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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1889
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[149]

No. 10.   1889.
      Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt. — Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig oder jährlich in 14 Heften à 50 Pf. oder 28 Halbheften à 25 Pf.


 

Lore von Tollen.

Nachdruck verboten.
Alle Rechte vorbehalten.
(Fortsetzung.) Roman von W. Heimburg.


Doktor Schönberg rüstete sich zum Ausgehen, und dann ließ er doch die Hand sinken, die er nach dem Hute ausgestreckt hatte, um an den Stammtisch zu gehen, zum Abendschoppen, um die Gedanken zu bannen. Er dachte an den Wagen der gestern abend an ihm vorüberfuhr im Stadtthor; beim Schein der Laterne hatte er in dem Coupé Lore erkannt; sie kehrte vom Trauerhause heim zu ihrem Gatten.

Siedend schoß ihm das Blut zum Kopfe, er war seiner nicht mächtig vor Zorn und Weh und er hielt die Fäuste an die Schläfen und fragte sich, ob er es ertragen werde, das Leben, wie es jetzt vor ihm lag; ob es nicht besser sei, er mache ein Ende.

Hätte ich die alte Mutter nicht – flüsterte er. – Warum sich so ein Mädel nicht lieber ins Wasser stürzt als in die Arme dieses plumpen Gesellen? Und Lore – seine stolze Lore! – –

Eben wurde vorsichtig die braungebeizte niedrige Thür geöffnet. „Ernst?“ fragte die alte Frau. „die kleine Tollen ist schon wieder unten; sie bringt das Buch zurück, das Du ihr geliehen. Ich wollte es Dir nur sagen, weil Du gestern so böse wurdest, als Du hereinkamst und nicht benachrichtigt warst von ihrer Anwesenheit.“

„Laß sie doch,“ antwortete er, „sie meint es gut,“ und sein Blick flog nach einer kleinen Porzellanvase, in der ein welkes Sträußchen steckte; das hatte auf seinem Katheder gelegen, als er andern Tages, nachdem er von M. zurückgekehrt, in die Selecta der Mädchenschule trat, um die Litteraturstunde zu halten. In der Hausthür war er beim Schluß des Unterrichts mit Käthe von Tollen zusammengetroffen; sie stand da, als habe sie auf ihn gewartet; mechanisch hatte er den Hut gezogen, um an ihr vorüber zu gehen, und erst, als sie eine bittende Bewegung mit den gefalteten Händen machte, war er stehen geblieben. „Was wünschen Sie, Fräulein von Tollen?“

„Seien Sie mir nicht böse – ich kann ja nichts dafür,“ hatte sie gebeten mit thränenerstickter Stimme.

Dann war sie neben ihm hingeschritten, völlig stumm, über den Schulhof bis auf die Straße. Er erinnerte sich wenigstens nicht, daß sie noch irgend etwas gesagt hätte, nur die in Thränen schimmernden Mädchenaugen glaubte er noch zu sehen. Er hatte nie gewußt, daß Käthe von Tollen so sprechende schwarze Augen besitze.

Einige Tage später traf er Käthe im Zimmer seiner Mutter; sie hatte ihre Ausarbeitung gebracht, die sie vergessen in der Klasse abzugeben. Das junge Mädchen saß der Frau Pastorin gegenüber und hielt ihr Garn zum Wickeln. Er hatte sie


„Es schläft nur!“
Marmorgruppe von Alexander Tondeur.

[150] artig gegrüßt und war dann in sein Zimmer gegangen. Was hatte er noch zu schaffen mit den Tollens?

Sie war dann öfter zu der Mutter gekommen, deren Groll allmählich schmolz vor der Zuthulichkeit des Mädchens.

„Es ist doch was dran an der,“ uteinte sie, „die trägt die ganze Reue mit für ihre Schwester und möcht’s gutmachen; ’s ist all eins, das kann keiner, da muß erst viel Wasser vom Berge hinunter fließen, mein armer Junge; – aber sie hat doch den Willen.“

„Laß sie doch, sie meint es gut,“ hatte er ebenfalls gesprochen, und die alte Frau war es zufrieden und ging wieder hinunter in ihr Wohnstübchen.

Käthe saß heute an dem wachstuchüberzogenen Sofatisch, auf den ein großer Haufe Linsen geschüttet war, und las eifrig die schlechten heraus mit den schlanken weißen Fingern. Nun wandte sie den Kopf und ein Zug von Enttäuschung glitt über ihr Gesicht, als die alte Frau Pastorin allein eintrat und, sich aufs Sofa setzend, dieselbe Beschäftigung aufnahm. An der Stubenwand schwang sich der Pendel der schwarzwälder Uhr, in dem wunderlichen pyramidenförmigen Kachelofen glühte der Torf und leise zischten die Borsdorfer Aepfel in der Röhre, durch die Doppelfenster klang gedämpft das Abendläuten von St. Marien; dieselbe Glocke schwang da noch ihren Klöppel über der alten Stadt, die vor fünfhundert Jahren schon die Bürger gemahnt. „Feierabend! Feierabend! Laßt die Arbeit ruhen!“

„Es ist so hübsch hier,“ sagte Käthe plötzlich, „und bei uns ist es so leer, so öde, ich habe es nicht ausgehalten, ich bin zu Ihnen gelaufen – sind Sie böse?“ Sie war aufgesprungen und vor der alten Frau niedergekniet.

„Stehn Sie man auf, so wat mag ik nich liden,“ antwortete die Frau Pastorin, der „neumodische Exaltation“ gar nicht paßte. „Vor mir braucht kein Mensch zu knieen. – Wieso ist’s denn ‚öde‘ bei Ihnen? Sie haben Ihr oll Mutter ja doch, und die wird Sie jetzt so nöthig brauchen wie nie.“

„Mama ist bei Lore,“ antwortete Käthe leise, indem sie sich erhob und nach dem Fenster zu wies, „und Rudolf ist abgereist, ich habe mich gefürchtet mit dem dummen Dienstmädchen so allein –“

In diesem Augenblick öffnete sich die Thür und der Doktor trat ein. Käthe ward purpurroth, und dieses Erglühen machte ihr unregelmäßiges Gesichtchen mit den großen mandelförmigen Augen unbeschreiblich anziehend. Er blickte sie auch groß an, wie erstaunt. Sie erschien so mädchenhaft reizend in dem langen schwarzen Trauerkleide und der Schürze, die ihr seine Mutter geliehen, weil sie durchaus helfen wollte.

Er grüßte sie stumm, setzte sich an die freie Seite des Tisches und begann, wie in Gedanken, mit den Körnern zu spielen.

„Aschenbrödel?“ fragte er dann, mit einem Versuch zu scherzen, als Käthe ihre Arbeit wieder aufnahm.

„Ich mag das gern thun,“ erwiderte sie.

Er lächelte ein wenig. „Seit wann denn?“

Draußen klingelte es jetzt und über den Flur kam ein schlürfender Tritt. „Das ist die Krügern,“ erklärte die Mutter, und gleich darauf klopfte es und die Freundin der Frau Pastorin trat ein.

„Nun, laßt mich man erst verpusten!“ rief die kleine dicke Dame, die in Tuchmantel und Pelzkappe vermummt war. „Guten Abend, Pasterchen! Wie geht’s denn? Ist das ein Weg! So ein Glatteis habe ich doch noch nicht erlebt! Geh’ nur nicht hinaus, Du brichst Dir Arm und Beine. – Grundgütiger, das ist ja die kleine Tollen! Wie geht’s denn der jungen Frau Becker? Ist’s wahr, daß sie so krank geworden ist?“

Käthe nickte stumm und sah erschreckt zu dem Doktor hinüber; es war das erste Mal, daß Lores Name hier in ihrer Gegenwart genannt wurde. Aber der machte sich am Ofen zu schaffen, er hatte es wohl nicht gehört.

„Und der junge Ehemann hat so rasch abreisen müssen?“ fuhr Frau Krüger fort. „Nein, Kind – aber so eine Hochzeit! Das ist ja ein schreckliches Schicksal! Nun, reden Sie doch, was fehlt ihr denn eigentlich?“

„Sie hat sich erkältet,“ erwiderte Käthe kurz und band die Schürze ab. „Ich will jetzt gehen,“ fügte sie hinzu

Der Doktor hatte seinen Hut vom Stuhle genommen; er pflegte immer auszureißen, wenn seine Mutter derartigen Besuch bekam. „Wir gehen ein Stück des Weges miteinander,“ sagte er zu dem jungen Mädchen, das sich rasch verabschiedete.

Sie traten zusammen ins Freie, ein scharfer Nordost wehte und feiner Sprühregen, vermengt mit einzelnen Eiskrystallen, traf empfindlich die Haut. Der Schein, welchen die Lampe aus des Doktors Giebelfenster warf, spiegelte sich auf dem übereisten Pfade, den man durch den zusammengeschmolzenen Schnee geschaufelt hatte.

Er that ein paar Schritte voraus; dann sagte er, sich umwendend: „Sie können nicht allein gehen, es ist in der That sehr glatt. Geben Sie mir Ihren Arm, ich begleite Sie heim.“

„Ich will nicht nach Hause,“ erwiderte sie zögernd, indem sie trippelnd zu ihm herüber kam. „Mama würde es übelnehmen, wollte ich mich nicht nach Lore erkundigen, und – ich fürchte mich auch daheim. Danke, der Weg ist ja kurz, ich gehe allein.“

Sie war jetzt neben ihm, aber die Stiefelchen mit den hohen Hacken erlaubten kein sicheres Auftreten, sie mußte sich doch an seinem Arm halten.

„Ich werde Sie hinüber begleiten,“ sagte er, „bis zum Parkthor wenigstens.“

Sie ging jetzt ganz sicher an seinem Arm, obgleich ihr fast schwindelte. Es war keine lange Strecke; sie sah das Ziel, das geöffnete Parkthor, schon nahe vor Augen. „Gute Nacht!“ sagte sie zögernd, „ich will nicht, daß Sie mit hereinkommen – es thut mir so leid, daß es so ist, aber Lore – –“

Er blieb stehen. „Sprechen Sie nicht darüber,“ sagte er rauh, „es ist abgethan –. Aber ich sehe, Sie können nicht gut allein gehen,“ fügte er hinzu, als sie erschreckt schwieg, „ich werde Sie bis zur Hausthür begleiten.“

Es war das erste Mal, daß er auf Beckerschem Grund und Boden dahinschritt. Der Fahrweg zog sich in weitem Bogen um den verschneiten Rasenplatz; vornehm schaute es aus matt erhellten Fenstern in den schweigenden Winterabend hinaus.

„Ich wollte Ihnen ja nicht wehthun,“ sagte Käthe jetzt weinerlich.

„Ich bin überzeugt davon,“ entgegnete er. Und als er sah, wie sie das Taschentuch an die Augen führte, that sie ihm leid. „Weinen Sie nicht, Käthe!“ bat er und drückte ihr die schmale Hand. „Ich weiß, Sie nehmen theil an meinem Geschick. Sie und meine Mutter sind ja die einzigen, die es in seiner ganzen Schwere kennen, Sie sind ein guter kleiner Kamerad, ich bin Ihnen dankbar dafür.“

Sie standen da in dem eisig kalten Winde, neben ihnen stieg pyramidengleich ein Taxus empor, auf welchem der Schnee nur noch in einzelnen weißen Flocken lag, droben am Himmel jagten die Wolken, und ab und zu erschien der Mond, um gleich wieder zu verschwinden. Käthe hatte ihre Hand aus dem Arm des jungen Mannes gezogen und preßte das Tuch vor die Augen, während sie schluchzte, daß ihre ganze schlanke Gestalt erbebte.

„Und es ist alles so schrecklich und so schwer,“ stieß sie hervor. „Papa ist todt, und Mama hat soviel Sorgen. Und ausziehen müssen wir, und wenn ich mein Examen gemacht habe, dann gehe ich unter fremde Menschen und –“

Sie sprach nicht weiter, sie hörte auf zu weinen und nahm das Tuch vom Gesichte, indem sie an ihm vorüber sah mit den schimmernden großen Augen, so ergeben und müde, daß es zum Erbarmen war.

Er wußte nicht, was er antworten sollte. Erst, als sie aufs neue zu schluchzen begann, flüsterte er, während er die Schritte weiter lenkte. „Aber Sie haben ja reiche Verwandte, Fräulein Käthe, Sie haben Brüder, die –“

„Brüder?“ unterbrach sie ihn bitter.

„Und Ihre Schwester – Sie hatten sich doch so innig lieb.“

„Nicht einen Pfennig nehme ich von ihr!“ rief das junge Mädchen und warf stolz den Kopf in den Nacken, „nicht einen Pfennig! Ich kann ihn nicht leiden – ich –“ sie ballte die Hände zusammen.

„O – weshalb?“

„Ich weiß es nicht,“ sagte sie und mit einer unbeschreiblich vornehmen Handbewegung setzte sie hinzu. „Gefühlssache! – Gute Nacht, Herr Doktor!“

„Gute Nacht!“ erwiderte er. Er stand noch ein Weilchen und sah ihr nach, wie sie die glasüberdeckte Auffahrt hinaufschritt und auf den Knopf der elektrischen Klingel drückte. Sie hatte etwas Bestimmtes, Stolzes in ihren Bewegungen, das flackernde Licht des Kandelabers streifte ihre schlanke Gestalt in dem kurzen ausgewachsenen Jäckchen und dem langen neuen Trauerkleide. Sie mußte größer sein als Lore, es fiel ihm erst heute auf.

[151] Er ging erst, als das letzte Zipfelchen des langen Kreppschleiers, mit dem der Wind spielte, in der geöffneten Hausthür verschwunden war. Ein wunderliches Gefühl hatte sich seiner bemächtigt. Was war aus diesem Kinde geworden! Wie wenig glich sie doch Lore, der demüthigen, echt weiblichen, reizenden, ach, und so charakterlosen Schwester!

Er lachte bitter vor sich hin. Lore hatte sich bei guter Zeit aus dem Elend geflüchtet in eine wohldurchwärmte sichere Behaglichkeit. Und sie war krank jetzt? Schwache Seelen unterliegen auch körperlich leichter – vielleicht hat sie doch am Sarge des Vaters die Reue erfaßt? Er mochte wunderlich gewesen sein, der alte Herr, einen Ehrenmann vom Scheitel bis zur Zehe hatte man doch in ihm begraben.

Nun, was ging es ihn an? Ihn, mit seinen achthundert Thalern Gehalt und seinem Fachwerkhäuschen, in dem die alten Ausstattungsmöbel der Eltern standen? – Lores schöne Gestalt hätte nicht hineingepaßt in diesen Rahmen, sie hatte das wohl selbst noch zeitig genug entdeckt. –

So rasch es die Glätte erlaubte, schritt er dahin und ein paarmal strich er sich über die Stirn. „Was geht es mich an?“ murmelte er, „ich kann nicht helfen!“ Er sah immer und immer Käthes großes Auge, wie es schmerzverloren an ihm vorüberschaute in eine farblose düstere Zukunft. Einige Minuten später trat er in die warme rauchgefüllte Gaststube und setzte sich zu den Herren, die am runden Mitteltisch ihren Abendschoppen tranken.

Der Sanitätsrath sagte gerade. Das ist mir noch nicht vorgekommen – gestern eine Temperatur von vierzig Grad und heute nachmittag ganz gesund und fieberfrei! Das sind diese weichen, beweglichen Frauenkonstitutionen, bei jedem Schreck, bei jeder Aufregung – Fieber, und in der Zeit von ein paar Stunden wieder obenauf wie das Fähnchen auf dem Thurme.“

„Es ist ihr aber auch arg mitgespielt worden, der kleinen Frau,“ lachte der Bürgermeister, „wenn der Ehemann von drei Tagen plötzlich nach Amerika muß.“

„Was will er denn in New-York?“ fragte ein dritter, „aus dem Geschäfte ist er, denke ich, heraus?“

„Man sagt so – wer weiß es denn? Sein Vermögen hat er drüben angelegt, meistens in Eisenbahnpapieren; auch Ländereien besitzt er,“ bemerkte der Bürgermeister.

„Was hatte er denn eigentlich für eine Branche?“

„Eisenbahnschienen!“ rief der Baumeister X.

