Die Heimath in der neuen Welt/Erster Band/Sechszehnter Brief

Fünfzehnter Brief Die Heimath in der neuen Welt. Erster Band
von Fredrika Bremer
Siebzehnter Brief
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Textdaten
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Autor: Fredrika Bremer
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Titel: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band
Untertitel: Sechzehnter Brief
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Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1854
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Franckh
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Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer: Gottlob Fink
Originaltitel: Hemmen i den nya verlden. Första delen.
Originalsubtitel: Sextonde brefvet
Originalherkunft: Schweden
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Erinnerungen über Reisen in den USA und Cuba
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Sechszehnter Brief.
Savannah, den 14. Mai. 1850.  

Der größte Autographensammler in der Welt ist auch der freundlichste, gutherzigste Mensch in der Welt und gegen mich so gut, daß ich immer mit dankbarem Gemüth an ihn denken werde. Seine Autographensammlung ist die[WS 1] erste, die ich mit Interesse und mit einiger Achtung betrachtet habe. Nicht weil sie ein ganzes Zimmer und viele Folianten ausfüllt, so daß man 6-7 Monate brauchen würde, um sie zu durchgehen, was allerdings Respekt einflößen kann, sondern darum, weil der Handschrift jeder bedeutenden Person auch ihr Porträt (gewöhnlich ein guter Kupferstich), nebst einem interessanten Brief oder Document, das zur Geschichte dieser Person gehört, beigefügt ist. Alles das verleiht dem Autographensammler Mr. Teffts ein wirkliches historisches und biographisches Interesse. Sein Haus gehört zu den guten, gemütlichen, die ich in meinem vorhergehenden Briefe beschrieben habe. Sein freundliches Weibchen, zwei junge Söhne und die junge Frau des ältesten Sohnes bilden die Familie, über welche der Tod neuerdings seinen Schatten geworfen hat. Und hier trauern zwei Mütter: die ältere um ihren erwachsenen älteren Sohn, die jüngere um ihren kleinen Jungen, die beide vor kurzem gestorben sind.

Savannah ist eine allerliebste Stadt, die mich an die „Jungfrau im Grünen“ erinnert. Sie ist noch mehr als Charleston eine Sammlung von Villen, die zu Hauf gekommen sind, um einander Gesellschaft zu leisten. In jedem Viertel ist ein grüner Markt, umgeben von herrlichen, hohen Bäumen. Und spränge in der Mitte jedes grünen Marktes eine lebendige Quelle, ein Brunnen mit frischem Wasserstrahlen, im Lichte glänzend und den grünen Graswall bespritzend, dann gäbe es in der ganzen Welt keine hübschere Stadt, als Savannah. Jetzt ist es da zu warm und zu viel Sand und zu wenig Wasser. Aber ich liebe Savannah. Ich finde hier ein frischeres, geistigeres Leben, einen freieren und offeneren Blick auf die Sachen und Verhältnisse, besonders in Bezug auf die große Sclavereifrage, als in Charleston, und ich habe hier vortreffliche Menschen kennen gelernt, Menschen, welche der Frage geradeaus und frischweg ins Gesicht sehen, die, selbst Besitzer von ererbten Sclaven, für die Belehrung, Befreiung und Colonisation ihrer Sclaven arbeiten. Ach Agatha! Wie einem müden, durstigen Wüstenwanderer, der auf einmal zur grünen Oase kommt, wo Palmen wehen und frische Quellen springen, so ist es mir dabei zu Muth gewesen und mit Freudenthränen habe ich die Blumen der Freiheit auf der Erde der Sklaverei begossen. Denn auch hier litt ich anfangs im Gesellschaftsleben durch die Versuche vieler Menschen mir ihre engherzigen Ansichten aufzudrängen, und durch den dabei sich verrathenden Mangel an Ehrlichkeit, wenn auch nicht im Willen, so doch in der Anschauung, im Gesichtspunkt. Aber eines Abends, als ich ungewöhnlich gequält und durch die Stimmung der Personen, die mich besuchten, ganz verstimmt wurde, da kam auch die Rettung. Doch ich muß sie Dir in derjenigen Form mittheilen, die sie in meinem Gedächtniß angenommen hat.


Verschiedene Eindrücke.

Ich war in Gesellschaft
Mit Männern und Frauen,
Und hörte da schwatzen
Von kleinen, kleinen Dingen,

5
Von kleinlichen Sorgen,

Und lumpigen Freuden,
Engherz’gen Gefühlen,
Kleingeist’gen Gedanken,
Und lumpigem Streben

10
Kleinlicher Seelen.


Es wurde mir eng
An Seele und Sinn;
Ich floh hinaus,
Fort aus dem Salon,

15
Hinaus in die Natur,

Zu sehen das Freie,
Zu sehen Gottes Himmel,
Zu athmen frei.

An des Westens Himmel,

20
Vom Sonnenglanz voll,

Schien der Abendstern,
So klar wie Gold.

