Ein Ernstlicher Ruf an die Deutschen in Pennsylvanien

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Autor: unbekannt
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Titel: Ein Ernstlicher Ruf an die Deutschen in Pennsylvanien
Untertitel: Von einem ihrer Landsleute, Dem die Ehre des Deutschen Namens theuer und werth ist.
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Erscheinungsdatum: 1799
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Drucker: Gedruckt bey Johann Albrecht und Comp. in der Prinz-Strasse.
Erscheinungsort: Lancaster (Pennsylvania)
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Quelle: Commons,Internet Archive
Kurzbeschreibung: Unterstützungsschrift für den Wahlkampf des Kandidaten James Ross (Föderalistische Partei) zur Gouverneurwahl 1799 in Pennsylvania gegen den späteren Sieger Thomas McKean (Demokratisch-Republikanische Partei)
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[1]
Ein
Ernstlicher Ruf
an die
Deutschen in Pennsylvanien.


Von einem ihrer Landsleute,
Dem die Ehre des Deutschen Namens theuer und werth ist.


Lancaster:
Gedruckt bey Johann Albrecht und Comp. in der Prinz-Strasse.
[2]
Ernstlicher Ruf an die Deutschen!
Deutsche Brüder,

Ich kan mich nicht länger enthalten, ich muß die Feder ergreifen. — Unsre theuren Voreltern haben immer einen vortreflichen Charakter geführt. Als eine köstliche Erbschaft haben sie uns denselben hinterlassen; und es wäre eine wahrhafte Schande wann wir ihn nicht unversehrt unsern Nachkommen in die Hände lieferten.

Dieser unser guter Name steht aber jezt in der grösten Gefahr. Ueberall sind wir mit Feinden umgeben, ja wohl gar unter uns selbst haben wir solcher niederträchtigen Seelen nur allzuviele, denen es eine rechte Freude wäre, wenn wir alle in Schande und Verachtung geriethen, so sie nur auf den Ruinen aufklimmen, sich in hohes Ansehen und hohe Aemter erheben oder ihre Taschen mit verächtlichem Gewinnst anfüllen könnten.

Und dis ist leider die traurige Ursache warum ich euch anrede. Meine Besorgnisse sind eurenthalben, meine Brüder, auf das höchste gestiegen. Es ist hohe Zeit unter euch Lerm zu geben, daß ihr auf eurer Hut seyn möget, die Ehre des guten Deutschen Namens zu erhalten, und euch als würdige Nachkommen eurer Voreltern zu beweisen.

Es thut mir eurenthalben leid, daß jeder Hasenfuß und Tölpel euch gleichsam bey der Nase herumziehen, eure edle Einfalt für Dummheit auslegen, und euch zu Werkzeugen machen will die allerschändlichsten Lügen auszustreuen, und seine rebellischen gottesverächtliche Absichten zu befördern.

Schon etliche Jahre her scheint es als ob der böse Feind selbst darauf los wäre euch zu verführen; und nun da eine wichtige Wahl herbey komt, so versucht man mehr Kunstgriffe an euch als je zuvor. Ja, heißt es, wenn wir die Deutschen auf unsre Seite kriegen können, so haben wir gewonnen Spiel. So fängt man dann mit seinen listigen Ränken an, und es müste das verständigste Volk auf der Welt seyn, das allen den Fallstricken entgehen könnte die man gegen meine lieben Deutschen Mitbürger auswirft.

Und was sind alle die unverschämten Lügen, und himmelschreyenden Verleumdungen, die man wider die Regierung, die Gesetze und die besten Männer unsers Landes, unter euch ausposaunet, als solche Fallstricke und Kunstgriffe euch ins Verderben zu stürzen? Ich muß nur erstaunen wie so viele unter euch diesen Lügen so einfältiglich Gehör geben können, da sie doch nicht den allergeringsten Schein der Wahrheit an sich haben.

Um euch unzufrieden zu machen, und aufzuwiegeln, wird euch weiß gemacht daß man daran ist, euch eure Freyheit zu rauben! Und wer ist es der sie euch rauben soll? — Ey gerade über die schreyt man am meisten drauf loß, die die besten Jahre ihres Lebens im Kampf für eure Freyheit aufgeopfert haben. Die sollen nun auf einmal in ihren [3] alten Jahren, Tories, Feinde der Freyheit und eure ärgsten Hasser geworden seyn! Du guter Gott! wer solte meynen, daß Amerikaner so närrisch so undankdar seyn könten!

Was, zum beyspiel, hälf es dem John Adams[WS 1], wenn er nun, mit seinen grauen Haaren, euch den Rücken kehren sollte? Er war ja, in der Revolution, einer der allerersten, eure Klagen vor den Brittischen Hof zu legen. Dort vertheidigte er, mit aller Gewalt, eure Rechte und Freyheit. Ja wenn es nicht für ihn und den John Jay[WS 2] gewesen, so wäre, am Ende der Revolution, eure Unabhängigkeit leider nur ein Wort geblieben. Und nun was, um Gottes willen, hälfe es ihm, wenn er, auf einmal, ein Verräther dieser Freyheit werde solte, die ihm so viele Mühe gekostet hat?

Und auch — O Himmel — Auch unser guter alte General Waschington[WS 3] (denn der ist auch ein Federalist) auch der soll nun ein Tory geworden seyn!! das wäre doch entsetzlich! — Nein es ist gottlos einen solchen Gedanken zu hegen. Hat Er euch, da ihr arm und gering waret, aus den Händen des Königs von England gerissen, um euch nun, stark und reich, in seine Hände wieder zurück zu geben! Hat Er eure Freyheit aus dem Staube gehoben, getragen, gepfleget und versorget um ihr nun einen tödlichen Dolch ins Herz zu rennen? Wie, O Schande! O himmelschreyende Schande! Wie könnt ihr einen solchen Gedanken nur Eingang in euer Herz geben!

Ja die Democraten geben sogar vor, daß der gröste Theil eures Congresses aus Tories und Feinden der Freyheit bestehe. Allein es braucht sicher nur eine halbe Ueberlegung dis Vorgeben als eine wirkliche Lüge zu entdecken; denn fragt euch einmal selbst: Was würde es diese Männer helfen, wenn sie eure Freyheit aufgäben? Sie sind ja nur auf wenig Jahre im Regiment. Drauf sind sie wieder Bürger wie ihr seyd. Wenn sie denn eure Freyheit verkaufen, so verkiefen sie auch ihre eigene Freyheit. — Das wäre ja der tollste Streich von dem man je gehört hätte.

