Ein Jubiläum
[610] Ein Jubiläum. Kein Morgenständchen und keine Tafelmusik, keine Abordnungen und keine Adressen, keine Festreden und Festartikel bezeichnen das Jubiläum, das wir im Sinne haben. Derjenige oder vielmehr diejenige, welche im Mittelpunkte aller dieser Huldigungen stehen müßte, hat längst die Augen geschlossen, und menschliche Ehren erreichen sie nicht mehr. Aber in der Stille soll der Gedenktag doch gefeiert werden mit ein paar Zeilen der „Gartenlaube“, und er soll nicht unvergessen bleiben in der großen Schar ihrer Leser; denn diese Leser sind in erster Linie berufen und befugt, mitzufeiern.
Es sind jetzt genau 25 Jahre her, seit E. Marlitt ihre erste Novelle in der „Gartenlaube“ veröffentlicht hat; es war die Nummer 36 des Jahrgangs 1865, in welcher „Die zwölf Apostel“ erschienen, denen dann sofort 1866 der große Roman folgte, welcher den Ruhm der Marlitt mit einem Schlage unerschütterlich begründete, die „Goldelse“.
Die Marlitt war nicht eigentlich von jener schnellschreibenden Fruchtbarkeit, die jetzt so häufig auch gute Talente nur allzu rasch erschöpft; neun größere Romane und vier kleinere Erzählungen sind in dem Zeitraum von 22 Jahren aus ihrer Feder geflossen. Sie bilden in der illustrirten Gesammtausgabe, die gegenwärtig erscheint und beinahe abgeschlossen vorliegt, 40 hübsche Bände; der neunte Band, „Das Eulenhaus“ enthaltend, ist in diesen Tagen ausgegeben worden; so trifft der unvollendet hinterlassene, von verständnisvoller Hand ergänzte Torso durch ein Spiel des Zufalls zusammen mit dem Gedenktag des Erstlingswerkes. =