Die nächtlichen Schatten

25
In stillen Hainen

Beglänzte gar freundlich
Der junge Mond,
Und der Blumen Düfte
Auf leichten Schwingen,

30
Gleich Räucherwerk stiegen

Sie von der Erde auf.
Und Blumen, Haine,
Sterne, Wolken,
Und Erd’ und Himmel,

35
Ja, der Lüfte Geister,

Sie schienen voll
Von mystischem Zauber,
Von Liebe und Hoffnung.

Die Natur stand

40
in Herrlichkeit.

Ich sah sie an
Mit Bitterkeit
Und fragte also:
„Warum schufst du, o Gott,

45
So große Wunder

Für dieses Geschlecht
Kleiner Menschen?“




Ich war in Gesellschaft
Mit Männern und Frauen,

50
Und hörte sprechen

Von des Lebens tiefen,
Großen Fragen,
Seinen Freuden und Qualen,
Von der Menschen Sünde

55
Und der Menschen Pflicht.

Ich hörte warme

Herzen klopfen,
Fühlen, denken,
Großsinnig wirken

60
Für der Menschen Wohl.


Der goldne Himmel
Im Westen brannte
Mit erblaßtem Schein,
Und des Sternes Glanz

65
War für mein Auge

Nicht mehr so rein.
Und alle Herrlichkeit
Der Natur,
Des großen Pan,

70
Schmolz auf einmal zusammen

Zum Schatten blos
Eines Menschen!

Seit diesem Augenblick ist meine Welt hier zugleich mit meinem Gefühl für das Leben und Volk des Südens verändert. Mein Blick hat sich geklärt, um den edleren Süden im Süden zu sehen, der jetzt sein eigentliches Hochland bildet. Dieser läßt mich jetzt auch[WS 2] auf seinem Sandfeld Hochlandsluft athmen und wird für sein Volk noch dasselbe werden, was Moses und Josua für das Volk Israel waren. Denn wenn man von dem Sklavenvolk des Südens spricht, so ist es ein Irrthum, damit blos die schwarze Race zu bezeichnen. Aber es ist ebenso unrecht, sich die südlichen Staaten als ein Volk von lauter Sklaven und Sklavereifreunden zu denken. Gewiß findet sich auch in den Sklavenstaaten des Südens ein freies Volk, das im Stillen am Werk der Befreiung arbeitet. Und wenn dieß auch ein kleines Häuflein ist, „verzage nicht, du kleines Häuflein, denn es ist der gute Wille eures Vaters, euch das Reich zu geben.“

Aus Allem, was ich hier sehe und höre, ist mir auch wahrscheinlich, daß Georgien eine der leitenden Mächte bei dem kommenden Befreiungswerk sein wird. Der jüngste von den ersten dreizehn vereinigten Staaten der Union, hat Georgien bei der Arbeit für Amerikas Selbstständigkeit in den vordersten Reihen gestanden, und der Geist der Freiheit ist hier von Anfang an mächtig gewesen. Alle Völker bewahren Spuren ihres Ursprungs und erhalten ein gewisses Gepräge von den Menschen und Umständen, die ihre Kindheit bestimmten. Dieß ist ganz natürlich. Und eine Ursache freieren und frischeren Geistes, der in Georgien vorwaltet, kann man leicht in dem ersten Begründer des Staates, James Oglethorpe, und in den Kolonien, die unter seinem Schutz erwuchsen, erkennen. Ich muß Dir einige Worte von diesem thätigen Manne sagen, dessen Geschichte ich neulich gelesen habe; denn unter so vielem Halben, Hinkenden, Unfertigen hier auf Erden, worüber das Auge unbefriedigt hinschweifen muß, ist es wahrhaft erquickend, seinen Blick auf ein Menschenleben heften zu dürfen, das Probe hält, das von Anfang bis zum Ende seines Arbeitstages ein und dasselbe will, dafür wirkt und es glücklich zum Ziele führt; — auf einen Mann, dessen ganzer Lebenszweck darin besteht, die Unfreien zu befreien, die Unglücklichen glücklich zu machen, und der zu diesem Behuf ein Reich begründet!