„Gott behüte!“ verbesserte der Rathmann B., „er machte Shoddy!“

„Ich denke, er hatte eine Haarölfabrik: „Keine Kahlköpfigkeit mehr, nie dagewesener Erfolg!“ lachte der Apotheker.

„Er hatte ein Speditionsgeschäft,“ entschied der Bürgermeister, „ich denke es genau zu wissen.“

Ein junger Arzt, der sich erst vor kurzem in Westenberg niedergelassen, fragte, ob es wahr sei, daß Frau Elfriede Becker ein Stadtkind von Westenberg.

Der alte Bürgermeister lächelte. „Ja, ja, es stimmt. ihre Rosenzeit hat Frau Elfriede hier verlebt. Sie stammt aus den ‚Drei silbernen Hechten‘ und kredenzte den Kunden ihres Papas das Braunbier höchst eigenhändig.“

„Was?“ riefen ein paar Herren, „aus der Fuhrmannskneipe?“

Das Gesicht des Stadtoberhauptes lächelte verschmitzt. „Bildhübsch war sie, sag ich Euch, und hinter den Ohren hat sie es gehabt – so dick –“ er ballte die Faust – „und nebenbei einen Zug nach oben. Sie hätte so gern –“. er sah sich nach allen Seiten um – „den Landrath selber, damals war er noch Assessor, eingefangen. Der fidele Bruder hat sie denn auch gründlich an der Nase herumgeführt, bis er eines Tages an ihrem Fenster vorüberging, ohne sie zu grüßen, alldieweil er sich Tags zuvor mit Isabelle, Gräfin auf und zu Prebbenau, verlobt hatte. Da erhörte die schöne Elfriede in Wuth und Zorn noch am nämlichen Abend Herrn Johann Becker, denselben jungen Mann, der unter dem unmittelbaren Scepter des Herrn Assessors Akten schrieb und sie, die schöne Elfriede, schon längst im Herzen trug. Aber hier bleiben wollte sie nicht, man kann es ihr ja auch nicht verdenken, wenn man – so zu sagen aus dem Gerichtssaale in die Kanzlei hinunterfällt. Und da auch Herr Becker ein unzufriedenes Gemüthe war, so gondelten sie mit einander nach Amerika.“

Doktor Schönberg bestellte sich Bier und nahm die Zeitung vor. Was kümmerten ihn diese Sachen! – Er las den Leitartikel und schreckte erst infolge eines schallenden Gelächters der Herren empor. Der lustige Bürgermeister hatte gerade erzählt, wie der Herr Landrath vor kurzem seine alte Flamme am Klubabend zu Tische führen mußte, und wie herablassend Frau Elfriede sich die kleine spindeldürre Landräthin mit ihrem ewigen grünseidenen Kleide und dem vergrämten Gesicht betrachtet habe. „Ich wette, das war die Krone, das Tüpfelchen auf dem I von Frau Elfriedens Ehrgeiz, wenn es ihr nicht noch drüber geht, daß sie jetzt sagen kann: ‚Meine Schwiegertochter, die Geborne von Tollen,‘“ schloß er.

Doktor Schönberg trank sein Glas aus, bezahlte und ging. Er flüchtete wieder in sein einsames Zimmer; er war nicht imstande, dergleichen anzuhören.




Es war richtig, Lores Befinden hatte sich plötzlich gebessert. Mochte es ihre große Willenskraft sein, die das Fieber bannte, oder hatte wirklich nur die entsetzliche Aufregung sie in den Zustand versetzt – sie wachte nach einem kurzen Schlaf auf mit klarem Bewußtsein und schlief abermals ein. Frau von Tollen konnte am andern Mittag beruhigt nach Hause zurückkehren, und Lore saß in ihrem Boudoir und schaute in die Kaminflammen.

Freilich, sie war merkwürdig blaß und still; sie hatte keine einzige Antwort auf die theilnehmenden Fragen der besorgten Schwiegermutter, die in rauschender schwarzer Seide, mit Jetschmuck beladen und Spitzenbarben auf dem gefärbten braunen Haar, bei ihr erschien, nachdem vorher die Zofe angefragt hatte, ob der gnädigen Frau der Besuch der Frau „Mama“ erwünscht sei.

Ein leises Ja! und Nein! war alles, was Lore sprach. Aber die redselige Mama merkte das kaum. Sie erzählte gerührt von den vorzüglichen Eigenschaften ihres Adalbert, und welch große Verehrung er in der vornehmen Gesellschaft genossen. In New-York hatte sich ungefähr die ganze vornehme Welt der „fifth Avenue“ nach der Ehre gesehnt, ihn in ihre Familie aufzunehmen; aber er war ein so guter Sohn, er liebte seine Mutter so innig! „Eine Deutsche soll es sein,“ hatte er gesagt, wie seine Mutter; und da das Glück und die Sehnsucht dieser Mutter darin bestand, in Deutschland ihr Leben zu beschließen, so war er mit herüber gekommen. „Und nun hat er ja auch sein Glück hier gefunden. – Ach, Deutschland! Man fühlt doch erst recht, was es heißt, ein Vaterland zu haben, wenn man in der Fremde war. Du kannst es glauben, Kind, nie wäre Adalbert imstande gewesen, eine Amerikanerin zu lieben.“

Lore hatte während dieses Ergusses aus einem kleinen Beutel ein Häkelzeug genommen und begann zu arbeiten.

„Um Gottes willen, das darfst Du nicht! Es macht so nervös!“ schrie Frau Elfriede und riß der Erstaunten die Arbeit aus den Händen. „Für was denn? Laß doch andere häkeln; Adalbert würde außer sich sein, wollte ich’s dulden!“

Sie legte die Arbeit auf ein Zierschränkchen neben die reizende Kopie des „Nil“ aus dem Vatikan, die dort auf einem mit dunkelblauem Sammet bezogenen Sockel stand. „Der Berliner Dekorateur hat aber wirklich wunderbare Ideen gehabt,“ schrillte jetzt ihre Stimme wieder, „wie kann er nur diese Gruppe in das Boudoir einer Lady stellen! Wie, Lore? Das soll doch der Menschenfresser sein! – Diese armen kleinen Puttchen, die da so ahnungslos auf ihm herumkrabbeln – wirklich, man bekommt Herzklopfen, und dabei sieht das Monstrum so harmlos aus. Oh! Oh! It is tasteless, my darling – so etwas in Marmor zu verewigen!“

Die Augen der jungen Frau wurden einen Moment groß vor Staunen, und ein flüchtiges Zucken erschien um ihre Mundwinkel, dann senkte sie den Kopf. – Das war die Frau, in deren Gesellschaft sie leben sollte!

„Ich denke, wir speisen zusammen, bis Adalbert wiederkommt, liebes Kind,“ fuhr Frau Becker fort und betrachtete mit der Lorgnette das Oelbild über der Chaiselongue, „Du brauchst dann keine besondere Wirthschaft zu führen, und Sonntags können Deine Verwandten ja bei mir essen, Deine Mutter und die Kleine und Tante. Sie werden doch nicht gerade für täglich so sehr kräftig – so –“ Sie räusperte sich und betrachtete Lores alten Schreibtisch, der in die tiefe Fensternische gestellt war und auf seiner Platte alle die einfachen Sächelchen trug, die sie mitgebracht hatte aus ihrer kleinen Mansardenstube daheim. „Dear me, wie drollig, wie naiv,“ rief sie, „diese Mädchensachen! Ich hatte zu Anfang meiner Ehe auch noch immer derartige Souvenirs aus meiner Jugendzeit, aber man gewöhnt sich Sentimentalitäten so schrecklich leicht in Amerika ab. – Wirklich, allerliebste Nicknacks, [152] und wie komisch diese Schreibmappe! Hatte Dir Adalbert nicht eine aus Juchten geschenkt, darling? – Nicht? So werde ich es thun.“

Lore saß ganz still. Sie hatte keinen andern Wunsch als allein zu sein, aber das ward ihr noch lange nicht zu theil. Auch Tante Melitta erschien. Und als Lore den Wunsch aussprach, frische Luft zu schöpfen, da fuhr der Wagen vor und Frau Becker sank neben ihrer Schwiegertochter in die Atlaspolster und breitete die pelzgefütterte Decke über sich und sie aus.

Und Lore wäre so gern mit den alten derben Lederstiefelchen, die sie zu Hause im Wandschrank wußte, gelaufen und gelaufen, die einsamsten Wege, nur müde werden, allein sein – nur einmal ihn treffen und ihn bitten können, daß er sie nicht verachte, daß er Mitleid haben möge mit einer Geopferten.

Das war der einzige Gedanke, den die junge Frau jetzt noch hatte.

Als sie den Abend im Schnee des elterlichen Gartens umherlief, war in ihrem armen kranken Herzen der verzweifelte Vorsatz aufgetaucht, zu sterben; und dann hatte sie gemeint, sie müsse erst seine Verzeihung haben. Sie hatte ja Zeit, und wenn sie dieses Leben erst verließ am Tage vor der Rückkehr ihres Mannes, so war es früh genug. Erst mußte sie ihn noch sprechen, das gab ihr Kraft, das machte sie erfinderisch und stählte ihre Energie.

Sie ward erst nach und nach inne, daß man sie bewachte, daß jede ihrer Handlungen beobachtet wurde. Es war so merkwürdig, sie konnte keinen Schritt aus dem Hause gehen, ohne daß die Schwiegermama nicht auch zufällig denselben Weg nehmen wollte. Die unvermeidliche Dame begleitete sie zu ihrer Mutter, sie ging sogar in den Anlagen an klaren Wintertagen spazieren, als Lore das Fahren ablehnte, und pustete lächelnd mit lokomotivenartiger Majestät in ihrem mit kostbarem Pelz besetzten Sammetmantel und mit den Diamantohrringen, in welchen die Sonne funkelte, neben der schwarzen schlanken Gestalt her.

Anfänglich hatte Lore es so hingenommen, dann gingen ihr die Augen auf: ihr Mann hatte die Mutter beauftragt, sie zu überwachen!

Sie machte ein paar Probeversuche, in der Dämmerung verstohlen das Haus zu verlassen – vergeblich. Das eine Mal trat ihr die Jungfer auf der Treppe entgegen und erhob ein gewaltiges Lamento, daß die gnädige Frau im Dunkeln allein ausgehen wolle, das zweite Mal fand sie die vordere Gitterpforte verschlossen und als sie sich eben an den Gärtner wenden wollte, der hier am Ausgang sein Haus hatte, und dessen Frau es oblag, die Thür abends nach zehn Uhr zu schließen, kam Frau Elfriede in eilig übergeworfenem Pelz und Kapuze den Gartenweg entlang getründelt und war des Todes verwundert, ihren Liebling hier zu treffen. Sie wolle gewiß zur lieben Mama, und Frau Becker hatte just den nämlichen Gedanken, und warum sie’s nicht gesagt, Pferde und Wagen wären doch da? „Ach, und hier ist wohl zugeschlossen? Richtig – so weißt Du, Herzchen, ich gab den Befehl. – Bei der früh einbrechenden Dunkelheit und so ohne Herrn im Hause – bin ich – so ängstlich.“

Lore wandte sich stillschweigend um und schritt dem Hause zu.

„Willst Du denn nicht mit?“ schrillte es hinter ihr her.

„Nein,“ antwortete sie gelassen, „ich habe mit Mama allein zu reden.“

Sie verstand nicht, was man ihr nachrief. Sie saß oben in ihrem kleinen Zimmer und hatte die Hände geballt und funkelnde Zornesthränen in den Augen. Sie war thatsächlich zu einer Gefangenen gemacht worden. Eine ohnmächtige Wuth ergriff sie; sie hatte das Gefühl nie gekannt, sie erschrak vor sich selber. Und nun kam Frau Elfriede herauf, mit dem zuckersüßen Lächeln und ihrer gellenden Stimme.

„Ich habe den Wagen geschickt, daß er Deine Mutter hole; mein armes Mäuschen soll seinen Willen bekommen. Ich finde es ja so natürlich, daß Du mit Mutterchen so mancherlei zu besprechen hast. Wollt Ihr hier oben allein speisen? Gott behüte mich, daß ich störe. Du wirst doch so etwas von mir nicht denken! Macht es Euch recht behaglich. – Ich lese heute abend noch den Schluß des interessanten Romanes aus, weißt Du, wo der Graf seine Frau vergiften läßt durch poudre de riz; denke, diese Idee! Daß es so etwas giebt! – Aber mein Goldtöchterchen sagt mir doch ‚gute Nacht‘? – Auf Wiedersehen!“

Und sie küßte die junge Frau, ohne bemerken zu wollen, daß diese unartig hastig das Gesicht abwandte, und verließ das Zimmer.

Frau von Tollen kam nach einer Viertelstunde; sie sah blaß und aufgeregt aus. Als sie Lore auf der Chaiselongue erblickte, mit heißen Wangen und brennenden Augen, sagte sie nur: „Ach Gott, ich dachte es schon, Du bist krank, Lore.“

„Ich bin ganz gesund, Mama.“

„So? Dann konntest Du doch zu mir kommen, Lore! Ich habe Kopfweh heute abend, es ist ja auch kein Wunder.“

Lore schwieg und sah die Mutter an, die so matt in dem Stuhle lag und der die Sorge so tiefe dunkelbraune Ränder unter die Augen gemalt hatte.

„Den ganzen Nachmittag bin ich auf Wohnungssuche gewesen,“ fuhr Frau von Tollen fort und wies das Fläschchen mit Kölnischem Wasser zurück, das ihr Lore stumm hinhielt, „und habe nichts gefunden. Das Billige ist zu ordinär, wir können da nicht wohnen, und die besseren Quartiere sind infolge des Gerüchtes, daß Westenberg Garnison erhält, so gestiegen, daß ich ebenso gut wohnen bleiben könnte, wenn der Wirth nicht schon wieder gesteigert hätte. Nun war ich eben zu Hause angelangt und hatte die Schuhe ausgezogen und mich an den Ofen gesetzt, dachte Du müßtest zu mir kommen, da fährt der Wagen vor.“

„Bleib bei mir heute abend, Mama, ja?“ bat die junge Frau.

„Es geht nicht, Lore, Käthe weiß nicht, daß ich fort bin, und findet kein Abendbrot, wenn sie heimkommt.“

„Ich lasse es ihr sagen, wo ist sie denn?“

„Wo sie immer jetzt ist, bei der alten Frau Schönberg.“

Lore, die schon den Klingelgriff erfaßt hatte, wandte sich herum und schaute die Mutter an. „Bei Schönbergs?“ kam es stockend von ihren Lippen.

„Ja!“

„Und so oft?“ Sie befahl dem eben eintretenden Mädchen, den Diener hinüber zu schicken und Fräulein von Tollen zum Abendessen herüber zu bitten.

Wie kam Käthe dazu, täglich in das Schönbergsche Haus zu gehen? Lore schritt, auf Antwort sinnend, im Zimmer hin und her, während die Mutter ihre müden Augen durch den eleganten Raum schweifen ließ. Wenn sich doch Lore in ihr Los finden wollte, dachte sie – aber freilich, wer keinen Kummer hat, schafft sich welchen.

Käthe kam nach einiger Zeit, sie hatte rosige Wangen und leuchtende Augen, schien aber sehr ungnädig. „Was soll ich denn?“ erkundigte sie sich – „ah so, Mama ist auch da!“

„Ich will Dich etwas fragen, Käthe,“ sagte Lore, „komm einmal her!“ Und sie zog die Schwester in den angrenzenden, mit aprikosengelbem Plüsch dekorirten Salon, in welchem nur eine Lampe an dem Lüster brannte und die Temperatur um einige Grade niedriger war als im Boudoir, die junge Frau stand dort wie eine Schuldbewußte vor der Schwester. „Verstehe mich nicht falsch, Käthe, Du hast ihn jedenfalls jetzt oft gesehen – ist er sehr böse auf mich? Ist er sehr traurig?“ – Die Hand, mit der sie sich auf den Flügel stützte, der schräg im Zimmer stand, zitterte heftig, und die Augen hielt sie gesenkt. „Verstehe mich nicht falsch, Käthe,“ wiederholte sie, „Du bist ja meine einzige Vertraute.“

„Ich habe nicht mit ihm über Dich gesprochen,“ antwortete Käthe laut und öffnete das Instrument, um einige Töne anzuschlagen.

