Die große Linde von Augustusburg

Textdaten
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Autor: G. Mühlmann
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Titel: Die große Linde von Augustusburg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 14, S. 452
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Deutschlands merkwürdige Bäume: die Große Linde von Augustusburg.
Nach einer photographischen Aufnahme von Oberförster G. Mühlmann.

Deutschlands merkwürdige Bäume: die Große Linde von Augustusburg. (Zu dem obenstehenden Bilde.) Einer der ältesten und merkwürdigsten Bäume unseres deutschen Vaterlandes ist „die Große Linde“ des Schlosses Augustusburg im Königreich Sachsen. Hat doch dieser altehrwürdige Baum die sächsischen Fürstengeschlechter der letzten fünf Jahrhunderte in das Schloß, dessen Wahrzeichen er ist, einziehen sehen. Ursprünglich als Jagd- und Lustschloß erbaut, erhebt sich die Augustusburg mit ihren gewaltigen Mauern und Türmen auf dem 515 m hohen Schellenberg über dem Städtchen, das bis vor kurzem den Namen Schellenberg führte, jetzt aber auch Augustusburg heißt; sie gewährt eine umfassende herrliche Rundsicht über Sachsens Gefilde. An Stelle des jetzigen Schlosses stand früher das alte Schloß „Schellenberg“, das der Sage nach unter Karl dem Großen, wahrscheinlich jedoch unter Kaiser Heinrich I zum Schutze gegen räuberische Einfälle der Sorbenwenden errichtet wurde. Ein Blitzschlag steckte es am 27. April 1547 in Brand und legte es zum größten Teil in Trümmer. Der Neubau wurde im Auftrag des Kurfürsten August I in den Jahren 1568 bis 1572 durch den kurfürstlichen Baumeister und Bürgermeister in Leipzig Hieronymus Lotter ausgeführt.

Innerhalb der Umwallung dieses Schlosses, nahe der nordöstlichen Ecke desselben, steht unsere Linde. Sie war, den Chronisten nach, bereits im Jahre 1421 unter Friedrich dem Streitbaren gepflanzt worden und schon 1568 beim Bau des Schlosses wegen ihrer Größe ein Gegenstand der Bewunderung. 1549 wurden ihre mächtigen, in fast horizontaler Richtung wachsenden Aeste zum erstenmal gestützt. 1556 ließ sie Kurfürst Moritz durch seinen Hofsteinmetzmeister Hans Kramer zum zweitenmal stützen, wobei 80 Stämme zur Verwendung kamen. Eine dritte Stützung erfolgte im Jahre 1577 auf Befehl des Kurfürsten August nach Plänen von Paul Büchner durch Hans Irmisch, und eine vierte im Jahre 1644. Um den hohl werdenden Stamm vor Regenwasser zu schützen, versah man ihn 1669 mit einer kupfernen Haube. 1720 betrug der Umfang der Baumkrone 198 Ellen, er verringerte sich aber später durch Dürrwerden der Aeste von den Spitzen aus. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden die jeweilig faul gewordenen Teile des hölzernen Unterstützungsrostes nach Erfordernis durch neues Holzwerk ersetzt. Der Rost selbst ruhte auf Säulen, die aus Ziegelsteinen aufgemauert waren. Ein Wirbelsturm hat jedoch am 22. Mai 1891 die Ziegelsteinsäulen zerstört und leider auch einige Hauptäste der Linde abgebrochen. Nach diesem Unwetter wurde der Rost auf Antrag des Forstrentamtes zu Augustusburg, unter dessen Verwaltung die Linde jetzt steht, durch das Landbauamt Chemnitz erneuert, und es traten gleichzeitig an Stelle der Säulen starke Holzstempel. Auch die kupferne Haube ersetzte man in dem zuletzt genannten Jahre durch eine neue von gleichem Metall. Im Frühjahr 1897 wurden die von den Hauptästen emporgewachsenen Schößlinge zurückgeschnitten, weil zu befürchten war, daß der Stamm, der innen ganz hohl ist und nicht weniger als neun Zerklüftungen zeigt, durch Sturmesgewalt vollends auseinandergerissen werden könnte. Gegenwärtig beträgt die Höhe des Stammes von der Umfassungsmauer bis zur Haube 2,60 m, der Umfang des Stammes in halber Höhe, wo sich die schwächste Stelle befindet, 9 m, die Spannweite der Aeste, rechtwinkelig im Durchmesser der Baumkrone gemessen, 17,60 und 16,80 m.

Möge diese volkstümliche Linde noch lange zu den Sehenswürdigkeiten der Augustusburg zählen und noch viele Jahre sich in frisches Grün kleiden! Was zu ihrer Pflege gethan werden kann, läßt sich die jetzige Schloßverwaltung angelegen sein. G. Mühlmann.