Es sind nicht viel mehr als hundert Jahre, seit James Oglethorpe, an der Spitze einer kleinen Emigrantenschaar, nach diesem Lande zog und sein Zelt auf der Landzunge zwischen dem Meer und dem Savannahfluß, da wo jetzt Savannah steht, aufschlug. Er war Engländer und hatte ein reiches, wechselvolles Leben geführt, in der Schule der Gelehrsamkeit und im Feld, als Krieger und als Parlamentsmitglied. Ein Mann von heldenmüthigem Sinn und dem wärmsten, wohlwollendsten Herzen, dabei voll Thätigkeit, erbarmte er sich über die Vielen, die zu jener Zeit in England unbedeutender Schulden wegen innerhalb der Gefängnißmauern saßen, verurtheilt für immer da bleiben zu müssen. Er erwirkte ihre Befreiung, und für sie und für verfolgte Protestanten ersah er ein Asyl, eine Heimath der Freiheit in den freien Ländern der neuen Welt, „wo die Armuth keinen Vorwurf an sich tragen sollte, wo wahre Frömmigkeit in Freiheit Gott verehren könnte.“ Es war ihm nicht schwer, in England Leute zu finden, die sich für eine große menschliche Idee interessirten. Eine Gesellschaft organisirte sich zur Ausführung von Oglethorpes Plan und erwirkte sich von Georg II. das Verfügungsrecht über eine zwischen den Flüssen Altamaha und Savannah gelegene Landstrecke, die auf zwanzig Jahre unter die Vormundschaft der Gesellschaft, „zum Schutz der Armen“ gestellt wurde. Das gemeinschaftliche Gesellschaftssiegel zeigte auf der einen Seite eine Gruppe spinnender Seidenwürmer mit dem Motto: „Nicht für sich selbst, sondern für Andere,“ womit die Beschützer der Gesellschaft ihre Absicht aussprachen, für ihre Arbeit oder Gaben keinerlei Belohnung anzunehmen. Auf der andern Seite des Siegels sah man den Genius Georgias, mit einer Freiheitskokarde auf dem Kopf, einem Spieß in der einen und einem Horn des Ueberflusses in der andern Hand. Das Gerücht von der Schönheit und dem Reichthum des gelobten Landes verlockte die Gemüther. Mit seiner kleinen Schaar von befreiten Gefangenen und unterdrückten Protestanten, ungefähr 120 Köpfen im Ganzen, segelte Oglethorpe im November 1732 von England ab und kam nach 57tägiger Fahrt in Charleston an. Bald darauf begab er sich den Savannahfluß hinauf und landete bei dem hohen Bergrücken, den er zum Platz für die künftige Stadt auserkor.

Eine halbe Meile davon lebten Indianer vom Yamacrowstamm, und diese kamen, mit ihrem Anführer Tomo-Chichi an der Spitze, um einen Bund mit den Fremdlingen zu stiften. „Hier ist ein kleines Geschenk,“ sagte der rothe Mann, indem er eine Büffelhaut darreichte, die innen mit dem Kopf und den Federn eines Adlers bemalt war. „Die Federn des Adlers sind weich und bedeuten Liebe. Die Büffelhaut ist warm und bedeutet Schutz. Darum liebe und beschütze unsere kleinen Familien.“ Oglethorpe empfing freundlich die freundliche Gabe. Am 1. Februar schlug die kleine Kolonie ihr Lager längs dem Ufer des Flusses auf; Oglethorpe errichtetet ein Zelt unter vier großen Fichten und hatte zwölf Monate lang keine andere Wohnung. Hier, in dieser schönen Gegend, wurde Savannah angelegt, so wie es noch heute steht, mit regelmäßigen Straßen und einem großen Markt in jedem Viertel; und durch den Urwald wurde der Weg zu dem großen Baumgarten gebahnt, welcher bald eine Pflanzschule für die Früchte Europas und Amerikas werden sollte. So begann der Staat Georgien. Er war schon in seiner Kindheit „ein Zufluchtsort für die Bedrückten Britanniens, für die Unterdrückten der Völker Europas.“

Das Gerücht hievon erscholl durch Europa. Die in ihrem Vaterland verfolgten mährischen Brüder lauschten auf den Ruf aus England, der ihnen für sich und ihre Kinder auf zehn Jahre freies Land, freien Unterhalt für ein ganzes Jahr, sowie die Rechte und Freiheiten englischer Bürger anbot.

Mit Bibeln und Gebetbüchern versehen, ihre Alten und die kleinen Kinder auf einem Wagen führend, zogen sie zu Ende Oktobers 1733, under Gebeten und Lobgesängen, auf ihre Pilgerfahrt aus. So segelten sie den stolzen Rhein hinab, zwischen Weinbergen und Burgruinen hin; so im Verlauf des Winters in das große Meer hinaus. Als sie das Land aus dem Gesicht verloren, stimmten sie einen Lobgesang an. Wenn das Meer ruhig war und die Sonne in Herrlichkeit untersank, da sangen sie: „Wie schön ist die Schöpfung! Wie herrlich ihr Schöpfer!“ Wenn Gegenwind kam, sandten sie Gebete, wenn er umschlug, Danksagungen empor. Wenn sich ein Sturm erhob, so daß sie die Segel nicht aufspannen konnten, erhoben sich ihre Stimmen mitten im Sturm zu Gebet und Gesang; „denn den Herrn Jesum lieben, gibt großen Trost.“ So kamen sie an die Küste der neuen Welt. In Charleston trafen sie Oglethorpe, der sie willkommen hieß. Fünf Tage später errichteten die weitgereisten Gäste ihre Zelte bei Savannah. Ihr Aufenthaltsort sollte weiter oben im Lande gesucht werden. Oglethorpe versah sie mit Pferden und begleitete sie durch die Wildniß, durch Wälder und Moräste. Indianer mit Fackeln von Scheinholz waren ihre Wegweiser. So wanderten sie, bis der Platz für die Kolonie gefunden war. An einem kleinen Strom, den sie Ebenezer nannten, bauten die evangelischen Brüder ihre Wohnsitze und gaben ihrer Kolonie denselben Namen wie dem Fluß.

