Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Einleitung

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Autor: Hermann Pilz
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Titel: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Einleitung
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aus: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil, in: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild.
Herausgeber: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Einleitung.

Sachsen ist das Herz Deutschlands. Mitten in dem Körper des Reiches gelegen, ist es auch der Mittelpunkt der industriellen und gewerblichen Bestrebungen geworden, und in ihm strömt zusammen, was der erfinderische Menschengeist auf dem Gebiete industrieller und gewerblicher Thätigkeit ersinnt. Es gibt keinen Zweig deutscher Industrie, der nicht auch in unserm Vaterlande grünte und Früchte trüge. Eine Städteschau unseres engeren Vaterlandes, die wir im Nachstehenden geben wollen, wird dafür einen ehrenvollen Beweis erbringen. Sachsen ist immer ein Haupt-Industrieland der Welt gewesen, aber auch Handel und Verkehr, Berg- und Hüttenwesen, Schiffahrt und Fischerei, Landwirtschaft und Forstwesen standen zu allen Zeiten in unserem engeren Vaterlande in hoher Blüte. Die letzte, große Berufszählung stellte in Sachsen von 3 502 687 Einwohnern für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tierzucht und Gärtnerei 292 888, für Handel und Verkehr 130 894, für häusliche Dienste und Lohnarbeit wechselnder Art 25 140, für Militär-, Hof-, bürgerlichen, kirchlichen Dienst, sowie freie Berufsarten 67 317, für Berg- und Hüttenwesen, Baugewerbe und Industrie aber 724 513 Berufsangehörige fest, und unter den letzteren entfielen allein über 600 000 Mann wieder auf die eigentliche Industrie. Man sieht also, daß die Industrie, die schon im Mittelalter sich in Sachsen einen größeren Namen errungen hatte, in ganz bedeutender Weise die anderen Berufszweige überwiegt. Den wichtigsten Teil derselben bildet bekanntlich die Textilindustrie. Von 100 erwerbsfähigen Personen kommen in Sachsen allein auf die Textilindustrie 18,37, im ganzen Deutschen Reiche aber nur 4,83. Es gibt keine Gegend im Sachsenlande, wo nicht mehr oder minder die Textilindustrie Boden gefaßt hätte. Im Tiefland wie im Gebirge ist sie zu Hause, wenn sie auch in einzelnen Teilen des Landes ihre Hauptniederlassungen zu verzeichnen hat.

Wenn wir die Städte Sachsens mit Rücksicht auf ihre industrielle und gewerbliche Thätigkeit überschauen wollen, so ist es das zweckmäßigste, sich an die politische Einteilung des Landes zu halten und die einzelnen Kreise für sich zu betrachten. Wir beginnen mit der Kreishauptmannschaft Leipzig. Leipzig, die alte Sorben-Wenden-Stadt, am Zusammenfluß der weißen Elster, Pleiße und Parthe, ist eine der wichtigsten Handelsstädte Deutschlands schon in alter Zeit gewesen und hat sich diesen Charakter [Ξ] bis in die neueste Zeit zu bewahren gewußt. Seit der Einrichtung der Leipziger Messen, die schon in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu Jubilate und Michaelis abgehalten wurden, und denen Friedrich der Sanftmütige 1458 noch die Neujahrsmesse hinzufügte, war Leipzigs Name als Handelsstadt im ganzen Deutschen Reiche und darüber hinaus bekannt. 1497 erhielt die Stadt dazu das Stapelrecht in einem Umkreise von 15 Meilen. Trotz aller schweren Geschicke und Kriegsunruhen, namentlich im 30-jährigen Kriege und in der Völkerschlacht 1813, blüht Handel, Industrie und Gewerbe neben Kunst und Wissenschaft noch heute in Leipzigs Mauern, wie in keiner zweiten Stadt unseres engeren Vaterlandes. Es gibt in Leipzig etwa 4000 selbständige, namhafte Handelsgeschäfte, welche etwa 270 Branchen angehören. Der Handel erstreckt sich hauptsächlich auf folgende einheimische und ausländische Produkte: Englische, belgische und schweizerische Garne, inländische Strick- und Kammgarne, Zephirwolle, rohe Seide, Baumwoll- und Wollwaren, Tuche, halbseidene Stoffe, Leinenwaren, Batist, Ledertuche, Tüll zu Spitzen, ferner Eisen, Kurzwaren, Uhren, Glaswaren, Farbewaren, Porzellan, Steingut, Papier, Leder, Häute, Düngemittel, Borsten, Kolonialwaren und Droguen. Für Rauchwaren gilt Leipzig als Weltmarkt. Der erste Handelsplatz ist es auch hinsichtlich des deutschen Buchhandels geblieben. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts wird zu Kantate die Buchhändlermesse in Leipzig abgehalten, die schnell die Messe in Frankfurt a. M. überflügelte, und die Stadt an der Pleiße zum Hauptstapel- und Kommissionsplatz des deutschen und zum Teil auch ausländischen Buch-, Kunst- und Musikalienhandels machte. Es bestehen ungefähr 300 bedeutsame, buchhändlerische Firmen, zu denen namhafte Papierhandlungen, Buchbindereien, Schriftgießereien, Buchdruckereien, Steindruckereien usw. kommen. Was die Industrie anlangt, so ist Leipzig selbst keine eigentliche Fabrikstadt gewesen. Erst durch Einverleibung verschiedener Vororte, Reudnitz, Neuschönefeld, Lindenau, Plagwitz, Gohlis und Eutritzsch, in denen die großen Fabrikanlagen errichtet wurden, ist es zu einer solchen geworden. Die Hauptzweige der Industrie sind Tabak- und Cigarren-, Pianoforte-, Wachstuch-, Maschinen-, Nähmaschinen-, Werkzeug- und Geldschrankfabrikation. Ferner ist bemerkenswert die Herstellung ätherischer Öle, Chemikalien, Fette, die Fabrikation von Lack und Firnis, Sprit und Düngemitteln, Wäsche und Weißwaren, Gummiwaren, künstlichen Blumen, Korbwaren, Möbeln, Konfektions- und Luxusartikeln usw. Die Leipziger Wollkämmerei und Kammgarn-Spinnerei haben es in kurzer Zeit zu großer Bedeutung gebracht.