Ja, was noch toller und thörigter ist, man will sogar Tories und Feinde der Freyheit aus dem grösten Theil der Vereinigten Staaten machen. Denn das ist doch vor aller Welt offenbar, daß bey weitem die Mehrheit der Bürger und besonders der Neu-Engländer, die so tapfer für die Freyheit gefochten haben, jetzund Federalisten sind. Bedenkt doch einmal welche Veränderung da müßte vorgegangen seyn. Wir die wir, vor 20 Jahren, bereit waren alles hinzugeben, lieber als daß wir länger unter dem Joch blieben, wir wären nun auf einmal so schrecklich ausgeartet, daß die allermehrsten unter uns, sich selbst, freywilliger weise, in die Sclaverey dahin geben wolten! O unerhörte Veränderung! O unbegreifliche tollheit! Wie könnt ihr das glauben.

Ich weiß gar nicht warum man, mit dem Wort Tory so entsetzlich um sich wirft. Sind dann die mehrsten von den alten Tories unter den Federalisten oder unter denen die sich Demokraten nennen? Ich glaube die Frage wäre schwer zu entscheiden. Aber — zum Beyspiel — was war der Tench Coxe[WS 4] (Tench Cox) der euch den M’Kean[WS 5] zum Gouvernör vorschlägt? Was war der als ein erz-bitterer Tory? Da die Brittische Armee, letzten Krieg, in Philadelphia einzog, so setzte eben dieser Tench Coxe, zur Ehre des Triumphs unsrer Feinde, und in der freudigen Hofnung daß nun unsre Unabhängigkeit einen tödlichen [4] Streich erhalten habe, sich einen Lorbeer-Kranz auf seinen Kopf, gieng der Armee entgegen, und zog mit solchem Gepräng, dem General Howe[WS 6] zur Seite, in unsre Hauptstadt. Und auch dieser will nun von Freunden Großbrittaniens reden; dieser ist auch ein Demokrat ein sogenannter Freund des Volks geworden. Aber hütet euch. Ihr wißt, der Teufel kan sich in einen Engel des Lichts verstellen; wer dann nicht auf seiner Hut ist die hat er bald in seinen Klauen.

Und gesetzt es wäre der Fall, daß auf einer oder der andern Seite die meisten alten Tories wären; was hat dis mit den jetzigen Affairen unsers Landes zu thun? Der König von England geht uns jetzt nicht besonders an, nur hüten muß man sich vor denen die zu viel von ihm reden. Es ist ja besser wenn er unser Freund ist, als daß er noch unser Feind wäre. Ich kan nicht einsehen warum ihr euch solche Schreckbilder, der Tories halber, vor die Auqen malen lasset. Ihr habt euch ja letzten Krieg nicht so sehr vor den Tories gefürchtet! warum soltet ihr nun erst anfanqen ihrenthalben zu hausen. Ihr komt mir gerade vor als Kinder die sich durch Gespenster erschrecken lassen. Und recht schändlich ist es, daß man jetzt anfängt, sogar diejenigen Tories zu schelten, die sich am ernstlichsten bemüht haben, uns aus der Botmäsigkeit des Königs von England hervor zureissen.

Und sagt mir doch einmal, ums Himmels willen, was hat denn doch der Congreß, der Senat und der President gethan daß man so über sie schilt und flucht? Wo haben sie die geringste that begangen, aus der ihr den Verdacht hernehmen köntet, daß sie euch eure Freyheit rauben wolten? Ich weiß wohl — Die Aurora und ein armseliges kleines Deutsches Zeitungsblatt, das von zween jungen Hasenfüssen geführt wird, in Philadelphia, der Adler in Reading, der Solomon Meyer der arme Wurm in Yorktaun, der sogar unsern Gott zu leugnen sich unterwindet, und noch etliche Deutsche Zeitungen und Drucker mehr in Easton, Lancaster, oder wo sonst, können euch bald eine Antwort auf diese Fragen kochen. Aber müst ihr von denen just alles als gut annehmen? Die Stempel-Acte, die Sedition Law, die Alien Law, der Haus-Tax, die Armee, die Flotte — Das sind die schrecklichen Dinge mit dem man solchen entsetzlichen Lermen macht. Aber wie viel man Ursache dazu hat? Das ist eine Frage, die jene nur mit Lügen und Lästern beantworten können. Ich will euch aber, der Wahrheit gemäß, das ganze erklären. Und dis soll denn der Hauptzweck dieser meiner Zuschrift seyn.


Die Stempel-Acte.

Die Stempel-Acte war nicht das erste, womit man anfing das Volk der Vereinigten Staaten in Unruh zu setzen. Schon etliche Jahre her, hat eine gewisse Classe von Leuten alles getadelt was nur die Regierung unternehmen konte. Was diese Leute für Absichten dabey haben, das weiß der, der die Herzen kündiget, und der wird ihnen auch einmal den gehörigen Lohn dafür ertheilen.

Die Stempel-Acte kam diesen unruhigen Köpfen gerade recht. Nun dachten sie — Aha! nun haben wir einen scharmanten Schreckvogel um [5] den Gemeinen Bürger recht bitter auf den Congreß zu machen. Laßt uns hören was sie darüber zu sagen hatten.

Sie verfluchten die Stempel-Acte — das war das erste — und warum? Ja nun — es war eine Stempel-Acte; und eine Stempel-Acte war just eins von den Dingen, worüber der letzte Krieg angefangen wurde[WS 7]. Der Name nur allein, der Name dieser Acte war schon an sich selbst ein schreckliches Ding. Aber ist denn auch dis ein guter Grund warum man so viel Wesens macht?

Beym Anfang der Revolution klagte man nicht über den Namen, man klagte auch nicht über den Inhalt der Stempel-Acte, ja sogar klagte man nicht über die Last, die den Staaten durch diese Acte aufgelegt wurde; sondern man klage nur über den Umstand, daß der König von England und das Englische Parlament diese Acte gemacht hatten. Wir wolten uns nicht, auf diese weise regieren lassen. Wir wolten haben, der König und sein Parlament solten nur sagen wie viel wir, zur Aufrechthaltung der Regierung, zu bezahlen hätten, und denn bestanden wir darauf, daß wir selbst die Art und Weise bestimmen wolten wie das Geld gehoben werden solte. Wir glaubten der Brittische Hof habe sich mehr Gewalt angemaßt als ihm mit Recht zukäme; und besorgten dis sey nur ein Anfang zu ferneren Eingriffen auf unsre Rechte. Drum klagte man über jene Stempel-Acte.