In demselben Jahr wurde Augusta gegründet[WS 3], und indianische Handelsleute fanden sich da ein. Oglethorpes Ruf drang durch die Wüste, und im Mai kamen die Häuptlinge der acht Dörfer des Muskhogeerstammes, um einen Bund mit ihm zu schließen. Long-King, der stattliche alte Häuptling des Oconasstammes, sprach für sie alle und sagte: „Der große Geist, der überall um uns her wohnt und allen Menschen ihren Geist gibt, sendet die Engländer, um uns zu unterrichten.“ Er hieß sie im Lande südlich von Savannah willkommen und lud sie ein die Erde zu bebauen, die sein Volk nicht benützte. Und zum Zeichen seiner Aufrichtigkeit legte er acht Bündel Bockshäute zu Oglethorpes Füßen. Der Häuptling des Cowetastammes erhob sich und sagte: „Wir haben eine Reise von 25 Tagen gemacht, um euch zu sehen. Ich habe niemals nach Charleston hinabgehen wollen, den ich fürchtete, ich müßte unterwegs sterben. Aber als ich hörte, daß ihr gekommen seid und daß ihr gute Männer seid, da kam ich zu euch, damit ich gute Dinge hören möchte.“ Er erlaubte hierauf den Landesverwiesenen ihre Verwandten, „welche sie lieben“, aus den Creekstädten herbeizurufen, damit sie beisammen wohnen könnten. „Rufet die Yamasseer zurück,“ fügte er hinzu, „auf daß sie im Frieden unter ihren Vorvätern begraben werden und ihre Gräber sehen, bevor sie sterben.“

Ein Cherokeehäuptling kam zu den Engländern heraus. „Fürchte Nichts,“ sagte Oglethorpe, „sondern sprich frei!“[WS 4] Der Häuptling aus dem Gebirge antwortete: „Ich spreche immer frei. Warum sollte ich fürchten? Ich bin unter Freunden. Ich fürchtete Nichts, als ich unter Feinden war.“ Ein Choctahäuptling „Rothschuh“ kam in folgenden Jahr und bot eine Handelsverbindung an. „Wir kamen einen langen Weg,“ sagte er, „und wir sind eine große Nation. Die Franzosen bauen Festungen gegen uns. Wir haben lange mit ihnen gehandelt, aber sie sind arm an Waaren. Wir wünschen mit euch zu handeln.“

Durch treues Worthalten bei seinen Verträgen mit den Indianern, durch seine edle Erscheinung und Haltung, sowie durch die Milde seines Charakters gewann Oglethorpe das Vertrauen der rothen Männer. Er fand Gefallen an ihren einfachen Manieren und Sitten; darum suchte er ihren Verstand aufzuklären und sie zur Erkenntniß des Gottes zu führen, den sie unbewußt anbeteten. Oglethorpe stiftete Gesetze für Georgien. Eines von ihnen verbot die Einführung starker Getränke. Ein anderes verbot die Einführung der Sklaverei. „Die Sklaverei,“ erklärte Oglethorpe, „ist gegen das Evangelium und widerstreitet dem Grundgesetz Englands. Wir wollen kein Gesetz gestatten, das ein so abscheuliches Verbrechen zuläßt.“ Und als später allerlei „Leute besseren Schlags“ in Savannah Gesuche um Einführung von Negersklaven einreichten, verweigerte Oglethorpe dieselbe streng und erklärte: „wenn Negersklaven in Georgien eingeführt würden, so wollte er Nichts mehr mit der Kolonie zu schaffen haben.“ Und er beharrte dabei sich mit beinahe willkürlicher Macht der Einführung der Negersklaverei im Staat zu widersetzen, obschon mehrere von den Pflanzern in der Meinung, die Arbeit könne von weißen Arbeitern nicht bestellt werden, Anstalten trafen die Kolonie zu verlassen.

Mit rastloser Thätigkeit wirkte Oglethorpe in Georgien fort und fort, indem er bald die Grenzen erweiterte und festsetzte, bald Städte gründete, Gemeinden ordnete oder neue stiftete. Er besuchte die evangelischen Brüder in Ebenezer, steckte die Straßen für ihre neue Stadt ab und lobte ihre gute Haushaltung. Binnen wenigen Jahren stieg die Fabrikation der rohen Seide in der kleinen Kolonie bis zu zehntausend Pfund im Jahr, und Indigo war ein stehender Handelsartikel geworden. In ernsten Denkschriften eiferten die Kolonisten gegen die Anwendung von Negersklaven und behaupteten, der weiße Mann könne, auch under Georgiens Sonne, vollkommen gut arbeiten. Ihre Religion vereinigte sie mit einander; ihre Streitigkeiten machten sie unter sich selbst aus. Jedes Ereigniß im Leben erhielt die Bedeutung einer göttlichen Schickung, und die Wärme in ihrem Gottesdienst störte die Ruhe ihres Urtheils nicht. Sie hatten Frieden und waren glücklich. Von den mährischen Städten fuhr Oglethorpe auf den Flüssen südwärts und besuchte die Inseln an der Küste entlang, die voll von Palmettos, Weinranken, ewiggrünen Eichen und „hundertzüngigen“ Singvögeln waren. Auf der St. Simonsinsel legte er die Festung Fredrika an.

