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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum: 1884
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[749]

No. 46.   1884.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt.Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig oder Halbheften à 30 Pfennig.


„Fanfaro.“
Novelle von Stefanie Keyser.
(Schluß.)


Während Melanie in behaglicher Ruhe beim Summen des Theekessels ihren Gedanken nachhing, erklang ein Stapfen auf dem Corridor. Die Zofe öffnete die Thür und meldete die Frau Pröbstin.

„Ich wollte Sie davon avertiren, liebes Fräulein von Seebergen,“ sagte sie hereinkrückend, „daß wir den vierten Herrn zur Aufschwörung häben. Der Oberceremonienmeister des Herzogs kommt selbst. Der feierliche Act soll morgen vor sich gehen.“

Melanie wußte, daß die Pröbstin dieser Mittheilung wegen nicht selbst zu ihr herüber kam. Da mußte noch eine andere Absicht vorliegen. Mit einem leisen Bangen sah sie, wie die alte Dame sich auf dem Sopha niederließ.

Ihre Ahnung hatte sie nicht betrogen. Wie ein Bischof seinen Krummstab lehnte die Pröbstin ihre Krücke neben sich, und wie ein solcher einen jungen Geistlichen abkanzelt, der nicht auf dem rechten Wege geblieben ist, sprach sie zu Melanie: „Ich halte es für meine Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß Sie etwas vorsichtiger im Umgange mit den Herren sein müssen. Eh, eh,“ wehrte sie mit der Krücke, als Melanie sich aufrichtete, „wenden Sie mir nicht ein, daß man in Ihren Jahren sans consequence mit denselben verkehren könne. Au contraire! Sie sind im gefährlichsten Alter und sehr gut conservirt. Man flüstert sich im Stifte zu, daß der junge Mann auffallend viel vor unserem Garten promenirt, sogar noch im Mondenschein unter den Bäumen der Allee steht, um von Weitem Ihr Fenster zu observiren. Und als ich gestern in dem Stiftswagen Visiten fuhr, lief er förmlich, um in das Fenster zu sehen. Da er mich erblickte, war er ganz stupéfait. Das Alles ist mauvais genre. Aber was kann man von einem jungen Manne erwarten, der so etwas ist wie ein Hofmeister, die zwar mit am Tische aßen in unseren Familien, aber zum Beispiel beim Hasenbraten das sogenannte Informatorstückchen – wissen Sie, das Schwarze, Verschrumpfte am Halse – erhielten. Ich weiß, daß Sie nicht an eine Mesalliance denken. Es flattirt nur, von einem jungen Manne adorirt zu werden. Aber auch schon, wenn eine Seebergen einem Informator einen Korb ertheilte, würde das ridicule sein. Und ich wünsche nicht, daß dem Stifte etwas Ridicules anhafte.“

Melanie war blaß geworden. „Gnädigste Frau,“ antwortete sie, „Sie können ganz ruhig sein. Durch mich wird dem Stift nichts Lächerliches angeheftet werden. Ich kann die niedrige Gesinnung nur bedauern, die Ihnen über meine Beziehung zu dem Doctor Gerhard, dem viel jüngeren Mann, in so entstellter Weise berichtet hat. Die Empfindungen und Eitelkeiten der Jugend liegen gleich weit hinter mir, und ich erachte es in jedem Falle als schlechtes Zeichen für das Zartgefühl einer Frau, wenn sie es bis zu einer wirklichen Abweisung kommen läßt. Aber im Namen des Fortschrittes, der die Menschheit über morsche Vorurtheile hinausführt, protestire ich gegen die Auffassung, als sei es nicht auch für eine Freiin von Seebergen eine Ehre, wenn ein deutscher Gelehrter um sie wirbt.“

„Eh, eh,“ klapperte die Pröbstin, „Fortschritt, Menschheit! Das sind demokratische Schlagworte, welche die augenblickliche Zeitströmung mit sich bringt, und die binnen Kurzem ihre Bedeutung wieder verloren haben werden.“

„Eher wird das Stift seine Bedeutung verloren haben,“ entgegnete Melanie.

„Nous verrons,“ sagte die achtzigjährige Greisin, mit einer Zuversicht, als habe sie noch eine Ewigkeit zu leben, und empfahl sich.

Melanie blieb in großer Aufregung zurück. Aber bevor sie noch die Demüthigung, die ihr widerfahren war, nach allen Seiten hatte ermessen können, schlüpfte schon wieder die Zofe herein und überreichte einen Brief, der soeben abgegeben worden war. Der Diener, der ihn gebracht hatte, wartete auf Antwort.

Melanie erkannte nicht ohne Beklemmung die Handschrift des Doctor Gerhard. Sie entfaltete den Brief und las:

 „Gnädiges Fräulein!
Das lang erstrebte Ziel ist erreicht. Ich bin als ordentlicher Professor der Philosophie an jene süddeutsche Universität berufen, von der ich Ihnen immer sprach. Und zwar habe ich diesen Ruf dem Erfolg zu danken, den meine Broschüre ‚Die Wahrheit über das Wesen der Liebe‘ gehabt hat. Die Ironie des Schicksals hat es so gefügt, daß ich für meine Arbeit Anerkennung in dem Augenblick ernte, in welchem ich einsehe, daß ich von falschen Voraussetzungen ausging und zu falschem Schluß gelangte. Ich weiß jetzt aus Erfahrung, daß kein Forschen und Wissen uns gegen die Macht der Liebe schützt. Und einmal unsicher geworden in meinen Combinationen, traue ich mir nicht mehr zu, eine Frage allein lösen zu können, die jetzt mein ganzes Sein erfüllt, und bitte Sie, mir hierin beizustehen.

Glauben Sie, daß man die Hoffnung hegen darf, von einer Frau geliebt zu werden, wenn diese sich stets selbstlos in unsere Interessen mitversenkt? Die Natur des Weibes bedingt ja, sich für den Mann, den sie liebt, zu opfern, während wir bestrebt sind, der Geliebten die Signatur unseres Geistes aufzuprägen.

[750] Mit einem Herzklopfen, das mich zum Denken gänzlich unfähig macht, sehe ich Ihrer Entscheidung entgegen und frage Sie, wann ich dieselbe mir holen darf.
Doctor Max Gerhard.“ 

Melanie ließ erstarrt das Blatt sinken.

Konnte es möglich sein? Hatte sie es richtig verstanden?

So hatte also die alte Pröbstin Recht gehabt! Und sie, die in Bezug auf Andere Hellsehende, war blind gewesen in dem, was sie selbst betraf.

Die Zofe erschien wieder und erinnerte: „Der Diener wartet auf Antwort.“

Melanie raffte ihre Gedanken zusammen. „Ich lasse dem Herrn Doctor sagen,“ bestimmte sie, „daß ich leider nur die Zeit von halb elf bis elf Uhr morgen zur Verfügung habe, da alsdann eine Aufschwörung im Capitelsaale stattfinden wird.“

Die Zofe ging.

Melanie sank erschöpft in einen Fauteuil.