Diese rege industrielle Thätigkeit Leipzigs konnte auf seine Umgebung nicht ohne wohlthätigen Einfluß bleiben und schon in früher Zeit entwickelte sich auch in den kleineren Städten des Kreises ein reger Gewerbefleiß, eine segensreiche, industrielle Thätigkeit. In Markranstädt entstanden bedeutende Rauchwarengerbereien und Färbereien, Zuckerfabriken, eine Fabrik für Chemikalien und Knochenpräparate, Ziegeleien und Kalkbrennereien. In Taucha, das einst als Handels- und Stapelplatz Leipzig den Rang streitig machen wollte und die nördlichste Stadt des Königreichs ist, werden besonders Tischler- und Posamentierwaren gefertigt (Divans, Sophas, Rohrstühle) und auch Liebertwolkwitz beschäftigt sich neben einem ergiebigen Sandhandel vornehmlich mit Stuhlbauerei. Wandern wir nun an der Elster hinauf, so stoßen wir auf das Landstädtchen Zwenkau, die Stadt Pegau und Groitzsch. Zwenkau hat zahlreiche Ziegeleien, Schuhmacherei und Korbwarenfabrikation, Pegau, hauptsächlich [Ξ] Schuhmacherei und Groitzsch, in dem einst der mächtige Graf Wiprecht von Groitzsch hauste, hat sich einen Namen durch die Anfertigung von Babuschen, sogenannten Groitzscher Pantoffeln, gemacht. An dem Ufer der Pleiße begegnen wir dem alten Vasallenstädtchen Regis, in dem der Ackerbau die Industrie (Eisenwarenfabrikation) überragt, und der Stadt Rötha, in welcher hauptsächlich der Obstbau und die Fabrikation von Fruchtweinen bemerkenswert ist, die durch den dortigen Rittergutsbesitzer Freiherrn von Friesen ins Leben gerufen wurde. Sonst herrscht der Ziegeleibetrieb, Gerberei und Kürschnerei vor. Zwischen der Pleiße und westlichen Mulde liegen die Städtchen Kohren mit seinem alten Schlosse, auf welchem Kunz von Kauffungen vor dem Prinzenraub nächtigte (Töpferei), Frohburg (Wollweberei, Töpferei, Spinnerei und Landhandel), Geithain (Zeugweberei), Lausigk mit seinem vielbesuchten, romantischen Hermannsbad (Woll-, Barchent- und Manchester-Weberei) und Borna, an der Wyhra, eine der ältesten Städte Sachsens, die von König Heinrich I. 924 zur Stadt erhoben. In Borna ist eine ansehnliche Filzwaren- und Schuh-Manufaktur, der Betrieb von Dampfschneidemühlen, Eisengießereien, Ziegeleien, Kalk-Brennereien, Gerbereien, Töpfereien und Feldgärtnereien (Versand von Zwiebeln jährlich über 100 000 Centner) bemerkenswert. Im südlichen Teile des Leipziger Kreises ist Penig mit seiner weithin sichtbaren Kirche, einem Meisterstücke gotischer Baukunst (Wollwebereien, Zeugdruckereien, Papierfabrik, Eisengießerei, Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen und Töpfereien), Lunzenau (Weberei und Schuhmacherei), Burgstädt (Druckerei, Spinnerei, Weberei, Schuhmacherei und Strumpfwirkerei) hervorzuheben. Burgstädt ist die Wiege der Kattundruckerei Sachsens. Ein gewisser Schlüssel aus Hamburg gründete hier 1750 die erste Kattundruckerei in Sachsen. An der Mulde aufwärts liegt die Stadt Rochlitz mit dem romantischen Rochlitzer Berge (Porphyrbrüche) und seiner 1016 begründeten, sehenswerten Kunigundenkirche. Rochlitz hat Kammgarnwebereien, Handelsmühlen, Fabrikation von Leder und Lederwaren, Wagen und Cigarren. Zwei Stunden weiter entfernt von der Mulde tritt uns mit Colditz, ebenfalls eine der ältesten Städte Sachsens, entgegen, deren Schloß (jetzt Landes-Irrenanstalt) vom Grafen Wiprecht von Groitzsch um das Jahr 1080 erbaut worden sein soll. Hier bilden Baumwollspinnerei, Fabrikation von Strickgarn, Dochten, Pappen, Cigarren, Steingutwaren usw. den Nahrungszweig der Einwohner. Auch die Mühlwerke und Braunkohlengruben sind bemerkenswert. Ungefähr eine Stunde unterhalb Colditz vereinigen sich die Zwickauer und Freiberger-Mulde. Ehe wir aber zu den an der vereinigten Mulde gelegenen Städten wandern, kehren wir wieder zurück und suchen noch die Städte