« Psalm 16 Die Psalmen Salomos Psalm 18 »
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Psalm 17 Bearbeiten

[144]
Der entweihte Davidsthron vom Messias neu verherrlicht[1].
Ein Psalm von Salomo mit Gesang[2]; auf den [Messias-]König.

17

1 Herr, du selbst bist unser König immer und ewig;
in dir, o Gott, rühmt sich unsere Seele.
2 Was ist doch die Dauer von eines Menschen Leben auf Erden?
Ebenso lang ist auch seine[3] Hoffnung auf ihn.

[145]

3 Wir aber hoffen auf Gott, unsern Heiland;
denn die Macht unseres Gottes [währt] ewig mit Erbarmen,
und das Königtum unseres Gottes [besteht] ewig über die Völker durch Gericht.
––––
4 Du, Herr, hast David erkoren zum König über Israel
und du hast ihm geschworen über seinen Samen für alle Zeit,
daß sein Königtum nicht aufhören solle vor dir.
5 Aber wegen unserer Sünden erhoben sich Gottlose[4] wider uns;
es fielen uns an und stießen uns aus Leute, denen du keine Verheißung gegeben.
Sie raubten mit Gewalt und gaben nicht deinem herrlichen Namen die Ehre.
6 Prunkend setzten sie sich die Krone auf in[5] ihrem Stolze,
verwüsteten Davids Thron in ’prahlerischem‘[6] Übermut[7]
––––
7 Du aber[8], Gott, warfst[9] sie nieder und nahmst ihren Samen aus dem Lande hinweg,
indem ein Ausländer[10] gegen sie auftrat, der nicht von unserem Geschlechte war.
8 Nach ihren Sünden vergaltst du ihnen, Gott,
daß ihnen zu teil ward, was sie verdient haben.
9 Gott hat sich ihrer nicht erbarmt[11];
er hielt Untersuchung in ihrem Geschlecht und ließ keinen von ihnen los.
10 Getreu ist der Herr in allen seinen Gerichten, die er auf Erden übt[12].
––––
11 Der Gottlose[13] hat unser Land von seinen Bewohnern entblößt;
Jung und Alt und ihre Kinder zumal haben sie weggenommen.
12 In seinem grimmen Zorn[14] schickte er sie weg bis ins Abendland
und die Obersten des Landes [gab er preis] der Verspottung, schonungslos.
13 In [seiner] Barbarei that der Feind Vermessenes,
und sein Herz war ferne von unserem Gott.
14 Und alles, was er in Jerusalem that,
war ganz, wie es die Heiden in den von ihnen bezwungenen[15] Städten zu thun pflegen.

[146]

15 Ihnen hatten sich angeschlossen[16] die Bundeskinder inmitten der Mischvölker[17];
es war keiner unter ihnen, der Erbarmen und Treue in Jerusalem geübt hätte.
16 Da flohen vor ihnen, die die frommen Versammlungen lieb hatten;
wie Sperlinge wurden sie aufgescheucht aus ihrem Neste.
17 Sie irrten in der Wüste, ihre Seelen vom Verderben zu retten,
und köstlich schien es den Heimatlosen, das [nackte] Leben vor ihnen zu retten.
18 Über die ganze Erde wurden sie durch die Gottlosen zerstreut;
denn der Himmel hielt an sich, Regen auf die Erde zu träufeln[18].
19 Quellen, die von Ewigkeit her aus den Tiefen [kommend] von den hohen Bergen [rinnen], wurden zurückgehalten,
weil unter ihnen niemand war, der Gerechtigkeit und Recht übte.
20 Vom Obersten unter ihnen bis zum[19] Geringsten [lebten sie] in jeder Sünde;
der König in Gottlosigkeit, der Richter in Abfall, das Volk in Sünde.
––––
21 Sieh’ darein, o Herr, und laß ihnen erstehen ihren König, den Sohn Davids,
zu der Zeit, die du erkoren, Gott, daß er über deinen Knecht Israel regiere.
22 Und gürte ihn mit Kraft, daß er ungerechte Herrscher zerschmettere,
Jerusalem reinige von den Heiden, die [es] kläglich zertreten!
23 Weise [und] gerecht treibe er die Sünder weg vom Erbe,
zerschlage des Sünders Übermut wie Töpfergefäße.
24 Mit eisernem Stabe zerschmettere er all ihr Wesen,
vernichte die gottlosen Heiden mit dem Worte seines Mundes[20],
25 daß bei seinem Drohen die Heiden vor ihm fliehen,
und er die Sünder zurechtweise ob ihres Herzens Gedanken.
––––
26 Dann wird er ein heiliges Volk zusammenbringen, das er mit Gerechtigkeit regiert,
und wird richten die Stämme des vom Herrn, seinem Gotte, geheiligten Volks.
27 Er läßt nicht zu, daß ferner Unrecht in ihrer Mitte weile,
und niemand darf bei ihnen wohnen, der um Böses weiß;
denn er kennt sie, daß sie alle Söhne ihres Gottes sind.
28 Und er verteilt sie nach ihren Stämmen über das Land,
und weder Beisasse noch Fremder darf künftig unter ihnen wohnen[21].
29 Er richtet die Völker und Stämme nach seiner gerechten Weisheit.
Zwischenspiel.
30 Und er hält die Heidenvölker unter seinem Joche, daß sie ihm dienen,
und den Herrn wird er verherrlichen offenkundig vor[22] der ganzen Welt
und wird Jerusalem rein und heilig machen, wie es zu Anfang war[23],
31 so daß Völker vom Ende der Erde kommen, seine Herrlichkeit zu sehen,
bringend als Geschenk ihre erschöpften[24] Söhne,
und um zu schauen des Herrn Herrlichkeit, mit der sie Gott verherrlicht hat[25].