„So thue es noch, Käthe; sag ihm, er solle mir verzeihen, weiter wollte ich nichts auf der Welt von ihm – nur das.“

Die schlanke Mädchenhand griff einen falschen Accord. „Aber, Lore, das ist doch höchst merkwürdig, ich –“

„Es ist keine Sünde, Käthe, nein wahrhaftig nicht,“ flehte Lore, „ich begehe keinen Verrath, wenn ich seine Vergebung erbitte. Sieh, ich kann nichts anderes mehr denken, wie immer nur das; ich will ganz ruhig werden, wenn ich weiß, daß er mich nicht für zu schlecht hält. – Erbarme Dich doch, Käthe!“ –

Und als das Mädchen mit einem Ausdruck von Bedenklichkeit und Verwunderung schwieg, trat Lore einen Schritt näher. „Du thust es, Käthe, Du erzählst ihm, wie alles so gekommen ist, nicht wahr? – Ich weiß, das ist ja noch immer keine Entschuldigung für meinen Treubruch, aber ich war so geängstigt und so verwirrt – und der arme Papa und die Mama – ich weiß selbst nicht mehr alles – sag’s ihm und bitte Du für mich bei ihm – sag ihm, ich wolle nie seinen Weg kreuzen – nur nicht schlecht soll er von mir denken.“ Ihre weiche leise Stimme brach in Schluchzen

[153]

Schnapshandel auf freier Nordsee.
Originalzeichnung von Hans Petersen

[154] bei den letzten Worten. „Willst Du, Käthe, willst Du? Ach, sag doch ‚ja!‘ – Du weißt ja nicht, wie sehr ich ihn lie – geliebt habe,“ verbesserte sie sich weinend.

„Wie merkwürdig, daß Dir das jetzt plötzlich einfällt!“ sagte Käthe.

„Er hat meinen Abschiedsbrief nicht bekommen; statt dessen – es muß ihm ja völlig unverständlich sein, daß ich –“

Käthe hatte die Arme unter einander geschlagen und sah an Lore vorüber. „Wenn mal die Rede darauf kommt,“ sprach sie, „so kann ich vielleicht –“

„Nein, Du sollst nicht so lange warten!“ drängte Lore.

„Aber, ich – ich weiß nicht, ob sich das schickt,“ rief Käthe trotzig. „Ich will es versuchen, es ist aber doch so peinlich!“

Lore senkte den schönen Kopf; sie bat nicht mehr.

„Essen wir denn nicht bald, Lore?“ fragte die Schwester nach einer Pause, „ich bin recht hungrig, und um den Kartoffelpuffer bei Schönbergs hast Du mich auch gebracht; der Doktor und ich haben der Frau Pastorin so nett geholfen in der Küche beim Schälen und Reiben, das heißt, er nicht, er saß auf dem Küchenschemel und sah zu.“

Lore antwortete nicht; sie blickte starr gerade aus – sie sah die blitzblanke Küche vor sich und sie kannte den weißgescheuerten Küchenstuhl am Kachelherd. Sie hatte sich so tausendmal in Gedanken dort gesehen, schaltend und waltend und für ihn sorgend.

„Gnädige Frau, der Thee ist servirt,“ meldete der Diener und öffnete die Flügelthüren, die zu dem behaglichen Speisezimmer führten, das am entgegengesetzten Ende der Etage lag.

Sie saß dort mit Mutter und Schwester, fremd im eigenen Hause, am eigenen Tische. – –

(Fortsetzung folgt.)




Vom Nordpol bis zum Aequator.

Populäre Vorträge aus dem Nachlaß von Alfred Edmund Brehm.
Lapplands Vogelberge.

Als der Weltenschöpfer sein Lieblingsgestirn, die Erde, just vollendet hatte und des gelungenen Werkes sich freute, da gedachte der üble Teufel dies Werk zu vernichten. Damals noch nicht Himmels verwiesen, wohnte er unter den Erzengeln und in den Räumen, in denen die Seligen hausen. Hinauf zu dem siebenten Himmel flog er, und einen gewaltigen Stein ergriff er; den schleuderte er mit Macht hinab auf die in jugendlicher Schönheit prangende Erde. Aber zur rechten Zeit noch gewahrte der Schöpfer das ruchlose Beginnen und sandte einen der Erzengel ab, dem Unheil zu steuern. Der Engel flog schneller noch als der Stein zur Tiefe hernieder, und ihm gelang es, das Land zu sichern. Donnernd stürzte der riesige Stein in das Meer, daß hoch auf die Wogen zischten und das benachbarte Land auf weithin überflutheten. Von dem gewaltigen Falle zerbarst der Stein, und Tausende von Splittern sanken zu seinen beiden Seiten in das Meer, theilweise in dessen Tiefe verschwindend, theilweise noch über dasselbe hervorragend, nackt und kahl wie der Kern selber. Da erbarmte sich Gott, und in seiner unendlichen Güte beschloß er, auch diesen öden Felsblock zu beleben. Aber die Fruchterde war versiegt in seiner Hand und nur noch ein Weniges übrig geblieben. Das reichte kaum hin, hier und dort ein Bröckchen auf den Stein zu legen.

Also berichtet eine uralte Sage, welche unter den Lappen von Mund zu Munde geht. Der Stein, welchen der Teufel warf, ist Skandinavien; die Trümmer, welche zu beiden Seiten in das Meer fielen; sind die Schären, welche im bunten Kranze die Halbinsel umgeben; die Risse und Sprünge, welche er erhielt, sind die Fjorde und die Thäler des Innern; die Brocken belebender Erde, welche aus der milden Schöpferhand fielen, bilden das wenige fruchtbare Land, welches Skandinavien besitzt.

Skandinavien ist ein Alpenland wie die Schweiz und Tirol, und doch von beiden unendlich weit verschieden. Wie unsere Alpen hat es seine Hochgebirge, seine Gletscher, seine Wildbäche, seine klaren, stillen Alpenseen, die dunklen Fichten- und Föhrenwälder unten im Grunde, die lichtgrünen Birkenwaldungen in der Höhe, die weit ausgedehnten, hier zu Tundren gewandelten Moore auf den breiten Rücken der Berge, die Blockäuser an den Gehängen und die Sennhütten in den höchsten Thälern. Und doch ist alles so ganz anders als in den Alpenländern. Das kommt daher, weil hier zwei große und erhabene Gebiete der Erde, das Hochgebirge und das Meer, in wunderbarer Weise sich vereinigen und verbinden.

Aber so sehr auch Skandinaviens Schönheit ist, so sinnbestrickend und überwältigend die Fjorde mit ihren Felsenwänden, Schluchten und Thälern, Vorgebirgen und Spitzen sein mögen, eigenartiger sind die Inseln und Schären draußen im Meere, welche dem Lande vorliegen vom Süden bis zum Norden herauf und ein Gewirr von Buchten, Sunden und Straßen hervorrufen, wie man es kaum noch einmal erschauen kann auf der weiten Erde.

Die großen Inseln spiegeln mehr oder minder getreulich das feste Land wieder; die kleinen und die Schären bewahren sich ihr eigenes Gepräge. Dieses aber ändert sich mehr oder weniger mit jedem Breitengrade, welchen man, nach Norden fahrend, überschreitet. Ihnen wie dem Meere fehlt der Reichthum des Südens; sie sind jedoch keineswegs aller Schönheit bar und üben namentlich in den Stunden um Mitternacht, wenn die Hochsommersonne niedrig und groß und blutroth über dem Gesichtskreise steht und ihr gleichsam verschleierter Glanz auf den eisbedeckten Bergesgipfeln und dem Meere wiederspiegelt, überwältigenden Zauber aus. Wesentlich tragen dazu bei die überall zerstreuten Gehöfte, Wohnungen aus Holz gezimmert, mit Brettern verschlagen und mit Rasen gedeckt, prangend in seltsam blutrother Farbe, welche sich lebhaft abhebt von dem grünen Rasendache darüber, dem schwarz erscheinenden Dunkel der Bergwand dahinter und dem Eisblau der Gletscher im Hintergrunde des Bildes.

Nicht ohne Verwunderung nimmt der dem Lande noch fremde Südländer wahr, daß diese Höfe größer, stattlicher, geräumiger werden, je weiter nach Norden hin man vordringt, daß sie, obgleich nicht mehr von Aeckern, höchstens noch von kleinen Gärtchen eingehegt, durch Größe, Geräumigkeit und Ausstattung der hüttenähnlichen Gebäude die des südlichen Skandinaviens bei weitem übertreffen, ja, daß die stattlichsten und großartigsten von ihnen vielleicht auf verhältnißmäßig kleinen Inseln liegen, auf denen nur Torf die Felsen bedeckt und deren undankbarem Boden nicht einmal mehr ein kleines Gärtchen abgerungen werden kann.

Das scheinbare Räthsel löst sich, wenn man sich erinnert, daß in Nordland und in Finnmarken nicht das Land, sondern das Meer der Acker ist, welcher gepflügt wird, daß man nicht im Sommer säet und die Sense schwingt, sondern inmitten des Winters erntet, ohne gesäet zu haben, daß gerade in denjenigen Monaten, in denen die lange Nacht unbestritten ihre Herrschaft ausübt und anstatt der Sonne nur der Mond leuchtet, anstatt des Morgen- und Abendrothes nur das Nordlicht erglüht, der Mensch dort oben reichlichen Segen des Meeres einheimst.

Um die Zeit der herbstlichen Tag- und Nachtgleiche rüsten sich in allen Küstenorten ganz Norwegens kräftige Männer, um die nordische Ernte zu bergen. Jede Stadt, jeder Flecken, jedes Dörfchen entsendet ein oder mehrere reichlich bemannte Schiffe hinauf zu den Inseln und Schären jenseit des Polarkreises, um in allen geeigneten Buchten für Monate Anker zu werfen und vom Schiffe, von den Gehöften aus den Erntesegen zu bergen.

Während des Hochsommers ist das Land dort oben still und menschenleer; während des Winters wimmeln Buchten, Inseln und Sunde von geschäftigen Männern, und arbeitsame Menschenhände regen sich Tag und Nacht. So geräumig auch die Gehöfte erscheinen, sie vermögen die Menge der hier zusammengeströmten Leute nicht zu fassen, und neben den Schiffen müssen noch roh errichtete, torfbedachte Hütten am Strande nothdürftige Unterkunft gewähren.

Um die Zeit der Tiefsonnenwende, wenn wir unser Weihnachts-, die Normannen ihr Julfest feiern, regt sich das Getriebe am lebendigsten. Schon seit Wochen spendet das Meer seinen Segen. Beherrscht von dem mächtigsten Drange, welcher die lebenden Wesen erregt und bewegt, geleitet von dem unwiderstehlichen Triebe, Samen zu streuen für die kommenden Geschlechter, erheben sich aus den tiefsten Gründen des Meeres unschätzbare Scharen von Fischen; Kabeljaus, Schellfische und andere steigen zu den oberen [155] Wasserschichten empor, nähern sich der Küste, dringen ein in alle Straßen, Sunde und Fjorde und erfüllen die Oberfläche des Meeres auf viele Meilen hin mit ihrer Menge. So dicht schwimmen die nur von einem Gefühle beseelten, gleichsam sinnbethörten Fische, daß das Boot buchstäblich zwischen ihnen sich Bahn brechen muß, daß das Netz, überfüllt von ihrer Last, der Reckenkraft der fischenden Männer spottet oder zerreißt, daß ein zwischen die aneinander gepreßten Fische senkrecht eingestoßenes Ruder einige Augenblicke lang in seiner Lage erhalten wird, bevor es sich zur Seite neigt. Soweit die Felseninseln freigewaschen wurden von der tosenden Hochfluth, von der mittleren Fluthmarke an bis zum unteren Rande der jenen Gipfel überlagernden Dorfschicht, deckt den nackten Felsen ein ununterbrochener Ring von zerspaltenen Fachen welche hier zum Trocknen ausgelegt wurden, während darüber Gerüste sich erheben, an denen man andere Fische zu gleichem Zwecke der scharfen und dennoch dörrenden Luft preisgab.

Monatelang währt das Getriebe, monatelang ein ununterbrochener Markte; monatelang tauschen der Süden und der Norden ihre Schätze aus. Erst in den Tagen, in denen um die Mittagszeit heller Schein im Süden der noch verborgenen Sonne vorausgeht, oder in denen diese selbst einen kurzen Blick wirft auf das Land, endet allmählich der reiche Fang. Aus den gefüllten Speichern hinab zu den Schiffen trägt man den getrockneten Stock- oder Klippfisch, füllt alle Räume vom Kiel bis zum Deck und rüstet sich zur Heimkehr oder zur Fahrt in alle Welt.

Stiller wird es im Norden, einsamer das Land, öder das Meer. Endlich, um die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, haben fast alle fremden Schiffer die Erntestätte verlassen und alle Fische wiederum nach dem tiefen Grunde des Meeres sich zurückgezogen. Aber schon sendet das Meer neue Kinder aus, um wiederum die Sunde, Buchten und Fjorde, und nicht sie allein, sondern auch die Schären und Inseln zu beleben, und bald schauen Millionen von hellen Vogelaugen von denselben hinab auf das Meer.

Es ist ein tiefergreifender Zug des Lebens aller eigentlichen Seevögel, daß nur zweierlei Ursachen sie bewegen können, das Land zu besuchen; das freudige Gefühl der alllenzlich neu erwachenden Liebe und die düstere Ahnung des nahenden Todes. Wenn mit dem ersten Aufleuchten der Sonne in ihrem Herzen die Liebe sich regt, dann strebt alt und jung, und ob auch Tausende von Seemeilen durchschwammen und durchflogen werden müßten, der Stätte wieder zu, aus welcher sie zuerst das Licht der Welt erblicken. Und wenn inmitten des eisigen Winters, nachdem jene Brutstätten seit Monaten verödet lagen, ein Seevogel den Tod im Herzen fühlt, dann eilt er, so lange seine Kräfte nicht versagen, womöglich derselben Stätte zu, um da zu sterben, wo seine Wiege stand.

Die alljährlichen Versammlungen zahlreicher Vögel auf den Brutplätzen sind es, welche diese monatelang in unbeschreiblicher Weise beleben. Verschieden wie die Vögel selbst, sind die Vereinigungen, verschieden auch die Plätze oder, wie der Normann sagt, die Berge, welche sie bevölkern. Während die einen nur solche Schären zu Brutplätzen wählen, welche eben über die Hochfluthmarke sich erheben und nicht mehr Pflanzen hervorbringen, als erforderlich sind, um das im ausgeworfenem Tange eingemuldete Nest nothdürftig auszukleiden, müssen andere solche Eilande erkiesen, welche schroff und steil Hunderte von Metern über das Meer sich erheben und entweder reich an Vorsprüngen, Gesimsen, Höhlen, Spalten und sonstigen Schlupfwinkeln sind der von einer dicken Decke aus vertorften Pflanzenresten umhüllt werden. Jene niederen Schären pflegt der Normann den auf ihnen mit besonderer Vorliebe gehegten werthvollsten oder, was dasselbe, nutzbarsten aller Seevögel zuliebe, „Eiderholme“, zu deutsch „Eidervogelhügel“, zu nennen, während er unter „Vogelbergen“ gemeiniglich nur die steiler dem Meere entsteigenden, höheren, der Hauptsache nach von Alken oder von Möven bewohnten Inseln versteht.

Einer von den Vögeln , welche alllenzlich zu denselben Brutinseln zurückkehren und sie und ihre Umgebung in wunderbarer Weise schmücken helfen, ist der Eidervogel. Drei Arten dieser prachtvollen Enten bewohnen oder besuchen Europas Gestade; eine von ihnen, der Eidervogel selbst, allsommerlich sogar die nordwestlichen Inseln Deutschlands, insbesondere Sylt. Ihr Gefieder ist ein treues Spiegelbild des hochnordischen Meeres. Schwarz und roth, aschgrau, eisgrün, weiß, braun und gelb sind die Farben, welche auf ihm sich vereinigen. Der Eidervogel ist der am wenigsten schöne unter ihnen, immerhin aber noch ein prächtiger Vogel.

