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Das Rauben und Plündern aber der Franzosen wurde immer ärger, der Geldmangel immer größer. Der Congreß wurde, nach gerade, mehr und mehr überzeugt, daß es nothwendig sey, wenn wir nicht ganz zu Grund gehen solten, unsre Commerzien mit den Waffen zu vertheidigen. Denn der President hatte, zu zweyen unterschiedlichen malen, Abgesandte nach Frankreich geschickt; die Franzosen wollen sie aber gar nicht anhören, sondern tractirten sie wie man Lotterbuben behandelt; und trieben sie wieder ohne Satisfaction zurück. Der Congreß konte also nicht hoffen daß die Franzosen bald mit ihren himmelschreyenden Seeräubereyen aufhören würden. Er, entschloß sich daher unsere Schiffe zu bewafnen, und eine Seemacht zu errichten, die sich unter den Französischen Seeräubern durchschlagen könte. Daher entstund also die Flotte. Und was diese, so sehr verschrieene Flotte für vortreflichen Nutzen schon geschaft hat, das weiß ein jeder der nur im geringsten unsere Commerzien kennt.

Es gieng aber weiter. Nie auf der Welt hatte ein Volk solche schimpfliche Behandlung, solch unerhörtes Necken, solch Rauben und Plündern ungeahndet und so gedultig von einem andern Volk angenommen, als wir arme Amerikaner es von den Franzosen erdulden mußten. Die Aussicht gegen Frankreich wurde noch täglich schwärzer und schwärzer. Das Direktorium versuchte sein äusserstes, Florida und Louisiana dem König von Spanien aus den Händen zu nehmen. Florida ist unsre südliche und Louisiana ein Theil der südwestlichen Grenze. Wären diese in die Hände der Franzosen gefallen, so hätten sie eine scharmante Gelegenheit gehabt, eine Armee dort von den Westindien anzulanden und geradeswegs unter unsre Schwarzen hinein zuführen, von denen, sie durch Liberty-Kreischerey, bald gar viele auf ihre Seite gebracht hätten. Der Congreß wuste aus Erfahrung daß die Franzosen zu so etwas nicht zu gut wären. Er wußte gewiß daß sie bald suchen würden, gerade unter uns selbst einen Anhang zusammen zu bringen. Und er hatte Ursache zu glauben daß die bösen Leute unter uns nicht besser wären als in Holland, in der Schweiz, in Deutschland und in Italien, wo sich tausende, wider ihr eigen Land, auf die Seite der Franzosen schlugen. Er fand es daher, aus allen diesen Umständen zusammen genommen für nöthig, dem Presidenten Gewalt zu geben eine Armee auf die Beine zu bringen. Demzufolge hat auch schon der President den General Waschington zum Commander in Chief der Armee bestimmt: Und diese ist dann, was man mit so vielem Getöse, und solchen schrecklichen Ahndungen, eine stehende Armee nennet.

Ist es aber wirklich eine stehende Armee? Nein, meine Deutsche Brüder, auch darin hat man den Congreß belogen. „Diese Armee ist nur auf eine gewisse Anzahl Jahre bestimmt. Diese Anzahl Jahre ist nicht größer als in der Constitution erlaubt worden. Und wenn die Lage der Umstände sich inzwischen verändert, so kan diese Armee, zu einiger Zeit, wieder aufgehoben werden.“

Alle diese neue Unkosten nun zu erschwingen, war eine große Summe Geldes nöthig. Der Congreß muste, zu dem Ende, Geld borgen lassen. Aber wo solte nun das Geld herkommen um die Intressen und, nach und nach, das geborgte Principal wieder abzubezahlen? Man kann auf solche Mittel die dem armen Bürger nicht besonders schwer fallen mögten und eine Mehrheit des Congresses die beynahe ganz aus

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unbekannt: Ein Ernstlicher Ruf an die Deutschen in Pennsylvanien. Gedruckt bey Johann Albrecht und Comp. in der Prinz-Strasse, Lancaster 1799, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Ernstlicher_Ruf_an_die_Deutschen_in_Pennsylvanien.pdf/10&oldid=- (Version vom 20.8.2021)