Von den Hochlanden Schottlands war eine Schaar tapferer Bergbewohner ausgewandert, um unter Oglethorpes Banner eine neue Heimath zu suchen. In schottischer Hochlandstracht segelte Oglethorpe den Altamaha hinauf und zog ihnen bis nach Darien entgegen, wo sie sich niedergelassen hatten. Und mit Hilfe dieser Tapfern beschloß Oglethorpe die Grenze Georgiens bis an den St. John Fluß in Florida auszudehnen. Die Indianer vom Stamm der Uchecer hörten das Kriegsgerücht und eilten zierlich bemalt herbei, um im Bund mit Oglethorpe die Streitaxt zu schwingen. Auf lange Reden und Austausch von Geschenken folgte der wilde Kriegstanz. Die Muskhogeer und Chiekesaws sammelten sich um ihn, um ihren Freundschaftsbund zu erneuern.

Ein großer Rath der Muskhogeer-Häuptlinge sollte in Cusitas, am Fluß Chattahouchee gehalten werden. Oglethorpe bahnte sich auf einsamen Pfaden den Weg dahin, ohne die Sonnenhitze oder den Thau der Nacht zu fürchten, und kam zu der großen Zusammenkunft, um seine rothen Freunde mit herzlichen Worten anzureden, Geschenke auszutheilen, mit den Häuptlingen den heiligen Safkey zu trinken, die Friedenspfeife zu rauchen, und mit ihnen einen gründlichen Bund für den Krieg wie für den Frieden zu schließen.

Im Jahr 1734 reiste Oglethorpe nach England und wirkte da zum Vortheil der jungen Kolonie. Im Jahr 1736 kam er mit einer Schaar von dreihundert Auswanderern zurück, die er wie ein Vater versorgte und leitete; er landete mit ihnen an einer Anhöhe unweit der Insel Tybee, „wo sie alle auf die Kniee fielen und Gott dankten, der sie glücklich in Georgien hatte ankommen lassen.“ Unter ihnen war ein neuer Trupp mährischer Brüder, mit einem „Glauben über alle Furcht“, die in ihren Sitten den Gebrauch der ersten christlichen Gesellschaften wieder einführen wollten, wo es keinen Staat und kein Kastenleben gab, sondern Paulus, der Teppichmacher, und Petrus, der Fischer, die Vorsteher waren nach dem Zeugniß des Geistes. Auch die Gebrüder Wesley waren bei ihnen. Karl Wesley, der Secretär Oglethorpes, brannte vor Begierde der Apostel Christi unter den Indianern zu werden und in der neuen Welt ein ganz und gar der Ehre Gottes geweihtes Leben zu führen. Er wünschte aus Georgien eine religiöse Kolonie zu machen „Das Zeitalter,“ fügt Bancroft hinzu, aus dessen Geschichte der Vereinigten Staaten ich diese Erzählung ausgezogen habe, „wo politische und religiöse Bewegungen ein und dasselbe waren, war vorüber; Fanatismus konnte in einer Periode überwiegenden Handelseinflusses nicht gedeihen. Mystische Frömmigkeit, noch inniger geworden durch ihren Abscheu vor den Theorien des achtzehnten Jahrhunderts, erschien wie der Regenbogen am Himmel, und Wesley war der Sämann, welcher kommt, nachdem die Fluth sich verlaufen und die Wolke sich verzogen hat, und der seine Saat in der goldenen Stunde des Friedens ausstreut.“

Später sehen wir Oglethorpe auf Befehl Englands mit den Spaniern in Florida Krieg führen, und darin tapfer und siegreich, stets der Vorderste in der Gefahr, alle Beschwerden des Feldzugs mit dem gemeinen Soldaten theilend, auch während der Hitze des Kriegs das Eigenthum friedlicher Bewohner schonend, und nach dem Sieg menschlich und mild gegen die Gefangenen.

Im Jahr 1742 konnte Oglethorpe in ganz Georgien ein allgemeines Dankfest für errungenen Erfolg und Frieden anordnen.

So wurde Georgien kolonisirt, so vertheidigt, und als sein Gründer und Vertheidiger James Oglethorpe sein neunzigstes Jahr erreichte, konnte er auf eine gute Arbeit zurückschauen, auf einen aufblühenden Staat, dessen Grenzen er erweitert und festgesetzt, dessen geistiges und materielles Leben er begründet hatte, so daß er wohl das Lob verdiente, das in England darüber ausgesprochen wurde: „Nie ist eine Kolonie nach einem in wahrerem Sinne menschlichen Plane begründet worden.“

Noch bis in sein letztes Lebensjahr soll er eine der schönsten Gestalten gewesen sein, die man je gesehen, ein Typus von ehrwürdigem Alter. Seine Seelenkräfte und Sinne waren so frisch wie je, und sein Auge fortwährend klar; „allzeit heroisch, romantisch und voll altritterlicher Höflichkeit — der schönste Repräsentant aller Tugenden und Eigenschaften, welche das Ideal eines ächten Ritters ausmachten.“ Und so warm war sein Herz, so wirksam sein Eifer für das Wohl der Menschen, welchem Volk und Stamm sie immer angehören mochten, daß noch lang nach seinem Tod sein Name die Bezeichnung großen Wohlwollens (vast benevolence of soul) in sich schloß.