Bey der jetzigen Stempel-Acte kan aber keines von diesen Klagen gelten. Der Congreß hat, nach der Constitution, völliges Recht Taxen zu heben, wann und wie sie wollen. Das habt ihr ihnen selbst eingestanden. Jetzt ist also nicht die Zeit drüber zu murren. Und denn sind auch die Glieder des Congresses keine Fremdlinge, die nichts darnach fragen solten wie wir gedrückt werden. Nein sie sind unsre Mitbürger, und wenn sie uns eine Last auflegen, so fällt diese Last eben so schwer auf sie als auf andre. Sie werden also sicherlich darauf sehen daß uns alles so leicht als möglich gemacht werden möge.

Wenn die Stempelacte eine Last wäre, so fiel bey weitem der schwerste Theil davon auf die reichen Kaufleute. Der Bauer, der Handwerksmann und der arme Bürger werden selten oder gar nicht das geringste davon zu tragen haben. Ein einziger großer Kaufmann in Philadelphia bezahlt so viel von dem Stempel-Tax als ein ganzes großes County im Lande. Wenn also jemand Ursache zum Klagen hätte, so wären es diese Kaufleute. Man hört aber nicht daß sie ein solches großes Murren und Gelerme drüber machen. Nein, gerade diejenigen hausen darüber am meisten, die vielleicht in 50 Jahren keinen Pens werth von diesem Tax zu tragen haben. Welch ein böser, böser Geist der Undankbarkeit!

Hängt denn unsre Freyheit just von einer Stempel-Acte ab? Wenn das der Fall wäre, so hättet ihr es, in der Constitution, nur dem Congreß verbieten können keine Stempel-Acte zu machen: Dadurch wäre dem Ding bald geholfen gewesen. Aber es scheint ihr habt damals, wie die Constitution gemacht wurde, ganz anders gedacht als jetzund.

Damals waret ihr alle eines Sinnes. Es war eurer aller Glaube, daß wo eine Regierung ist, da muß auch Geld seyn, die Regierung aufrecht zu erhalten. Ihr habt alle damals geglaubt, daß es wenig Unterschied mache, was für ein Gesetz es sey, dieses Geld zu sammlen, wenn man nur den leichtesten Weg dazu wählet. Nun aber scheint ein ganz andrer Glaube ausgegangen zu seyn.

[6] Nun meint ihr, die Regierung hat kein Geld nöthig, und wenn sie es nöthig hat, so mag der Congreß zusehen wo er es kriegt; ihr wollt es nicht hergeben. Nun heißt es — Ihr sollt keine Accis-Acte machen Ihr sollt keine Stempel-Acte machen — Ihr sollt keinen Haus-Tax legen — Ihr sollt keinen Land-Tax fordern — Ihr sollt so kein Geld samlen — Ihr sollt es so nicht thun. Wo in aller Welt soll denn das Geld herkommen? Soll es der Congreß aus den Fingern saugen?

Kurz, meine Brüder, das Murren über die Stempel-Acte ist ein Murren über ein Wort, und sonst nichts. Denn schade ist es daß solcher Wortstreit schon oft das gröste Unheil angestiftet hat. Euch, die ihr, bey eurem braven Fleisse nicht allemal die zeit dazu nehmet, solche Sachen im Grunde zu untersuchen, euch sucht man allerhand Dinge weiß zu machen, um euch in Unruh zu setzen; und dadurch werdet ihr denn in Faulheit, Verschwendung, Lästerung der Obrigkeit, und allerhand andre Laster hingeführt, und ihr verliehrt dabey den guten Namen den ihr bisher so theuer verdient dabt. Lasset euch daher bitten, meine lieben Deutsche, untersucht erst durchgängig alle Klagen die wider die Regierung erregt werden, ehe ihr euch dahin bringen lasset, mit denen anzustimmen die alles verlästern und verfluchen was euch theuer und werth seyn sollte.


Die Sedition-Law;[WS 8]
Oder: Das Gesetz Aufrührer vorzubeugen.

Wenn ich Einwendungen wider diese Law machen höre, so werd ich wirklich böse. Ihr müst daher verzeihen wenn ich hie und da gezwungen werde ein rauhes Wort herauszustoßen.

Einmal vor allemal — es ist eine infame Lüge, wenn man euch sagt, daß euch durch diese Law, eure Freyheit zu reden, schreiben und drucken eingeschränkt wird. Ich sage es noch einmal es ist eine gottlose, infame Lüge. Und wer die sind, die es euch weiß machen wollen, sie seyn auch wer sie wollen, sie sind Lügner.

Eines theils lächert es mich, daß es Leute giebt die solchen unverständigen Lügnern mit Gedult zuhören können. Sie schreyen ganz erbärmlich wir dürfen nicht reden! und doch reden sie immerfort — Wir dürfen nicht schreiben! und doch schreiben sie immerfort — Der Congreß hat uns das Maul zugepappt! und doch steht ihnen das Maul immer offen. Ja in einem Odem klagen sie daß sie gedultig das gröste Uebel annehmen und schweigen müsten, und in eben dem Odem versuchen sie den Presidenten und den Congreß, schelten dieselben Freyheitsmörder, Verräther oder was ihnen erst aufs Maul kommt; ja brüten Aufruhr, und fordern das Volk auf zu Waffen und Krieg wider ihre eigene gewählte Obrigkeit. Und doch kan es dumme Leute geben, die solche Schurken weder für Narren noch für Schelmen halten, Leute die jedem Worte das sie reden und schreiben auf das einfältigste glauben. Mir deucht ein jeder vernünftige Mann müste eher, entweder sie für toll und mondsüchtig ansehen, oder ihre so dumme als gottlose Ränke herzlich verachten.

[7] Die Sedition-Law verbittet euch weder das Reden, noch das Schreiben, noch das Drucken. Sie verbietet nur das infame, vorsetzliche Lügen. Wer die Wahrheit redet, der hat nicht nöthig sich im geringsten vor diesem Gesetz zu fürchten. Auch sogar wider die Regierung mögt ihr reden — bleibt aber nur bey der Wahrheit — es kan euch nichts gethan werden. Ja, so menschenfreundlich ist dies Gesez gemacht worden, daß wenn ihr etwan auch eine Unwahrheit wider die Obrigkeit geredet, und ihr könnt es beweisen, daß ihr keine böse Absicht darin hattet — so kann euch nichts gethan werden.