Das waren nun die vielgepriesenen Forschungen der Neuzeit. Die berühmten Aerzte ergründeten die Ursache jeder Krankheit, und der Tod würgte Jung wie Alt; die Geologen stellten die Zeit fest, wann das Erdfeuer erloschen sein würde, und es brach aus und verzehrte sie und ihre Berechnungen; die Philosophen belauschten die Kunstgriffe des Weltwillens, und dieser betrog einen der scharfsinnigen Denker so, daß er eine ältere Dame, die keinen Wunsch als den nach Ruhe hatte, mit einer Liebeserklärung bedrohte, die sie in die peinlichste Verlegenheit brachte.

Ein heftiger Kopfschmerz, die Folge aller aufregenden Erlebnisse, stellte sich ein und zwang sie, sich niederzulegen.

Die Zose mußte die Gardinen in ihrem Schlafzimmer zuziehen, Darling’s blauseidenes Himmelbett hinausschaffen, da Melanie keine Unruhe ertragen konnte, ihr die Stirn mit Eau de Cologne waschen und kalte Umschläge auf den Kopf machen.

Spät erst schlief sie ein, indem sie sich zur Beruhigung sagte: „Bartenstein wird versetzt, Ereme geht nach Griechenland, der arme junge Doctor besteigt seinen Lehrstuhl viele Meilen weit von hier – und ich bekomme Ruhe.“


Als Gerhard am andern Morgen anlangte, fand er das Stift zu der feierlichen Handlung gerüstet, derentwegen Melanie ihm nur eine halbe Stunde bewilligen konnte.

Das große Eingangsthor war geöffnet, die Dienerschaft in Galalivrée. Auswärtige Stiftsdamen und die Herren, welche die reine Stammtafel der neuen Schwester beschwören sollten, fuhren ein.

Er wurde in Melanie’s Salon gesührt.

Sie hatte ihre gelassene Haltung vollkommen wieder gewonnen, und ihre Erscheinung stimmte in ihrer milden Ruhe harmonisch zu der Stiftskleidung. Das schwere schwarze Seidenkleid rauschte ihr nach, auf der Brust funkelten am veilchenblauen Bande die Diamanten des Ordenskreuzes. Ueber den hellbraunen Scheiteln lag der schwarze Schleier.

„Verzeihen Sie, lieber Freund,“ sprach sie, „daß ich Sie hierher bemühte, obgleich mir die Zeit knapp zugemessen ist; aber ich wollte Ihnen doch gern selbst meine Freude aussprechen, daß ein so ehrenvoller Ruf an Sie ergangen ist. Die Zeit, da ich, die Alternde, Ihnen rathen konnte, ist vorüber. So lange der junge Baum schwankt, bedarf er des stützenden Stabes; sobald er selbstständig und fest geworden ist, fällt derselbe morsch von ihm ab, und er schützt dann wieder eine zarte junge Ranke, die sich an ihm emporschlingt.“

Sie wollte ihn freundlich ansehen.

Da stand er vor ihr mit den feinen Zügen, die in angestrengter geistiger Arbeit blaß geworden waren. Die grauen Augen, die so scharf blicken konnten, sahen sie mit einem Blick voll des tiefsten Wehes an.

„Ich muß erkennen,“ antwortete er, „daß uns das Schicksal wohl einmal gestattet, ein ersehntes Ziel zu erreichen, aber nur, um uns zu zeigen, daß es Macht hat, noch im letzten Augenblick dem Glück die Krone auszubrechen.“

Es zuckte schmerzlich um seine Lippen.

„Glück?“ wiederholte sie langsam. „Wenn es Ihnen ein Trost in dieser Stunde ist, eine Genossin zu haben, so lassen Sie mich Ihnen gestehen, daß ich nie im Leben das Gefühl gehabt habe, ich sei glücklich. Ich kann nur sagen: ich habe mich oft zufrieden gefühlt, und zwar nicht dann am meisten, wenn mir ein Wunsch erfüllt wurde, viel eher, wenn es mir gelungen war, auf etwas Ersehntes, welches das Schicksal mir verweigerte, ohne Bitterkeit zu verzichten.“

Sie hatte die Zeit gut berechnet. Die Capitelglocke begann zu läuten, und zugleich klappten nahe und ferne Thüren. Sie reichte ihm die Hand, die er an seine Lippen drückte.

Dann schritt sie an ihm vorüber. Er folgte ihr nach.

Aus der Tiefe des Ganges, der durch das Stift führte, kam das Stapfen der Krücke heran. Jetzt schloß Melanie sich dem Zuge der Damen an, der sich langsam die Wendeltreppe hinab wand.

Er sah sie dahin schreiten im dämmerigen Kreuzgang; ihr wehender Schleier hob sich dunkel ab von den grauen Grabsteinen. an der Wand, welche die Ruhestätten früherer Aebtissinnen des Klosters bezeichneten, die nun schon ein paar Jahrhunderte von ihrem stillen Leben ausschliefen.

Das Stapfen verklang, die rufende Glocke verstummte, die Thür des Capitelsaales schloß sich hinter der letzten Stiftsdame.

Nun denn! er durfte nicht schwächer sein als das zarte Weib, das zu stiller Resignation sich durchgerungen hatte.

Er schritt aus den Stiftsmauern hinaus in das Leben.

Die Stiftsdamen richteten erstaunte und fragende Blicke auf Melanie, als sie des Doctor Gerhard ansichtig wurden; aber diese erzählte mit lächelnder Unbefangenheit: „Der junge Professor – ja, das ist er jetzt – hat mir seinen Abschiedsbesuch gemacht.“

Im Capitelsaale, während der vielen umständlichen Ceremonien fand sie Zeit, ihrer innern Wehmuth Herr zu werden über das Schicksal der Menschheit im Allgemeinen und über das ihres jungen Freundes im Besondern. Sie sagte sich zum Troste: Er wird’s verwinden. Denn was vermöchte der Mensch nicht zu vergessen?


Im Clusiushaus war diese Nacht keine Ruhe geworden. Als Ereme am Abend heimkehrte, theilte sie ihren Entschluß zu reisen den Hausgenossen mit.

„Unverhofft kommt oft,“ rief die Tante, die Hände zusammenschlagend.

Der alte Diener ließ kummervoll das Haupt hängen, und Dorchen kündigte sofort den Dienst.

Aber Ereme blieb unerschütterlich bei ihrer Entscheidung. Dorchen wurde der Abschied bewilligt, der Diener damit getröstet, er solle Ereme nur nach Athen geleiten und dann zurückkehren, um seine alten Tage in Greifenberg in Ruhe zuzubringen, die Tante darauf hingewiesen, daß ihr der lebenslängliche Insitz im Haus gesichert sei.

Die Sammlungen sollten nach wie vor allen Besuchern offen stehen, die Zimmer ihres Vaters unangetastet bleiben. Die Pallas Athene wollte sie der Universttät schenken. In der Aula würde ihr vielleicht ein Platz eingeräumt werden zum Gedächtniß des alten Clusius, des „letzten Hellenen“.

Dann wünschte sie Allen gefaßt eine Gute Nacht und zog sich in die Bibliothek zurück, um die nöthigen schriftlichen Vorbereitungen zu treffen: einen Paß zu verlangen, Abschiedsanzeigen aufzusetzen, einen Anmeldungsbrief an die Freunde in Athen zu verfassen.