Nach seinem Tod wurden mehrere seiner hochsinnigen Gesetze abgeschafft; starke Getränke wurden in Georgien eingeführt und allmälig auch die Negersklaverei. Aber der Geist der Freiheit und Frömmigkeit, welcher das Leben von Oglethorpes Leben war und die ersten Kolonisten Georgiens beseelte, lebt gleichwohl noch jetzt in Georgia. Ich sehe es, ich höre es, ich fühle es. Die Emigration aus den nördlichen Staaten und besonders aus den Staaten Neuenglands, die sich immer mehr hieher zieht, Einfluß auf Volk und Einrichtungen ausübt, ist mir auch ein Beweis davon und eine Bürgschaft für die weitere Entwickelung des freien Lebens. Ich bemerke es auch an dem freieren und glücklicheren Leben der Neger in Savannah und an der ihnen ertheilten Erlaubniß ihre eigene Kirche zu haben und selbst zu predigen. Ueberdieß geschieht in Georgien viel für die Unterweisung der Negersklaven im Christenthum sowie für ihre Befreiung und Kolonisirung in Liberien auf Afrikas Küste. Und jedes Jahr geht von Savannah ein Schiff dahin mit schwarzen Kolonisten von freigelassenen Sklaven, die mit Lebensmitteln, Geld und Hausgeräthen ausgerüstet werden. Ich habe verschiedene eigenhändige Briefe aus Liberien von den schwarzen Emigranten gesehen, welche von dem guten Verhältniß zeugen, worin sie zum Mutterstaat und zu mehreren Personen daselbst stehen, besonders durch die kirchlichen Bande, die sie vereinigen. Denn jede kirchliche Sekte hier unterstützt ihre Glaubensgenossen in der afrikanischen Kolonie, die übrigens von ihren eigenen schwarzen Beamten und Priestern verwaltet wird.




Jemehr ich von diesem schwarzen Volk sehe, um so mehr erweckt es meine Neugierde und mein Interesse. Nicht als ob ich an den Negern etwas Großes erblickte, etwas das ihnen eine Ueberlegenheit über weiße Menschenrace gäbe; ich kann mich von dem Glauben nicht frei machen, daß sie in Bezug auf intellektuelle Gaben untergeordnet sein und bleiben werden. Aber sie haben eigene und ungewöhnliche Gaben. Ihr moralisches Ohr scheint mir rein und fein zu sein wie ihr musikalisches; ihr Gefühlleben ist stark und warm, und ihre Gutmüthigkeit und Munterkeit ist offenbar eine ihnen eigenthümliche Naturgabe oder vielmehr Gottesgabe. Und wenn sie sich auch nicht als schaffende Geister originell zeigen, so liegt doch in der Art, wie sie das Gelernte praktisch anzuwenden verstehen, eine wahrhaft gesunde und erfrischende Originalität. Dieß hört man in ihren eigenen Gesängen, den einzigen originellen Volksliedern, welche die neue Welt besitzt; sie sind eben so sanft, heiter und fröhlich, wie unsere Volkslieder melancholisch sind. Man hört dieß auch an der Art, wie sie die Lehren des Christenthums auffassen und auf das Leben anwenden.

Letzten Sonntag war ich hier in der Negerbaptistenkirche mit einem der edelsinnigen und thätigen Söhne der Pilger: Mr. Fay, der in Savannah wohnt und mir viel Freundschaft erzeigt. Der Prediger hieß Bentley, glaube ich, und war ein vollkommen schwarzer Mann. Er predigte aus dem Stegreif mit großer Lebendigkeit und Leichtigkeit. Er sprach von der Erscheinung des Erlösers auf Erden und wie und warum er gekommen. „Ich erinnere mich,“ sagte er einmal, „wie der Präsident, der Präsident der Vereinigten Staaten nach Georgien und in unsere Stadt hier, Savannah kam. Ich erinnere mich, welches Wesen das Volk machte und wie sie in großen Wagen ihm entgegen fuhren. Die Eisenbahn rauchte schrecklich und aus den großen Kanonen wurde Schuß um Schuß abgefeuert. Und so kam der Präsident in einem großen, schönen Wagen und wurde in das beste Haus in der Stadt (es war das Haus der Mrs. Scarborough) geführt, und als er dort ankam, setzte er sich ans Fenster. Aber es wurde ein Kordon ums Haus gezogen, um die Neger und anderes armes Volk zu verhindern, daß sie nicht zu nahe kämen. Wir mußten außerhalb stehen und konnten den Präsidenten, der am Fenster saß, nur von Weitem ansehen. Aber die großen Herrn und die reichen Leute, die gingen alle frei die Treppe hinan und durch die Thüre und zum Präsidenten hinein und schüttelten ihm die Hand. Kam Christus auf diese Art? Kam er zu den Reichen und um ihnen die Hände zu schütteln? Nein! Gesegnet sei unser Herr, er kam zu den Armen ! … Er kam zu uns und um unsere Schuld, meine Brüder und Schwestern!“ — „Ja, ja! Amen! er kam zu den Armen, zu uns! Gesegnet sei er! Amen, Hallelujah!“ erscholl es eine gute Weile in der ganzen Kirche, und die Leute stampften und lachten und weinten, während ihre Gesichter von Freude strahlten. Der Prediger fuhr fort zu erzählen, wie Christus sich als der Gesandte des Höchsten auswies. „Denkt euch das so, meine Freunde“ sagte er. „Hier haben wir jetzt eine Plantage mit Negerarbeitern; aber der Herr der Plantage ist fort, weit, weit fort über dem Meer in England und die Neger auf der Plantage haben niemals sein Angesicht gesehen. Sie haben niemals einen höheren Mann gesehen als den Aufseher. Aber jetzt vernehmen sie, daß der Eigenthümer der Plantage, ihr Herr und Gebieter kommen soll. Und sie sind sehr neugierig ihn zu sehen und sie schauen sich alle Tage nach ihm um. Eines Tags sehen sie den Aufseher mit einem andern Herrn kommen, den sie früher nicht gesehen hatten. Aber er ist schlechter und einfacher gekleidet als der Aufseher. Der Aufseher hat einen feinen Frack mit Knöpfen daran, ein weißes Halstuch, einen schönen Hut und überdieß trägt er Handschuhe. Aber der fremde Herr ist ohne Handschuhe und ganz nachlässig und in der That ganz einfach gekleidet. Und wenn die Neger den Aufseher nicht kennen würden, so würden sie glauben, er sei der Herr. Aber jetzt sehen sie, daß der fremde Mann dem Aufseher Befehle erteilt, daß er ihn den einen Neger dahin, den andern dorthin schicken heißt, daß er mehrere zu sich rufen läßt und daß der Aufseher und die Neger alles thun müssen, was er will und befiehlt; daran merken sie jetzt, daß er der Herr ist.“

