Ehrengabe für einen deutschen Dichter

Textdaten
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Autor: Ernst Keil
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Titel: Ehrengabe für einen deutschen Dichter!
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aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 352
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Ehrengabe für einen deutschen Dichter!

Roderich Benedix, unser vaterländischer Lustspieldichter, vollendet im Januar 1871 sein sechzigstes Lebensjahr. Dreißig Jahre hat er für die deutsche Bühne gewirkt, mehr als neunzig Stücke hat er geschrieben und mit seinen Stücken ist er überall willkommene Grundlage des jetzigen deutschen Theater-Repertoires geworden.

Roderich Benedix vertritt eine kerndeutsche Richtung in seinen Dramen, und wirkt dadurch gesund und wohlthätig auf den Geschmack unserer Nation. Der Grund seiner Arbeiten ist sittlich rein, Form und Ausdruck derselben sind allgemein verständlich, bei Hoch wie Niedrig wirksam. Darum sind auch seine Stücke auf den ersten Theatern heimisch, wie auf den kleinsten Bühnen, ja selbst für die Darstellung in Familienkreisen sind sie gesucht. So ist Benedix im wahren Sinne des Wortes ein dramatischer Volksdichter.

Das deutsche Volk hat das überall anerkannt, denn eine große Anzahl der Benedix’schen Stücke, obschon in ihren Mitteln von der größten Einfachheit, sind Zug- und Cassestücke geworden, und die Nation, welcher er angehört, hat wohl die Verpflichtung, solch’ einem, auch von allen Nachbarvölkern übersetzten, weil auch dort hochgeschätzten Dichter einen Ausdruck des Dankes zu bieten.

Es ist in Deutschland leider nicht wie in anderen Ländern Brauch, daß der Staat Sorge trage für verdiente Schriftsteller, namentlich dann für dieselben Sorge trage, wenn das Alter ihre Erwerbskraft verringert. Wir haben auch keine Akademieen, welche verdienstvollen Schriftstellern Preise und Gehalte zuerkennen. Ergänzen wir darum diesen Mangel durch freie Sammlung, erfüllen wir eine Ehrenpflicht, indem wir das Alter eines unserer beliebtesten dramatischen Dichter zu erleichtern und sorgenfrei zu machen suchen.

Roderich Benedix ist nicht gesegnet mit den Gütern dieser Erde, er lebte und lebt nur von seiner Feder, und diese ist in Deutschland, und noch dazu bei vorgerücktem Alter des Schriftstellers, nicht eben ein Gold bringendes Instrument.

Die Unterzeichneten sind zusammengetreten, die Sammlungen für eine Ehrengabe an Roderich Benedix zu vermitteln, welche ihm zu seinem sechzigsten Geburtstage überreicht werden soll. Wir wenden uns hiermit an das deutsche Volk, an Hoch und Gering, an Alle, welche eingedenk sind, daß ihnen der Lustspieldichter Benedix so oft Freude gemacht; wir fordern sie auf, auch ihm eine Freude zu machen, und zwar eine dauernde, wir wenden uns an sie mit der herzlichen Bitte, unser Unternehmen durch Beiträge zu unterstützen.

Die Redactionen der „Gartenlaube“ und der „Leipziger Illustrirten Zeitung“ sind bereit, jeden Beitrag in Empfang zu nehmen.

Leipzig, im Mai 1870.

General-Director Dr. Eduard Devrient in Carlsruhe. Alphons Dürr. Adolph Focke. Stadtrath Dr. Günther. Hofrath Dr. Hoffmann, Ritter etc. Ernst Keil. Bürgermeister Dr. Koch, Ritter etc. Director Dr. Heinrich Laube. General-Intendant Baron von Münch-Bellinghausen in Wien. Hugo Scharff. Geheimrath Prof. Dr. von Wächter, Comthur etc. Stadtrath Franz Wagner. Consul J. J. Weber.

Es bedarf wohl nicht einer besonderen Versicherung unsererseits, daß wir den ehrenvollen Auftrag des eben genannten Comité’s mit großer Freude erfüllen werden.

Ueberzeugt von der Opferwilligkeit unserer deutschen Hof- und Stadttheater, die gewiß diese Gelegenheit gern ergreifen werden, der Ehrenpflicht der Dankbarkeit gegen den dramatischen Volksdichter durch Benefiz-Vorstellungen nachzukommen, wenden wir uns zuvörderst an alle die einzelnen Theaterbesucher, welche seit langen Jahren sich an den lebensfrohen Gestalten der Benedix’schen Muse erfreuen und unter Thränen echten Humors das helle Lachen fröhlicher Heiterkeit aufschlagen konnten. Mögen sie, wie es das Comité will, dem alternden unbemittelten Dichter, der ihnen so oft eine Freude gemacht, durch Beisteuern zu der Ehrengabe nun auch eine Freude zu bereiten suchen.

Daß auch die deutschen Sänger und Sängervereine, deren Ehrenpräsident unser Benedix ist, und die er so oft durch seine markigen Reden zur Begeisterung hingerissen, nicht zögern werden, ihren stürmischen Zustimmungen und Becherklängen jetzt auch die That folgen zu lassen, jetzt, wo es gilt, dem sechszigjährigen Greise zu den Lorbeeren vergangener Tage nun auch die Rosen eines sorgenfreien Lebensabends hinzuzufügen – das darf von uns mit Sicherheit vorausgesetzt werden. Deutsche Sänger haben ja nie gefehlt, wo es sich darum handelte, die beunruhigende Sorge von der Thüre zu scheuchen – die Lieder zu Ehren ihres Präsidenten werden doppelt kräftig zum Himmel auftönen.

Und schließlich wenden wir uns an alle die Dilettanten- und Liebhabertheater, deren theatralischen Zwecke ja vorzugsweise die poetischen Schöpfungen unseres Dichters gedient haben; mögen sie durch Aufführungen und Festvorstellungen zu Gunsten des Dichters in Etwas den Lohn abzutragen suchen, den die Verhältnisse in Deutschland dem schaffenden Bühnendichter versagen. Sie erfüllen damit nur eine Pflicht der Anerkennung und des Dankes.

Die Redaction der Gartenlaube sieht in freudiger Hoffnung den Resultaten obigen Aufrufs entgegen und wird Dotationsbeiträge gern annehmen und öffentlich quittiren.

Die Redaction der Gartenlaube 
Ernst Keil.