Der Diener zündete stumm die Lämpchen an, die an der antiken auf Löwenklauen ruhenden Säule hingen.

So lange sie schrieb, gelang es ihr, die Gedanken fest auf den einen Punkt zu richten, dem sie zustrebte. Nur einmal, da von der Straße herauf lustiger Lärm schallte und ihr anzeigte, daß ausgelassene Studenten einen Nachtwächter neckten und sein Horn zur Ruhestörung mißbrauchten, hielt sie verwundert inne. Gab es denn nur wirklich auf der Erde frohe Menschen? Hatte sie auch einmal lachen können? Es dünkte sie, als liege diese Zeit eine Ewigkeit zurück.

Endlich war die Arbeit gethan. Sie erhob sich. Aber schlafen konnte sie nicht. Sie begann langsam auf- und abzuwandeln.

Die Fenster waren geöffnet, und der hereinziehende Nachtwind suchte des leisen Moderduftes Herr zu werden, den alte Bücher aushauchen, daran gemahnend, daß die Pflanzenfaser des Papiers gleich allen irdischen Dingen keine ewige Dauer besitzt.

[751] Der Schein des flackernden Lichtes, das der Luftzug leise bewegte, huschte über die Büsten und Statuen hin. Er vermochte kein Leben in ihnen zu wecken. Wie graue Gespenster standen sie da und starrten mit todten Augen in’s Leere.

Tiefe Stille herrschte in den feierlichen Räumen; nur ganz leise tönte zuweilen ein Ticken und meldete, daß der Holzwurm an seinem unheimlichen Werk war.

Ihr zukünftiges Leben stieg vor ihr auf.

Einmal im Jahre würde sie frische grüne Gräser sehen. Ein paar Monate lang im Lenz, bevor die Sonnenstrahlen allzu sengend wurden, war es dem Gärtner im Schloßgarten von Athen möglich, einen Rasenplatz herzustellen durch Samen, den er aus Erfurt kommen ließ. Dann würde sie hingehen, ihn anschauen und denken: „Der schöne grüne Rasen und die vielen Blümchen darin, ‚der Teufet mag wissen wie sie alle heißen‘!“ Und wenn sie ausfuhr und der Kutscher an den Schänken seinen Mastixschnaps trank, dann erschaute sie das bunte Bild der Schlacht von Marathon, mit dem jedes Schild bemalt war, und sie würde Ihn sprechen hören: „Sie wissen den Tag der Schlacht von Marathon und nicht den von Vionville?“

Ihr graute vor sich selbst, vor ihrer Verblendung und vor ihrem Loos, das unabwendbar an ihre Versündigung geknüpft war.

Und die Nacht wollte kein Ende nehmen.

Sie wandte sich wieder einer Beschäftigung zu und begann die werthvollsten Stücke ihrer Sammlung einzupacken. Die Muschelkette, die sie einst so wichtig dünkte, kam ihr unter die zitternden Finger. Sie schleuderte sie von sich wie eine Schlange.

Da funkelte es sie wie ein glänzendes Aeuglein an. Es war das Spornrädchen, das sich vor dem Auskehren in eine gut gedeckte Stellung unter Papiere zurückgezogen hatte und sie so keck anblitzte, als wolle es sagen: „Nun wirf mich auch hinaus, wenn Du das Herz dazu hast.“

Da war es vorbei mit Ereme’s Fassung. In beide Hände faßte sie den Sporn von Vionville und, auf den Sessel niedersinkend, drückte sie ihn an die Augen, überfluthete ihn mit ihren Thränen, daß sein heller Glanz erblich.

Und die Eule auf dem Sessel schaute bedenklich an ihrem krummen Schnabel herab auf das Gebahren des letzten Kindes der alten gelehrten Familie.

Draußen dämmerte der Morgen. Ein kühler Luftzug ging durch das Gemach. Die griechischen Lämpchen flackerten noch einmal auf, gespenstisch den Raum erhellend. Dann erloschen sie.

Allmählich wurde es lebendig im Hause. Verdrossen schlurrte Dorchen auf den Steinfliesen, das Feuer begann in der Küche zu knattern. Ereme richtete sich auf. Still öffnete sie ihren Schmuckkasten. In das Sammetetui, das ihr kostbares Perlenhalsband, das letzte Geschenk ihres Vaters, barg, legte sie das Rädchen. Dort sollte es für immer seinen Platz haben.

Die Tante, die mit einem Gesicht umherging, in welchem Jammer und Empfindlichkeit um die Herrschaft stritten, wollte sie zum Frühstücke abholen. Ereme wehrte ab. Eine Tasse starker Kaffee war das Einzige, was sie zu genießen vermochte, während sie durch den alten Diener, der seit gestern eine Leichenbittermiene angenommen hatte, die großen Koffer vom Boden holen ließ. Sie trugen noch die griechischen Buchstaben und Stempel.

Da flog plötzlich die Hausthür stürmisch auf, Sporen klirrten, eine Stimme erschallte.

Ereme kannte diesen Commandoton.

Zitternd, fassungslos, verwirrt sank sie in einen Sessel.

Eine Ewigkeit schien es zu dauern, bis der alte Diener anlangte und meldete: „Herr Rittmeister von Bartenstein.“

„Ich bedaure, ich bin mit Reisevorbereitungen beschäftigt,“ hauchte Ereme.

Wieder verging eine Ewigkeit. Jetzt mußte die Hausthür sich hinter ihm schließen.

Statt dessen kam Dorchen geflogen. „Der Herr Rittmeister lassen das gnädige Fräulein bitten, die Reisevorbereitungen aufzuschieben,“ berichtete sie athemlos mit einem Hoffnungsstrahl in ihrem verweinten Gesicht.

„Sage, ich sei noch bei der Toilette,“ befahl Ereme mit bebenden Lippen.

Dorchen verschwand enttäuscht, erschien aber sogleich wieder und verkündete triumphirend: „Der Herr Rittmeister werden warten, bis das gnädige Fräulein die Toilette beendet haben.“

Ereme rang die Hände. „Einen zweiten Abschied ertrage ich nicht. Ach Tante, hilf mir doch!“ flehte sie diese an.

Die Tante rückte ihre Haube zurecht und ging würdevoll die Treppe hinab.

Ereme wartete mit klopfendem Herzen.

Endlich erschien die Tante wieder, höchst verlegen.

„Ich versuchte ihm klar zu machen,“ sagie sie, „daß es zu früh sei; aber er rief mir gleich entgegen: ‚Morgenstunde hat Gold im Munde, gnädige Frau.‘ Dagegen läßt sich nichts einwenden. Ich sagte ihm, Du wolltest verreisen. ,O, ich habe alle Ausgänge im Auge,‘ antwortete er, ,und durch die Luft fliegen kann sie nicht; denn wenn das erfunden wäre, hätten wir es schon in der Armee.‘ Da sagte ich endlich, Du wolltest ihn nicht sprechen. Er erwiderte getrost: ‚Ich werde warten, bis sie mich sprechen will.‘ Was soll man nur thun? Höre nur, wie er auf- und abrennt.“

Sie hörte es wohl. Jeder Schritt dröhnte, ihre Gedanken verwirrend, bis in ihre schmerzenden Schläfen.