auf, welche zwischen der östlichen und westlichen Mulde liegen: Hainichen, Waldheim, Geringswalde und Hartha. In Hainichen, wo Christian Fürchtegott Gellert geboren wurde, werden viele Baumwoll-Waren, sehr viel Flanell, Moltong, Tuch usw. gefertigt. In Waldheim, dessen Schloß als Zuchthaus eingerichtet wurde, floriert Bleicherei, Tuch-, Kattun-, Barchent- und Leinweberei, in Geringswalde die Fabrikation von Strümpfen, Feuerlöschgeräten, Cigarren, Pelzwaren, Möbeldamast, Shirting, Bettzeugen, auch sind seine Ziegeleien, Gerbereien, Porzellanmalereien und Stuhlbauereien von Bedeutsamkeit. Dasselbe gilt von Hartha. An der östlichen Mulde liegen die Städte Roßwein (Tuchmacherei) und Döbeln. Döbeln liegt in fruchtbarer Gegend, in einem reizenden Thalkessel und ist Mittelpunkt eines wichtigen Getreidehandels. [Ξ] Die Hauptzweige seiner Industrie sind Wollspinnerei, Fabrikation von Tuch und Leder, namentlich lackiertes und Kittleder, von lackierten Blechwaren, landwirtschaftlichen Maschinen, Brückenwagen, Cigarren und Silberwaren. Auch die Umgegend fabriziert Tuche, Papier, Pappe und Drahtstifte. In einem anmutigen Thal gelangt man von Döbeln nach Leisnig, prächtig am linken Ufer der Freiberger Mulde gelegen. Die Leisniger Tuchwarenfabriken sind blühend, wozu die an der Mulde gelegenen Appreturwerke viel beitragen. Auch die Wollspinnerei, Eisengießerei, Stuhlfabrikation, Gerberei und Schuhmacherei sind bedeutend. Gehen wir nun an der vereinigten Mulde herunter, so treffen wir die alte, berühmte vaterländische Stadt Grimma mit ihrem alten Schlosse und der prächtig an der Mulde aufragenden, neuen Fürstenschule. Früher war Grimma ein Hauptplatz der Tuch-Fabrikation. Schenkte doch Friedrich der Weise dem Dr. Luther einst ein Ehrenkleid aus Grimmaischem Tuche, von welchem die Elle 8 Groschen kostete, und das so fein war, daß es Luther nicht tragen mochte. Die Stadt gehört zu den gewerbthätigsten unter den kleinen Städten Sachsens. Die Tuchfabrikation und der einst schwunghafte Holzhandel sind freilich verschwunden. Dagegen findet man Kunstmühlen (Golzern) Eisengießereien, Bleichereien, Druckereien für leinene und wollene Stoffe, Papierdüten-Fabrikation usw. Die nahe gelegenen Städtchen Nerchau und Trebsen treiben Leinen-Weberei und Ackerbau. Zwei Stunden unterhalb Trebsen liegt die alte Bischofsstadt Wurzen am rechten Ufer der Mulde. Wurzen ist ein industriereicher Ort und 1542 der Schauplatz des berühmten, unblutigen Fladenkrieges gewesen. Von seinen größeren, gewerblichen Etablissements sind zu nennen: eine Papierfabrik, Tapetenfabrik, Teppich-Fabrik, Möbelfabrik, Pianofortefilzfabrik, Eisengießereien, Cigarren-, Kartonnagen-, Maschinenfabriken und eine große Kunstmühle mit Biskuitfabrik (Krietzsch’sche Werke). Im dreißigjährigen Kriege, in der sogenannten „Wurzener Marterwoche“ von Torstensohn ausgeplündert (1643), hat sich die Stadt doch nach und nach wieder zu einer der namhaftesten Städte unseres Sachsenlandes erhoben. Von Wurzen aus gehen wir der Eisenbahn nach und haben dann rechts die Städte Mutzschen (Anfertigung von Achatkugeln, sogenannten Mutzschener Diamanten), Mügeln (Ackerbau vorwiegend) und Oschatz, links Dahlen und Strehla, letzteres an der Elbe. Oschatz hat seit dem großen Brande von 1842 durch viele Neubauten ein freundliches Ansehen gewonnen. Hauptgegenstände seiner Industrie sind: Filz-, Tuch-, Koffer-, Leder-, Brücken-, und Tafelwagenfabrikation, Wollspinnerei und Fabrikation gehäkelter, wollener Artikel (Phantasiesachen). Dahlen, in dessen Schloß Friedrich der Große die Verhandlungen über den Hubertusburger Frieden führte, hat eine Eisengießerei, Wagenfabrik und Cigarrenfabrik. Es präponderiert jedoch hier der Ackerbau, der neben der Elbschifffahrt auch in Strehla vorwiegt.

