Die Laube-Feier in Wien
[678] Die Laube-Feier in Wien hat sich zu einem erhebenden Feste gestaltet, welches dem siebenzigjährigen Jubilar ein Freuden- und Ehrentag zugleich geworden ist.
Nachdem schon am 17. September das Wiener Stadttheater durch eine glanzvolle Aufführung von Laube’s „Monaldeschi“ eine würdige Vorfeier in Scene gesetzt, hieß am folgenden Tage die Parole für jedes Wiener Kind einzig: Heinrich Laube! Die ganze Kaiserstadt an der Donau feierte den Mann voll Muth und Freiheitssin, wie Michael Etienne ihn mit Recht nannte, den Mann, der aus dem Burgtheater ein Theater für Bürger gemacht, der niemals nach Titeln geizte und den Lohn seiner Tugenden nicht im Knopfloch zu tragen strebte. Der Morgen des Festtages gehörte den Deputationen, und das von zarten Frauenhänden in einen prächtigen Blumengarten verwandelte Haus Laube’s glich dem Ehrensitze eines Triumphators, dem Jung und Alt seine Huldigungen darbringt. Den Reigen der officiellen Gratulanten eröffneten die Abgesandten der akademischen Lesehalle und des Lesevereins der akademischen Studenten; dann folgten unter Anderem die Repräsentanten der Literaturfreunde und der Schillerstiftung, die letzteren geführt von dem Dichter Joseph Weilen, sodann der Directionsrath des Wiener Stadttheaters, die Vertreter des Schriftstellervereins „Concordia“ mit ihrem Präsidenten Johannes Nordmann an der Spitze, ferner die Mitglieder des Wiener Stadttheaters, ein großes Damencomité, welches eine mit zehntausend Namen bedeckte Adresse überreichte, und die Deputation der Stadt Wien unter Führung des Bürgermeisters Dr. Felder, der den Jubilar mit dem Ehrenbürgerbrief der Stadt Wien beschenkte – zum erstenmal in der Geschichte des deutschen Theaters, ja des Theaters überhaupt, geschah es, daß eine große Stadtgemeinde einem Theaterdirector die Bürgerkrone reichte. Für jeden der Glückwünschenden hatte der trotz seiner hohen Jahre noch immer bewegliche Laube ein biederes und herzliches, ein witziges oder launiges Wort, und daß er gelegentlich der Antwort auf Nordmann’s Ansprache des frischen Grabes seines soeben heimgegangenen Sangesgenossen Anastasius Grün gedachte, ist ein Zug des Gemüths, der Beide, den Todten wie den Lebenden, ehrt.
In den Abendstunden des Festtages sahen die Räume des glänzend geschmückten Wiener Cursalons eine zahlreiche Festversammlung beim Banket beisammen. Es sei uns erspart, auf die vielen geist- und humorvollen Toaste und Trinksprüche, welche bei Tafel zu Laube’s Ehren ausgebracht wurden, hier noch einmal zurückzukommen, nachdem die Tagesblätter sie in stenographischer und freier Wiedergabe zahlreich reproducirt haben. Nur Eines dürfen wir hier nicht verschweigen: unsere Freude über die Rede, welche der Gefeierte, angesichts der ihm bereiteten Ehren ganz des Dankes und der Rührung voll, an die versammelten Festgenossen richtete. Es waren Worte aus echtem Mannes- und Dichterherzen. Bescheiden wollte er die „übergroßen Ehren“ des Tages nur der Freundlichkeit und dem Wohlwollen der Festgeber verdanken und diese glänzenden Ovationen nicht sowohl aus der Bedeutsamkeit, wie aus der Breite seines Wirkens und der dreifachen Bahn erklären, in der es sich bewege: der politischen, der schriftstellerischen und der dramaturgischen – dieser letzteren besonders schrieb er, die Auszeichnung zu, welche ihm seine Wiener zu Theil werden ließen.
Die Wiener – ja sie haben uns durch diese Laube-Feier gezeigt, daß sie deutsch empfinden – süddeutsch; denn in Mittel- und Norddeutschland – es ist ein Wort der Klage – läßt die oft allzu nüchterne Welt- und Lebensanschauung, die reservirte nordische Natur solche Begeisterungsfeste für die Vertreter der schönen Künste kaum zu Wort kommen. Um so mehr fühlen wir uns gedrungen, uns hier als eine Stimme aus Mitteldeutschland dem Wunsche fröhlich anzuschließen: Lange lebe Heinrich Laube!