[147]

32 Er aber [herrscht als] gerechter König, von Gott unterwiesen, über sie,
und in seinen Tagen geschieht kein Unrecht unter ihnen,
weil sie alle heilig sind, und ihr König der Gesalbte des Herrn[26] ist.
33 Denn er verläßt sich nicht auf Roß und Reiter und Bogen;
auch sammelt er sich nicht Gold und Silber zum Kriege
und auf die Menge[27] setzt er nicht seine Hoffnung für den Tag der Schlacht.
––––
34 Der Herr selbst ist sein König, die Hoffnung dessen, der durch die Hoffnung auf Gott stark ist,
und alle Heiden wird er bebend vor ihn stellen[28].
35 Denn er zerschlägt die Erde mit dem Worte seines Mundes[29] für immer,
segnet das Volk des Herrn mit Weisheit in Freuden.
36 Und er ist rein von Sünde, daß er herrschen kann über ein großes Volk,
in Zucht halten die Obersten und wegschaffen die Sünder mit mächtigem Wort.
37 Auch wird er nie in seinem Leben straucheln gegen seinen Gott;
denn Gott hat ihn stark gemacht an heiligem Geist
und weise an verständigem Rat mit Thatkraft und Gerechtigkeit.
38 So ist des Herrn Segen mit ihm voll Kraft,
und er wird nicht straucheln.
––––
39 Seine Hoffnung [steht] auf den Herrn:
wer vermag da [etwas] gegen ihn?
40 Mächtig von That und stark in der Furcht Gottes
hütet er des Herrn Herde treu und recht
und läßt nicht zu, daß [eines] von ihnen aus ihrer Weide strauchle.
41 Gerade leitet er sie alle,
und unter ihnen ist kein Übermut, daß Gewaltthat unter ihnen verübt würde.
––––
42 Das ist der Stolz des Königs Israels, den[30] Gott erkoren,
ihn über das Haus Israel zu setzen, daß er es zurechtweise.
43 Seine Worte sind lauterer als das feinste kostbare Gold.
In Volksversammlungen wird er des geheiligten Volkes Stämme richten;
seine Worte sind gleich Worten der Heiligen[31] inmitten geheiligter Völker.

[148]

44 Selig, wer in jenen Tagen leben wird
und schauen darf das Heil Israels in der Vereinigung der Stämme, wie es Gott bewirkt!
45 Gott lasse bald seine Gnade über Israel kommen;
er rette uns vor der Befleckung durch unheilige Feinde!
46 Der Herr selbst ist unser König immer und ewig.