Keine andere Entenart ist in so vollgültigem Sinne Meeresbewohner wie die Eiderente, keine watschelt schwerfälliger am Lande dahin; keine stiegt minder gewandt, keine schwimmt rascher; keine taucht geschickter und tiefer als sie. Bis fünfzig Meter sinkt sie der Nahrung halber unter die Oberfläche hinab, und bis fünf Minuten, eine außerordentlich lange Zeit, soll sie unter Wasser verweilen können. Vor Beginn der Brutzeit verläßt sie die hohe See entweder gar nicht oder nur in Ausnahmefällen, mehr einer Laune als der Notwendigkeit folgend. Schon gegen Ausgang des Winters aber haben sich die Schwärme, welche auch diese Art bildete, in einzelne Paare getrennt, und nur diejenigen Männchen, dessen es nicht gelang, ein Weibchen zu erwerben, schwimmen noch in kleinen Trupps umher. Unter den Gatten des Paares herrscht beiderseits beglückende Eintracht. Nur ein Wille, inzweifelhaft der der Ente, ist maßgebend für beider Thun. Erhebt sich die Ente vom Wasserspiegel, um fliegend einige hundert Meter zu durchmessen, so folgt ihr auch der Entvogel, taucht sie hinab in die Tiefe, so verschwindet unmittelbar später auch er, wohin sie sich auch wenden mag, er folgt ihr getreulich, was sie beginnt, entspricht seinen Wünschen. Noch lebt das Paar draußen auf hoher See, wenn auch nur da, wo deren Tiefe nicht über fünfzig Meter beträgt, und immer nur an flachen Stellen, wo Mies- und andere Muscheln in reicher Menge die Felsen oder den Grund bedecken. Diese Weichtiere sind es, welche die oft ausschließliche Nahrung unserer Enten bilden ihrethalben tauchen sie in die bedeckende Tiefe hinab; diese Muscheln aber bewahren sie auch jederzeit vor dem Mangel, welcher so viele andere Enten zuweilen hart bedrückt.

Im April, spätestens im Anfange des Mai, nähern sich die Paare mehr und mehr dem Schärengürtel und damit der Küste. Im Herzen der Ente regen sich Muttersorgen, und ihnen ordnet sie alle übrigen unter. Draußen auf hohem Meere war das Paar so scheu, daß es niemals Annäherung eines Schiffes oder Bootes abwartete, jetzt, in der Nähe der Inseln, ändert sich das Benehmen vollständig. Nur dem mütterlichen Drange gehorchend, schwimmt die Ente an eine der Brutinseln heran, ohne auf den Menschen ferner zu achten, watschelt sie auf das Land hinaus. Besorgt folgt ihr auch jetzt noch der Entvogel, nicht ohne sein warnendes „Ahua, Ahua“ erschallen zu lassen, nicht ohne immer ersichtlicher zu zögern, zeitweilig zurückzuleiben, lange sich zu besinnen und dann erst wieder vorwärts zu schwimmen. Die Ente achtet all dessen nicht. Unbekümmert um die ganze Welt um sie her, wandert sie über die Insel, um einen passenden Brutplatz zu suchen. Eigenwillig wie sie ist, begnügt sie sich keineswegs mit dem ersten besten Tanghaufen, welchen die Hochfluth an das Land warf, mit dem niederen Wachholderstrauche, dessen auf dem Boden hinrankendes Gezweige einen sicheren Versteckplatz bietet, mit der halbzerbrochenen Kiste, welche der Besitzer der Insel als Schutzdach aufstellte, mit dem Geniste und Reisighaufen, den er, sie einladend, zusammentrug; sie nähert sich auch furchtlos, als ob sie ein Haustier wäre, der Wohnung des Besitzers, tritt in das Innere derselben, durchmißt den Flur, beebgt die Hausfrau in Küche und Gemach, ersteht, launenhaft und starrsinnig, gerade das Innere des Backofens zu ihrer Niststelle und zwingt dadurch die Hausfrau, monatelang ihr Brot auf einer anderen Insel zu backen. Mit erkennbarem Entsetzen folgt ihr der treue Enterich soweit als möglich, wenn sie aber nach seiner Meinung alle Sicherung gänzlich aus den Augen setzt und sich vermißt, mit dem Menschen unter einem Dache zu wohnen, versucht er nicht länger gegen ihre Laune anzukämpfen, sondern läßt sie einfach gewähren und stiegt zunächst auf das sichere Meer hinaus, hier mit Sehnsucht ihrer alltäglichen Besuche harrend.

Unsere Ente läßt sich auch hierdurch nicht beirren, schleppt etwas Reisig und Genist zusammen, gestattet gern, daß der Normann sie unterstützt, schichtet die Neststoffe, außer Reisern namentlich auch Tange, zu einem Haufen, gräbt, mit den beiden Rudern arbeitend, eine Mulde aus, rundet dieselbe unter beständigem Drehen mit der glatten Brust und beginnt nunmehr die eigentliche Ausfütterung zu beschaffen und dem Neste einzuverleiben. Nur ihrer Brut gedenkend, rupft sie sich die unvergleichlich weichen Dunen von ihrer Brust, bildet aus ihnen einen Filz, welcher die ganze [156] Mulde gedeckt und auch noch an ihrem oberen Rande einen Kranz von solcher Dicke herstellt, daß er, wenn die Ente das Nest verläßt, zu einer alle Kälte von den Eiern abhaltenden Decke verwendet werden kann. Noch ehe sie die innere Auskleidung gänzlich vollendet hat, beginnt sie, ihre verhältnißmäßig kleinen, glattschaligen, schmutzige oder graugrünen Eier zu legen, bis der aus sechs bis acht, seltener weniger oder mehr Eiern bestehende Satz vollzählig, geworden ist.

Auf diesen Zeitpunkt hat der Normann gewartet. Eigennutz war es, welcher ihn zum Gastfreunde des Seevogels werden ließ. Der Gastfreund wandelt sich jetzt zum Räuber. Rücksichtslos entnimmt er dem Neste die Eier, ohne Bedenken auch die innere, aus den kostbaren Dunen bestehende Ausfütterung. Vierundzwanzig bis dreißig Nester liefern ein Kilogramm an Dunen im Werthe von mindestens dreißig Mark an Ort und Stelle; diese Zahlen erklären die Handlungsweise des Normanns besser als jede andere Auseinandersetzung.

Traurigen Herzens sieht die Ente ihre diesjährige Hoffnung vernichtet; bestürzt und erschreckt fliegt sie aufs Meer hinaus zu dem ihrer harrenden Gatten, der sie bald zu trösten weiß. Noch regt sich Frühlingslust und Frühlingsmuth in beider Herzen; nur wenige Tage, und unsere Ente watschelt, als wäre ihr nie etwas geschehen, wiederum auf das Land hinaus, um ein zweites Nest zu errichten. Wahrscheinlich meidet sie diesmal die frühere Stelle und begnügt sich mit dem ersten besten noch nicht vollständig besetzten Tanghaufen. Wiederum schaufelt und rundet sie eine Mulde, und wiederum beginnt sie suchend im eigenen Gefieder zu nesteln, um die ihr unumgänglich nothwendig scheinende Dunenauskleidung zu beschaffen. Doch wie sehr sie sich auch müht, wie lang sie den Hals streckt, in wie verwickelte Schlangenwindungen sie ihn legt, ihr Vorrath ist erschöpft. Wann aber wäre eine Mutter, und liefe sie in Entengestalt über die Erde, rathlos gewesen, wenn es sich darum handelte, für ihre Kinder zu sorgen? Auch unsere Ente ist es nicht. Sie selbst hat keine Dunen mehr – ihr Gatte trägt solche noch unversehrt auf Brust und Rücken. Jetzt muß er zur Stelle. Und wie sehr er sich vielleicht auch sträubt, er ist der Gatte und sie die Gattin, das heißt, er gehorcht. Rücksichtslos nestelt die besorgte Mutter ihm im Gefieder, und binnen wenigen Stunden, mindestens binnen zwei Tagen, hat sie ihn ebenso kahl gerupft, als sie selbst ist. Daß nach solcher Behandlung der Enterich, sobald er kann, aufs hohe Meer hinausfliegt, fortan für einige Monate nur mit seinesgleichen verkehrt und sich um die brütende Gattin und werdende Brut nicht im geringsten mehr kümmert, ist sehr begreiflich. Und wenn man wirklich, wie es auf allen Brutinseln der Fall, noch einen Enterich neben der brütenden Ente stehen sehen sollte, so kann dies nur ein solcher sein, welcher noch nicht gerupft wurde.

Unsere Ente brütet nunmehr eifrig Und jetzt erweckt sich ihr Hauskleid als das einzige geeignete, ich möchte sagen, einzig mögliche Gewand, welches sie tragen kann. In dem das Nest umgebenden Tange verschwindet sie vollständig, selbst vor dem scharfen Falken- oder Seeadlerauge. Nicht bloß die allgemeine Färbung, auch jedes Pünktchen, jedes Strichelchen stimmt mit dem vertrockneten Tange derartig überein, daß der brütende Vogel, sobald er seinen Hals niedergedrückt und die Flügel ein wenig gebreitet hat, von der Umgebung geradezu aufgenommen wird. Viele, viele Male ist es mir begegnet, daß ich, mit dem geübten Jäger- und-Forscherauge suchend, über Eiderholme schritt und auf eines vor meinen Füßen brütende Eiderente erst dadurch aufmerksam gemacht wurde, daß sie abwehrend mir an den Stiefeln knabberte. Ohne aufzufliegen, gestattet die Eiderente handliche Untersuchung der Eier unter ihrer Brust; sie läßt sich im Brüten nicht einmal dann stören, wenn man sie vom Neste abhebt und wieder auf dasselbe oder in geringer Entfernung davon auf den Boden setzt, um sich das reizende Schauspiel zu verschaffen, sie der Brut wieder zuwatscheln zu sehen.

Die mütterliche Hingabe der Eiderente erweist sich jedoch noch anderweitig. Jede weibliche Eiderente und vielleicht jede Ente überhaupt will ihr Mutterauge über möglichst viele Küchlein gleiten lassen. Dies hat zur Folge, daß sie ohne Bedenken andere, neben ihm brütende benachtheiligt, sofern sie dies vermag. So hingebend sie brütet, einmal am Tage muß sie das Nest verlassen, um sich mit Nahrung zu versorgen und das unter der sich entwickelnden Bruthitze erheblich leidende Gefieder zu reinigen, einzufetten und neu zu ordnen. Einen mißtrauischen Blick auf die Nachbarinnen zur Rechten und zur Linken werfend, erhebt sie sich in den ersten Vormittagsstunden, vielleicht schon seit langem vom nagenden Hunger gequält, tritt neben das Nest und breitet mit dem Schnabel sorgsam den umliegenden Kranz zu einer die Eier verhüllenden und schützenden Decke aus; dann fliegt sie eilend auf das Meer hinaus, taucht wiederholt in die Tiefe hinab, füllt sich hastig Kropf und Speiseröhre bis zum Schlunde herauf mit Muscheln, badet, putzt und fettet sich, kehrt zum Lande zurück und läuft nun, unterwegs noch beständig die Federn trocknend und glättend, dem Neste wieder zu. Beide Nachbarinnen sitzen anscheinend ebenso harmlos wie früher auf ihren Nestern, und doch haben sie, wenigstens die eine, ein Diebesstück ausgeführt. Sobald jene abgeflogen war, hat sich die eine erhoben, die Decke über den fremden Eiern gelüftet und mit den breiten Ruderfüßen eins, zwei, drei, vier Eier rasch in ihr eigenes Nest gerollt, sodann den Rest sorglich wieder bedeckt und sich beglückt auf ihr unrechtmäßigerweise vermehrtes Gelege gesetzt. Wohl mag die heimkehrende Ente erkennen, welcher Streich ihr gespielt wurde; merken aber läßt sie sich von dem, was in ihr vorgeht, nicht das Geringste, setzt sich vielmehr ruhig zum Brüten nieder und thut als dächte sie: „Warte nur, Frau Nachbarin, auch Du wirst hinausfliegen auf das Meer, und dasselbe, was Du mir gethan, wird Dir geschehen.“ Thatsächlich wandern die Eier mehrerer nebeneinander stehender Eidervogelnester beständig aus dem einen nach dem andern. Ob dann die eigenen, ob fremde Kinder unter der glücklichen Mutterbrust zum Leben reifen, der Eiderente scheint das gleichgültig zu sein.

Sechsundzwanzig Tage etwa brütet die Ente, bevor die Eier gezeitigt sind. Der Normann, welcher verständig zu Werke geht, läßt sie diesmal gewähren und behelligt sie nicht nur nicht, sondern sucht sie nach Kräften zu unterstützen, indem er soviel als möglich alle Feinde und Störenfriede überhaupt von dem Eilande abhält. Er kennt seine Enten, wenn auch nicht persönlich, so doch soweit, daß er weiß, wann ungefähr diese oder jene ausgebrütet haben und mit ihrer Küchleinschar den Weg nach dem sicheren Meere antreten werde. Dieser Weg bringt vielen unbeaufsichtigten jungen Eiderenten jähes Verderben. Nicht allein die auf den Inseln brütenden oder sie besuchenden Falken, sondern auch, und mehr noch Kolkraben, Raub- und große Seemöven, belauern den ersten Ausgang der Küchlein, überfallen sie unterwegs und rauben das eine oder das andere. Dem sucht der Schutzherr der Insel in einer Weise vorzubeugen, welche ebenfalls für das Gebaren der sonst so wilden und scheuen, während der Brutzeit aber zu förmlichen Hausvögeln gewordenen Eiderente bezeichnend ist.

Gegen das Ende der Brutzeit hin begeht der Normann allmorgendlich die Brutinsel, um den Müttern behilflich zu sein und die zweite Dunenernte einzuheimsen. Auf seinem Rücken hängt ein Tragkorb, an dem einen Arm ein breiter Handkorb. So wandelt er von einem Neste zum andern, hebt jede Eiderente auf und sieht nach, ob die Küchlein ausgeschlüpft und schon hinlänglich trocken geworden sind. Ist letzteres der Fall, so packt er die ganze krabbelnde Gesellschaft in seinen Handkorb, entkleidet mit geschicktem Griffe, das Nest von seiner dunigen Ausfüllung, wirft dieses in den Tragkorb und schreitet weiter. Vertrauensvoll wackelt die Ente hinter ihm, oder vielmehr, hinter ihren piependen Jungen einher. Ein zweites, drittes, zehntes Nest wird in der selben Weise entleert, überhaupt damit fortgefahren, so lange der Handkorb die Küchlein noch bergen kann, und eine Mutter nach der andern schließt sich jetzt, mit ihren Leidensgefährtinnen unterwegs ihre Meinung austauschend, dem Gefolge an. Am Meere angekommen, kehrt der Mann den Korb um und schüttet damit die gesammte Küchleinschar einfach auf das Wasser Sofort stürzen alle Enten den piependen Jungen nach; lockend, rufend, alle Zärtlichkeit der Mutter entfaltend, schwimmen sie unter die Herde, und jede sucht so viele Küchlein als möglich hinter sich zu scharen. Mit ersichtlichem Stolze schwimmt die eine dahin, ein langes Gefolge hinter sich nachziehend; doch schon kreuzt eine zweite, minder beglückte den wie eine Schleppe hinter ihr einherziehenden Schwarm und sucht so viele Junge, als ihr möglich, an sich zu ketten und wiederum kommt eine dritte herbei, in der Absicht zu eigenen Gunsten einige abspenstig zu machen. So schwimmen, schnatternd und rufend, gakend und lockend, alle Mütter durcheinander, bis endlich jede einzelne ein Trüppchen Küchlein hinter sich hat, ob die eigenen, ob die fremden, die Ente weiß es selbst nicht.

(Schluß folgt.)
[157]

Siebzig Jahre im Dienst der Waffen und der Ehre.

Es war eine laue Sommernacht; ich fuhr in das kleine mecklenburgische Städtchen Parchim ein, der Mond schien hell und senkte seinen Strahlenkranz verschönend auf die Häuserreihen des Ortes. Da hielt mein Kutscher plötzlich, mit der Peitsche nach einem Standbilde deutend, welches sich auf einem freien Platze erhob.

