Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein Retter in der Noth
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 783–784
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1861
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[783] Ein Retter in der Noth. Im Sommer 1858 brannte der größte Theil des Dorfes Göhren (Kreis Arnswalde) ab. Drei Tage nach dem Brande führten mich Berufsgeschäfte auf die Brandstätte. Rauchende Schutthaufen auf allen Seiten bezeichneten den Umfang des Feuers. Aus mehreren derselben wurden halbverbrannte Pferde, Kühe, Schweine und Schafe hervorgezogen und auf Schlitten aus dem Dorfe geschleppt. Es war sehr warm. Ein bestialischer Geruch machte den längeren Aufenthalt auf der Brandstätte unmöglich. Hinter derselben, am Seeufer, sah ich den Bauer Meier. Er war einer der Abgebrannten. Mit trübem Lächeln reichte mir der Biedermann die Hand und erzählte dir Einzelnheiten des Unglücks. „Ich habe Vieles verloren,“ sagte er, „aber Gott hat mir zur rechten Zeit einen Freund gesandt, daß ich nicht Alles verlor. Ich hatte,“ erzählte er weiter, „mit den Meinigen den ganzen Tag über bei großer Hitze auf dem Felde bis zum Dunkelwerden gearbeitet, und wir saßen eben [784] beim Abendessen. Es mochte halb elf Uhr sein, als es plötzlich hell in der Stube wurde. Sogleich lief ich auf die Straße und sah, wie sich das Feuer vom Lehnschulzenhofe her mit großer Schnelligkeit nach meinem Hofe zu ausdehnte. Schon brannten die Gebäude meines Nachbars. Ich rief den Meinigen zu, das Vieh zu retten, und lief nach dem Schafstall; aber die Schafe wollten den Stall nicht verlassen. In der Angst versuchte ich eins nach dem andern über die Thürschwelle zu schaffen; über mir hörte ich das Strohdach schon brennen, und kaum war es mir gelungen, einige Schafe hinauszuschieben. Ich fühlte, die Thiere würden verbrennen müssen, und schrie laut: „Gott, mein Gott, hilf mir!“ Da war es mir, als ob etwas neben mir vorbei in den Stall sprang. Gleich darauf hörte ich das heisere, wüthende Gebell meines Hundes hinter den Schafen, und im Augenblick waren alle auf dem Hofe. Die Thiere hatten mich umgestoßen. Schon brannte das aus dem Hofe liegende Stroh. Der Hund trieb oder jagte vielmehr die Schafe über die Straße den Berg hinauf. Die Meinigen liefen mit einigen Sachen nach dem Seeufer. Ich wollte nach dem Kuhstall, aber das brennende Stroh versperrte mir den Weg. Jetzt suchte ich mich selbst zu retten, es war die höchste Zeit; da sah ich mein Rindvieh durch das brennende Stroh laufen, getrieben, gebissen von dem Hunde. Am Seeufer kam mir meine Frau entgegen. „Schafe und Kühe sind gerettet!“ rief ich ihr zu, „aber wo sind die Pferde?“ Sie standen am See, neben ihnen der Knecht. Jetzt fehlten noch die Schweine, sie mußten verbrennen, denn alle Gebäude standen in Flammen und verbreiteten eine furchtbare Hitze. Plötzlich hören wir das Schreien der Schweine, es kommt näher. Die Schweine werden zwischen den brennenden Bäumen des Gartens sichtbar, hinter ihnen der Hund. Er jagt sie in’s Wasser und springt ihnen nach. Eine Viertelstunde später fand ich dort auf dem Berge all mein Vieh in einen Haufen zusammengedrängt, umkreist von meinem Hunde.

Ich habe weder Betten noch Kleider, überhaupt nichts, als was ich auf dem Leibe trage, aus dem Hause gerettet, meine Gebäude sind auch schlecht versichert, aber ich habe mein Vieh, und der liebe Gott wird weiter helfen.“

So erzählte der Mann und liebkoste dabei einen grauhaarigen, zottigen Hund, der aber kluge Augen und scharfes Gebiß hatte. „Dies ist mein Retter!“ fügte Meier noch hinzu, „und so lange ich lebe, will ich ihn halten wie meinen treuesten Freund.“

Auf meine Frage, wer die Thüren des Kuhstalles und des Schweinestalls geöffnet habe, erfuhr ich, daß die Frau die Kühe von den Ketten gelöset, vergebens aber das Vieh aus dem Stall zu bringen versucht hatte.

Aehnlich war es der Dienstmagd mit den Schweinen ergangen; sie hatte die Thür des Stalles geöffnet und einzelne Schweine hinausgebracht, aber mit Gewalt waren sie immer wieder in den Stall zurückgekehrt.