Nun in aller Weit, was könnt ihr wider ein solches Gesez einwenden? „Wenn euer Nachbar euch einen bösen Namen giebt oder eine Schmähschrift wider euch ergehen läßt, so könnt ihr ihn vor Gericht bringen und brav dafür bezahlen machen:“ und doch wollt ihr haben der President und der Congreß sollen alle Lügen, alle Verleumdungen, alle Verdrehung ihrer Handlungen geduldig annehmen und gar keine Satisfaction dafür haben. Das wäre doch gar nicht Gerechtigkeit.

Aber es heißt, diese Sedition-Law habe die Constitution überschritten. Ich sage aber, meine Brüder, es ist nicht wahr. Wir als gemeine Bürger, haben freylich, nach der Constitution, kein Recht zu entscheiden ob ein Gesez constitutionsmäßig sey oder nicht, dis gehört denen Richtern (oder Judges) der hohen Federal Courten, wir können aber doch unsre Meynung drüber geben.

Nun also. Nach der Constitution darf der Congreß kein Gesez machen, das die Freyheit der Sprache oder Presse einschränkt. Nun wißt ihr aber, daß wenn eine gewisse Freyheit eingeschränkt werden soll, so muß diese Freyheit erst da seyn, um sie einschränken zu können. Aber fragt einmal eure so laut schreyende und brüllende Lehrer, ob je eine gewisse Anzahl aufrührischer Köpfe das Recht oder die Freyheit hatten, ungestraft sich mit einander zu verbinden um die Regierung des Landes über den Haufen zu stossen? ob je ein gottloser, rebellischer Bösewicht die Freyheit hatte, ungestraft die allerhandgreiflichsten, abscheulichsten Lügen wider die Regierung auszuposaunen, um den guten Bürger zum Aufruhr zu erregen? Wenn sie nie die Freyheit hatten wie konnte ihnen denn die Freyheit eingeschränkt werden? Und daß sie es nie hatten, das muß ein jeder wissen der nur das geringste von der Common Law versteht. Die Sedition-Law ist kein neues Gesez, sie ist nur theils eine Beschreibung, theils eine nähere Bestimmung der Common Law die seit dem Anfang unsrer Republik das hohe Gesez des Landes gewesen.

In Deutschland, in Spanien und in Frankreich, dort ist die Freyheit der Presse nicht mehr — bey uns aber ist diese Freyheit noch in vollem Werth. In Deutschland und Spanien da giebt es gewisse Tribunäle, wohin alles geschriebene muß zur Durchsicht gebracht werden, und was diesen Tribunälen nicht gefällt, das darf bey schwerer Strafe nicht dem Druck übergeben werden. In Frankreich, dem sogenannten Lande der Freyheit, da werden Zeitungen aufgehoben, und die Drucker verbannt oder ins Elend geschickt, wenn sie nicht nach dem privat Willen und Wunsche des hohen Directoriums schreiben, und wer da nicht redet wie es ihnen gefällt der mag Zusehen wie es ihm gehet. „Seht dort ist keine Preß- und Sprachfreyheit; Aber hier bey uns mag einer, in Absicht der Regierung, reden was er will, schreiben was er will, und drucken was er will, wenn es nicht Lügen sind, die aus bösen, aufrührischen, [8] landesverrätherischen Absichten geschehen — es darf ihn niemand stören.“

So viel also von der Law die euch eure Mäuler sperren, eure Gurgel verstopfen und eure Zungen abkneipen soll. — Nun lasset uns weiter gehen.


Die Alien-Law;
Oder: Das Gesez Fremdlinge betreffend.

Zuerst will ich erklären, was dieses Gesez auf sich hat — Ein Alien, das ist einer, der unter uns wohnt, aber kein Landesbürger ist, sondern unter die Botmäßigkeit einer andern auswärtigen Regierung gehört; einer der den Eid der Treue gegen unser Land nicht ablegen will, oder es zum wenigsten noch nicht gethan hat — Das ist ein Alien.

Die Alien-Law giebt dem Presidenten der Vereinigten Staaten das Recht, alle solche Aliens oder Fremdlinge des Landes zu verweisen, von denen er Ursache hat zu glauben, daß sie als Spionen oder Landesverräther unter uns gekommen sind.

Nun frag ich euch, was kann wider diese Law eingewendet werden? Hat man auch durch sie die Constitution übertreten? Was haben Aliens oder Fremdlinge mit unsrer Constitution zu thun? Und denn solte ich meynen, es könnten keine als nur Spione und Galgenstricke drüber fluchen wenn der President Spionen und Galgenstricke fortschicken darf.

Allein dis Gesez geht unsre lieben Freunde, die Franzosen an. Und da haben wir Tausende unter uns, die es lieber hätten, daß Amerika in Unruh und Elend versezt würde, als daß den Franzosen im geringsten solte leid gethan werden. Und diesen war es dann ein Dolch ins Herz daß man ihren lieben, frommen Brüdern nun nicht mehr trauen wolte.

Der Congreß hatte seine erheblichen Ursachen ein solches Bill zum Gesez zu machen. Denn einmal schien es damals an dem zu seyn, daß Frankreich wider uns Krieg erklären, oder was noch schlimmer wäre auf eine heimtückische Weise mit den Waffen auf unser Land fallen wollte. Unsre Abgesandten hatten sie schon auf das niederträchtigste behandelt; unsre Schiffe hatten sie genommen, und gaben uns gar keine Satisfaction dafür; und hernach sendten sie ein Edict nach dem andern aus, wodurch unsre Flagge auf das schändlichste verunehrt wurde. Zweytens hatten die Franzosen schon ein solches Gesez gemacht; Kraft dessen den Bürgern der Vereinigten Staaten konnte zu einiger Zeit befohlen werden Frankreich innerhalb 24 Stunden zu räumen. Und zum dritten hatte der Congreß überhäufte Beyspiele, die ihnen zum Beweise dienen konnten, daß die Franzosen, wenn sie ein Volk unterjochen wollten, allemal ihre Spionen voraus sandten, die ihren Armeen den Weg zum Untergang des Landes bahneten. Ohne ein Alien-Gesez standen wir also in der grösten Gefahr. Die Franzosen konnten tausend Spionen unter uns haben, das ganze Land durchzuspähen, sich einen Anhang zu sammlen, oder das Volk unter sich selbst uneins zu machen. Das Alien-Gesez wandte (mit der Hülfe Gottes) den grösten Theil dieser Gefahr von uns ab; der Congreß war mit Recht auf seiner Hut; er [9] verdient eben den Dank, den ein Hausvater verdient, der seine Knechte bewafnet reissende Wölfe von den Fluhren zu verjagen. Das müssen sicher tigerartige Herzen seyn, die eine solche Vorsicht verlästern. Mir deucht, dis einzige solle euch die Augen öfnen, wessen ihr euch zu den Lästerern der Regierung zu versehen habt.