„Un dat is nu uns’ Moltke,“ erklang es aus dem Munde des biederen Mecklenburges. „Unser Moltke!“ – ich hätte den Mann dafür umarmen mögen, stieg aus und schaute mit Ehrfurcht zu der Statue des großen Mannes auf. Wie feierlich alles ringsum da lag, als ob die Stadt den großen Sohn, der in ihren Mauern das Licht der Welt erblickt hatte, dadurch ehren wollte! Unser ist er, allen, allen gehört er an, dem Kaiser und dem König, den geeinten deutschen Fürsten, dem gesammten Heere, dem ganzen Vaterlande, dem alten biederen Rosselenker auf dem Kutscherbocke und mir selbst! „Unser Moltke!“ Wer nennt ihn anders? Der älteste Greis, das Kind auf dem kleinsten entlegensten Dorfe weiß, wer unser Moltke ist und was er für das Vaterland gethan hat!

Heute nun steht er 70 Jahre im Dienste der Waffen und der Ehre! Siebzig Jahre, ein langer, langer Zeitraum, der so Großes in sich birgt, wie es das deutsche Vaterland noch nie erfahren hat.

Ich ging in das einfache Gasthaus des Städtchens, da schauten mich schon wieder seine Denkeraugen an. Die Bildnisse dreier Männer, die für ewige Zeiten im Buche der Geschichte, im Gedächtnisse des Volkes ein Kleeblatt von unerreichbarer Menschengröße bilden werden, hingen dort an der Wand. Der große Kaiser, ihm zu seiten der Fürst Bismarck und unser Moltke. Zieht durch das weite deutsche Vaterland, geht übers Meer, bis dahin, wo nur noch eine deutsche Zunge klingt, und dieses Dreigestirn fehlt fast in keinem Hause, bald als Kunstwerk von höchstem Werthe, bald einfach schlicht, bald kaum noch erkennbar, nur noch ein schwacher Abglanz der Züge dieser Männer, doch überall als Zeichen treuer Liebe und Verehrung.

Der eine von ihnen hat nun sein trauernd Volk verlassen, ist eingerückt zur großen Armee. Die beiden anderen leben noch, [158] ergraut zwar im Dienste des Vaterlandes, doch jünglingsfrisch an Geist und Thatkraft und so ergeben dem Enkel ihres heimgegangenen Kaisers wie einst diesem selbst.

Soll ich erzählen, was unser Moltke gethan hat? Ein jeder weiß es und man müßte Bücher schreiben, wenn man nur annähernd das berichten wollte, was er geleistet hat, und dennoch, heute an seinem Ehrentage, verlangt es ein Bedürfniß des Herzens, sein thatenreiches Leben flüchtigen Blickes zu streifen.

Das mecklenburger Land, das uns schon „den alten Blücher“ gegeben, hat uns auch Helmuth Karl Bernhard von Moltke geschenkt. In Parchim erblickte er am 26. Oktober des Jahres 1800 das Licht der Welt, lebte dann mit seinen Eltern auf dem Lande und von 1803 bis 1807 in Lübeck, der alten Hansastadt. Da sah er, wie 1806 am 6. November die Franzosen die ehrwürdige Stadt und auch sein Vaterhaus in wilder Wuth plündernd überfielen, und wohl mag den Knaben damals schon der Wunsch beseelt haben, den Franzmann einst dafür zu strafen. Nun, wahrhaftig, er hat’s ihm heimgezahlt!

Die Erziehung des Knaben machte seine Entfernung aus dem väterlichen Hause nöthig und er sowohl wie sein jüngerer Bruder wurden bei dem Pastor Knickbein in Hohenfelde untergebracht. Das war eine schöne Zeit und Helmuth hat sie nie vergessen, denn seine „Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839“, jene Meisterwerke deutscher Sprache, voller Verständniß für die damaligen Verhältnisse im Orient, reich an tiefen Gedanken, gewürzt mit feiner Satire und gutem Humor, hat er dem ehrwürdigen Herrn mit folgenden Worten überschickt:

„Meinem lieben Lehrer und väterlichen Freunde, dem ich so vieles verdanke, sende ich dies, mein Erstlingswerk, als ein schwaches Zeichen meiner Verehrung. H. von Moltke.“ 

Doch lange sollte diese schöne Zeit in Hohenfelde nicht dauern, denn bald brachte der Vater, der dänische Generallieutenant Viktor v. Moltke, die beiden Söhne nach Kopenhagen in die Landeskadettenakademie, um sie zum dänischen Kriegsdienste ausbilden zu lassen. Moltke selbst sagt als reifer Mann über jene Zeit, daß seine Erziehung eine strenge, ja eine fast zu strenge gewesen sei; desto freundlicher gedenkt er der schönen Stunden, welche er im Hause des Generals Hegermann-Lindencrone verleben durfte. Im Jahre 1818 bestand er mit Auszeichnung die Offiziersprüfung, mußte ein Jahr als Hofpage dienen und rückte endlich am 8. März 1819 als Lieutenant in das „oldenburgische Infanterieregiment“ ein, welches in Rendsburg garnisonirte. Unsere Illustration zeigt neben einem Porträt des Feldmarschalls aus neuester Zeit, nach einer Photographie von Loescher und Petsch in Berlin, auch ein Bildniß des jungen dänischen Lieutenants v. Moltke in sorgfältiger Holzschnittausführung nach einem feingemalten Medaillonporträt, dem einzigen Jugendbilde Moltkes, welches, soweit bekannt, existirt und dessen Benützung uns durch die Güte eines Freundes der „Gartenlaube“ gestattet wurde. Die jugendlichen Züge lassen schon denselben energischen Schnitt und geistvollen Ausdruck erkennen, welche den Kopf des späteren Schlachtenlenkers charakterisiren. Dem jungen Lieutenant gaben schon damals eiserner Fleiß, energischer Wille, Dienstkenntniß, gepaart mit Freundlichkeit und regem kameradschaftlichen Gefühle, eine hervorragende Stellung unter seinen Kameraden und gewannen ihm doch zugleich ihre Herzen. Die Aussichten in Dänemark waren aber trübe, Norwegen war an Schweden abgetreten worden, und man verringerte zwar dem entsprechend die Armee, behielt aber das Offiziercorps in voller Stärke bei. Das war kein Feld für einen Geist, wie er in dem jungen Moltke schlummerte. Er erbat seinen Abschied, über welchen unsere Leser unter „Blätter und Blüthen“ dieser Nummer interessante Einzelheiten finden.

Von Geburt ein Deutscher, fühlte und dachte Moltke deutsch, und somit wandte er sich nach Preußen, legte dort eine vorzügliche Offiziersprüfung ab und trat im Jahre 1822 als Sekondlieutenant im 8. Leibinfanterieregiment, welches damals, wie noch heute, in Frankfurt an der Oder lag, ein. Mit regem Eifer widmete er sich dem täglichen Dienste, betrieb aber dabei doch noch seine kriegswissenschaftlichen Studien. Schon 1823 besuchte er die allgemeine Kriegsschule, jetzt Kriegsakademie zu Berlin. Neuere Sprachen, Militärwissenschaften, die Geschichte beschäftigten seinen nimmerrastenden Geist, und schon im Jahre 1831 erschien eine Schrift von ihm, worin er lebhaft für Kaiser Joseph II. – „dem die Weltgeschichte noch eine große Ehrenerklärung schuldig sein dürfte“ – eintrat. Ein Jahr später – man bedenke, Moltke war noch Sekondlieutenant – wurde er zum großen Generalstab kommandirt und schon im nächsten in denselben eingereiht. Um diese Zeit veröffentlichte er eine zweite Schrift, über Polen.

Moltkes Drang, die Welt zu sehen, nicht um sich in ihr zu vergnügen, sondern um seine Kenntnisse und seinen Blick zu erweitern, war ein unbegrenzter, und so nahm er Urlaub, um den Orient zu bereisen. Seine Abwesenheit sollte ursprünglich nur von kurzer Dauer sein, währte aber schließlich vom Jahre 1835 bis 1839. Aus dieser Zeit, während deren er in der Türkei die eingehendsten militärischen Studien machte, im Auftrage der Regierung die Festungen besichtigte, zur Neugestaltung der türkischen Armee beitrug und dem Sultan bei den in diese Zeit fallenden Kämpfen als Generalstabsoffizier diente – er focht am 27. Juni 1839 in der Schlacht bei Nisib mit – stammen jene schon erwähnten Briefe aus dem Orient. An Erfahrungen und Ehren reich, kehrte Moltke im Herbste 1839 nach Berlin zurück. Das, was er in der Ferne gelernt hatte, ist der Heimath zugute gekommen. Sein freier Blick, seine Gewandtheit in Benutzung des Terrains hatten sich dort mehr und mehr erweitert, und dieser Schule mögen zu einem großen Theile die Lorbeeren mit zu verdanken sein, welche die preußische Armee bei Königgrätz und die deutsche auf den französischen Schlachtfeldern sich errungen hat. Jetzt erschienen von seiner Hand Karten von Konstantinopel, von den Befestigungen des Bosporus und von Klein-Asien, die von seinem Talent als Zeichner, von seiner Gabe scharfer Auffassung beredtes Zeugniß ablegten. 1840 wurde er zum Generalstabe des 4. Armeecorps versetzt und zwei Jahre später zum Major befördert. Um diese Zeit war es, daß der nicht mehr junge Offizier der lieblichen Mary Burt die Hand zum Ehebund reichte. Wohl mancher erinnert sich noch des jungen Paares, wie es in Berlin durch den Thiergarten schritt: er groß, stramm militärisch, und sie blond, zart, wie eine Blüthe an seinen Arm geschmiegt.

Es konnte nicht ausbleiben, daß die Bedeutung dieses Mannes in den höchsten Kreisen mehr und mehr anerkannt wurde. So kam es, daß er 1845 zum persönlichen Adjutanten des Prinzen Heinrich von Preußen, eines Onkels des Königs Friedrich Wilhelm IV., der sich vielfach in Rom aufhielt, ernannt wurde. Moltke fand hierdurch Gelegenheit, dort eingehenden topographischen Studien obzuliegen, infolge deren seine „Wanderungen um Rom“ entstanden.

Im Jahre 1848 wurde er Chef des Generalstabes in Magdeburg, und hier hatte ich das Glück, ihn im Hause meiner Eltern zu sehen. „Moltke hat zugesagt,“ hörte ich meine Mutter voller Freude zu meinem Vater sagen. Er kam wirklich, und selbst mir, dem Knaben, fiel es auf, wie klug sein Auge blickte, wie fein und geistreich seine Züge waren und wie sein Erscheinen einen wahren Glanz über den kleinen Kreis verbreitete. Voller Andacht lauschte ich, wie er vom Orient erzählte und von Rom, wo während seiner Anwesenheit Gregor XVI. gestorben war und Graf Mastai-Ferretti als Pius IX. den päpstlichen Stuhl bestiegen hatte.

„Du mußt nun zu Bett, mein Sohn!“ sagte meine Mutter.

„So was höre ich in meinem ganzen Leben nicht wieder, Mama,“ bat ich dagegen.

Ein freundliches Lächeln umspielte Moltkes Mund, er legte ein gutes Wort für mich ein, und wirklich durfte ich bleiben.

Im Jahre 1855 wurde der nunmehrige Generalmajor zum ersten persönlichen Adjutanten des damaligen Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, des späteren Kaisers Friedrich III., ernannt, siedelte mit ihm nach Breslau über, war sein Begleiter nach Rußland, London, Paris und Italien. Alle diese Reisen gaben ihm abermals Gelegenheit, die fremden Armeen und fremdländisches Leben kennen zu lernen und die Welt mit neuen litterarischen Schätzen zu bereichern.

Das Jahr 1857 sollte ein entscheidendes für Preußen werden; König Friedrich Wilhelm IV. erkrankte, der Prinz von Preußen übernahm die Stellvertretung und ein Jahr später die Regentschaft. Da wurde Moltke sein Generalstabschef, und fortan waren diese beiden Helden unzertrennlich im Frieden wie im Kriege.

Von jetzt an genügte Moltke nicht mehr das reine militärische Wissen, seine hohe Stellung machte auch diplomatische Gewandtheit nothwendig und mehr als einmal fand er Gelegenheit sich als gewandten Staatsmann zu zeigen. Das Jahr 1864 [159] rückte heran, mit ihm der Krieg des verbündeten Preußens und Oesterreichs gegen Dänemark, und General Moltke war es, dem die Stelle des Chefs der operierenden Armee übertragen wurde. Wäre es nach ihm gegangen, hätte Oesterreich sich nicht eifersüchtig gegen seine Vorschläge gestemmt, so wäre auch Fünen in die Hände der verbündeten Armee gefallen; so blieb es bei der Besetzung Jütlands und dem Uebergange nach Alsen, der am 29. Juni erfolgte. Wir treffen Moltke, der inzwischen zum General der Infanterie ernannt worden war, danach auf den blutigen Gefilden Böhmens wieder. Am 3. Juli 1866, als ihm der große Schachzug, die drei preußischen Armeen auf einem Punkt bei Königgrätz zusammenzuführen, hier mit ihnen zu siegen und sie wiederum zu theilen, gelang, sah ich ihn zum zweiten Male in meinem Leben. In welchem Sinne Moltke den Sieg von Königgrätz auffaßte, das zeigt am besten sein Ausspruch: „Es steht zu hoffen, daß das Ergebniß dieses beispiellos schnell und glücklich verlaufenen Feldzuges eine segensreiche Zukunft für Deutschland und die heranwachsende Generation herbeiführen wird.“ Es ist das eines der geweihten Worte des großen Schlachtenlenkers und was er sagte, ist eingetroffen, freilich erst, nachdem noch mancher Tropfen edlen deutschen Blutes vergossen worden war. Groß war der Antheil, der von dem Ruhm des Krieges auf ihn fiel – und wie bescheiden blieb er!

„Ich habe eine Antipathie gegen Lobhudeleien; es macht mich für einen ganzen Tag verstimmt, so etwas zu hören,“ so sprach einst Moltke! Das Vaterland erwies sich ihm dankbar durch eine reiche Dotation, für welche er sich das Gut Creisau kaufte, dessen Beschreibung in Bild und Wort die „Gartenlaube“ im Jahrgang 1887 brachte. Dort pflegt er als einsichtiger, thätiger Landwirth einen Theil des Jahres zu verbringen, ein Fürsorger für seine Untergebenen und freundlicher Nachbar für die angrenzenden Besitzer. Da kam der Schatten, der sich unerbittlich auch auf sein Leben senkte. Als im Jahre 1868 der Weihnachtsbaum mit seinem Lichterglanz die Welt verschönte, trat der Todesengel in sein Haus und nahm ihm die Gefährtin seines Lebens, die er so sehr geliebt. Sie schlummert in dem Mausoleum zu Creisau, welches dereinst auch des Gatten sterbliche Reste umschließen soll.

Alles, was Moltke bis dahin gethan, war nur ein Vorspiel von Größerem, das er noch vollbringen sollte. Auf Frankreichs Schlachtgefilden führten Tausende und Abertausende treuer deutscher Krieger den Plan aus, den er so fein ersonnen. Und wie das Generalstabswerk des Krieges 1870/71 in der Einleitung sagt: „Zu den Aufgaben des Generalstabes im Frieden gehört es, für alle wahrscheinlichen kriegerischen Eventualitäten die Gruppirung und den Transport der Truppenmassen in detaillirter Weise zu bearbeiten und die Entwürfe dafür im voraus bereitzuhalten,“ so hat es Moltke gethan, und das Kriegsexempel, welches der große Rechenmeister im Frieden aufgestellt, es hat genau gestimmt! Am 19. August des Jahres 1870, am Tage nach der Schlacht bei Gravelotte, sah ich ihn wieder: schwerverwundet lag ich in dem Städtchen Gorze, als er an der Seite des Königs ernst, schweigend wie immer, an mir vorüberfuhr. Dann kam der große Tag von Sedan, der 2. September 1870; Frankreich lag danieder, im Schlößchen Donchery begannen die Kapitulationsverhandlungen und Moltkes eisenfestes Wort: Niederlegung der Waffen und Kriegsgefangenschaft der ganzen französischen Armee sammt den Offizieren! erschallte über das weite Erdenrund.