Ist aber die Industrie schon in der Kreishauptmannschaft Leipzig bedeutend, so wächst sie zu einer Weltbedeutung in der Kreishauptmannschaft Zwickau heran, deren Bezirk unter allen vier Kreisen des Landes der größte, bevölkertste und gewerbthätigste ist. Wir können in ihm einen vogtländischen und einen erzgebirgischen Teil unterscheiden. Beginnen wir mit dem Vogtland, als dessen älteste Bewohner die Varisker genannt werden, und dessen Hauptfluß die Elster bildet. Die erste Stadt an der Elster ist Adorf (Instrumentenmacherei und Weberei). Von Adorf gelangt man an Würschnitz vorüber, wo die ersten Kartoffeln in Sachsen erbaut wurden, nach [Ξ] Oelsnitz, das lieblich zwischen Bergen hervorlugt. Weberei, Gerberei und Tuchmacherei sind die Gewerbe, welche hier schwunghaft betrieben werden. Nur zwei Stunden entfernt thut sich Plauen vor uns auf. Plauen ist die Hauptstadt des Vogtlandes und gegenwärtig der Hauptort in Deutschland für die Weberei weißer Baumwollwaren, für Weißstickerei und Konfektionsware. Weberei und Stickerei werden jetzt fast ausschließlich durch mechanischen Betrieb erzeugt. Plauen hat Fabriken für glatte und broschierte Waren, Maschinenstickereien mit ungefähr 3000 Stickmaschinen, Gardinenfabrikation, Bleichereien, Färbereien und Appreturen, eine Baumwoll-Streichgarn- und Vigogne-Spinnerei, Zwirnereien, Gerbereien, Seilereien, Maschinenbauanstalten usw. Durch die „vogtländische Schweiz“ führt uns von Plauen die Route nach Elsterberg (Weberei und Gerberei), Netzschkau (Weberei baumwollener Waren), Mylau (Wollkämmerei, Kammgarnspinnerei, Woll- und Halbwollwarenfabrikation, Zeugdruckerei usw.) und Reichenbach. Nach Plauen ist Reichenbach die bedeutendste Fabrikstadt des Vogtlandes. Hauptgegenstände seiner Industrie sind Fabrikate in Baumwolle und halbwollene Artikel. Es bestehen größere, mechanische Webereien, Flanellfabriken, Tischdeckenfabriken, Wollkämmereien, Kammgarn- und Streichgarnspinnereien, Maschinenbauereien, Färbereien und Appreturen. Die sächsischen Tibets, welche in Reichenbach gefertigt werden, werden in großen Massen ausgeführt und der französischen und englischen Ware vorgezogen. Von Reichenbach wenden wir uns rückwärts nach Lengenfeld, am linken Ufer der Göltzsch (Streichgarnspinnerei, Fabrikation von Tuch, Weißwaren, Filztuch, Wäsche und Flanell usw.), Treuen, an dem zur weißen Elster gehörigen Triebflüßchen (Handweberei von seidenen und halbseidenen, baumwollenen, halbwollenen und wollenen Stoffen, besonders Tuchen; Streichgarn- und Vigognespinnereien, Färbereien, Flanellfabrikation, Bleichereien, mechanische Webereien, Gerbereien usw.) und Auerbach, schön im Göltzschthal gelegen. In Auerbach und ebenso in Falkenstein herrscht die Fabrikation von Weißwaren, Spitzen, Stickereien, Papier, Pelzwaren, Wachstuch usw. vor. In der Nähe von Auerbach liegen große Torfstiche, Pechsiedereien und Ruß-Brennereien. Über Schönek (Weberei, Ausnäherei) gelangen wir sodann nach Markneukirchen, der südlichsten Stadt Sachsens, berühmt durch seine Fabrikation musikalischer Instrumente (Geigen, Bratschen, Guitarren, Harfen, Flöten, Pianofortes, Posaunen, Waldhörnern, Harmonikas usw.) und von hier nach dem benachbarten Klingenthal, in welchem das gleiche Gewerbe eifrig betrieben wird.

