letzteren Punktes, der eigenthümlich albernen und abgebrochenen Ausdrucksweise im geselligen Gespräche der englischen Aristokratie, läßt sich die Stelle, welche sich auf Hogarth’s Darstellung bezieht, nicht gut in’s Deutsche übersetzen, weil der Effect größtentheils verloren ginge. Der Inhalt ist folgender: Ein Lord hat einer Dame eine Locke gestohlen; diese ist über eine solche Verletzung des conventionellen guten Tones im höchsten Grade erbittert, und befiehlt deßhalb ihrem Stutzer, (damals Beau, gegenwärtig Dandy genannt), die Locke ihr zurückzubringen. Dieser begibt sich deßhalb zu dem Räuber der Locke, und fordert sie gleichgültig und mit den damals und gegenwärtig auf’s Neue fashionabeln Flüchen zurück, welche gleichsam als Gedankenstriche den Lücken der Ideen dienen. Die Stelle lautet im Englischen:


She said, then raging to Sir Plume repairs
And bids her beau demand the ravished hairs.
Sir Plume (of amber snuffbox justly vain
And the nice conduct of a clouded cane),
With ernest eyes and round unthinking face,
He first the snuffbox opened, then the case
And thus broke out – Malord, why, what the devil!
Zounds! dam the lock! foregad, you must be civil!
Plague on’t, ’tis past a jest – nay, prythee, pox!
Give her the hair – spoke and rapp’d his box.

Vorn sieht man den Lord und den Stutzer, im Hintergrunde die beleidigte Dame; der Zusammenhang fällt in die Augen.

[989] Hogarth wurde aufgefordert, jene Composition in eine silberne Dose zu graviren, die man dem Herrn überreichte, von welchem es damals hieß, daß Pope dessen Persönlichkeit in dem erwähnten Gedicht copirt habe. Von dieser Dose wurden später einige wenige Abdrücke genommen. Horace Walpole besaß einen solchen und erwähnte ihn bereits in seinen Anecdotes of painting als ein ächtes Werk Hogarth’s. Später hat Ireland denselben veröffentlicht.

Das dritte Bild mit der Inschrift: Knaben, welche die Natur anschauen (Boys peeping at nature), war der obere Theil des Subscriptionsscheines zum Wege der Buhlerin. Die Bedeutung fällt somit in die Augen. Es ist eine Andeutung auf Hogarth’s getreue Nachahmung der Natur. Ein Knabe zeichnet das Bild der ephesischen Diana, ein anderer scheint die Verhältnisse zu messen, ein dritter hebt das Gewand der Göttin, und ein vierter, mit Satyrfüßen, blickt muthwillig nach den früher verhüllten Theilen. Dies deutet auf den Inhalt des in der Reihe von Bildern dargestellten Lebenslaufes. Zur ferneren Erläuterung sind noch Verse des Horaz hinzugefügt: Es ist nothwendig, durch neue Anzeichen das Verborgene der Dinge zu zeigen; eine klug genommene Freiheit wird man gern zugestehen –


 Necesse est,
Indiciis monstrare recentibus abdita rerum,
.... dabiturque licentia sumta prudenter.

Die Manier Hogarth’s wird durch die Worte angegeben: Erforscht die alte Mutter (Antiquam exquisite matrem).

Als Hogarth das Blatt: Paul vor Felix, zum ersten Male herausgab, hatte er, wie erwähnt, die burleske Darstellung desselben Gegenstandes in der Manier der holländischen Malerschule zur Ausschmückung seines Subscriptionsscheines erwählt. Als aber die Nachfrage der letzteren Composition bedeutender wurde, wie nach dem Blatte selbst, verkaufte er erstere besonders, und wählte dann die vorliegende noch einmal zum Subscriptionsschein. Da der Knabe, welcher das Gewand hebt, nebst dem andern, welcher unter die Verhüllung sieht, sich für das Sujet nicht mehr eigneten, ließ Hogarth die beiden fort, und setzte einen [990] andern Knaben an die Stelle, der ein fertiges und mit Linien nach den Verhältnissen durchzogenes Porträt in der Hand hält.

Das vierte Bild war der Subscriptionsschein zur Lotterie, in welcher der Marsch von Finchley ausgespielt wurde, wie in der Erklärung jenes Blattes bereits erwähnt ist. Man wird sich erinnern, daß jener Ausmarsch der Garden durch die Rebellion von 1745 veranlaßt worden war. Somit besteht die Komposition aus Emblemen dieses Kampfes. In der Mitte liegt das Wappen von Großbritannien und Irland. Auf der einen Seite sind die Embleme der empörten Schotten; der Dudelsack, die Tartsche, das lange Schwert der Hochländer (clamour), Speer, Streitaxt, eine Art Morgenstern. Auch befindet sich dort eine Standarte mit der französischen Lilie. Die Aufstände der Jakobiten wurden mit französischem Gelde genährt, und einige Schwadronen französischer Cavallerie waren beim Prätendenten Carl Eduard. An der Standarte ist eine Scheere befestigt, welche das Wappen Schottlands von den Leoparden Englands trennen will. Neben der Wiederherstellung der Stuarts war das Feldgeschrei der Insurgenten: Aufhebung der großbritannischen Union. – Auf der andern Seite erblickt man die Embleme der englischen Kriegsmacht: Anker, Kanone, Flinte, Trommel, Degen u.s.w.