Wie belebt und wie schön ist nicht diese Darstellung des Negers für Neger, ganz frisch aus ihrem Alltagsleben geschöpft.

Am Nachmittag desselben Tags war ich auch mit Mr. Fay in der Kirche, um eine andere Negerpredigt zu hören. Der Prediger war jetzt ein ältlicher Mulatte, ein schöner, kräftiger Greis, der sich Vermögen erworben hat und unter seinem Volk großes Ansehen als Prediger und Täufer genießt. Er artete in Bezug auf äußere Erscheinung und sein ganzes Wesen der weißen Race nach. Er sagte in seiner Rede, daß er 95 Jahre alt sei, und erzählte seine religiöse Lebenserfahrung, seine geistlichen Bekümmernisse und Qualen, welche soweit gegangen seien, daß er dem Selbstmord nahe gewesen, und endlich seine Gefühle, als der Begriff von Christus und Erlösung für seinen Verstand aufgegangen sei. „Die Gesellschafterin meines Lebens, meine Frau, schien mir von Neuem jung und glänzte für mich in neuer Schönheit und ich konnte nicht umhin zu ihr zu sagen: Wahrhaftig Weib, ich liebe Dich!“ Ein junges Frauenzimmer auf der Bank, wo ich saß, bückte sich um zu lachen. Ich bückte mich gleichfalls, aber um Thränen zu vergießen, welche die Freude, die Sympathie, eigene Lebenserinnerungen und die lebendige kindliche naturwarme Schilderung mir entlockten. Nach der Predigt schüttelten Mr. Fay und ich dem kräftigen Alten Andrew Marshall die Hände. Der Chor auf der Emporkirche, Neger und Negerinnen, sang vierstimmig und so rein und schön, als man sich nur denken kann. Nach dem Gottesdienst trat ein Weib vor und kniete am Altar nieder, wie es schien in tiefer Bekümmerniß, und der alte Prediger sprach über sie, für ihre Trauer und ihren heimlichen Kummer ein schönes, inniges Gebet. So in der Kirche über und für Betrübte zu beten, scheint in den Baptistenkirchen hier Gebrauch zu sein.

Den 16. Mai.  

Hier ist es jetzt sehr warm und die Wärme ist ermüdend. Wäre es nicht so, so würde ich mich wohl befinden in Savannah, in dem Haus wo ich lebe, wo die Herrschaft sowohl als die Dienerschaft (Neger) sämmtlich von demselben Geist der Gutmüthigkeit und des Wohlwollens durchdrungen zu sein scheinen und wo ich einige mir theure Bekanntschaften gemacht habe. Die liebste unter ihnen ist mir die Familie Mac Intosh, eine von denjenigen, die für die Belehrung und Kolonisation der Sklaven arbeiten; die jungen Töchter des Hauses haben selbst auf der Pflanzung ihres Vaters die kleinen Negerkinder unterrichtet und rühmen ihre Fassungskraft sehr; sie sollen insbesondere an Bildern und Erzählungen große Freude haben und leicht Eindrücke von ihnen schöpfen. Wie das mich erfreut hat! und welch ein schöner Wirkungskreis nicht auf diese Art den jungen Töchtern des Südens eröffnet ist! — Aber ich fürchte, es sind bis jetzt noch Wenige, die ihn betreten. — Mit dieser liebenswürdigen Familie habe ich bis nächstes Jahr eine Lustreise nach Florida verabredet, wo einer der Söhne des Hauses ansäßig ist; aber der Mensch denkts, Gott lenkts!