  1. Die Entscheidung über die Beziehung des Psalms hängt an V. 7.11 ff. Ist der Ausländer Pompejus, so können die Gottlosen in V. 5 f. nur die Hasmonäer sein. Ebenso empfiehlt es sich dann, unter den verworfenen Bundeskindern, d. h. Juden, in V. 15 ff. die Hasmonäer zu verstehen. Nun läßt sich für V. 7.11-14 überhaupt keine andere Person als Pompejus denken; es müssen daher die der Deutung von V. 5 f. 15 ff. auf die Hasmonäer etwa entgegenstehenden Schwierigkeiten in den Hintergrund treten.
  2. Siehe die Überschrift zu Ps. 15.
  3. des Menschen, nämlich eines andern, eines Nächsten.
  4. Die Verwüstung von Davids Thron V. 6 durch Usurpation der Krone kann nur von Juden ausgehen. Andere Könige auf Davids Thron gab es nicht. Damit ist für diesen Vers das makkabäisch-hasmonäische Königtum gefordert. (Vgl. was die Juden, d. h. die Pharisäer, bei Jos. Ant. XIV, 3,2 [Mitte] dem Pompejus über die hasm. Monarchie im Gegensatze zur Priesterherrschaft sagen.) Dagegen ist nicht zu leugnen, daß die Gottlosen von V. 5 eher Heiden zu sein scheinen (s. besonders 5b u. 5c und Frankenberg). So würde beispielsweise V. 5 sehr wohl auf Nebukadnezar und die Babylonier passen. Aber dagegen protestiert immer wieder die Einheit des Subjekts mit dem von V. 6. Es bleibt also nichts übrig, als auch V. 5 auf die Hasm. zu beziehen. Aber es ist zuzugeben, daß nur gehässige Parteileidenschaft so von ihnen reden konnte. Die „Wir“ von 5ab sind dann die bisher herrschenden Pharisäer, denen das Auskommen des hasm. Königtums ein Raub an ihnen selbst, am Gesamtvolk und an der alten Verheißung schien (s. zu 1,1.7).
  5. ἀντὶ = מׅן caus. oder (LXX) בְּ.
  6. Lies ἀλαλάγματος — also lärmend, prahlerisch. Ein innergriechisches Versehen liegt hier näher (Gebh..) als falsche Übersetzung.
  7. WS: Siehe die drittletzte Anm.
  8. καὶ hier und V. 5 zu Anf. = וְ advers.
  9. Die Futura sind hebr. Imperfecta; das Gericht ist ergangen, geht aber in seinen Wirkungen noch fort. — In V. 9 hingegen ist die Aoristform vollkommen in der Ordnung: das Nichtbegnadigen, Untersuchen, Verurteilen gehört der Vergangenheit an.
  10. Angesichts von 2,25 ff. und 8,15 kann zunächst kein Zweifel sein, daß hier derselbe gemeint ist, wie an jenen Stellen. Dies wird aber außerdem noch aus V. 11 ff. für sich klar, wenn sie mit Jos. Ant. XIV, 4,4.5 verglichen werden: bei der Erstürmung und Plünderung Jerusalems verloren 12000 Juden das Leben; Aristobul nebst seinem Schwiegervater Absalom und seinen Söhnen und Töchtern wurden gefangen und zum Teil in Rom im Triumph aufgeführt.
  11. WS: Siehe die vorletzte Anmerkung.
  12. Ein Stoßseufzer des Dankes, in dem der pharisäische Dichter seine heimliche Befriedigung, die er neben aller Entrüstung über Pompejus gegenüber dem Verlauf der Dinge empfindet, gelegentlich zum Ausdruck bringt. Ebenso 2, 7 ff. 15 ff.
  13. WS: Siehe die drittletzte Anm.
  14. ἐν ὀργῇ κάλλους ist unmöglich. Man könnte an ὀ. ζήλους (Hilgenf.) denken. Steht aber ein hebr. Original sonst fest, so liegt näher, den Fehler weiter zurück zu verlegen: חרון יֺפְיוֹ für urspr. חרון אפר.
  15. So mit v. Gebh., wodurch sich Frankenb. S. 40 großenteils von selbst erledigt.