„Nimm ihn an,“ redete die Tante zu. „Denke: der Klügste giebt nach.“

„Nun, es muß sein; er mag kommen.“

Die Frau Doctor raschelte schleunigst hinaus, ehe Ereme einen andern Entschluß fassen konnte.

Einen Augenblick später erschien Witold in der Thür. Sie standen sich gegenüber, wortlos, athemlos, Auge in Auge.

Dann sagte er fast mitleidig: „Wie konnten Sie nur denken, daß ich mich abweisen ließe? Sie kennen mich doch noch immer recht schlecht.“

„Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen,“ sprach Ereme tonlos, „und keinen Wunsch weiter, als nur: fort – fort.“

Ein leises Zucken lief über sein Gesicht; seine Augen flogen über die geöffneten Reisekasten die auf der Tafel zum Einpacken bereit gelegten Gegenstände. „Wahrhaftig! es ist schon das Unterste zu oberst gekehrt,“ murmelte er ganz verstört. Da fiel sein Blick aus das Spornrad in dem Sammetetui, und ein helles Leuchten strahlte in seinen Augen auf. „Meinen Sie wirklich, dem Ulanen entfliehen zu können?“ fragte er, und sein Blick heftete sich an ihr blasses Antlitz, als wolle er ihrer Seele bis auf den Grund sehen. „Und Sie wissen doch, daß er Ihnen unentwegt überall hin folgt. Auch nach Athen. In Gedanken für’s Erste, wenn er keinen Urlaub bekommt, was in jetziger Zeit immer fraglich ist. Sie werden ihn niemals los,“ versicherte er mit fester Betonung und richtete sich zu seiner schlanken Höhe auf. „Wie sich mein unverschämter Sporn dort bei den echten Perlen einquartiert hat, so wird das Bild des deutschen Reiters, der unter den strammen Eichen Ihnen entgegentrat, in Ihren Gedanken sich verschanzen, Sie mögen noch so viele Marmorbilder unter den Oelbäumen hervorgraben lassen.“

Er hatte immer herrischer gesprochen, je mehr das Herzklopfen in seine Stimme hinein bebte. Dann sah er, selbst erschrocken über seine Herausforderung, auf die sonst so streitbare Ereme.

Aber diese kämpfte heute nicht. Sie nickte bestätigend und sagte mit dunkler weicher Stimme:

„Sie haben Recht. Ich werde Ihrer immer gedenken. Denn wir sind aus gleichem Stoff geschaffen, und wo solche Menschen sich begegnen, da stürzen wie morsche Trümmer die Schranken zusammen, die Verhältnisse und Erziehung zwischen ihnen aufgerichtet haben, und das feindliche Wort, das der Lippe entflieht, verweht wie Spreu vor der mächtigen Sprache, welche die Seelen mit einander reden. Vielleicht wird auch in Ihrer Erinnerung zuweilen die Einsame auftauchen. Aber Ihre schöne Aufgabe, für Großes zu leben und zu wirken, unsterbliche Thaten zu vollbringen, wird Sie über diese Episode in Ihrem Herzensleben hinausheben.“ Leiser fuhr sie fort, und ihre Lippen zuckten, als sträubten sie sich gegen die Worte: „Ein echtes deutsches Weib mit warmem Herzen und demüthigem Sinne werden Sie finden und an ihrer Seite mich vergessen.“

„Fällt mir nicht ein,“ rief er ganz wild und stieß den Säbel auf, daß es klirrte. „Ich möchte auch wissen, warum. Ich habe freilich neulich in der Hitze des Gefechtes lose Reden über Ihre Vorfahren geführt. Das war sehr unrecht; denn wenn die meinen die Grenzen des Vaterlandes schützten, so erweiterten die Ihrigen den geistigen Horizont unseres Volkes, und der Kukuk mag entscheiden, wer mehr geleistet hat. Und über die weltenweite Entfernung zwischen unseren Anschauungen haben Ihre schönen Worte [752] gestern eine Brücke geschlagen, der ich mich getrost anvertraue zur letzten Attake auf Ihr Herz.“ Er streckte die Arme nach ihr aus.

„Gönnen Sie mir Zeit,“ bat Ereme verwirrt; aber es leuchtete ein Lächeln in ihrem Antlitz auf wie Sonnenschein, der aus düsteren Wolken bricht.

„Nein,“ entgegnete er wieder mit dem alten sorglosen Lachen; „da könnten wir altersschwach werden, wenn ich Ihnen Zeit ließe, sich zu besinnen, ob Sie glücklich sein wollen oder nicht. Donnerwetter, Ereme,“ fuhr er ungestüm fort, „siehst Du denn nicht ein, daß wir wie närrisch in einander verliebt sind? Zum Teufel mit Deinen Bedenken! Jetzt wird nicht Halt, sondern ‚Fanfaro‘ commandirt.“

Sie wollte antworten, da versagte ihr die Stimme, sie wollte die Augen aufschlagen, da sah sie durch einen Thränenschleier, sie wollte einen Schritt ihm entgegen thun, da lag sie in seinen Armen.

Die Tante drückte die Thür leise zu, an der sie gelauscht hatte, und sagte zu dem sie gespannt anschauenden Dienstpersonal: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“


Bilder aus Spanien.

1.0 Im Paradiese Südspaniens.
Von Fritz Wernick.

Die südspanische Landschaft trägt einen Oasen-Charakter. Die Araber, die einst aus dem nahen Afrika in das Land gedrungen sind, um hier ein Reich zu gründen, haben die Landschaften des Orients, unabsehbare Wüstenstrecken, in denen paradiesische Gartenfluren eingeschlossen liegen, natürlich nicht mit über’s Meer bringen können. Und doch haben sie, ihre Betriebsamkeit, ihre Cultur, den Charakter der südspanischen Landschaft bestimmt. Die Oasen, die aus meilenweiter Oede lachend und üppig hervorleuchten, sind einzig ihr Werk. Die christlichen Nachfolger haben nur erhalten, was die Mauren vor länger als einem Jahrtausend geschaffen. Nicht einförmig, nicht gleichmäßig nach bestimmter Schablone. Der Lage, dem Boden, dem Klima trägt die Cultur überall Rechnung. Wenn wir, von Nordosten kommend, Spanien betreten, bei Barcelona, bei San Sebastian oder mitten im Baskenlande, so scheint die Landschaft jenseit der Pyrenäen kaum von der südfranzösischen verschieden. Weder hochromantisch noch üppig, weder von malerischer Wildheit, noch von paradiesischer Anmuth erscheinen die catalonischen Hügelzüge und Thalgelände, das bergige Aragonien, das Golfland des biscayischen Meerbusens. Nichts Charakteristisches dort; fast fühlt der Wanderer sich enttäuscht, der an seine Vorstellungen, seine Träume von Spanien denkt. Aber das ändert sich, je weiter wir nach Süden kommen.

Rhede von Alicante.
Nach dem Gemälde von R. Monleon. Photographieverlag von B. Schlesinger in Stuttgart (J. Laurent u. Co. in Madrid).