Vom vogtländischen Kreis gehen wir in den erzgebirgischen über, der mit Unrecht das „sächsische Sibirien“ genannt worden ist. Weicht auch der Winter von seinen Berghöhen spät und stellt er sich auch zeitig wieder ein, unwirtlich kann unser Erzgebirge nicht genannt werden, und der brave Menschenschlag, der in seinen Ortschaften fleißig der Industrie dient, macht uns gerade diesen Teil unseres Vaterlandes sympathisch. Die Industrie ist fast allenthalben die gleiche. Das Hauptgeschäft von Eibenstock, wohin wir zunächst gelangen, besteht im Tamburieren, der Mullnäherei und dem Spitzenklöppeln. Auch viele Weißblechwaren werden in Eibenstock gefertigt. Von Eibenstock führt uns die Reise nach Johanngeorgenstadt, romantisch am Abhange des Fastenberg gelegen. In der Stadt wird besonders viel Handschuhnäherei und Kunst-Tischlerei betrieben. Von Johanngeorgenstadt schlagen wir die Richtung nach der höchsten Stadt Sachsens, Ober- und Unterwiesenthal, am Fuße des Fichtelberges, (Spitzenklöppelei) ein, und wenden uns von hier nach Jöhstadt (Galanteriewaren) und [Ξ] Marienberg. Die freundliche, sehr regelmäßig gebaute Stadt, die 1520 von Heinrich dem Frommen gegründet wurde, zeichnet sich durch Fabrikation von Blech- und Holz-Spielwaren aus. Von Marienberg führt die Reise über Wolkenstein (Posamentier-Arbeit und Weberei) nach Annaberg am Pöhlberge, der „Perle des Erzgebirges“. Auf dem Annaberger Friedhofe steht das Grabmal von Barbara Uttmann, der Wohlthäterin des Erzgebirges, die das Spitzenklöppeln erfand. Annaberg ist eine der bedeutendsten Manufakturstädte Sachsens und Mittelpunkt der sächsischen Posamentier-Warenfabrikation, die auch im nahen Buchholz vorherrscht. Von Buchholz führt eine sauber gepflegte Chaussee nach Schlettau, Scheibenberg und Schwarzenberg (Eisenwerke, Holzschleifereien und Brettmühlen). Von Schwarzenberg gelangt man an herrlichen Aussichtspunkten vorüber, über Aue (Maschinenbauanstalten, Maschinen-Weberei, Spitzenklöppelei, Gürtelwaren- und Holzpfeifen-Fabrikation usw.) nach Schneeberg und Neustädtel (Bergbau, Spitzenklöppelei und Maschinenstickerei) und von hier über Kirchberg (Tuchmacherei) nach der Kreishauptstadt Zwickau. Zwickau, im freundlichen Thale der Mulde, verdankt sein Aufblühen und seinen Wohlstand der Steinkohle. Zahlreiche Steinkohlengruben stehen im Zwickauer Bezirke in Betrieb und man zählt deren gegen 500. Der Kohlenertrag beläuft sich auf ungefähr 50 Millionen Centner im Jahre. Das billige Brennmaterial hat in Zwickau die verschiedensten Fabrikationszweige hervorgerufen. Wir finden Maschinenbauanstalten, Fabriken für chemische Produkte, Porzellan, Papier, Glas, Farbwaren, Draht- und Hanfseile, Blechlöffel, Kokoswaren, Handschuhe, Strumpfwaren usw., eine englische Gardinenweberei, Dampfmühlenwerke, Ziegeleien und Brauereien. An der Zwickauer Mulde finden wir auch die fürstlich und gräflich Schönburgischen Receßherrschaften, als deren Hauptstadt Glauchau in Frage kommt. Glauchau ist für die Fabrikation von wollenen und halbwollenen Stoffen einer der wichtigsten Plätze von ganz Deutschland. Obschon in der Stadt selbst gegen 3000 Handwebstühle und 1000 mechanische Stühle gehen, reichen diese doch zur Erledigung der eingehenden Aufträge nicht hin. Daneben bestehen großartige Färbereien, Appreturanstalten, Druckereien, eine große Webgeschirrfabrik, Zwirnerei und Spinnereien. In der Herrschaft Glauchau liegen auch die Städte Hohenstein, Ernstthal, und links von der Mulde Meerane. In den ersteren werden besonders Piqués, Strümpfe, buntbaumwollene Waren und Westen-Zeuge, in Meerane wollene, halbwollene und baumwollene Kleiderstoffe gefertigt. In den Receßherrschaften sind außerdem noch Lichtenstein und Callenberg (Webereien und Strumpfwirkereien) und das freundliche Waldenburg (bedeutende Strumpf-Wirkerei, Weberei und Posamentenfabrikation, sowie Fabrikation der sogenannten Waldenburger Gefäße) bemerkenswert. Links von der westlichen Mulde, und zwar an der Pleiße, liegen dann die beiden Städte Werdau und Crimmitschau. Werdau ist eine ansehnliche und wohlgebaute Stadt. Das Hauptgewerbe ist Tuchfabrikation, während in Crimmitschau Zeugdruckerei, Färberei, Spinnerei und Fertigung wollener und halbwollener Waren im Vordergrunde stehen. Rechts von der westlichen Mulde liegen schließlich die Städte Grünhain (Spitzen-, Strumpfwaren- und Blechlöffelfabrikation), Elterlein, ursprünglich Quedlinburg geheißen (Spitzenfabrikation, Blechwaren-Fabrikation, Pappefabriken usw.), Geyer, uralte Bergstadt (Stuhl-, Watte-, Posamenten-Fabrikation, auch Spitzenklöppelei, Zwirnerei, sowie Bergbau auf Zinn, Wismuth, Braunstein und Eisenstein), Zwönitz (Schuhmacherei, Lohgerberei, Fabrikation von [Ξ] emaillierten Blechwaren, Papier, Spitzen usw.), Ehrenfriedersdorf (Posamentiererei, Klöppelei), Thum mit gleichem Gewerbe, Stollberg (Strumpfwirkerei, Weberei, Barchent-, Flanell- und Tuchmacherei) und das „deutsche Manchester“ – Chemnitz! Chemnitz ist die wichtigste Industriestadt im Königreich Sachsen und besitzt etwa 80 Baumwollspinnereien mit ungefähr 460 000 Spindeln. Eine große Eisengießerei und Maschinenfabrik reiht sich an die andere und bedeutende Web- und Wirkwaren-Fabriken bilden ihre Nachbarschaft. Schon von außen charakterisiert sich Chemnitz durch einen hohen Wald von Schornsteinen als Fabrikstadt. Von hoher Bedeutung ist die Strumpf- und Handschuhfabrikation, die durch bald hundert Firmen vertreten ist, die Kartonnagenfabrikation, Färberei, Eisengießerei und Maschinenbau, Ziegelei, Brauerei usw. Ursprünglich eine Niederlassung der Sorben-Wenden, wurde Chemnitz im 10. Jahrhundert von Heinrich dem Städtebauer durch eine Burgwarte befestigt. Schon bei den Sorben wurde die Leineweberei betrieben und die Industrie hat den ersten Anlaß zur Erbauung des Ortes gegeben, die Industrie, der er sein Aufblühen verdankt. Von Chemnitz wenden wir uns an dem Ufer der Zschopau hinunter und passieren Zschopau (Tuchfabrikation, Weberei), Frankenberg (Fabrikation wollener, halbwollener und seidener Webwaren, Appreturanstalten und Färbereien, Kattun-Druckerei – Sachsens größtes Etablissement dieser Branche – Cigarrenfabrikation, Cigarrenformen- und Parkettfabrikation) und Mittweida, bekannt durch sein 1867 gegründetes Technikum. In Mittweida finden wir vornehmlich Baumwollspinnereien, Baumwoll-, Woll- und Leinwebereien, Maschinenbaufabriken, Färbereien und Cigarrenfabriken. Im östlichen Teile des Zwickauer Kreises haben wir den Flecken Olbernhau, die Städte Zöblitz, Lengefeld und Öderan zu besuchen. In Olbernhau werden viel Holz- und Blechspielwaren gefertigt, auch Zündholz-, Cigarren-, Maschinen- und Pulverfabriken unterhalten. Zöblitz hat Bedeutung durch seine Serpentinsteinfabrikate, Lengefeld durch die Anfertigung von Kattunen, Leinwand, Barchent usw., und Öderan durch seine Teppich-, Decken-, Flanell-, Tuch- und Cigarrenfabriken, Juteartikelfabriken und Gerbereien erlangt. Damit haben wir den Kreis Sachsens, in welchem die Industrie ihre meisten und größten Opferstätten findet, durchwandert.