Um Savannah her sind eine Menge schöner Plätze die hohen Flußufer entlang und der Reichthum an schönen Bäumen und Blumen ist außerordentlich. Es freut mich, in mehreren ihrer Namen schwedische Familiennamen zu hören und das Zeichen Linnés wieder zu erkennen; so habe ich hier die Rudbeckia und die Lagerströmia kennen gelernt (letztere eine sehr schöne Buschpflanze mit hellrothen Blumen, denen des rosenrothen Lorbeers ähnlich) u. s. w. Die freundlichen Frauen hier, (und ich habe unter ihnen einige ausgezeichnete Weiber kennen gelernt) führen mich in ihren Equipagen aus, um die Gegend und Waldpärke ringsumher kennen zu lernen. Bonaventure ist ein großer Park, der zu den Merkwürdigkeiten des Orts und des Südens gehört. Die großen Lebenseichen in Gruppen und Alleen mit ihren langen, hängenden Moosen, bilden überall die schönsten gothischen Tempelgewölbe, und wenn die Abendsonne ihre glühenden Strahlen in diese tiefen, düstern Arkaden sendet, so entstehen Wirkungen von großer Schönheit. Amerikas junge Künstler sollten hieher kommen und sie studiren. Man hat jetzt angefangen einen Theil des Parks zum Begräbnißplatz zu verwenden, und weiße Marmordenkmäler erheben sich unter den hängenden Moosen der Lebenseichen. Diese Moospflanzen stehen jetzt in Blüthe und die Blüthe ist eine kleine, hellgrüne, knospenartig geschlossene Fünfmännerin mit seinem Wohlgeruch. Andere Prachtblumen des Südens, die Magnolia grandiflora, der Capjasmin beginnen allmälig auszuschlagen, aber ihr Duft ist stark und für meinen Geschmack allzu mächtig. Der Wohlgeruch der Wälder dahier ist übermäßig und nicht gesund. Frauenzimmer von feinem Teint bekommen, wenn sie zu dieser Zeit durch den Wald fahren, rothe Flecken und Geschwüre im Gesicht; die Blumendünfte enthalten Gift. Mir kamen sie erdrückend vor. Wie lieblich und frisch sind nicht die Düfte der Föhrenwälder und Lilienthäler daheim bei uns!

Heute, als ich einsam einen kleinen Wald mitten im Sandfeld in der Nähe der Stadt durchstreifte, sah ich da einen Reichthum der schönsten Erdbeeren und ich wunderte mich, daß die Negerkinder sie ruhig hatten stehen lassen. Ich pflückte einige und kostete sie, fand aber, daß sie durhaus keinen Geshmack hatten. Es waren falsche Erdbeeren. Eine andere falsche Schönheit auf dem grünen Boden des Südens ist die sogenannte Dornbirne, ein kleines, niedriges Kaktusgebüsch mit schönen hellgelben Blumen, aber so voll von feinen, hakenartigen Dornen, daß man, wenn man die Blume bricht, mehrere Tage lang mit den Dornen zu thun bekommt.

Eine schöne Einrichtung, die ich hier besucht habe, ist das Asyl für vater- und mutterlose Kinder aller Nationen und Religionsbekenntnisse. Es steht unter der Leitung von Frauenzimmern, die ebenfalls verschiedenen Völkern und Confessionen angehören. Ich besuchte es mit einer der Directricen, welche Jüdin war und sehr an ihrer Religion hing, die nach ihrer Darstellung der Lehre der christlichen Unitarier nahe kam. Das Asyl wird von barmherzigen Schwestern, katholischer Confession gepflegt, Frauen von guten Gesichtern, mit schrecklichen Hüten oder Schirmhauben, so daß man es in der Weltentsagung weit gebracht haben muß, um sie zu tragen. Die Kinder und die Anstalten für sie waren ein erfreulicher Anblick. Die Kinder dürfen ihr kirchliches Bekenntniß selbst wählen, und ich sah zwei junge Schwestern, von denen die eine Methodistin, die andere Mitglied der episcopalen Kirche war.

Jetzt bereite ich mich vor, Savannah zu verlassen und nach Augusta weiter oben im Staat zu reisen. Ich gedenke den Savannah hinauf zu fahren, obschon man mir sagt, es gehe langsam und die Scenerie sei sehr einförmig. Aber ich ziehe das Dampfboot bei weitem der Eisenbahn vor. — Mehr von Augusta aus. Wenn ich heimkomme, werde ich Dir schöne Nähkörbe von Tannenzapfen mitbringen, welche die freundlichen Frauen dahier mir geschenkt und die sie selbst verfertigt haben. Die Körbe sehen eigenthümlich, aber recht zierlich aus.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: der
  2. Vorlage: anch
  3. Vorlage: Augu stagegründet
  4. Anführungszeichen ergänzt
Fünfzehnter Brief Die Heimath in der neuen Welt. Erster Band
von Fredrika Bremer
Siebzehnter Brief
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