Und endlich – Paris gefallen, endlich der langersehnte Friede, Deutschland geeint und auf König Wilhelms Haupt die deutsche Kaiserkrone! War’s Wirklichkeit? War’s nur ein Traum? Kaum konnte man es fassen! Und doch war’s so. Das gesammte deutsche Volk hatte am großen Werke mit geholfen, doch welchen Männern der erste Lorbeerkranz gebührte, das sagten Kaiser Wilhelms Worte: „Sie, Kriegsminister von Roon, haben unser Schwert geschärft, Sie, General von Moltke, haben es geleitet, und Sie, Graf von Bismarck, haben seit Jahren durch die Leitung der Politik Preußen auf seinen jetzigen Höhepunkt gebracht.“

So sprach der Kaiser. Und was hatte er selbst zur Erhebung des Vaterlandes gethan? Davon sprach der Held nichts. Der kaiserliche Löwe mit dem weichen Kinderherzen that ja auch, wie Moltke es von sich sagte, „nur seine Pflicht.“ Der 16. Juni des Jahres 1871 brach sonnengoldig an und die Truppen zogen in die preußisch-deutsche Hauptstadt ein; da sah ich den Grafen Moltke mit dem güldenen Feldmarschallstabe wieder. „Unser Moltke“, entschlüpfte es jubelnd meinen Lippen; doch wer hörte wohl mein schwaches Wort, das Tausende und Abertausende gleichzeitig in die Lüfte riefen?

Nun kamen friedliche, wenn auch nicht weniger arbeitsame Zeiten für den kriegsgefeiten Mann. Er wurde Ehrenbürger der ersten Städte Deutschlands, Mitglied des Herrenhauses, ein neu erbautes Fort in Straßburg und eine Korvette bekamen seinen Namen, er erhielt die Kanzlerstelle des preußische Ordens vom Schwarzen Adler, begleitete den Kaiser bei jedem Manöver, reiste nach Italien, Schweden und Dänemark. Und dabei leitete er, jetzt unter der Beihilfe des Generalmajors Grafen von Waldersee, immer noch mit demselben Fleiß wie früher, die Geschäfte des Generalstabes. Er sitzt im Reichstag, meist schweigend und zuhörend, doch wenn er sich erhebt und wenn er spricht, dann lauscht jedes Ohr gespannt den ehernen Worten, die wie wohlgezielte Schwerteshiebe niederfallen. So konnte sich z. B. niemand dem gewaltigen Eindrucke verschließen, welchen die denkwürdigen Worte des greisen Feldmarschalls in der Reichstagssitzung vom 4. Dezember 1886 ausübten, mit denen er seine berühmte Rede für die Erhöhung der Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres schloß: „Die ganze Welt weiß, daß wir keine Eroberungen beabsichtigen; mag sie aber auch wissen, daß wir das, was wir haben, erhalten wollen, daß wir dazu entschlossen und gewappnet sind!“[1]

Ein schweres Jahr für Deutschland brach herein, das Jahr 1888! Zwei Kaiser schieden, Moltke stand an zwei geweihten Grabesstätten. Er liebte beide, den heimgegangenen Vater wie den Sohn, so innig, sein Herz war mit den Entschlafenen so eng verbunden, ihr Heimgang war ein harter Stoß für den greisen Mann und er erbat sich von dem jungen Herrscher, Kaiser Wilhelm II., die wohlverdiente Ruhe. Doch Kaiser Wilhelm, und das ganze deutsche Volk mit ihm, mochten den vielbewährten Rath des Feldmarschalls Grafen von Moltke noch nicht missen; so entbürdete ihn der Monarch nur des größten Theiles seiner Arbeitslast und setzte ihn an die hohe Stelle, welche einst Kaiser Friedrich als Kronprinz eingenommen hatte, indem er ihn zum Vorsitzenden der Landesvertheidigungskommission ernannte.

Als solcher feiert der Feldmarschall Graf von Moltke jetzt sein siebzigjähriges Dienstjubiläum; wir aber rufen laut den Wunsch unserer Herzen ihm zu: „Bleib uns noch lange, was Du uns immer warst, bleib unser Moltke!“ E. von Wald-Zedtwitz.




In den Wolken.

Eine Waldgeschichte von Heinrich Noé.
(Fortsetzung.)
3.

Als am nächsten Morgen die Magd des Försters die Hausthüre öffnen wollte, um in den Stall hinüberzugehen, wo sie die Kuh zu melken hatte, fiel ihr ein großer Schneeklumpen auf den Flur herein entgegen. Beim Lichte der Laterne sah sie, daß ein Schneehügel gegen die Thüre angeweht war, welcher fast bis zur Höhe derselben hinaufreichte. Da sie hörte, daß der Eisenhans, welcher, wie alle Jäger, zu den Frühaufstehern gehörte, sich bereits in der großen Wohnstube befand, so meldete sie diese Entdeckung alsbald ihrem Herrn. Dieser aber hatte bereits wahrgenommen, was während der Nacht geschehen war, weil er neugierig nach dem Wetter geschaut hatte.

„Ein solcher Schneefall bei Bora ist mir noch nie vorgekommen, solange ich in dem vermaledeiten Loche sitze,“ antwortete er verdrießlich der Magd.

[160] Indessen, was half es? Da hieß es zur Schaufel greifen und sich einen Ausweg schaffen. Von der stämmigen Magd unterstützt, machte er sich an die Arbeit. Dieselbe war aber rascher vollendet, als er gedacht hatte, denn schon nach wenigen Schaufelstichen war der Hügel durchbohrt. Es zeigte sich alsbald, daß der Schneefall gar nicht bedeutend gewesen war. Desto stärker hatte der Sturm gehaust, welcher nach seiner Willkür hier und dort den Boden ganz glatt gefegt, an andern Stellen aber den Schnee um so gewaltthätiger aufgehäuft hatte.

Es hatte ausgesehen, als ob man sich nur nach harter Arbeit auf den Weg hinaus durchzukämpfen vermöchte. Dieser lag aber schon nach dem vierten oder fünften Spatenstich offen da.

Der Sturm hatte etwas nachgelassen und die Luft fühlte sich an, als ob wärmeres Wetter im Anzuge wäre.

Unter diesen Umständen wollte der Eisenhans noch einmal die Spur des Luchses verfolgen, bevor er dem Forstmeister eine Nachricht zukommen ließ. Es war nicht mehr so schlecht zu gehen wie gestern. Hatten sich auch hier und dort starke Schneewehen aufgehäuft, so war dafür an vielen Stellen der Schnee zur Hälfte oder ganz weggefegt. Zum Aufspüren war das freilich weniger geeignet, aber das Jägerblut hätte dem Eisenhans nicht eine Stunde mehr Ruhe gelassen.

Er rief seinen Hund „Flott“, verabschiedete sich von seiner Tochter, welcher er sagte, daß sie ihn zur Mittagsmahlzeit nicht erwarten solle, und ging geradeswegs den Tannen des nämlichen Bühels zu, hinter welchem er gestern Schutz vor dem Andrang des Sturmes gefunden hatte.

Während der Förster dort oben immer weiter in den Wald eindrang, hatten die Leute tief unten in der Ebene, dort wo in den Gärten bereits die Knospen der Kamelien aufzuspringen begannen und hier und dort ein blühender Mandelbaum mit seinem weißen Wipfel die Schneehügel der Hochfläche nachahmte, ein wunderliches Schauspiel.

Wenn sie zum Rande der Höhe hinaufschauten, so sahen sie ein daran haftendes Gewölk, welches in der Richtung gegen das Tiefland hin eine Gestalt hatte wie eine schwere Woge, die sich auf flachem Strande überstürzt. Dies bedeutete, daß ein dichter Nebel, welcher durch den Kampf der feuchtwarmen und kalten Luftschichten entstand, sich über den Ternovaner Wald hin auszubreiten begann. Und so war es.

Schier urplötzlich befand sich der Eisenhans, nachdem er eine ziemliche Strecke in steter Aufmerksamkeit auf Wildspuren zurückgelegt hatte, mitten in einem Nebel, welcher so dicht war, daß er kaum fünf oder sechs Schritte weit zu blicken vermochte. In diesem Augenblick war der Förster in einem kleinen Schlage angelangt, in welchem große Haufen von Schnee zusammengeweht lagen. Mit einem Male schien es ihm, als ob er längs des Randes eines dieser Schneehaufen den Abdruck der breitspurigen Tatze des Luchses gewahrte. Auch „Flott“ gebärdete sich unruhig, schnüffelte hastig herum und gab alle Zeichen einer starken Aufregung. Der Eisenhans meinte, daß eine gewöhnliche Hasen- oder Rehspur derlei unmöglich veranlaßt haben könnte.

Er nahm nun den Hund an die Leine und folgte ihm in der höchsten Gespanntheit. Es ging durch dick und dünn. Hier und da sauste ein Rudel Rehe, vom Gekläff des Hundes verfolgt, durch das Dickicht oder an einem Hang hinauf. Manchmal mußte der Förster über einen halbumgestürzten Baumstamm klettern, manchmal hieß es, einen kahlen Hang ansteigen, einen jener Weideplätze, zu welchen am Abend das Wild aus dem Hochwald zur Aesung zieht.

Bald hatte er alle Richtung verloren. Obwohl er das weite Revier besser kannte als irgend einer seiner Amtsgenossen, so mußte er sich doch gestehen, daß er in diesem Nebel keine Ahnung habe, nach welchem Theil des Waldes ihn sein Flott geschleift hatte.

Er machte sich nichts daraus – in seinem Jägereifer kümmerte er sich nur um eins, nämlich den Schlupfwinkel des Katzenthieres auszukundschaften. Mitten in dem hastigen Gange vergaß er es aber nicht, vorsichtig auf den Boden zu schauen. Er wußte nur zu gut, daß derselbe in vielen Theilen des Waldgebietes von Höhlungen, Klüften, Trichtern und Schachten unterbrochen war. Die kleineren derselben konnten von darübergewehtem Schnee bedeckt sein und wehe ihm, wenn er in ein solches Loch hineinstürzte.

Als er eben sich anschickte, einen Haufen von Felstrümmern zu überklettern, zwischen welchen langästige Tannen aufragten, verspürte er einen heftigen Ruck. Es war dem Hunde gelungen, sich loszureißen. Im nächsten Augenblicke gab derselbe Standlaut. Er bellte so wüthend, doch zugleich mit solchen Zeichen von Aufregung oder Angst, daß der Förster darüber selbst in Verwirrung gesetzt wurde. War es wirklich der Luchs, der hier seinen Lagerplatz hatte, oder war es nur ein Füchslein, das sich hierher verkroch?

Der nächste Augenblick sollte ihm Aufklärung bringen. Blitzschnell sauste ein Thier, welches wohl über einen Meter lang war, aus dem Geklippe hervor und verschwand im Nebel. Nicht minder rasch hatte der Förster seine Doppelbüchse gepackt und ihm zwei Schüsse nachgesendet. Auch Flott entsprang in der gleichen Richtung. Der Förster stieg nunmehr so rasch wie möglich auf den ebenen Waldboden hinaus und strengte seine Augen an, die vor ihm stehende Nebelwand zu durchdringen. Umsonst! Er sah nicht einmal, ob er Hochwald oder eine Lichtung in unmittelbarer Nähe vor sich habe. Er durchkreuzte die Anhäufung von Felsblöcken, er ging hier und dort hin, er rief dem Hunde, alles vergeblich. Weit um die Felsen herum war der Boden schneefrei. So vermochte er nicht, sich nach irgend einer Spur zu richten.

Endlich setzte er sich auf einen Felsblock, zündete seine Pfeife an und begann über das nachzudenken, was er zu thun hatte.

Daß der Hund den Kampf mit dem Luchs, einem ihm unbekannten Thiere, aufgenommen haben sollte, war mehr als unwahrscheinlich. Es ließ sich vielmehr nur annehmen, daß der Luchs entweder irgendwo in den Wipfel eines Baumes geklettert war, oder daß er angreifend den Hund übel zugerichtet, vielleicht zerrissen hatte, oder aber auch, daß es dem Raubthier gelungen war, durch überlegene Schnelligkeit zu entkommen, vielleicht irgendwo einen Höhlengang aufzufinden, in welchen ihm der Hund nicht zu folgen vermochte. In jedem Falle aber hätte er wohl Laute vernehmen müssen, insbesondere bei der Deutlichkeit, mit welcher sich im Nebel der Schall fortpflanzt. Von einer Blutspur war nirgendwo etwas zu sehen, ein Beweis, daß er das Thier gefehlt hatte. Das Gegentheil wäre wohl ein Wunder gewesen, denn die Schüsse waren buchstäblich in den Nebel hinein abgegeben worden.

Den Eisenhans begann es zu frösteln. Es drängte sich nun eine andere Schwierigkeit an ihn heran, an welche er bis jetzt nicht gedacht hatte. Der kalte Nebel zog sich dichter und dichter zusammen. Er mochte sich anstrengen, so viel er wollte, es gelang ihm nicht, ein einziges Wahrzeichen zu entdecken, durch welches er hätte bestimmen können, wohin er gerathen war. Einmal kam es ihm vor, als hörte er Glockengeläute. Kam es aus der entfernten Stadt von unten herauf oder vom Kirchlein bei seinem Forsthause oder war es das Blut, was in seinen Schläfen hämmerte?

Noch über eine Stunde wartete er in der Umgegend der Steinblöcke, zitternd vor Frost. Alle paar Minuten rief oder pfiff er nach dem Hunde. Aber der Wald blieb regungslos. Manchmal fiel ein Tropfen von der schweren Feuchtigkeit, die sich auf den Aesten angesammelt hatte, von einer der Tannen. Hie und da raschelte es irgendwo im Geäst, vielleicht vom Flügelschlag eines Nußhähers, der sich aus Angst versteckte, weil er einen Raubvogel in der Nähe wähnte.

Es blieb nichts anderes übrig, als aufs Gerathewohl den Heimweg aufzusuchen. Manchmal zwang ihn ein Schneehaufen zur Umkehr, oft betrogen ihn die Augen, indem er aus lichteren oder dunkleren Stellen im Nebel schloß, daß er sich einer ihm bekannten Rodung oder einem ihm gleichfalls bekannten geschlosseneren Theile des Waldes nähere, wo gewaltige Bäume dichter aneinander standen. Das erwies sich aber immer als Täuschung. Nach wenigen Augenblicken hatte der Nebel seine Gestalt wieder verändert.

Endlich – Stunden waren darüber hingegangen – stieß er fast mit dem Kniee gegen einen Gegenstand, welcher sich auf seinem Wege befand. Es war eine Bank. Ein Blick nach oben, dort war die Tafel, welche die Sehnsuchtstanne bezeichnete.

Jetzt war’s gewonnen. Denn die Bank stand in der Richtung gegen Südwesten, gegen das Tiefland, gegen das Meer. Wenn es ihm gelang, diese Richtung festzuhalten, so mußte er binnen kurzer Zeit die Lichtung um das Forsthaus herum erreichen.

Beim Weiterschreiten vernahm er von der Straße her ein Achsenfuhrwerk knarren, und jetzt hatte er gar ein untrügliches Kennzeichen erreicht. Vor Jahren war es ihm eingefallen, versuchsweise in einer kleinen Lichtung einen Nußbaum zu pflanzen. Die

[161]

Spinnunterricht.
Nach dem Oelgemälde von Oskaer Schulz.

[162] Hochfläche war sonst keine Gegend für Nußbäume. Doch dieser gedieh, und jedes Jahr, wenn der neue Wein aus dem Tiefland herauf kam, verspeisten der Förster und seine Tochter dazu von den frischen Kernen. Dieser Nußbaum stand jetzt vor ihm da. Ein leiser Wind schüttelte seine noch schwächlichen Zweige und schwere Tropfen fielen auf den Boden herab und erweiterten und verlängerten die Runen, welche schon seit Stunden allmählich in den dünnen, harten Schnee hineingegraben worden waren.

In dem Augenblicke, in welchem der Förster diesen Platz betrat, schien es ihm, als hörte er aus kurzer Entfernung ein Geräusch, welches gleichfalls von Schritten herrührte. Er blieb stehen und horchte auf. Es war keine Täuschung. Näher und nähen kam es heran, bald leise, wenn die Füße über das Moos dahingingen, bald geräuschvoll, wenn sie den knirschenden Schnee berührten. Jetzt sah er eine undeutliche Gestalt. Er ging darauf los. Doch im nämlichen Augenblick stieß diese einen Schrei aus und verschwand. Der Eisenhans hörte noch deutlich die flüchtigen eiligen Schritte derselben, welche keinen Zweifel darüber ließen, daß die Gestalt vor ihm die Flucht ergriffen habe.