Nothwendiger weise muste jemanden dis Recht Spionen zu vertreiben, anvertrauet werden. Und wer war am ersten dazu tüchtig, als der, den das Volk selbst zur Verwaltung seiner Regierung erwählt hatte? Auf der Court konte unmöglich mit einem etwas gethan werden, auf den man nur einen sehr starken Verdacht hatte, die Judges konten also verdächtige Leute unmöglich vertreiben. Wer solte es denn thun? Der Congreß gab die Gewalt darzu, dem Presidenten über.

Und nun: wo ist das entsetzliche Uebel dieses Gesetzes? Was haben Fremdlinge und besonders solche, denen keine Regierung gefallen will, und die auf nichts als Aufruhr und Verwirrung bedacht sind, was haben die mit eurer Regierung zu thun? Wo ist etwas in der Constitution, das dem Congreß verbietet, ein solches Gesetz wie dieses zu machen. Was diejenigen, die einen solchen schrecklichen Lerm über dis Gesetz erregt haben was die damit wollen, das weiß ich nicht, es sey denn daß sie es wünschen mögten, daß die Franzosen, uns alle vollends verschlingen, oder ins Verderben stürzen solten.


Haustax. Flotte. Armee.

Ich gestehe, meine theuren Mitbürger, der Haus-Tax, die Flotte, und die Armee, sind drey Dinge, die mir gar nicht gefielen wenn sie nicht unumgänglich nothwendig wären. Ich wünsche von Herzen, daß wir ohne sie thun könten. Ich glaube, mit Ueberzeugung, der Congreß hat auch so gewünscht. Aber wem haben wir die Nothwendigkeit zu verdanken, daß der Congreß solche unangenehme Maßregeln ergreifen mußte? Dem Presidenten nicht, und auch dem Congreß nicht, sondern, unsern sonst sogenannten Freunden, den Franzosen.

Es ist nur seit kurzem daß wir eine Armee nöthig hatten. Es wäre uns aber schon lange gut gewesen wenn wir eine Flotte, oder zum wenigsten etliche wenige Kriegsschiffe gehabt hätten, unsre Commerzien zu vertheidigen.

Unsre Flagge hat man auf das schändlichste gemißhandelt, unsre Schiffe uns genommen, unsre Seeleute gefangen weggeführt, eingekerkert und verhungert; unsre Kaufleute verarmten und unsre Staats Einkünfte wären uns dadurch beynahe gänzlich vernichtet worden — und alles das geschahe, weil wir keine Gelegenheit hatten uns selbst zu vertheitigen. Hätten wir eine Flotte oder Seemacht gehabt so wär es nicht geschehen. Denn warum handeln die Franzosen mit Dänemark und Schweden vorsichtiger als mit uns?

Der Stempel-Tax war der erste Erfolg des Raubens und Plünderns der Franzosen. Denn die gewöhnlichen Einkünfte durch Duties, und dergleichen, nahmen so merklich ab, daß der Congreß sich gezwungen fand, andre Wege und Mittel zu erdenken, den Mangel zu ersetzen.

[10] Das Rauben und Plündern aber der Franzosen wurde immer ärger, der Geldmangel immer größer. Der Congreß wurde, nach gerade, mehr und mehr überzeugt, daß es nothwendig sey, wenn wir nicht ganz zu Grund gehen solten, unsre Commerzien mit den Waffen zu vertheidigen. Denn der President hatte, zu zweyen unterschiedlichen malen, Abgesandte nach Frankreich geschickt; die Franzosen wollen sie aber gar nicht anhören, sondern tractirten sie wie man Lotterbuben behandelt; und trieben sie wieder ohne Satisfaction zurück. Der Congreß konte also nicht hoffen daß die Franzosen bald mit ihren himmelschreyenden Seeräubereyen aufhören würden. Er, entschloß sich daher unsere Schiffe zu bewafnen, und eine Seemacht zu errichten, die sich unter den Französischen Seeräubern durchschlagen könte. Daher entstund also die Flotte. Und was diese, so sehr verschrieene Flotte für vortreflichen Nutzen schon geschaft hat, das weiß ein jeder der nur im geringsten unsere Commerzien kennt.

Es gieng aber weiter. Nie auf der Welt hatte ein Volk solche schimpfliche Behandlung, solch unerhörtes Necken, solch Rauben und Plündern ungeahndet und so gedultig von einem andern Volk angenommen, als wir arme Amerikaner es von den Franzosen erdulden mußten. Die Aussicht gegen Frankreich wurde noch täglich schwärzer und schwärzer. Das Direktorium versuchte sein äusserstes, Florida und Louisiana dem König von Spanien aus den Händen zu nehmen. Florida ist unsre südliche und Louisiana ein Theil der südwestlichen Grenze. Wären diese in die Hände der Franzosen gefallen, so hätten sie eine scharmante Gelegenheit gehabt, eine Armee dort von den Westindien anzulanden und geradeswegs unter unsre Schwarzen hinein zuführen, von denen, sie durch Liberty-Kreischerey, bald gar viele auf ihre Seite gebracht hätten. Der Congreß wuste aus Erfahrung daß die Franzosen zu so etwas nicht zu gut wären. Er wußte gewiß daß sie bald suchen würden, gerade unter uns selbst einen Anhang zusammen zu bringen. Und er hatte Ursache zu glauben daß die bösen Leute unter uns nicht besser wären als in Holland, in der Schweiz, in Deutschland und in Italien, wo sich tausende, wider ihr eigen Land, auf die Seite der Franzosen schlugen. Er fand es daher, aus allen diesen Umständen zusammen genommen für nöthig, dem Presidenten Gewalt zu geben eine Armee auf die Beine zu bringen. Demzufolge hat auch schon der President den General Waschington zum Commander in Chief der Armee bestimmt: Und diese ist dann, was man mit so vielem Getöse, und solchen schrecklichen Ahndungen, eine stehende Armee nennet.

