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Die Sedition-Law verbittet euch weder das Reden, noch das Schreiben, noch das Drucken. Sie verbietet nur das infame, vorsetzliche Lügen. Wer die Wahrheit redet, der hat nicht nöthig sich im geringsten vor diesem Gesetz zu fürchten. Auch sogar wider die Regierung mögt ihr reden — bleibt aber nur bey der Wahrheit — es kan euch nichts gethan werden. Ja, so menschenfreundlich ist dies Gesez gemacht worden, daß wenn ihr etwan auch eine Unwahrheit wider die Obrigkeit geredet, und ihr könnt es beweisen, daß ihr keine böse Absicht darin hattet — so kann euch nichts gethan werden.

Nun in aller Weit, was könnt ihr wider ein solches Gesez einwenden? „Wenn euer Nachbar euch einen bösen Namen giebt oder eine Schmähschrift wider euch ergehen läßt, so könnt ihr ihn vor Gericht bringen und brav dafür bezahlen machen:“ und doch wollt ihr haben der President und der Congreß sollen alle Lügen, alle Verleumdungen, alle Verdrehung ihrer Handlungen geduldig annehmen und gar keine Satisfaction dafür haben. Das wäre doch gar nicht Gerechtigkeit.

Aber es heißt, diese Sedition-Law habe die Constitution überschritten. Ich sage aber, meine Brüder, es ist nicht wahr. Wir als gemeine Bürger, haben freylich, nach der Constitution, kein Recht zu entscheiden ob ein Gesez constitutionsmäßig sey oder nicht, dis gehört denen Richtern (oder Judges) der hohen Federal Courten, wir können aber doch unsre Meynung drüber geben.

Nun also. Nach der Constitution darf der Congreß kein Gesez machen, das die Freyheit der Sprache oder Presse einschränkt. Nun wißt ihr aber, daß wenn eine gewisse Freyheit eingeschränkt werden soll, so muß diese Freyheit erst da seyn, um sie einschränken zu können. Aber fragt einmal eure so laut schreyende und brüllende Lehrer, ob je eine gewisse Anzahl aufrührischer Köpfe das Recht oder die Freyheit hatten, ungestraft sich mit einander zu verbinden um die Regierung des Landes über den Haufen zu stossen? ob je ein gottloser, rebellischer Bösewicht die Freyheit hatte, ungestraft die allerhandgreiflichsten, abscheulichsten Lügen wider die Regierung auszuposaunen, um den guten Bürger zum Aufruhr zu erregen? Wenn sie nie die Freyheit hatten wie konnte ihnen denn die Freyheit eingeschränkt werden? Und daß sie es nie hatten, das muß ein jeder wissen der nur das geringste von der Common Law versteht. Die Sedition-Law ist kein neues Gesez, sie ist nur theils eine Beschreibung, theils eine nähere Bestimmung der Common Law die seit dem Anfang unsrer Republik das hohe Gesez des Landes gewesen.

In Deutschland, in Spanien und in Frankreich, dort ist die Freyheit der Presse nicht mehr — bey uns aber ist diese Freyheit noch in vollem Werth. In Deutschland und Spanien da giebt es gewisse Tribunäle, wohin alles geschriebene muß zur Durchsicht gebracht werden, und was diesen Tribunälen nicht gefällt, das darf bey schwerer Strafe nicht dem Druck übergeben werden. In Frankreich, dem sogenannten Lande der Freyheit, da werden Zeitungen aufgehoben, und die Drucker verbannt oder ins Elend geschickt, wenn sie nicht nach dem privat Willen und Wunsche des hohen Directoriums schreiben, und wer da nicht redet wie es ihnen gefällt der mag Zusehen wie es ihm gehet. „Seht dort ist keine Preß- und Sprachfreyheit; Aber hier bey uns mag einer, in Absicht der Regierung, reden was er will, schreiben was er will, und drucken was er will, wenn es nicht Lügen sind, die aus bösen, aufrührischen,

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unbekannt: Ein Ernstlicher Ruf an die Deutschen in Pennsylvanien. Gedruckt bey Johann Albrecht und Comp. in der Prinz-Strasse, Lancaster 1799, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Ernstlicher_Ruf_an_die_Deutschen_in_Pennsylvanien.pdf/7&oldid=- (Version vom 20.8.2021)