„Halt! Wer da?“ donnerte seine Stimme dem Flüchtling nach. Aber da war kein Aufhalten. Nach einigen Augenblicken erschien der Flüchtling wie im Nebel aufgelöst.

Dies fehlte gerade noch, um die Laune des Försters gründlich zu verbittern. Das war einer der widerwärtigsten Tage seines Daseins in diesem Walde gewesen. Erstlich hatte er den Luchs gefehlt, vielleicht gar dazu den Hund verloren, dann sich im eigenen Reviere nicht mehr ausgekannt und am Ende war er noch an einem der von ihm so gehaßten Lumpen von Schlingenlegern oder Wildschützen im Nebel vorbeigetaumelt.

„Abwärts geht’s mit Dir, Eisenhans!“ sagte er vor sich hin.

Bald tauchte das Dach des Forsthauses vor ihm auf. In solcher Laune hatte er es kaum jemals betreten. Den herzlichen Gruß Reginens beantwortete er einsilbig, und auf die Frage, wie es ihm ergangen sei, hatte er nur die Gegenfrage, ob niemand den Flott gesehen habe. Ohne ein Wort zu sprechen, setzte er sich zu Tisch. Regina suchte ihm an den Augen abzulesen, was sich zugetragen haben mochte. Der Eisenhans aber hielt den Kopf gesenkt, er war ein Bild der Niedergeschlagenheit und des Verdrusses. Mit einem Male erhob er sich, zündete sich ein Licht an und sagte:

„Das Allerbeste ist das Bett.“

Die gewohnte Abendumarmung Reginens erwiderte er fast abwehrend und begab sich sofort, einige Stunden früher als gewöhnlich, in sein Schlafstübchen.

4.

Am nächsten Morgen lag ein wolkenloser Himmel über Höhen wie Tiefen. Das Glatteis glitzerte an den Aesten der Tannen wie auf den Wegen.

Aber nicht das war es, was der Förster zuerst sah, als er die Augen öffnete. Es hatte ihm geträumt, daß er mit Luka, dem Meßner, draußen im Wald zusammengetroffen sei, wie dieser mitten im Dickicht eine Schlinge legte. Er hatte ihn gepackt, aber der Meßner wehrte sich und würgte ihn am Halse. Zugleich erschien hinter ihm das häßliche Gesicht Barbaras, des Weibes des Meßners, welches schrie und Drohworte ausstieß.

Und siehe – da stand die Barbara, aber nicht im Walde, sondern vor den Fensterscheiben und schaute auf das Bett des Försters herein. Auch schrie sie, ballte die Hände zusammen, dann streckte sie wieder die Arme empor und gebärdete sich, als ob sie den Verstand verloren hätte.

Der Förster wußte nicht, wie ihm geschah. Er fuhr alsbald in seine Kleider und eilte in den Flur. Hier trat ihm Regina entgegen und hielt ihn, bevor er das Hausthor öffnen konnte, am Arme fest.

„Nun, was soll’s?“ fragte er noch halb schlaftrunken.

„Vater,“ sagte das Mädchen „denke Dir, das Weib heult schon den ganzen Morgen seit Tagesanbruch vor dem Hause herum. Sie sagt, der Luka sei schon seit dem gestrigen Morgen verschwunden. Er sei im aller Frühe aufgestanden und seit der Zeit habe er sich nicht mehr sehen lassen.“

Der Förster riß sich los, öffnete die Thür und fragte die Frau, was sie wolle. Statt aller Antwort kamen nur abgerissene Klagetöne zum Vorschein. Der Eisenhans wurde ungeduldig.

„Das Millionen –!“ schrie er, „was geht mich der Meßner an? Der Lump ist wahrscheinlich in die Stadt hinabgegangen, um die Felle von gestohlenen Hasen zu verkaufen. Da wird er seine paar Groschen vertrinken und sitzt gewiß noch in einer Kneipe, wenn sie ihn nicht hinausgeworfen haben. Geht hinunter und sucht ihn!“

Diese Ansprache erfüllte das Weib mit Trotz. Sie nahm die Hände vom Gesicht und sagte: „Todt ist er! und Ihr wißt, wo er liegt.“

Der Förster gewann alsbald seine Fassung wieder. Es fiel ihm nicht ein, mit einem Weibe zu streiten.

„Ich war selbst im Wald,“ sagte er ruhig, „und es scheint mir doch, als habe ich läuten hören. War er denn damals nicht daheim?“

„Ich habe für ihn geläutet,“ sagte die Frau schluchzend.

„Nun, so geht nach Hause, er wird schon wiederkommen.“

„Es ist nicht wahr,“ entgegnete Barbara. „Ich selbst habe ihn den ganzen Nachmittag im Wald gesucht. Erschossen ist er worden, wegen eines elenden Hasen oder Rehes. Ich selbst habe den Schuß fallen hören.“

Der Förster wußte nicht, sollte er gegenüber dem dummen Weibe seinen Zorn auslassen oder lachen. Er schaute Regina an, erschrak aber bei ihrem Anblick. Das Mädchen war kreideweiß geworden.

„Ich glaube gar, Du lässest Dich von dem Weib da beschwatzen,“ sagte er nicht ohne Bewegung. „Gehe hinein ins Haus, ich komme gleich nach.“

Nachdem sich das Mädchen entfernt hatte, wendete sich der Förster zu Barbara:

„Hört, Weib, redet keinen Unsinn! Ihr wart es also, die mir nachmittags begegnet und davongelaufen ist? Gut! Es scheint, Ihr habt es besser gewußt, wo Ihr Euren Mann zu suchen habt. Gehet heim – oder thut was Ihr wollt! Und wenn der Meßner morgen noch nicht wieder zu Hause ist, so wißt Ihr, wohin Ihr Euch zu wenden habt. Ich selbst werde heute den Tag über nachsuchen und an zwei Forstwarte Botschaft schicken. Heute ist helles Wetter. Wir alle zusammen müssen ihn finden, wenn er im Walde ist.“

Statt aller Antwort warf sich das Weib auf den Schneehaufen hin und schrie und stöhnte.

„Ihr habt ihn erschossen!“ Das waren die einzigen Worte, welche die Frau deutlich sprach.

Der Förster wußte nicht, was er für den Augenblick mit ihr anfangen sollte. Da sah er den Kuraten, der sich eben anschickte, von der Thür seiner Wohnung in die Kirche zu gehen. Er winkte ihn herbei und erzählte ihm, was vorgefallen war.

„Sie sind ja gestern im Walde gewesen,“ antwortete der geistliche Herr, indem er ihn mit einem eigenthümlichen Ausdrucke betrachtete. Auf die bejahende Antwort des Försters wandte er sich von ihm ab und suchte die Frau aufzurichten.

Der Förster wollte ihm beistehen, der Geistliche aber bedeutete ihm, einstweilen in das Forsthaus zu gehen, sie würden nach dem Gottesdienst über die Sache sprechen.

Kaum hatte der Förster seine Wohnstube betreten, als ihm Regina um den Hals fiel, ihm fest in die Augen schaute und mit bewegter Stimme sagte: „Nicht wahr, Vater, Du hast es nicht gethan?“

„Das hat gerade noch gefehlt!“ erwiderte er ärgerlich, indem er sich losmachte. „Mir scheint, die Barbara mit ihrer Albernheit hat Dich angesteckt.“

„Verzeih, Vater!“ sagte Regina, indem ihr Thränen über die Wangen liefen. „Ich bin ein thörichtes Geschöpf.“

„Aber, ums Himmels willen, wie kommst Du auf solche Gedanken?“

Regina antwortete nicht. Sie schämte sich offenbar, irgend welche Gründe für ihre Besorgniß anzuführen.

„Geh hinaus,“ fuhr der Förster fort. „Der Schafhirt soll in die Forsthäuser gehen und die zwei Forstwarte mit allen ihren Hunden herbestellen. Wir wollen keinen Augenblick verlieren.“

Darauf durchmaß er mit großen Schritten die Wohnstube.

Was war da geschehen?

Daß Luka durch einen verlängerten Aufenthalt in der Stadt sich selbst verdächtig hätte machen wollen, das glaubte er nicht. In diesem Falle hätte er wohl seinem Weibe Mittheilung gemacht und diese würde es unterlassen haben, durch ihr Geschrei die Aufmerksamkeit auf seine Abwesenheit zu lenken. Der Meßner mußte [163] also irgendwo im Wald stecken. Aber wo? Am Ende war er gar in Verfolgung seines Diebshandwerkes in einen der Trichter hineingestürzt, vor denen der Förster sich selbst gestern so in Acht genommen hatte. Vielleicht lag er dort irgendwo mit zerbrochenen Gliedern, vielleicht hatte er bei einem solchen Sturze sofort seinen Tod gefunden.

Das alles überlegte der Eisenhans, aber das, was bei der Sache für ihn selbst bedenklich war, kam ihm nicht in den Sinn. Erst der Eintritt des Kuraten gab seinen Gedanken die Wendung, auf welche ein Unbefangener schon von Anfang an leicht kommen konnte.

„Sonderbare Geschichte das, Herr Förster,“ sagte dieser, indem er es unterließ, ihm wie gewöhnlich seine Tabaksdose anzubieten. Dies fiel dem Förster auf und er faßte den geistlichen Herrn schärfer ins Auge. Es entging ihm nicht, daß sich im Wesen seines Besuches eine gewisse Veränderung zeigte.

„Das Weib sagt, es habe gestern gegen mittag, als es den Mann suchen ging, einen oder zwei Schüsse im Walde gehört. Sollte der Luka selber geschossen haben? So viel Verwegenheit hätte ich ihm nicht zugetraut,“ fuhr der Kurat fort.

„Das ist auch nicht nothwendig, Herr Kurat. Denn, der die Schüsse abgegeben hat, war ich und kein anderer.“

Der geistliche Herr schaute verdutzt darein. Wußte er doch, daß jetzt keine Jagdzeit war.

Der Förster begann nun, ihm seine Abenteuer seit vorgestern nachmittag zu erzählen. Dem Kuraten fiel es auf, daß der Eisenhans vorgestern des Luchses keine Erwähnung gethan hatte.

Der Eisenhans aber hatte damals von der Luchsfährte nichts erwähnt, weil das Gespräch vorher auf den Meßner gefallen war. Dann aber war er auch nicht gewöhnt, derlei Entdeckungen auszuplaudern, da er fast nur mit Jägern verkehrte, gegenüber denen er solche Sachen vor dem Erfolge geheim hielt.

„Lassen Sie sich einen guten Rath geben, Herr Förster, “ sagte der Geistliche nach längerem Stillschweigen. „Ihre Magd hat der Barbara erzählt, daß Sie gestern ganz verstört nach Hause gekommen seien. Bedenken Sie die Weiberzungen! Thun Sie jetzt alles, was in Ihren Kräften steht, den Meßner zur Stelle zu bringen!“

Der Eisenhans gab keine Antwort. Es ärgerte ihn, daß sich ein anderer unbefugt in etwas einmengte, was ihn allein anging und wofür er überdies schon Vorsorge getroffen hatte.

Nach einer Weile fragte der Kurat: „Was ist Ihre Meinung?“

„Der Mensch ist ein Lump!“ antwortete der Förster. „Ich habe ihn schon lange im Auge. Und der halb verhungerte Hase, den ich vorgestern aus der Schlinge gezogen habe, würde heute bei dem Sonnenschein ganz sicherlich irgendwo sein Frühstück verzehren ohne den Aasjäger. Aber erbarmen thut er mich doch.“

„Vorgestern haben Sie gesagt, Sie wollten ihn niederschießen,“ unterbrach ihn der Kurat.

Der Eisenhans machte mit den Schultern eine Bewegung der Ungeduld. Dann fuhr er fort:

„Ich fürchte, der Bursche ist gestern wieder hinausgegangen und hat sein gewöhnliches Handwerk getrieben. Ein Nebel war’s, daß man Knödel daraus hätte machen können. Ich selber habe auf jeden Schritt schauen müssen. Vielleicht liegt der Lump zu unterst drinnen in einem Taubenloch.“

„Um Gotteswillen,“ rief der Kurat, „da sollte man doch augenblicklich –!“

Seine Worte wurden durch Hundegebell und Stimmen von Männern unterbrochen.

„Da sind sie ja schon!“ sagte der Eisenhans, indem er dem Geistlichen einen Blick zuwarf, welcher demselben nochmals die Ueberflüssigkeit seiner Rathschläge deutlich machen sollte.

Draußen standen die Forstwarte, und der Eisenhans verabschiedete sich alsbald von dem Kuraten. Auf dem Platz vor dem Forsthause wollte das Weib des Meßners sich den Jägern beigesellen. Der Förster aber duldete das nicht. Er befürchtete einen peinlichen Auftritt für den Fall, daß die Auffindung des Schwerverwundeten oder des Leichnams gelänge.

Der Zug setzte sich nunmehr in Bewegung. Als man bei den großen Tannen angekommen war, wurde beschlossen, daß die drei Männer, denen sich auch noch der Schafhirt zugesellt hatte, mit je zwei Hunden den Wald in verschiedenen Richtungen absuchen sollten. Der Eisenhans selbst behielt sich diejenige vor, auf welcher die Stelle anzutreffen war, wo er die Schlinge gefunden hatte. Dort lag seiner Meinung nach die größte Wahrscheinlichkeit, Spuren des Vermißten aufzufinden.

Während er in dem schmal ausgetretenen Pfad, auf welchem noch die Spuren seines gestrigen Ganges zu sehen waren, sich mühsam fortbewegte, dachte er über das nach, was er eben vom Kuraten zu hören bekommen hatte. Er täuschte sich nicht darüber, daß ein Verdacht auf ihn fallen mußte. Dies machte ihm indessen keine Beschwer. Er war einer von den Leuten, die nichts anficht, solange ihr eigenes Gewissen sie in Ruhe läßt.

Etwas anderes aber war es in Bezug auf Luka, den Meßner, selbst. Es konnte kaum ein Zweifel mehr darüber sein, daß dieser auf irgend eine Weise im Walde verunglückt war. Bei dem Gedanken hieran verschwand der Zorn, den er gegen den Wilddieb hegte. Am Ende steckte derselbe noch lebendig mit zerschmetterten Gliedern in irgend einer Höhlung und wartete, von Schmerzen, Kälte oder Hunger gepeinigt, auf seine Rettung.

Je weiter der Eisenhans in den Wald kam, desto mehr verschwanden die Spuren. Der Sturm hatte an manchen Stellen den Boden rein gefegt, an anderen Berge von Schnee zusammengetragen. Indessen erreichte der Förster die Stelle, an welcher er die Schlinge gefunden hatte, von der noch ein Bruchstück am Baumstamme hing. Es war nichts davon zu sehen, daß die Stelle seither betreten worden war.

So schritt er weiter und weiter; manchmal blieb er stehen und lauschte, ob nicht aus der Ferne Rufe zu vernehmen wären, die einen Fund andeuteten.

Alles blieb still. Er machte sich nunmehr mit dem Gedanken vertraut, daß nichts aufgefunden werden würde. Etwas derartiges war ihm während seiner langen Dienstzeit noch nicht vorgekommen. Was mußte aus dem armen Weibe werden?

(Fortsetzung folgt)




Blätter und Blüthen.