Ist es aber wirklich eine stehende Armee? Nein, meine Deutsche Brüder, auch darin hat man den Congreß belogen. „Diese Armee ist nur auf eine gewisse Anzahl Jahre bestimmt. Diese Anzahl Jahre ist nicht größer als in der Constitution erlaubt worden. Und wenn die Lage der Umstände sich inzwischen verändert, so kan diese Armee, zu einiger Zeit, wieder aufgehoben werden.“

Alle diese neue Unkosten nun zu erschwingen, war eine große Summe Geldes nöthig. Der Congreß muste, zu dem Ende, Geld borgen lassen. Aber wo solte nun das Geld herkommen um die Intressen und, nach und nach, das geborgte Principal wieder abzubezahlen? Man kann auf solche Mittel die dem armen Bürger nicht besonders schwer fallen mögten und eine Mehrheit des Congresses die beynahe ganz aus [11] wohlhabenden Männer bestand, entschloß sich mit vieler Großmuth und Uneigennützigkeit einen Haustax zu legen; einen Haustax wovon bey weitem die gröste Last auf die Großen und Reichen fällt, und von dem der halbe Staat Pennsylvanien kaum so viel wird bezahlen müssen, als die einzige Stadt Philadelphia; und doch murren die Landleute, ja sogar fluchen sie drüber, und die Stadtleute bezahlen diesen Tax williglich weil sie die Sache einsehen, wie sogar nothwendig er sey.

Wer war aber schuld daran daß dieser Tax nothwendig wurde? Ich antworte wieder — die Franzosen. Der Congreß konte sich nicht anders helfen; Er mußte auf das bleibende Wohl der Staaten sehen; Er fand sich daher genöthigt, solche Maßregeln einzugehen, die ihm selbst schmerzlich fielen, und doch mit solcher Bitterkeit von eben denen getadelt werden, die Ihm den größten Dank, für seine Uneigennützigkeit, seine Sorgfalt, seine Vaterlandsliebe, und seine Schonung der armen Bürger schuldig sind.


Und nun Deutsche Männer und Mitbürger,

Was denkt ihr von den vielen Lügen, die man über obige Gesetze und Maßregeln in eure Ohren gebellt hat? — Lügen und Verleumdungen, die so gottlos, aber auch so gefährlich sind, daß einem jeden wahren Freunde seiner Mitbürger angst und bange um das ganze Land werden muß.

Findet ihr wohl, in allen diesen Gesetzen und Maßregeln, das geringste, das dem ähnlich wäre, als ob man euch eure Freyheit rauben wolte? Und doch ist es immer das Gekrisch — Eure Freyheit ist in Gefahr? Eure Freyheit ist in Gefahr! — Du guter Gott! gerade das, was der Congreß, aus der drapen edlen Absicht gethan hat, euch eure Freyheit und Unabhängigkeit zu erhalten, gerade das tadelt man heut zu Tage, als das allerabscheulichste und allergefährlichste!

Habt ihr nicht eher die gröste Ursache auf diejenigen einen bösen Verdacht zu werfen, die dieses Gebrüll erregt haben? — Leute die immer Freyheit, Freyheit rufen, sind nicht immer der Freyheit beste Freunde. Ihr Rufen ist oft ein Crocodillen Geheul, das den unvorsichtigen in sein Verderben hinein verleiten kan.

Die Römer, ein altes mächtiges Volk, genossen die edelste Freyheit. Aber sie wurden groß und reich, und denn fehlte es bald nicht an solchen, die Unruhe stiften, und während der Unruhe sich selbst zu bereichern, in hohes Ansehen zu bringen oder wohl gar zur höchsten Oberherrschaft zu erheben suchten. Und was war der erste Schritt, den man zur Erreichung solcher Endzwecke nahm? Ey man schrie Freyheit! Freyheit! gewann dadurch die gemeinen Bürger auf seine Seite, führte sie aus einem Betrug in den andern, und stiftete oft das gröste Unheil im Staat. Endlich gelang es auch während solchen Unruhen, dem großen Julius Cäsar, daß er sich zum eigenmächtigen Herrn über das ganze Volk hinauf schwang. Rom verlor auf einmal seine hochberühmte Freyheit. Das ganze Volk wurde bald zu Sklaven gemacht.

Seht solches - merkt! ich verkündige es euch im voraus — solches werden auch bey euch die Folgen seyn, wenn ihr immer einem jeden traut, der über eure Freyheit, ein solches entsetzliches Lermen erregt. [12] Rom ist nicht das einzige Beyspiel dieser Art. Solcher Beyspiele finden wir in der Geschichte der Welt noch viele mehr. Und, ins besondere, haben wir, in unsern heutigen Tagen, ein hohes Exempel vor Augen. Frankreich schrie auch Freyheit! Freyheit! Um der Freyheit willen war man bereit alles dahin zugeben. Man warf um sich mit Feuer und Schwerdt. Und was war der Erfolg? Gerade die, die am lautesten Freyheit! Freyheit! brüllten — gerade die stürzten am ersten dis sonst brave Volk in den tiefsten Schlamm der Sclaverey. Und Gott nur allein weiß, wenn es anders mit ihnen werden soll.

Wie es kommt, daß Judge M’Kean den man euch zum Gouvernör aufdringen will, wie es kommt daß der nun einer von den Liberty-Schreyern geworden, das ist leicht zu errathen. Es ist nicht gar lange daß er zu dieser Classe von Leuten gehört. Es ist nur seitdem er Hofnung hat Gouvernör zu werden. Damals da die Constitution formirt wurde, da war er ganz anders Sinnes. Damals verglich er das gemeine Volk nur mit „schmalen Bier“ und gab es als seine Meynung daß man in Staatssachen, sich gar nicht an den sogenannten Pöbel zu kehren habe.

So lang als ich ihn kenne, ist er immer eines stolzen, ehrgeizigen Characters gewesen. Unser jetzige Gouvernör hat viel an sich das man mit Recht an einem Governör tadeln kan[WS 9]. Aber das ist doch eins an ihm, daß er eines freyen Zutritts ist. Wer nur zu ihm kommt, er sey reich oder arm, dem begegnet er mit der grösten Höflichkeit und dem freymüthigsten Wesen. Wie würdet ihr aber erstaunen, wenn der M’Kean unglücklicherweise euer Gouvernör wäre und ihr kämet in sein Haus, und woltet etwas freymüthig mit ihm umgehen, und er führe euch auf das rauhste an — Wißt ihr wer ich bin? Hat er dis zu hundert malen gethan da er nur ein Judge war, wie viel mehr wird er es thun wenn er sogar ein Gouvernör ist.