Ein wesentlich anderes Bild bietet sich uns in der Kreishauptmannschaft Dresden dar. Der Elbstrom hat hier eine gewerbliche Thätigkeit hervorgerufen, die anderen Bezirken versagt ist, die Schiffahrt, die längs der Elbe einen Haupt-Erwerbszweig bildet. Von Öderan, wo wir zuletzt Halt machten, erreichen wir auf der über Berg und Thal führenden Chaussee das alte Freiberg. Welche Schätze sind nun schon seit Jahrhunderten aus den Tiefen der Erde hier zu Tage gefördert! Gehört dem Freiberger Revier doch fast die ganze Produktion Sachsens an Silber (jährlich für etwa 4½ Millionen Mark) an. Neben dem Bergbau macht sich Freiberg noch durch seine Fabriken für Leonische und Lederwaren, Maschinen, Dosen, Schrot, Tabak, Superphosphat usw. bemerklich. Südlich von Freiberg treffen wir auf die Städte Frauenstein, Seyda und den Flecken Seifen. Frauenstein treibt hauptsächlich Viehzucht, und die Straße, die von hier nach Dresden führt, wird volkstümlich die „Butterstraße“ genannt. Seifen ist weithin bekannt durch seine hölzernen Spielwaren und andere Holzwaren, Seifener Waren genannt. Aus dem Freiberger Bezirk treten wir in den Meißnischen Kreis und besuchen zuerst das schöne Thal, [Ξ] durch welches die Müglitz der Elbe zueilt. Im Müglitzthale liegen die Städte Lauenstein und Bärenstein mit ihren ehrwürdigen Schloßbauten, Glashütte und Dohna, wo überall die Strohflechterei fleißig betrieben wird. Wenden wir uns aus dem Thale der Müglitz wieder aufwärts und verfolgen den Lauf der Gottleuba, so gelangen wir an dem Städtchen gleichen Namens vorüber nach Berggießhübel (Eisenhämmer). Von der Gottleuba steuern wir dem Thale der roten Weiseritz zu, wo uns die Städte Dippoldiswalde und Rabenau begegnen. Zu Dippoldiswalde finden wir starke Lohgerberei und Töpferei, Schuhmacherei, Rohrflechterei und Strohhutfabrikation, sowie Anfertigung landwirtschaftlicher Maschinen, während Rabenau berühmt ist durch seine Stuhlgestelle und Rohrstühle. Über Tharandt (Forstakademie) kommen wir nach Wilsdruf (Fabriken für Schirmstöcke, Leim, Möbeltischlereien, Gerbereien, Stricknadelfabriken) und, Nossen (Schuhmacherei und Gerberei) seitlich liegen lassend, nach Lommatzsch (die fruchtbare „Lommatzscher Pflege“ oder „Meißens große Korntenne“) und Riesa. In Riesa blüht der Elbhandel. Die Schiffahrt ist namentlich für den Handel mit Guano, Holz, Schiefer, Roheisen, Kohlen und Getreide sehr bedeutend. Auch ist Riesa Stapelplatz von Petroleum, Heringen und anderen Massenartikeln. Unter den Fabriketablissements sind hervorzuheben eine Dampfschneidemühle, eine Ölfabrik, das Einsiedelsche Eisenwerk (Aktiengesellschaft), eine Dampf-Marmor-Schleiferei, Wagenfabriken, Stuhlfabriken usw. Von Riesa fahren wir die Elbe auf einem der eleganten Dampfer stromaufwärts nach der alten Bischofstadt Meißen mit ihrer herrlichen Albrechtsburg und dem ehrwürdigen, gotischen Dome. Auf der Albrechtsburg erfand Böttger das Porzellan und die Königl. Porzellanfabrik, welche jetzt in einem stattlichen Bau im Triebischthal untergebracht ist, erfreut sich seit langer Zeit eines unerschütterlichen Weltrufes. Die Porzellanmanufaktur beschäftigt an 800 Arbeiter und bevorzugt in ihren künstlerisch vollendeten Erzeugnissen den Rokokostil. Im Anschlusse an sie hat sich Meißen zu einem Sitz des keramischen Kunst-Gewerbes ausgebildet. Außerdem besitzt es Eisengießereien und Maschinenfabriken, die größte Jutespinnerei und Weberei Sachsens, Zünderfabriken, Tabaksfabriken, Essigfabriken, Fabriken von Nähmaschinen, Telegraphenapparaten usw. Hinter Meißen ragen dann bald die Türme der Landeshauptstadt Dresden empor. Zwischen Rebengeländen gleitet das Schiff dahin und der Weinhandel spielt in den Elbstädten keine geringe Rolle. Was Dresden an Naturschönheiten, an Bauwerken und Denkmälern, an Sammlungen für Kunst und Wissenschaft bietet, welche Rolle es in der Geschichte unseres Volkes gespielt hat, ist zu bekannt, um hier noch einmal darauf zurückzukommen. Zu den wichtigsten Zweigen seiner gewerblichen Thätigkeit gehören: Gold- und Silberarbeiten, Drechslerwaren, Musikinstrumente, mathematische und physikalische Instrumente, Nähmaschinen, landwirtschaftliche Maschinen, Feuerspritzen, Geldschränke, Neusilber- und Chinasilberwaren, echtes Blattgold und Blattsilber, Thonwaren, Strohwaren, Papiertapeten, Malertuch, künstliche Blumen, Schokolade, Eisenguß usw. Hoher Blüte erfreut sich auch die Handelsgärtnerei sowie die Photographie. Auch das schöne Elbflorenz verlassen wir auf dem Dampfer und nähern uns der „sächsischen Schweiz“, deren Ortschaften sich in der Hauptsache mit dem Brechen von Sandstein befassen. Hervorragende, industrielle Orte sind Pirna und Königstein. Pirna, der Schlüssel zur sächsischen Schweiz, dessen Schloß Sonnenstein einst eine wichtige Festung war, jetzt aber als Landesirrenanstalt eingerichtet worden [Ξ] ist, betreibt Schiffahrt, Schiffsbau, Gerberei, Fabrikation von Sprit, ätherischen Ölen, Essenzen, emaillierten Blechgeschirren, Cigarren, Töpferwaren, Hüten, Malz, Tafelglas usw., während in Königstein, am Fuße der einzigen Festung Sachsens, namhafte Dampfsägemühlen, Papier-, Cellulose-, Spiegelrahmen-, Holzstoff-, Knopf- und Maschinenfabriken unterhalten werden. Auf der anderen Seite der Elbe sind Schandau (Badeort), Sebnitz (Leinweberei, Blumen-, Papier-, Lampen- und mechanische Webfabriken), Neustadt (Töpferei und Weberei), Stolpen, das Gefängnis der schönen Gräfin Cosel (Messerfabrikation), Radeberg (Anfertigung seidener Bänder), Radeburg und Großenhain hervorzuheben. In Großenhain ist die Fabrikindustrie zu Hause, die sich hier besonders auf Wollspinnerei, Tuch- und Buckskin-Fabrikation erstreckt. Außerdem bestehen Fabrikation von Strickgarn, Blechspulen, Strumpf-Waren, Cigarren, Maschinen, Ledertuch, Wachstuch, Kupferwaren und Filzdruckereien. In Großenhain wurde 1743 das Sächsische oder Hainer Grün und der blaue Karmin oder das sächsische Blau durch den Advokaten J. Chr. Barth erfunden.