Valencia gewährt uns zuerst das, was wir bisher vergeblich erhofft und gesucht haben. Die Eisenbahn führt durch eine Sandebene zwischen Gebirge und Meer von Barcelona, von Taragona her. Felsblöcke sendet das eine, dürren Sand das andere dieser Flur. Trümmer alter gothischer Bauwerke, Burgen, Hospize, wenige Reste aus römischer Zeit, kaum kenntlich mehr, ragen aus dieser Ebene hervor. Das blaue Meer, das graue in der Sonne flimmernde Kalksteingebirge allein geben der Landschaft Reiz. Die dünne Ackerkrume, die sich im Laufe der Jahrhunderte gebildet, ernährt hier und dort Getreidefelder, Fruchtbäume, die aber den Charakter der Sandwüste kaum zu ändern vermögen. So kommen wir über den Ebro, kommen an Murviedro, der Stätte des antiken Sagunt, vorüber. Dann aber beginnt die Oase, die Wüste wandelt sich in ein üppiges Paradies. Kahles Gebirge, blaues Meer umrahmen Gefilde, in denen der Johannisbrodbaum neben der Palme, der Oelbaum neben Feigen und Maulbeeren kräftig gedeihen. Doch erscheinen diese Bäume nur als Einzelwesen, die Palmen beschatten die niedrigen, hellfarbig angestrichenen, mit Stroh gedeckten Bauernhäuser, der Johannisbrodbaum scheint oft als Grenzmarke zwischen den einzelnen Besitzungen gepflanzt. Orangen füllen die Flur meilenweit mit saftigem Laubgrün, mit köstlichem Dufte. Die Orange beherrscht den Boden um Valencia fast durchweg. Von Station zu Station fahren wir meilenweit durch einen einzigen Orangenhain, der von aufbrechenden Blüthen und goldenen Früchten betäubenden Duft unserer Wagenreihe sendet. Kein Gebiet rings um das küstenreiche Mittelmeer erfreut sich solch einer Fülle der edlen aromatischen Frucht, wie diese spanische von Meer und Gebirgen umschlossene Oase, die „Huerta“, der „Garten“ von Valencia.

Eine lange, einförmige Fahrt bringt uns dann in den Küstenbezirk des weinberühmten Alicante. Wieder Wüste, wieder Oase. Beides

[753] 

Dattel-Ernte bei Elche. Originalzeichnung von R. Püttner.

[754] aber von anderem Charakter. Das zerklüftete Kalkgebirge tritt hier an’s Meer. Die Küstenbildung behält von jetzt ab fast ununterbrochen die gleiche Physiognomie bis zu dem letzten, südwestlichsten Vorsprunge unseres Welttheils, der Felsenfeste von Gibraltar. Ein solches befestigtes, weit in die Brandung hinausspringendes Felsenriff beherrscht auch den Hafen von Alicante. Kahl und schroff, unersteiglich, unbezwinglich ragt diese natürliche Warte hinaus in’s Meer, die Bucht schützend, die zu ihren Füßen tief in’s Land dringt. Unwirthbar, öde, schroff, schimmernder Stein über flimmerndem Wasser bleibt der Strand fortan, so sehen wir ihn die tiefe Hafenbucht von Cartagena weit umschließen, so erheben seine zerklüfteten Wände sich über Almeria, so breitet er seine nackten Arme aus um den Golf von Malaga. Einförmig müßte die schaurige Romantik dieser Gebirgsöde werden, wenn die Steinwüste nicht ebenfalls ihre Oasen bärge, heimliche, entzückende Paradiese.

Das erste, eigenthümlichste, schönste erreichen wir in Elche. Das Gebirge streckt sich westlich von Alicante wieder weit in’s Land zurück, so weit, daß wir nur seine, blauen Linien am Horizonte sehen. Durch eine einförmige, wellige Ebene jagt die Postkutsche mit uns auf der Straße nach Murcia. Für das Auge des Naturfreundes bedeutet diese ärmlich bestellte Flur auch kaum mehr als eine Wüste. Meer und Gebirge sind verschwunden. Da, nach zwei langen Fahrstunden, sehen wir vor uns die Palmenwälder von Elche liegen, ein Stück Oase aus der Sahara auf spanischem Boden. Elche ist der einzige Bezirk in Europa, in dem die Palmen nicht nur zur Zierde, sondern um ihrer Erträge willen gezogen werden. Von der einzigen ersten Palme, die der Kalif Abdurrahman einst aus Afrika gebracht, um sie am Ufer des Guadalquivir bei Cordoba zu pflanzen, sollen diese Wälder abstammen. Jene ist längst verschwunden, Elche hat seine Palmenhaine bewahrt seit einem vollen Jahrtausend.

Diese weit von allem großen Verkehr entlegene Palmencolonie hat sich noch mehr bewahrt, sie erscheint heute noch wie eine völlig arabische Ansiedelung, ein Stück vergessenes Maurenland. Die hohen schuppigen Schafte des schlanken Baumes verbergen in ihrem Schatten gänzlich den stillen Ort. Kleine weiße Häuser, scheinbar dachlos, geformt wie Würfel, liegen zerstreut in dem lichten Haine. Freundlich spielen die Strahlen der Sonne durch die Laubwedel auf dem grünen Grunde, den Gerstenfelder, Blumen, blühendes Kraut mit dichtem Teppich bedecken, den Aloe und stacheliger Cactus einfriedigen. Die braunen Menschen, knapp mit weißem Hemde und kurzer weißer Leinenhose bekleidet, die rothe Schärpe breit um den Leib gewunden, bedienen geschäftig die Bäume, die sie nähren. „Die Palme muß den Kopf im Feuer, den Fuß im Wasser haben“, sagt, ein arabisches Sprüchwort. Das Feuer sendet die heiße Sonne, Wasser aber führt man ihr zu. Der Gebirgsbach, den eine maurische Bogenbrücke überspannt, liefert es. Kreuz und quer ist der Boden durchfurcht, ein ganzes Netzsystem von Rinnen über ihn gezogen; das füllt man, um den ewig durstigen Baum zu tränken. Hier schnürt man Zweige fest zusammen, damit sie bleichen, welken, um für den nächsten Palmsonntag, kunstvoll gewunden, als Osterpalmen an den Markt gebracht zu werden. Ganz Spanien kauft zu dem heiligen Zwecke Palmenzweige aus Elche, die man an den Balcon eines jeden Hauses befestigt findet. Der geweihte Zweig soll alle bösen Mächte fern halten. Dort klettert ein flinker Geselle mit affenartiger Behendigkeit den biegsamen Schaft hinauf, um mit scharfem Messer die süßen Fruchtbündel abzuschneiden. Elche allein versorgt das Land mit Datteln. Die Palmenoase ist eines der märchenhaft schönen Landschaftsbilder Spaniens, von denen selbst die lebhafteste Phantasie sich keine Vorstellung machen kann.

Am Wege, im Schatten liegt eine einfache Posada. Im offenen Flurraum hat die Wirthin einen Tisch gedeckt zum Frühstück. Malven und Rosen, Purpurnelken, Ranunkeln, Orangenblüthen hat sie zu hohen Pyramiden gewunden, um die Tafel zu schmücken. Mit Datteln und Feigen, Nüssen und saftigen Birnen versorgt die Flur sie. Zur Seite liegt der Herd, gebaut aus bunt bemalten Azulejos, den glasirten Fayenceplatten, die kein Volk schöner zu fertigen verstand als die spanischen Araber. Neben dem blanken Kupfergeschirr lehnen die Krüge von gebranntem Thon, ohne Fuß, ohne Henkel. Das Wasser verdunstet, und indem es durch ihre Poren dringt, erhält es sich kühl trotz der Hitze. Auf den Holzkohlen des Herdes rösten saftige Hammelfleischschnitte, die wir als schmackhafte Cotelettes verspeisen.