Freylich jetzt hält er seinen hohen, stolzen Geist auf eine zeitlang in Schranken; jetzt kan er mit jederman reden; jetzt heuchelt und schmeichelt er; ja, was das schändlichste ist, jetzt beweißt er gar oft, die allerhandgreiflichste Partheylichkeit gegen diejenigen, die er, vor wenigen Jahren, eine „schweinische Heerde“ gescholten hätte. Seyd ihr aber so unglücklich und macht ihn einmal zum Gouvernör, so werdet ihr bald finden daß er viel zu alt ist, seine tief eingewurzelte Gesinnungen so eilends zu verändern: Ihr werdet finden, daß er, starr einem Freunde des Volks, ein wahrhafter Tyrann ist — Ein Tyrann, der dem heftigen Sturm seiner Leidenschaften, keinen Einhalt zu thun weiß — der weder Höflichkeit noch Gefälligkeit besitzt — sondern mit der eitelsten Einbildung seiner Größe aufgeblasen ist: So daß, wenn ihr auch, als gute Bürger, in ihm die Gouvernör ehren müstet, ihr doch den Mann als einen Gegenstand des Abscheues und der herzlichsten Verachtung ansehen würdet.

Ich will nichts mehr von ihm sagen, ihr möget sonst meynen, es sey Neid oder sonst so was böses das mich dazu antreibe. Gott aber weiß es, ich habe nur euer Wohl und das Wohl des ganzen Landes vor Augen. Partheylichkeit ist es auch nicht das mich gegen diesen Mann zu schreiben bewegt, ob ich schon bekennen muß daß ich keiner von denen bin, die man schlechterdings unpartheyisch nennen kan. Aber hört was die Parthey ist zu der ich mich immer schlage. Die Parthey die [13] ich wähle soll immer die seyn, von der ich überzeugt bin daß sie aufrichtig ist, die Tugend mehr als Gewinnst schätzt, das wahre Wohl meines Vaterlandes sucht, die Religion ehrt und den Namen Gottes fürchtet. Einen Mann der sich alle Tage anders verstellen kan, einen Mann der ein fremdes Volk mehr liebt als sein eigenes, einen Mann der um Ehrgeizes oder Gewinnstes willen seinen Kindern erlaubt ihre Religion zu verlassen — einen solchen kan ich nicht leiden; er ist mir ein Greuel; wenn ich anders kan so soll er nicht mein Gouvernör werden.

Ich will nicht just sagen ob Judge M’Kean ein solcher ist oder nicht. Aber, fragen will ich doch was man von dergleichen Art wider den James Roß[WS 10] einwenden kan? Alles was man gegen ihn zu sagen hat, ist, daß Er zu einigen von denen Gesetzen und Maßregeln gestimmt hat, von denen ich oben geredet habe. Nun leset doch einmal, um Gottes willen, die so sehr verlästerten Gesetze selbst mit Aufmerksamkeit durch, bedenkt was ich oben davon gesagt habe und dann antwortet selbst ob es eine gerechte Einwendung gegen einen Mann sey, daß er zu denselben gestimmt hat.

James Roß ist ein Mann, allem Ansehen nach zwischen 30 und 40 Jahren alt, ziemlich stark und groß von Statur, eines freyen aufrichtigen Wesens, eines leichten, freyen Zutritts, und einer ehrlichen, gutherzigen Gemüthsart. Ueberhaupt hat er beynahe das Ansehen eines braven, starken Deutschen. Mit dem gemeinen und armen Mann geht er eben so liebreich und höflich um als mit dem Reichen. Nichts stolzes, nichts ehrgeitziges, nichts rauhes findet sich in seinem Umgang. Und was noch mehr als alles dieses ihn uns theuer und werth machen solte ist, daß wenn eher etwas im Senat vorkam das mit dem Wohl unsers besondern Staats etwas zu thun hatte, so bewieß er sich immer als einen eigentlichen Freund Pennsylvaniens: Er that sein äusserstes, unser Wohl, mit dem Wohl des ganzen zu befördern.

Seyd ihr einmal so glücklich, daß ihr ihn zum Gouvernör wählt, so werdet ihr finden, daß er sich betragen kan als einer, der die Wichtigkeit und Würde seines Amtes vor Augen hat, und sich mit besonderer Fertigkeit in dasselbe zu schicken weiß. Nie läßt er sein Temperament die Schranken der Wohlanständigkeit überschreiten. Nie führt er sich auf wie ein zänkisches altes Weib. Hingegen, kan man euch bezeugen, daß er gar viele schöne Eigenschaften an sich hat, und sich immer sittlich und ordentlich beträgt. Er ist kein Säuffer; von ihm kan nicht gesagt werden daß er je durch Partheylichkeit, oder heftige unanständige Leidenschaften, seinen guten Namen entehrt hat. Ob aber solches der Character des Herrn M’Kean ist oder nicht; das mag euch ein andrer beantworten.

Doch warum sag ich so viel? Sogar die Widersacher des James Roß unterwinden sich nicht etwas erhebliches wider ihn hervorzubringen. Sie wissen daß ihre Lügen gar zu handgreiflich wären wenn sie es thäten. Oder doch zum wenigsten, wenn sie böses von ihm reden, so thun sie dieses nie vor den Ohren solcher Männer die den James Roß besser kennen.

Wenn sie euch überreden wollen nicht für ihn zu stimmen, so fangen sie an von nichts als von Freiheit und Sclaverey, Ketten und Banden, von Halskragen, Maulgesperr und Schafott drauf loß zu brüllen. O Schrecken und Entsetzen! aber was hat der James Roß mit diesen [14] Dingen zu thun. Mich wundert warum sie ihre liebe Guillotine nicht auch mit einbringen — Allein, doch sie habens nicht nöthig; denn sie schreyen schon genug um uns zu beweisen, daß sie entweder tolle, mondsüchtige Narren, oder schelmische Schurken sind.