An den Dresdner Kreis schließt sich zuletzt die Kreishauptmannschaft Bautzen, der Kreis Budissin an. Die Hauptstadt ist Bautzen, eine alte, wendische Stadt mit stark besuchten, wöchentlichen Getreide- und Produktenmärkten, sowie einem jährlichen, ansehnlichen Wollmarkt. Die industrielle Thätigkeit der Bevölkerung liefert hauptsächlich Tuche, Strumpf- und Lederwaren. An größeren Etablissements befinden sich in Stadt und Umgegend Papierfabriken, Maschinenfabriken, Tuchfabriken, Pulver-Mühlen, ein Kupferhammer, eine Flachsspinnerei usw. Bautzen liegt inmitten des Kreises. Oberhalb sind die Städte Bischofswerda, Pulsnitz, Elstra, Kamenz und Königsbrück hervorragend. In Bischofswerda, eine der glücklichen Städte, die ohne Gemeindeabgaben sind, blüht die Tuchmanufaktur. Außerdem finden wir Maschinen-Fabriken, Eisengießereien, Töpfereien, Fabrikation von Glas, Cigarren usw. Pulsnitz hat sich durch seine Töpferwaren, Band- und Leinwandmanufaktur, vor allem aber durch seine Pfefferkuchenwaren einen Namen gemacht. Auch in Elstra finden wir flotte Töpferei, namentlich Herstellung von Drainröhren. Die Industrie von Kamenz erstreckt sich hauptsächlich auf Tuch- und Thonwarenfabrikation. Die ausgedehnten Granitbrüche liefern ein treffliches Baumaterial, das selbst nach Berlin und Hamburg versandt wird. Die Töpferei bildet schließlich auch in Königsbrück einen Hauptnahrungszweig. Wenden wir uns sodann nach dem südlichen Teile des Kreises, so erreichen wir Löbau, das ziemlich in der Mitte zwischen Bautzen, Zittau und Görlitz an einem Basaltberge liegt. Löbau beschäftigt sich hauptsächlich mit Rotgarnfärberei, Zucker-, Pianoforte-, Knopffabrikation und betreibt einen schwunghaften Handel mit Getreide, Garnen, Leinwand und Strumpfartikeln. In Löbau ist man zwei Stunden entfernt von Herrnhut, dem Hauptsitz der vom Grafen Zinzendorf gegründeten Herrnhuter Brüdergemeinde. Die Bewohner befassen sich hauptsächlich mit der Herstellung von Leinwand, Cigarren und erfreuen sich um ihrer feinen, soliden Arbeit willen eines guten Rufes. Von Herrnhut führt uns die Straße nach Zittau, dem bedeutsamsten Orte der Oberlausitz, umfangreich, schön und wohlhabend. Handel und Industrie bilden die vorzüglichsten Nahrungsquellen der Einwohner. Handels-Artikel sind: leinene und baumwollene Hosenzeuge, Leinwand, Damast, Orleans, Kleiderstoffe und Posamentierwaren, welche sämtlich in den Fabriken der Stadt und von den Webern der umliegenden Dörfer gefertigt werden. Von Bedeutung ist der [Ξ] Transithandel mit Garnen und Kolonialwaren nach dem angrenzenden Böhmen. Zu den Vorstädten und den nächsten Umgebungen der Stadt bestehen Mühlen aller Art, Eisengießereien, Maschinenbauanstalten, Ziegeleien und Töpfereien. Der Stadt-Gemeinde gehören nicht weniger als 37 Dörfer an, darunter Ebersbach, Seifhennersdorf, Großschönau, Eibau, die alle meist von Weberei leben. Von Zittau gelangen wir auf einer Seite nach Neusalza (Leinweberei) und Schirgiswalde (Holzschleiferei, Strumpfwirkerei und Fabrikation von Buntpapier), auf der anderen Seite nach Ostritz und Bernstadt. Ostritz zeichnet sich durch Orleansfabrikation, Jutespinnerei und Kürschnerei, Bernstadt durch landwirtschaftlichen Betrieb aus. Hart an der preußischen Grenze liegt schließlich noch die Stadt Weißenberg (Weberei), mit der wir unsere vaterländische Städteschau beschließen können.