Die Landschaft bietet an Naturschönheiten nichts, sobald wir den Ort verlassen haben. Immer aber, wo wieder, ein Dorf, ein Flecken am Horizonte auftaucht, umgiebt ihn eine Palmenoase. Das ist ein Eigenthümliches der spanischen Landschaft, daß sie meist am anmuthigsten, heitersten, schönsten wird in der Nähe menschlicher Ansiedelungen. Wo immer in dem ehemals von Arabern besiedelten Lande eine Stadt, ein Flecken, ein Dorf liegt, da umgiebt es eine herrliche Gartenflur, eine Huerta, wie sie hier, eine Vega, wie sie weiter in Andalusien heißt.

Je dünner der Palmenhain, desto malerischer erscheint er. Erst wenn jeder Einzelstamm gegen den tiefblauen Himmel, gegen den falben Kalkstein des Gebirges sich abzeichnet, erkennen wir die vornehme Grazie dieses Kindes der Tropen. Und das Gebirge tritt wieder näher, ganz nahe, je mehr wir uns Murcia nähern. Auf seinen untersten Stufen lagert, weit verstreut unter Palmen, ein Städtchen. Arabisch oder spanisch? wir wissen es nicht. Die weißen Häuserwürfel, die Kuppeln, die eine Moschee oder Kirche überwölben, die schlanken Thürme, die ebensowohl Minarets sein könnten, machen das zweifelhaft. Die Palmen erst recht, die den Berg hinan zwischen den Häusern stehen. Die Palme liebt die Nähe des Menschen, fast niemals sehen wir sie in freiem Felde allein.

Wenige Tage später wandern wir durch die Thalflur von Murcia, eine meilenweite Huerta, von der wilden Segura durchströmt. Murcia ist heute nichts weiter als eine große, allem Verkehr entlegene Landstadt. Erst seit ganz kurzer Zeit wird es von der Eisenbahn berührt, vorher führten nur schwierige Gebirgspfade in den einsamen Thalgrund. Dort sehen wir an Markttagen das spanische Landvolk in seiner vollen Ursprünglichkeit. Arabisches Blut rollt wohl noch allen in den Adern, den kräftigen Söhnen des Gebirges, den schlanken Bebauern der Thalflur. Hier sind wir mitten im Lände, in einem Gebirgskessel, rings von hohen, kahlen Felsenwällen umgeben. Der Gegensatz zwischen dem paradiesischen Thalgarten und der hochromantischen Gebirgswüste der schroffen Sierra wird hier vermittelt durch mildere Abhänge, freundliche Hochthäler, durch Vorhügel, denen weder Bäume noch Ackerfelder fehlen. Es birgt eine gemäßigte Zone sich zwischen die halbtropische Pflanzenpracht, die den Thalkessel der Segura füllt, und jene Höhen, auf denen nur das langhalmige Spartogras wächst, nur Schafheerden von den Kräutern, die in Spalten und Schluchten wurzeln, kümmerlich Nahrung finden, wo nur der Bergmann den Adern von Blei, Kupfer und Silber nachspürt, welche die wilde Sierra durchziehen. Diese Dreitheilung der Landschaft bestimmt auch die verschiedene Art, selbst die äußere Erscheinung des Volkes, welches die Umgebung von Murcia bewohnt. Der Hirt, nothdürftig bekleidet, die grellstreifige Manteldecke um die Schulter geschlungen, steigt von den Gebirgen nieder, er bringt seine Lämmer zu Markte, nimmt trockenen Stockfisch, eine Tasche voll gelber Kichererbsen, ein Bündel Knoblauch, kaum etwas Brod mit hinauf in seine Einöde. Es ist gerade Osterzeit. Seine Lämmer finden schnell Käufer. Der Spanier will nicht nur einen Braten haben zum Feiertage, er muß auch seinem Kinde ein lebendiges Osterlämmchen schenken, mit Flittergold, künstlichen Blumen, Bandschleifen festlich herausgeputzt. Auf allen Straßen Südspaniens begegnet man den Kleinen, die ihr Osterlamm an rothem Bande mit sich führen, in der andern Hand ein Bündel blühendes Kraut, um dem Lieblinge Futter zu reichen. Der Hirt bleibt nicht lange im Thale, in der Stadt. Er zieht mit seinem Erlöse hinauf in die unzugänglichen Berge, macht vielleicht Rast im Schatten einer Palme, hinter einer Aloehecke, neben einem Cactus, verzehrt seine gesottenen Kichererbsen, die größte Delikatesse für dieses genügsame Volk, dem die köstlichsten Früchte fast in den Mund wachsen, und steigt weiter hinauf. Er kennt gewiß die Tropfsteingrotten genau, findet die Höhlen von glänzenden Krystallen, die fern im Hochgebirge liegen, das jetzt von Bergleuten durchforscht und zerbohrt wird. Hier beginnen die reichen Metalladern, die immer stärker werden nach Süden und Westen hin. Mächtige Lager von Silber und Blei, von Salz und Schwefel birgt das Innere der Sierra hier, weiter bei Almeria, und Kupfer wird nirgends in so großer Masse zu Tage gefördert, als aus den Minen von Rio Tinto, westwärts hinter Sevilla. Aus diesen Metallquellen haben Phönicier, Römer, Mauren bereits geschöpft. Jetzt sind es meist Ausländer, Engländer, Belgier, Franzosen, Italiener und Deutsche, welche die Schätze des spanischen Bodens heben. Die lässigen Spanier haben zuerst das Holz ihrer Wälder [755] verbrannt, um das Mineral zu schmelzen. Jetzt überlassen sie es englischem Unternehmungsgeiste, entweder Steinkohlen herzuführen oder die Erze als Ballast in die Schiffe zu stauen, die dem waldarmen Lande Holz zum Bauen und zu Weinfässern bringen, um das Mineral daheim billiger schmelzen zu lassen.

An dem Fuße jener Hochgebirge Murcias, in Senkungen, auf geschützten Hochflächen wachsen Getreide, Obstbäume, da gedeiht der Weinstock. Der Landmann nennt diese mittleren Zonen Seccanos, trockenes Land, im Gegensatze zu dem künstlich überrieselten Thalkessel der Segura. Diese Fluren müssen sich mit der Feuchtigkeit begnügen, die ihnen der Himmel gelegentlich sendet. Da schmücken volllaubige Bäume die Abhänge, da liefert der warme Fruchtboden mehrfache Ernten in langem Sommer, der im Februar beginnt, im November kaum endet.

Elche.
nach einer photographischen Aufnahme.