  16. V. 15-20 greifen wieder in die Vergangenheit zurück; sie stehen insofern parallel mit V. 5 f. Die jüdischen Herrscher und ihr Anhang haben sich längst vor Pompejus heidnisch betragen (vgl. 1, 8. 4, 4 ff.). Das geht so weit, daß die Frommen vor ihrem gottlosen Treiben in die Wüste fliehen — vielleicht eine Anspielung auf die Essäer, deren Entstehung in jene Zeit fallen muß (s. Jos. Ant. XIII, 5,9). Doch weiß auch Jos. Ant. XIII, 14, 2 von einer großen Flucht (8000 Mann); s. auch 4, 10. — καὶ ἐπεκρατοῦσαν αὐτῶν schwerlich = es überboten sie (Wellh.), sondern für hebr. וַיַּחֲזׅיקוּ בָהֶם (Del.); hebr. Aorist = Plusquamperfekt.
  17. Wie Neh. 13.3.
  18. Eine große Dürre, durch die Schuld der Gottlosen (ὑπὸ = בְּ) veranlaßt, nötigt sie, weithin zu wandern.
  19. S. darüber Wellh., Phar. etc. 133. Aus מן-ועד ist מן-ועם geworden.
  20. Vgl. Jes. 11,4, LXX und Ps. 2,9. Der Sammlung des heiligen Volks in Jerusalem und der Gründung des messianischen Friedensreiches geht vorher die gewaltsame Vernichtung der widerstrebenden Heidenvölker.
  21. Es ist ein reines, durch keinen Zusatz von Fremden gemischtes Gottesvolk; vgl. Joel 4,7b.
  22. נֹכַח כל־הארץ; s. zu 2,6. Die übliche Übersetzung = ἐν ἐπισ. τόπῳ am Vorort, in der Hauptstadt der Welt, scheitert schon an dem Umstande, daß nach V. a nicht bloß die Hauptstadt, sondern ebenfalls die ganze Welt erwartet wird. Es liegt kein Grund vor, in V. b die Verherrlichung auf die Hauptstadt einzuschränken.
  23. Vgl. Jes. 1,26.
  24. Nämlich von den Leiden des Exils und des Lebens in der Fremde.
  25. ἣν – αὐτήν = אֲשֶׁר – אוֹתָהּ, ein vollendeter Hebraismus.
  26. משיח יהוה‎. Aber weshalb sagt der Übersetzer nicht wie sonst χρ. κυρίου (vgl. 18,5. 7 und Überschr.)? Ist anzunehmen, daß er מָשיח י׳‎ las und mit Absicht hier den Nominativ setzte? In diesem Falle hätten wir vielleicht — vorausgesetzt, daß seine Lesung der Meinung des Verf. entsprach — „der Herr“ zu übersetzen. Thatsächlich sind also drei Fälle denkbar: der Nominativ kann a) auf den Autor selbst zurückgehen; b) auf den Übersetzer gegen den Willen des Autors; c) aus nachträgliche Korrektur gegen den Willen des Übersetzers. Der erste Fall ist ausgeschlossen wegen 18,5. 7 (vgl. משיחו‎ PsSal 18,5) und weil מְ׳ י׳‎ ein dem N. T. geläufiger Begriff ist, den wir uns in der Synagoge nicht in der Form מֺ׳ י׳‎ denken können. Der zweite Fall wäre denkbar, wofern der Übersetzer als Christ zu denken wäre; zugleich müßte er aber dann ein anderer sein, als der Übersetzer von 18. Daher empfiehlt sich die dritte Möglichkeit am Meisten. Eine solche Nachbesserung eines frühen christlichen Lesers wird auch Klagel. 4,20 anzunehmen sein, wo ein oberflächlicher Leser (wegen der Bezeichnung: unser Lebensodem) leicht an den Messias denken konnte, während die Übersetzer der LXX selbst immer χρ. κυρίου für מְ׳ י׳‎ sagen, also auch hier so gesagt haben werden. (Man beachte, daß uns die Psalmen Salomos wie die LXX nicht durch die Synagoge, sondern durch die christl. Kirche erhalten sind, — daher darf christlicher Einfluß, auch in sehr früher Zeit, nicht befremden.)
  27. πολλοῖς = לרבים‎. Der Zusatz λαοῖς (v. Gebh.) ist kaum nötig.
  28. Die Konjektur στήσει für ἐλεήσει (Hilgenf.) trifft den Sinn gut; doch wird die Textverderbnis schon auf das hebr. Original zurückgehen: וְיָחֹן‎ für וְיׅתֵּן‎ (v. Gebh.).
  29. S. zu V. 24.
  30. Wieder ein sicherer Beweis für eine hebr. Vorlage. Zu dem sinnwidrigen ἣν (für ὃν) hatte ein Abschreiber gar keine Veranlassung. Es erklärt sich nur aus dem beide Möglichkeiten zulassenden אשר, das der Übersetzer gedankenlos auf das Subjekt des Hauptsatzes bezieht.
  31. d. i. der Engel.
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