Ein Gedicht von Schiller’s Schwester Christophine

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Titel: Ein Gedicht von Schiller’s Schwester Christophine
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 484
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[484] Ein Gedicht von Schiller’s Schwester Christophine. Durch Herrn Landkammerrath Vogt in Weimar geht uns als ein werthvolles Andenken nachstehendes Gedicht zu. Schiller’s älteste Tochter, Caroline, die Gattin des Bergraths Junot, übersandte ihm, begleitet von einem Briefe aus Rudolstadt vom 8. Decbr. 1849 und der Bemerkung: „Zum freundlichen Andenken an unsern Ausflug nach Ettersburg etc.“, eine Abschrift von diesem Gedicht ihrer Tante Reinwald (siehe den Artikel „Schiller’s Lieblingsschwester“ von Ernst Ziel, Nr. 20 d. Jahrg.), das dieselbe an ihrem sechsundachtzigsten Geburtstage, am 4. September 1843, niedergeschrieben. Es lautet so:

Mein Gebet.

     Hier auf der Höhe des Lebens.
Wo ich hinüber in jene Gegenden sehe
Voll ewigen Friedens und voll süßer Ruhe –
     Hier bin ich, Gott meiner Tage,

5
Und bringe Dir – vielleicht zum letzten Male

Mit diesen sterblichen Lippen mein armes Opfer
Mit Gebet und Dank!
     Du warst mir Gnade und Güte
Von Jugend auf, mein ganzes Leben.

10
Und ich kenne Dich nur durch Wohlthat und Zärtlichkeit.

Du gabst mir Leben und Kräfte
Und Güter so viel als meine Nothdurft war;
Und diese zahlreichen Jahre
Und dieses Herz voll Liebe zu Dir.

15
     So nahe dem Ziel meiner Tage

Und jeder irdischen Wünsche satt,
Bet’ ich den höchsten der Wünsche:
Den guten Tod, den der Erlöste stirbt!
     Laß mich, o Herrscher des Todes.

20
Hinüberschlummern, im Herzen seligen Frieden

Und Hoffnungen auf ein unsterblich Glück! –
     Sei meinen Brüdern, den Menschen,
Ein Gott, wie Du mir es warst,
Ein Gott voll Gnade und Güte,

25
Und laß’ sie leben in der Liebe und heiligen Furcht

Vor Deinem Angesicht!