Die Ackersleute der Seccanos sehen stattlicher aus, wenn sie zu Markte nach Murcia kommen mit Karren voll Grünfutter, mit den dicken Bohnen, die nächst der Kichererbse am beliebtesten sind. Die Jacke mit Reihen kleiner blanker Knöpfe, die kurze Hose ebenfalls mit Knöpfen besetzt, der pralle Strumpf, die rothe Leibbinde, der ringsum aufgeschlagene Hut, der das um den Kopf geschlungene rothbunte Tuch halb bedeckt, geben den schönen braunen Gestalten ein malerisches Ansehen. Tief unten am Strome breitet die „Huerta“, der Garten von Murcia, sich aus. Hier giebt es weite Reisfelder, hier trägt der Boden noch im Schatten des Orangelaubes, des Oelbaums, der Palmen köstliche Feldfrucht, feine Gemüse, hier fächelt der laue Wind das Blatt schlanker Eukalypten, die Flur von Murcia gehört zu den üppigsten Spaniens. Die Segura und die Bäche, die von den nahen Bergen herabrinnen, tränken mittelst eines kunstvoll verzweigten Geäders von Rinnen das weite Gartenland, besiedelt von zahllosen Dörfern, die im Schatten des immergrünen Laubes sich verstecken. Dieser Thalkessel ist vor wenigen Jahren, wie bekannt, von einer furchtbaren Ueberschwemmung heimgesucht worden. Die Segura braust aus dem Gebirge hervor, durchfließt den meilenbreiten Thalgrund und wird dann wieder in ihrem unteren Laufe enger zwischen Felsmassen gezwängt. Als Regengüsse und gleichzeitige Schneeschmelze nun dem Strome ungeheure Wassermengen zuführten, als auch aus den Bächen der Gebirge gelbe Fluthen herabbrausten, vermochte das Bett des Stromes den Andrang der Wasser nicht zu fassen und abzuführen. Plötzlich verwandelte sich der Thalkessel in einen einzigen stürmisch bewegten See, aus dem kaum die Häupter der Bäume, die höher gelegenen Hütten hervorguckten. Der Anblick muß fürchterlich gewesen sein. Längst haben die Fluthen sich verlaufen, heute prangt die Flur wieder in überschwenglicher Pflanzenfülle. Nur die elenden, von Lehm zusammengebackenen Häuser sind aufgelöst in kleine Häufchen Unrath, die jetzt an Stelle der Dörfer unter Oelbäumen, Orangen, Eukalypten liegen.

Der äußerste Süden, die herrlichste Pflanzenfülle grüßt uns aus dem Golflande von Malaga. Da stehen wir auf andalusischem Boden. Dazwischen wechselt die Landschaft kaum ihren Charakter. Nun treten die Spuren maurischer Cultur immer entschiedener hervor. Auf schroffen Felshöhen liegen die Trümmer arabischer Castelle, verlassene Alcazars; zinnengekrönte Mauern, Umwallungen zusammengeschmolzener Städte, ziehen über Berg und Thal. Die Rebengärten von Almeria, Haine von Orangen, Feigen, Mandeln liegen tief eingebettet zwischen den wirren Verästelungen der Alpujares, der von Bleiminen durchzogenen Sierra de Hador. Wo nichts mehr wachsen will, da erntet der Bergsteiger wenigstens das wilde Spartogras, aus dem spanische Weiber hoch im Gebirge Decken flechten zu Vorhängen, zur Ausstattung der steinernen Fußböden, das in riesigen Ballen nach England verschifft wird, um in der Papierfabrikation verwendet zu werden. Wechsel, Gegensätze überall in diesem wunderbaren Lande, überall ernste Romantik neben paradiesischer Anmuth, überall Denkzeichen der fremden Völker, die diesen Boden nach einander beherrscht haben, der Römer, der Mauren, der katholischen Eroberer. Milder, anmuthiger, weicher fast wird der Charakter der spanischen Landschaft im Golf von Malaga. Das hohe Gebirge, das ihn einschließt, tritt weit zurück, läßt ein breites hügeliges Vorland frei, dessen Gehänge hoch hinauf mit grüner Pflanzendecke überzogen sind. Ein Fluß, der aus dem andalusischen Gebirge hervorbricht, erquickt die herrliche Landbucht, aus der die Stadt stolz hervorragt. Um die entzückende Landschaft von Malaga [756] kennen zu lernen, hat deutsche Gastlichkeit mich liebenswürdig unterstützt. Fast der gesammte Weinhandel und die Weinindustrie befindet sich hier in deutschen Händen. Malaga führt nicht nur aus, was es selbst hervorbringt, es sammelt auch die Erzeugnisse des Hinterlandes, um sie zuerst zu verarbeiten, dann zu verschiffen. Hoch hinauf im Gebirge gedeiht in diesem warmen Klima der Oelbaum; selbst die Rebe liefert droben in den Bergen noch gute Ernten. Der edelste, feinste, kostbarste Wein wächst aber unmittelbar um die Stadt, all den Hügeln, die amphitheatralisch die Landschaft umschließen. Der will gesondert, verschieden bearbeitet sein. Die Spanier sind dazu zu lässig; deutsche Betriebsamkeit ist hier seit einer langen Reihe von Jahren für die beste Ausbeutung der Bodenproducte eingetreten. Der deutsche Consul, Herr Adolf Pries, ein geborener Rostocker, zeigte mir seine Lager, die am Strande, in einem Eukalyptus-Walde sich befinden. Da liegen die Kelterräume , in die während der Lese aus der nahen Landschaft, etwa 30 bis 35 Tage hindurch, täglich 1000 Centner Trauben geliefert werden. Die edelsten kommen aus den Bergen der großen Grundbesitzer, die den Weinbau auf ihren Gebieten in neuester Zeit sehr gehoben haben und sich eine genaue Sortirung der Trauben angelegen sein lassen. Da wächst der echte Malaga, jener köstlich süße, aromatische Feuersaft, der kaum einen ebenbürtigen Genossen findet unter allen Weinen der Welt.

Eisenbahn durch die Sierra Nevada.
nach einer photographischen Aufnahme.

Junge Andalusierinnen treten die Beeren mit den Füßen aus; im Nebenraume fertigen Böttcher die Fässer aus amerikanischem Holze. Das eigene Laud ist zu waldarm, tief im Inneren füllt man den Wein wie im Orient in Häute von Ziegen, Schafen, Kälbern, weil es an Fässern vollständig mangelt. Die Berge um Malaga liefern nicht nur den Wein, der diesen Namen trägt, dort wächst auch der gezehrte, trockene Xeres , ein zuckersüßer Muscat, und der Pedro Ximenes, den man aus halbgetrockneten, rosinenartigen Beeren keltert und an jene Industrien verkauft, die daraus süßen Ungarwein machen. Das Land ist bis hoch hinauf mit Oelwäldern bedeckt, und da jeder Baum in guten Jahren bis fünfundsechszig Liter Oel liefert, so mag man daraus die Fülle der andalusischen Oelernten ungefähr ermessen. Das Oel voll ganz Andalusien strömt hinab nach Malaga, um von hier verschifft zu werden. Orangen und Feigen, frische Trauben und Rosinen werden aus diesen Lagerräumen auf die Frachtschiffe verladen.

