Textdaten
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Autor:
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Titel: Ein Gnadengesuch
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 12–13, 20
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Ein Gnadengesuch.
Nach dem Oelgemälde von O. Erdmann.
Photographie im Verlage von Franz Hanfstängl in München.

[20] Ein Gnadengesuch. (Mit Illustration S. 12 und 13.) Heiterer Sonnenschein fällt in die mit aller üppigen Pracht des Rokoko ausgestatteten Gemächer des Fürstenschlosses, einladend grüßen die schattigen Laubhallen des ausgedehnten Parkes zu den hohen schimmernden Fenstern des Schlosses hinauf und ein glückliches Fürstenpaar rüstet sich, dem Winken und Locken der strahlenden Natur zu folgen. Ein Diener nimmt schützende Tücher auf den Arm und in die Hand die allmorgendliche duftende Blumengabe des jungen Fürsten an seine Gemahlin – dann schreitet das glückliche Paar mit kleinem Gefolge heiter plaudernd die Treppe hinab zu dem bereits harrenden Wagen. Doch was ist das? Am Fuße der breiten, teppichbelegten Treppe kniet eine alte Dame, silberweiß ist ihr Haar, tiefschwarz die Kleidung. Ihr zur Seite steht eine leicht gebeugte, doch blühende Frauengestalt und etwas zurück schüchtern ein Knabe. Flehend faltet die Greisin die Hände, bittend richtet sich ihr Blick auf den vor ihr stehenden Fürsten, um ihren Mund zuckt ein herber Schmerz. Sie vermag kein Wort zu sprechen, es ist ihr, als ob die Zunge gelähmt sei. Da erklärt das Schriftstück in der Hand des Kammerherrn, was die ergreifende Scene zu bedeuten hat. Ein Gnadengesuch! Für den Sohn bittet die Mutter, für den Gatten ihrer Begleiterin, für den Vater des Knaben. Und dann findet sie auch Worte, glühende Worte der Mutterliebe und der Verzweiflung. Theilnehmend, von sichtlichem Wohlwollen getragen, ruht der Blick des Fürsten auf der edlen Bittstellerin, und aus den Zügen seiner Gemahlin spricht inniges Mitgefühl. Er kann dem Gesuch nicht augenblicklich willfahren, er muß untersuchen und dann entscheiden. Doch die Gnade liegt in seiner Hand und sie walten zu lassen, wenn es irgend geht, ist sein fester Entschluß. Er sagte es der gebeugten Greisin, und zagend, hoffend mag sie das Schloß verlassen. **