Allein es mögte hier gefragt werden: Was hat es mit unserm guten Namen zu thun, ob wir für den einen oder den andern stimmen? Gar viel hat es damit zu thun. Stimmt ihr für den Judge M’Kean so beweiset ihr dadurch daß ihr auch zu denen gehört, die allen christlichen Geboten und Ordnungen zuwider, eure rechtmäßige Obrigkeit verlästern und verfluchen, statt sie zu segnen und für sie zu beten. Haben die Deutschen nicht schon sich Schandflecks genug in Northampton County angehängt?[WS 11] Sollen wir noch weiter gehen? Nein lieber, meine Brüder, wir wollen diesen Schandfleck abzureiben suchen, indem wir uns in Zukunft als ordentliche, treue Bürger unsers Landes verhalten, und statt mit aufrührischen Gedanken schwanger zu gehen, bey öffentlichen Wahlen, unsre Stimmen in der Stille eingeben, und nachher wieder zu unserm Fleiß und häußlichen, stillen Wesen zurück kehren.

Schon heißt es: Pennsylvanien ist der schlimmste Staat unter allen. Zweymal hat man Aufruhren dort stillen müssen, die eine unter den Eyrischen, die andere unter den Deutschen. Vor nicht vielen Jahren wurde es auf einer unserer Kanzeln berühret, das nebst neunzehn Eyrische und Schwarzen, ein einziger Deutscher gefunden worden, der den Gesetzen seines Landes zuwider handelte. Nun aber — O wehe, in welche Lage sind wir gekommen! — Nun müssen wir es beweinen, daß die Deutschen sich eben so sehr als die Eyrischen beschimpft haben! — Ach guter Gott! wer hätte das vor erlichen Jahren gemeint?

Kommt, meine Brüder, schlagt euch doch wieder zu der ordentlichen Classe; betragt euch als würdige, fromme, brave Bürger; und beweiset es vor aller Welt, daß ihr doch noch das alte, redliche, ehrliche, Deutsche Blut in euren Adern fließen habt. — Wenn einmal ein guter Name angefangen hat seinen Glanz zu verliehren, so wird er immer schwärzer und schwärzer, wenn man nicht bald anfängt, und das mit allem Fleiß, den Rost abzureiben. Und wie traurig wäre es, wann in künftigen Tagen, unsre Nachkommen klagen müssen: „Ach leider, wir sind ein verachtetes Volk — in den und den Jahren fingen unsre Voreltern an auszuarten — Ihr guter Name verlohr sich nach und nach unter dem Schutt ihrer Laster; und nun müssen wir leider! die kummervollen Folgen davon ertragen.“ Seht das wird einmal die Klage unter euren Kindern seyn, wenn ihr euch zu einer Parthey schlaget die lauter Verderben und Aufruhr zu brüten im Kopf hat.

Auf der Seite des James Roß habt ihr die bravsten und vernünftigsten Verfechter eurer Freyheit. Und insbesondere wird es unserm lieben alten General Waschington (der euch immer mit Vaters Augen ansieht) ein wahrhaftes Labsal auf seinem Herzen seyn, wenn er findet daß auch ihr euch zur Ruhe, zur Ordnung und zur Religion haltet.

Dis ist alles was ich euch zu sagen habe. Der Herr gebe es euch ins Herz, daß ihr gute Vorsäze fassen möget, und Er selbst lege seinen Segen darauf.

Gehabt euch wohl!
Ein Pennsylvanischer Deutscher.
[15]
Nachschrift.

Ich habe noch etwas wichtiges anzumerken. Oben habe ich euch gesagt; „Daß die Widersacher des James Roß nichts erhebliches wider ihn hervor zu bringen wissen.“ Aber was hab’ ich seitdem gehört? Diese wahre „Söhne des Belials“[WS 12] oder (in den Worten unsers göttlichen Heilandes) diese Kinder „von ihrem Vater, dem Teufel“ diese Menschen „ohne Gott“ nachdem sie alles versucht hatten, eine böse That oder ein offenbares Laster auf den Herrn Roß zu finden, haben endlich, ruchloser weise, sich unterwunden sogar die Eigenschaften unsers Gottes sich selbst anzudichten, und zu bezeugen daß sie in die innersten Gedanken des Herrn Roß hineingedrungen sind.

Und was haben sie dort aufgefunden? Was meynt ihr? — Der Herr Roß soll weder an Gott, noch an die Göttlichkeit der christlichen Religion glauben!!!

Nun, nun, wenn das könte bewiesen werden, ja nur im geringsten könte bewiesen werden, so wäre es bey mir und ich habe zu euch das Zutrauen, daß es auch bey euch ein wichtiger Einwurf wider den Herr Roß, wäre. Ein Feind meiner Religion, ist ein Feind meiner Ruhe — und ich wolle so lieb für den Belial selbst stimmen, als für einen Menschen der meinen Gott verachtet.

Aber soll man jenen Leuten, nach allen ihren greulichen Lügen, noch das allergeringste glauben können? Soll man denen noch die Ohren offen halten, die unserm lieben alten Washingthon, den Vater seines Landes, einen Mörder, einen Verräther gescholten haben? — Behüt uns Gott davor!

Um euch aber zu überzeugen, daß es eine lügenhafte Beschuldigung ist, so kan euch mit Grunde der Wahrheit versichert werden, daß James Roß den man euch zum Gouvernör vorschlägt, sich ordentlich zum christlichen Gottesdienst hält, ja ein Trustie in einer Gemeine von Presbiterianern in Pittsburg ist. Und wäre das wohl zu glauben, daß die Presbeterianer die so genau auf ihre Religion halten, daß die einen Unchristen, einen Gottesläugner zum Trustie in einer Kirche wählen würden? — Pfuy vor solchen unverschämten Lügen!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. John Adams, einer der Gründerväter und zweiter Präsident der Vereinigten Staaten
  2. John Jay, einer der Gründerväter und Jurist
  3. George Washington, einer der Gründerväter und erster Präsident der Vereinigten Staaten
  4. Tench Coxe, amerikanischer Politiker
  5. Thomas McKean, einer der Gründerväter, von 1799 bis 1808 Gouverneur von Pennsylvania
  6. William Howe, britischer General während des Unabhängigkeitskrieges, Besetzer von Philadelphia
  7. Stamp Act, umstrittenes „Stempelgesetz“ durch das die britischen Gesetzgeber erstmals eine direkte Steuer in den amerikanischen Kolonien erhoben
  8. vgl. die 1798 von J. Adams eingeführten Alien and Sedition Acts
  9. Vorlage: an einem tadeln Governör kan
  10. James Roß, britisch-amerikanischer Politiker (Föderalistische Partei) und Kandidat für das Amt Gouverneurs von Pennsylvania
  11. Deutsche Siedler erhoben sich 1799 im Heesses-Wasser Uffschtand unter John Fries gegen neu eingeführte Steuern.
  12. Belial, damönische Gestalt aus der Bibel