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Titel: Die historischen Silberlinge
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aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 628
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[628] Die historischen Silberlinge. Pater Faber, der Wallfahrer von Nürnberg, erzählt uns folgende seltsame Wanderung der dreißig Silberlinge, mit welchen nach der heiligen Schrift Judas, der Verräther, für seine Unthat bezahlt wurde.

Nach einer uralten Tradition hat Tharah, Abraham’s Vater, dieselben nebst andern Münzen im Auftrage des Königs Ninus prägen lassen. Nach Tharah’s Tode gelangten sie in den Besitz Abraham’s. Von diesem empfing sie Ismael, von dessen Nachkommen sie, sorgfältig aufbewahrt, endlich in die Hände der Söhne Jakob’s übergingen, als diese ihren Bruder Joseph verkauften. Sie bezahlten damit den Weizen, welchen sie zur Zeit der Hungersnoth in Aegypten kauften. Von hier wanderten dieselben Silberlinge nach dem Lande Saba zum Einkaufe von Waaren. Die Königin von Saba verehrte sie dem Könige Salomo nebst anderen werthvollen Geschenken, und dieser legte sie als geweihte Gabe in den Gottestempel nieder. Von hier entführte sie Nebukadnezar nebst anderen Schätzen und sandte sie Godolias (Gedalja) als Rarität nach Nubien. Nach der Geburt Christi in Bethlehem legte sie Melchior, König von Nubien, zu Füßen des heiligen Kindes nieder, wonach dessen Eltern sie auf der Flucht in der Wüste verloren. Hier fand sie ein Schäfer und bewahrte sie, ihren Werth erkennend, dreißig Jahre lang heimlich auf.

Als derselbe nach dieser Zeit von den Wundern Jesu hörte, kam er nach Jerusalem, um bei ihm Hülfe gegen seine Krankheit zu suchen, und verehrte ihm, als er ihm geholfen, jene dreißig Silberlinge. Jesus aber, der keinen Lohn annahm, gab sie den Priestern des Tempels, die sie in den Gotteskasten legten.

Als Judas Jesum verrathen hatte und die Priester ihm jene Silberlinge als versprochenen Sold gaben, warf er sie in den Tempel zurück. Sie hoben sie auf und kauften dafür einen Begräbnißplatz.

Nach dieser Verwendung sind sie nie mehr beisammen angetroffen worden. Pater Faber will ein Exemplar davon auf Rhodus gesehen haben, von welchem Johann Tücher aus Nürnberg einen Abdruck genommen. Er prägte im Jahre 1485 ähnliche Münzen in Silber. Da die Aufschrift der alten Silberlinge gänzlich verlöscht war, unterschied man auf einer Seite nur noch die Gestalt eines Mannes und auf der andern die einer Lilie.