Moltkes Uebertritt aus dem dänischen in den preußischen Militärdienst. Es ist begreiflich, daß der Vorgang, welcher Moltke zu einem Mitgliede der preußischen und später der deutschen Armee machte und unserer Armee damit ihren größten Strategen in diesem Jahrhundert schenkte, der Gegenstand vielfacher Erörterungen geworden ist. Man wußte allerlei Gründe anzuführen, warum der junge Offizier zu diesem Schritte sich entschloß. So wurde gesagt, er sei unzufrieden gewesen, weil er nicht in die Leibgarde gekommen oder weil er überhaupt nicht genügend von seinen militärischen Vorgesetzten anerkannt worden sei; es wurde auch erzählt, daß dänische Offiziere in der Unterhaltung mit deutschen Offizieren über den Grafen Moltke Bemerkungen gehört hätten, als ob sein Austritt aus dem dänischen Heer begleitet gewesen wäre von wenig vortheilhaften Aeußerungen seitens seiner Vorgesetzten, etwas, was selbstverständlich angeführt wird, um einen gewissen Mangel an Urtheilskraft bei allen diesen Vorgesetzten anzudeuten. Der damalige dänische Generaladjutant soll, indem er dem König Friedrich VI. des Lieutenant von Moltke Abschiedsgesuch überreichte, gesagt haben: „Lieutenant von Moltkes Weggang wird kein großer Verlust für das dänische Heer sein.“ – Es dürfte unter diesen Umständen nicht uninteressant sein, das Abschiedsgesuch des damaligen Lieutenants von Moltke nebst den begleitenden Auslassungen des Regimentskommandeurs und des Generalkommandos der Herzogthümer, welche in dem Archiv des dänischen Kriegsministeriums niedergelegt sind, im Wortlaut kennen zu lernen.

Das dänisch geschriebene Gesuch lautet in der Uebersetzung folgendermaßen:

„Allerunterthänigstes Promemoria.

Euer Majestät wage ich die allerunterthänigste Bitte vorzutragen um gnädigen Abschied aus dem dänischen Militärdienst. Da ich hoffen darf, in der preußischen Armee angestellt zu werden und dort eines rascheren Fortkommens als in meiner bisherigen Stellung gewiß zu sein glaube; da ich in diesem Fall gleichzeitig eine Unterstützung von meiner dort lebenden Familie genießen kann, die ich hier entbehren muß, so muß ich eine solche Versetzung wünschen, wenn ich gleich nur höchst ungerne den dänischen Dienst und das Land verlasse, das unter Ew. Majestät väterlichem Scepter so glücklich ist. Diesem meinem allerunterthänigsten Gesuch darf ich noch die Bitte hinzufügen um eine Unterstützung durch eine 3monatliche Gage, um mich im stande zu sehen, die Kosten der Reise zu bestreiten, die für meine beschränkten Verhältnisse sehr drückend sind. Im Vertrauen auf die väterliche Fürsorge, die Ew. Majestät für jeden Ihrer Unterthanen hegen, hoffe ich auf eine gnädige Entscheidung meines allerunterthänigsten Anliegens. Möchte es mir möglich sein, einst die Tüchtigkeit, die ich in fremdem Dienst zu erwerben mir zutraue, zum Besten meines Vaterlandes und Ew. Majestät zu verwerthen.

Altona, den 25. Dezember 1821.

Allerunterthänigst
von Moltke,
Sekondlieutenant im Oldenburgischen Infanterieregiment.“

Auf der linken Seite des Gesuchs steht: „Sekondlieutenant im Oldenburgischen Infanterieregiment Helmut Karl Bernhard von Moltke bittet um gnädigen Abschied aus dem dänischen Militärdienst.“

[164] Die Anmerkung des Regiments lautet folgendermaßen: „Allerunterthänigst befürwortet mit dem Hinzufügen, daß der Sekondlieutenant von Moltke sich während seiner dreijährigen Dienstzeit stets bestrebt hat, sich zu einem tauglichen und brauchbaren Offizier heranzubilden.

Rendsburg, 31. Dezember 1821.

Herzog Holstein-Beck.“

Das Gesuch ist darauf übersandt vom Generalkommando der Herzogthümer mit folgendem deutschen Begleitschreiben:

„Seiner Majestät dem Könige! Vom Generalkommando der Herzogthümer.

In der Anlage übersende ich ein allerunterthänigstes Gesuch des Sekond-Lieutenants von Moltke beim Oldenburgischen Infanterie-Regiment, der in Königliche preußische Dienste zu gehen und dafür Ew. Majestäts Dienst zu verlassen wünscht. Er sucht zugleich darum an, daß Allerhöchstdieselben die Gnade haben wollen ihm beim Abschied eine 3-monatliche Gage zu bewilligen. In wiefern Ew. Königliche Majestät einem Officier, welcher den Dienst verlassen will, letzteres zugestehen, hängt bloß von der besonderen Gnade Ew. Königlichen Majestät ab.

Rendsburg, 2. Januar 1822.

Allerunterthänigst
Friedrich, Pz. Hessen.“

Die Resolution des Königs Friedrich VI. in der Sache ist mit Bleistift von des Königs eigener Hand auf dem obengenannten Schreiben des Generalkommandos vermerkt und geht darauf hinaus, den Abschied zu bewilligen, aber das Gratial abzuschlagen.

Unter der Entscheidung des Königs steht wieder mit Bleistift: „Es wird ihm gestattet, fremden Kriegsdienst zu suchen. Nr. 3 – exp. 5/1 22.“

Der Schnapshandel auf der Nordsee. (Mit Illustration S. 153.) Ungefähr solange wie in Deutschland durch öffentliche Rede und Schrift wieder planmäßig an der Einschränkung des verderblichen Mißbrauchs Gift enthaltender geistiger Getränke gearbeitet wird, richten auch die verschiedenen an der südlichen Nordsee betheiligten Regierungen, von Frankreich bis nach Dänemark, ihr besorgtes Auge auf solche schwimmenden Schnapsläden, wie unser Bild von Hans Petersen einen zeigt. Schon im Bau der beiden auf und nieder schwankenden Seefahrzeuge glauben wir zu gewahren, daß sie nicht demselben Zwecke nachgehen: das eine jagt auf die lebendige Beute des Meeres, das andere hat es auf das Geld oder, wofern solches noch fehlt, auf die gefangenen Fische und selbst auf Geräth und Werkzeug der Fischerboote abgesehen, zum Austausch gegen den nur allzu beliebten starken Trunk, der in der eben angebotenen und hinübergereichten Kruke fluthet. Der Schnapsverkäufer ist der überwiegend wahrscheinlichen Vermuthung nach ein Holländer, und Engländer sind meist die Nehmer. In England, dem Lande der lebhaften und kräftigen Enthaltsamkeitsbewegung, ist deshalb auch der erste anklagende Ruf wider diese Wirthschaft auf offener See laut geworden. Holland aber hat sich durch die Rücksicht auf seine bekannten großen Geneverbrennereien in Schiedam nicht abhalten lassen, zur Unterdrückung des Uebels die Hand zu bieten; und als sich zeigte, daß in dem grenzenlosen Element die zwei Staaten allein des Schadens nicht Herr zu werden vermochten, weil sich die Unterthanen der anderen Uferstaaten ihrer Kontrolle entzogen, so vereinigten sich die beiden mit der deutschen, belgischen, französischen und dänischen Regierung, und am 16. November 1887 wurde im Haag ein internationaler Schutzvertrag zur Unterdrückung des Branntweinhandels unter den Nordseefischern auf hoher See abgeschlossen. Der deutsche Reichstag genehmigte in seiner Sitzung vom 4. Februar 1889 diesen Vertrag.

Während schon die Staatsgewalten anfingen, auf diese Versorgung der Fischerflotten mit Trinkbranntwein zu achten, scheint dieselbe noch gewaltig zugenommen zu haben. Von den zehn oder mehr holländischen Schnapsbooten – man pflegt sie in der gemeinschaftlichen Nordseesprache Bumboats oder Coopers zu nennen – setzte ein Boot aus Maassluis im Jahre 1880 überhaupt 1649 Liter Spirituosen ab, in den ersten acht Monaten von 1881 allein aber 2247 Liter! Da der Verkauf auf hoher See dem holländischen Steuererheber als Absatz im Auslande gilt, so zahlt der Staat dem Seeschnapshändler die ausgelegte Accise darauf zurück, und es wird hiernach angenommen, daß der Seeverkauf im kleinen das gewinnbringendste aller solcher Geschäfte ist, 400 bis 600 Prozent ungefähr auf den Einkaufspreis im großen.

So etwas lockt, selbst wenn es in Wind und Wogen hinausgeht! Zwei, drei Tage lang, so erzählt der englische Admiral Gordon Douglas nach den Berichten des aufsichtführenden Kreuzers, liegt so ein Schnapsboot zwischen den Fischerbooten und trollt sich nicht eher weg, als bis es deren Bemannung das letzte Geldstück, Mengen von Fischen und auch noch manches werthvolle Geräth von Bord geholt und so lange von dem seinigen noch irgend welche Spirituosen zu verkaufen sind. Nicht allein grobe Vertrauensbrüche gegen die Reeder gehen hieraus ohne Unterlaß hervor, sondern in der erweckten Leidenschaft auch Gewaltthaten, Raub, Schmuggel, Mord und Todtschlag. Ein amtlicher Bericht wendet fünf Seiten an die Aufzählung von Unglücks- und Verbrechensfällen aus dem einzigen Jahre 1884, welche man dem Schnapsgenuß zuzuschreiben hatte. Zusammenstöße der Schiffe, Schlägereien herüber und hinüber, Fälle, daß ein Mann im Rausche über Bord stürzt und ertrinkt, nur weil die anderen ebenfalls betrunken sind, die ihn sonst leicht hätten retten können; alle solche Vorgänge mußten die Verantwortlichkeit der Staatsgewalten wachrufen, daß sie ihre volle Macht dagegen aufboten.

Es soll nun im ganzen allgemeinen Fischereigebiet der Nordsee bis zur Doggerbank (55° n. Br.) und darüber hinaus verboten sein, destillirte Getränke von fünf Prozent Alkohol oder mehr – also nicht etwa auch Bier schlechthin – an Leute von Fischerfahrzeugen zu verkaufen oder zu vertauschen, und ebenso wird diesen selbst solcher Kauf oder Tausch verboten. Boote, die mit Mundvorrath und ähnlichem auf der Nordsee Handel treiben wollen, bedürfen dazu fortan obrigkeitlicher Genehmigung und dürfen nicht mehr Spirituosen mit sich führen, als zu ihrem eigenen Verbrauch an Bord nöthig ist. Ein besonderes, gleichmäßiges Abzeichen wird für sie vereinbart.

Schon vor dieser Uebereinkunft hatte eine englische Missionsgesellschaft sich der Sache ernstlich angenommen. Sie schickte ein eigenes Schiff mit Männern und Frauen an Bord unter die Fischerflotten, welches ein Marketenderschiff ohne Schnaps vorstellte und außer der leiblichen Kräftigung auch durch Druck und Rede auf die Gemüther der der Versuchung ausgesetzten Seeleute einzuwirken suchte. Aber daß sie ohne die Gewalt des Staats nicht ans Ziel zu gelangen vermocht hätte, gestehen ihre Leiter selbst ein. Die Frage ist jetzt nur, ob die Befugnisse, welche der Haager Vertrag den aufsichtführenden Kreuzern beilegt, weit genug gehen. Immerhin ist er ein hoffnungsvoller Anfang und setzt dem geschilderten Unwesen auf freier See wenigstens Schranken. August Lammers.

„Es schläft nur!“ (Mit Illustration S. 149.) Die tröstenden Worte aus dem Munde des Engels, der das liebliche, mitten im sorglosen Spiele mit Blumen dahingeraffte Kind in seine schützenden Arme aufnimmt, dienten dem Künstler als Motiv für seine in Lebensgröße ausgeführte Kunstschöpfung, und unser Bildchen, nach einer Photographie des Werkes, zeigt uns, welche schönheitsvolle und innige Lösung er für seine Aufgabe gefunden hat. Das Kunstwerk ist eine Verkörperung des linden, heilenden Trostes, der den wogenden Schmerz mit sanfter Hand glättet und das Auge durch Thränen hoffend lächeln läßt. Als ein Mal der Erinnerung an seinen entschlafenen Liebling hat ein Berliner Großindustrieller dasselbe bestellt und als solches hat es in seinem Palmenhause unter hohen Blattgewächsen Aufstellung gefunden.

Die Vorführung dieser Schöpfung giebt uns erwünschte Gelegenheit, unsere Leser an andere mehr oder minder bekannte Arbeiten Professor Alexander Tondeurs, geboren 1829 in Berlin, Schüler Bläsers, zu erinnern. Die in verkleinerter Nachbildung vielfach verbreiteten Figuren, vor allem diejenigen, welche die lyrische Poesie und die Kunst personifizieren, sind längst geschätzte Lieblinge unserer Salons geworden. Hervorragende Anerkennung fanden auch seine Darstellungen der Wissenschaft und Industrie, die Marmorstatue Gottfried Müllers in der Säulenhalle des alten Museums in Berlin, sein York in der Ruhmeshalle, und lebensvolle Marmorbüsten Kaiser Wilhelms und Kaiser Friedrichs, die auf den besonderen Wunsch dieser Herrscher eine Reihe von Ausführungen durch Tondeurs Hand erlebten.

Viel genannt sind ferner des Künstlers Ergänzungen zum Gigantenfries von Pergamon, jenen mächtigen Skulpturen an dem pergamenischen Altarbau im Berliner Ausstellungspark, sowie die markigen Statuen Blüchers und Bülows am Denkmal Friedrich Wilhelms III. in Köln. Endlich ist eine große Reihe fein ausgeführter Porträtbüsten aus seiner Hand hervorgegangen.


Zum 9. und 22. März!

In unserem Verlage ist erschienen und durch beinahe alle Buchhandlungen zu beziehen:

Kaiser Wilhelm I.
Ein Gedenkbuch für das deutsche Volk.
Von Ernst Scherenberg.

Elegant in Leinwand gebunden (15 Bogen gr. Oktav) Preis 1 Mark.

Inhalt: I. Glückliche Kinderzeit (1797–1806). II. Frühe Leidensjahre (1806–1810). III. Die Tage der Vorbereitung und Erhebung (1810–1813). IV. Während der Befreiungskriege (1813–1815.) V. Mannesjahre des Prinzen Wilhelm (1815–1840). VI. Prinz von Preußen (1840–1858). VII. Prinzregent (1858–1860). VIII. König von Preußen (1861–1871). IX. Oberhaupt des Norddeutschen Bundes (1867–1870). X. Deutscher Bundesfeldherr (1870–1871). XI. Deutscher Kaiser (1871–1888). XII. Kaiser Wilhelms Tod (9. März 1888).

Das Traumbild unserer Väter von einem großen einigen deutschen Kaiserreiche ist durch Kaiser Wilhelm I. verwirklicht worden und erhebend ist es, sich in das Leben dessen zu versenken, der dieses Ziel zu erreichen berufen war. Von seiner Herzensgüte, seinem energischen, zielbewußten Streben, seiner bis zum letzten Athemzuge unermüdlichen Arbeit am Wohle des Vaterlandes, von seinem schlichten Wesen und seiner unentwegt geraden Gesinnung, von allen Tugenden, die einen Mann und Herrscher zieren können, erzählt die Geschichte seines Lebens, und gerade die Gedenktage des Monates März mögen wieder an die Ehrenpflicht gemahnen, diese lauterste Quelle patriotischer Erhebung allüberall zugänglich zu machen. Ein historisch treues, warm geschriebenes, klares Bild seines Lebens, wie es Ernst Scherenberg in dem Gedenkbuche „Kaiser Wilhelm I.“ bietet, sollte in keinem deutschen Hause fehlen!

Vorräthig in den meisten Buchhandlungen. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich unter Beifügung des Betrags in Briefmarken direkt an die

Verlagshandlung von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.

Inhalt: Loren von Tollen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 149. – Vom Nordpol bis zum Aequator. Populäre Vorträge aus dem Nachlaß von Alfred Edmund Brehm. Lapplands Vogelberge. S. 154. – Siebzig Jahre im Dienst der Waffen und der Ehre. Von E. von Wald-Zedtwitz. S. 157. Mit Illustration S. 157. – In den Wolken. Eine Waldgeschichte von Heinrich Noé (Fortsetzung). S. 159. – Spinnunterricht. Illustration. S. 161. – Blätter und Blüthen: Moltkes Uebertritt aus dem dänischen in den preußischen Militärdienst. S. 163. – Der Schnapshandel auf der Nordsee. Von August Lammers. S. 164. Mit Illustration S. I53. – „Es schläft nur!“ S. 164. Mit Illustration S. 149.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

  1. Vergl. Jahrgang 1887, S. 45, der „Gartenlaube“.