Mannigfaltig sind die Naturschönheiten des Sachsenlandes, noch mannigfaltiger das, was die Hände seiner arbeitsamen Bürger zu Ehre und Ruhm des Landes und seines erlauchten Herrschers hervorbringen. Möge dies auch in Zukunft so sein! Dann wird der Dichter des Liedes immer recht behalten, der da gesungen hat:

Wie heißt das Volk im Deutschen Reich?
’s ist nicht zu arm und nicht zu reich,
’s ist nicht zu groß und nicht zu klein;
Doch soll ein glücklich Volk es sein.

Wohl über tausend Jahre alt
Sein Nam’ in der Geschichte hallt;
Er leuchtet hell, er leuchtet rein,
Als guter, deutscher Edelstein.

An Wissenschaft und Kunst so reich,
Ist es an Fleiß der Biene gleich;
Denn was es schafft mit seiner Hand,
Geht weit hin über Meer und Land.

Wohl mancher, mancher tiefe Schmerz
Schlug dieses treuen Volkes Herz,
Doch immer wieder es gedieh,
Weil Gott es hat verlassen nie.

Mir aber wird so wohl, so frei,
Denn fragst Du mich: Welch’ Volk es sei?
Da ruf’ ich: Alles trifft ja ein,
Das kann mein Sachsenvolk nur sein!

Hermann Pilz.