Die gefährlichen Briefkasten

Textdaten
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Autor: H. B.
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Titel: Die gefährlichen Briefkasten
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aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 468
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[468] Die gefährlichen Briefkasten. Dem heutigen modernen, riesig entwickelten Verkehrsleben ist der Briefkasten ein ganz unentbehrliches Gerät, das Tag für Tag das Ziel vieler Tausende ist. In dem Werke „Das Buch von der Reichspost“, das kürzlich in dritter Auflage bei H. J. Meidinger in Berlin erschienen ist und das wir aufs beste empfehlen können, behandelt ein kleiner Abschnitt die Geschichte des Briefkastens, denn auch dieser hat seine Geschichte, die bereits über 200 Jahre zurückreicht; auf einem Blatte des Nürnberger Kupferstechers Christoph Weigel vom Jahre 1698 ist sogar einer abgebildet. Aber was der Nürnberger Künstler schon für zweckmäßig und des Abbildens wert erachtete, fand noch im Jahre 1840 in einzelnen Hauptstädten Deutschlands keine Anwendung. Als sich in diesem Jahre ein durch Hannover reisender Sachse darüber beschwerte, daß sich am Hauptpostamte der Residenzstadt kein Briefkasten befinde, erschien in den Zeitungen eine ganze Reihe von Erwiderungen, in welchen das Verlangen als ein höchst unbilliges, die Briefkasten selbst als gemeingefährliche Einrichtungen bezeichnet wurden. Wohl ein Postbeamter, der kein ganz reines Gewissen hatte, machte darauf aufmerksam, wie es anderwärts schon vorgekommen sei, „daß von maliziösen Personen, die sich von einem Postoffizianten bei irgend einer Gelegenheit am Postbureau hart oder unzierlich begegnet glaubten, Briefe an diese Offizianten, selbst mit ganz vertrackt spitzfindigen höhnischen oder gar beleidigenden Redensarten angefüllt, natürlich ohne Namensunterschrift, in den Briefkasten gesteckt wurden. Wenn nun freilich bei uns es unmöglich ist, daß jemandem auf solche Weise wirklich hart oder unziemlich begegnet werde, so ist es dennoch unbestreitbar auf der andern Seite unmöglich, zu vermeiden, daß es hin und wieder noch Querköpfe gebe, die sich derlei wenigstens noch einbilden, und wie wäre nun gegen bosbaftes Geschreibsel solcher Phantasten noch Sicherheit, wenn so ein Briefkasten da wäre, der gewissermaßen zu jedermann sagte: Stecke nur hinein, was du willst, denn ich nehme alles auf.“

Ein anderer schildert das Aergernis, das so ein Briefkasten anstellen kann, in noch krasserer Weise: „Wer nur irgend eine Malice gegen jemand im Sinne hat, wer diesen verdächtigen will, jenem ‚einen Floh ins Ohr setzen‘, ein verlobtes Paar auseinander bringen, Eltern und Kinder, Mann und Frau, Herren und Diener etc. gegeneinander hetzen, überhaupt Zank und Argwohn säen will, von Schadenfreude und Tücke getrieben, er setzt sich hin, schreibt einen Brief voll Verleumdungen ohne Unterschrift und steckt ihn in den Briefkasten. Anderseits giebt solch ein Kasten auch eine vortreffliche Gelegenheit ab zu zärtlichen Mitteilungen, Liebesbriefchen etc., die man sonst Mühe hat, an den Mann zu bringen oder an die Frau oder Tochter. Daß damit der Anknüpfung von Liebeshändeln ein großer Vorschub geleistet werde, ist nicht zu verkennen; und, wenn angenommen, daß man nichts Besseres thun könne, als die Liebe auf jede Weise zu begünstigen, so käme es nur darauf an, zu untersuchen, ob wir nicht ohne Briefkasten bisher schon der Liebe genug in unsern Mauern gehabt hätten. Fiele die Antwort aber hierauf verneinend aus, so müßte dann letzlich entschieden werden, ob die Vorteile eines durch Briefkasten herbeigeführten größeren Liebesverkehrs so sehr die Nachteile desselben überwögen, daß man einstimmig rufen müßte: ‚Briefkasten! Briefkasten! Kein vollkommenes Glücklichsein ohne Briefkasten!‘“ H. B.