Ein Ausflug in die Umgegend von Malaga verändert wieder das Bild. Im niederen Grunde, der reichlich mit Wasser getränkt werden kann, hat das Zuckerrohr alle anderen Früchte verdrängt. Durch unübersehbare Rohrfelder führt uns der leichte Wagen des deutschen Gastfreundes. Die dicken Halme, gefüllt mit süßem Safte, bilden ganze Wälder. Einzelne standen noch aufrecht, anderswo hatte man sie bereits geschnitten, tiefer im Grunde trieben schon neue Schößlinge aus der alten Wurzel hervor. Jedoch nicht nur die landwirtschaftliche Ausnutzung des Bodens bewundern wir in der Gartenflur der Golflandschaft von Malaga. Hier zuerst sehen wir auch Landhäuser rings an den Abhängen der Berge, schmucke weiße Häuser mit Balconen, offenen Hallen, Lusthainen, Springbrunnen, Gärten.

Fast jeder Kaufmann der Handelsstadt besitzt so eine Sommerfrische. Dorthin zieht er im April, erfreut sich an dem üppigen Grünen und Blühen von Pflanzengebilden, die wir in Europa sollst kaum mehr in freier Erde finden, am Kaffeestrauch und Indigobaum, an Kampher, Bananen, Bambusgebüsch, an Cacao, Cederstämmen, chinesischen Nelken, Sensitiven aus Brasilien. Das haben Seefahrer einst mitgebracht, das gedeiht hier wie in der Heimath. Die Meerluft sendet erfrischenden Hauch in diese Ansiedelungen, helles kühles Gebirgswasser quillt überall reichlich hervor. Im Juli aber beginnt die Hitze unerträglich zu werden. [757] Dann flüchtet der Besitzer zur Stadt zurück, hinter die dicken Mauern der alten Araberpaläste, in denen der moderne Kaufherr sich wohnlich eingerichtet hat. Dann spenden kaum noch die täglich genommenen Seebäder augenblickliche Erquickung.

Das Reisen ist nicht leicht im südlichen Spanien. Ein Maulthierritt, ein tüchtiger Marsch in die pfadlosen Berge ließe sich schon ertragen. Es fehlt da droben aber fast gänzlich an gastlichen Stätten, an Unterkommen und Beköstigung. Der Spanier ißt schon in dem tiefen Culturlande fast gar kein Fleisch, er zieht Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst und Süßigkeiten aller thierischen Nahrung vor. Oben in den öden, wenig bewohnten Landschaften kennt man Fleischgerichte kaum. Auch streifen dort in Massen Schmugglerbanden durch die Gebigswildniß. Bewaffnete Trupps ziehen von Gibraltar oder von einsamen Küstenplätzen hinauf, schleppen Waaren in die kleinen Nester und sind bei ihrem gefährlichen Handwerk ziemlich verwegen geworden. Nicht Straßenräuber von Beruf, lassen sie doch oft die Gelegenheit nicht unbenutzt, eine Börse zu leeren, einen fetten Fang zu thun.

Cordova.
Originalzeichnung von R. Püttner.

Das verleidet Manchem die Streifzüge in jene unwegsamen Felsenbezirke, die, von jähen Schluchten zerrissen, erst in dem Vorgebirge von Gibraltar ihren Abschluß finden. Da thut denn die Eisenbahn gute Dienste. Von Malaga aus dringt sie hinauf in die Berge, die der Guadalhorce, der kleine den Golf bewässernde Fluß, durchreißt. Es gehört diese Strecke zu den gewaltigsten Bahnbauten Europas. An malerischen Reizen, an wilder Hochgebirgsromantik ist sie allen Alpenbahnen, die ich kenne, überlegen. Erst fahren wir durch anmuthiges reich bebautes Vorland, durch Zuckerplantagen, Orangenhaine, blühende Gefilde. Plötzlich verrammelt eine senkrechte, grauflimmernde Felswand den Weg. In schmaler Rinne, in engem Spalt bricht der Fluß durch dieselbe. In diesem Spalt klettert die Eisenbahn hinauf. Aber Riffe, Nadeln, vereinzelte Klippen folgen. Unten in düsterem Schlunde brüllt der schäumende Fluß. Wir sehen ihn kaum, wir hören ihn nur. Wegträger von schlankem Eisengerippe spinnen sich von einer Nadel zur anderen, Brücken schweben über den Steinbrüchen, in die Wände der Felsspalte hat man den Schienenweg eingeschrammt, er schwebt fast immer über der Tiefe (vergl. die Illustration auf S. 756).

Bricht die Straße einmal durch den Stein, um breiteren Boden zu gewinnen, so sehen wir wohl eine alte Maurenfeste von der Felsnadel aus die Umgebung und den alten Saumpfad beherrschen, sehen den Guadalhorce in hastigen Sprüngen von der oberen Bergstufe hinab in die Tiefe setzen, wo sein Wasser in stäubendem Gischt zerschellt. Aller Pflanzenwuchs hat hier aufgehört. Nur die Zwergpalme kriecht in niedrigem Fächergebüsch den kahlen Stein hinan, mit ihrer Wurzel den Felsen bröckelnd. Erst wenn der Blick wieder freier wird, tritt der geschäftige Pionier der südlichen Pflanzenwelt, die Cactus Opuntia hinzu, die ihre Wurzeln tief in den Steingrund treibt, dem Wasser den Weg öffnet, die Verwitterung beschleunigt. Nach kaum zweistündiger Fahrt ist die Höhe erklommen, eine völlig andere Welt umgiebt uns.

Es ist kühler, nordischer, ernster geworden. Der paradiesische Pflanzenwuchs hört auf. Die Palme, das Zuckerrohr, die Orange bleiben unten zurück, nur der Oelbaum und der Weinstock, die Granate und die Feige folgen uns auf die kältere Hochebene. An geschützten Stellen, in wohlgelegenen Gärten pflanzt man allenfalls noch den Orangenbaum; die Citrone braucht wärmere Luft. Nach Osten hin öffnet sich ein langes muldenförmiges Hochthal, flach von Hügelzügen auf beiden Seiten begrenzt, durchströmt von einem klaren Gebirgsflusse, der munter von Stufe zu Stufe niederspringt.

Hinten wird dieses Thal abgeschlossen von einem mit glänzendem Schnee bedeckten Gebirgsstock. Das ist das Thal des Genil, ist die Sierra de Nevada, aus der schon die Araber kostbaren Marmor, dunklen Jaspis, schimmernden Alabaster gebrochen haben; zu ihren Füßen liegt Granada. Hier zunächst entfaltet die südspanische Gebirgslandschaft die anmuthsvolle Seite ihres Charakters. Die schroffen Gegensätze sind gemildert. Die seitlichen Berge sind bis hoch hinauf mit Olivenhainen bedeckt, in dem Hochthal reift die Traube, da wächst der Maulbeerbaum, da spendet der Boden köstliches Obst, feine Gemüse, Getreide, Baumwolle, Flachs. Die Berge haben ihre Starrheit, der Thalgarten hat seinen Tropencharakter gemildert, das macht das Landschaftsbild harmonischer, lieblicher. Den Arabern hat auch die Vega von Granada ihre hohe Cultur zu danken.

Der Genil ist von ihnen durch diese Fluren geleitet worden, um jeden Bezirk zu ernähren und zu erfrischen. Auf der Höhe [758] der Alhambra erhebt sich, zu äußerst an den Rand des Burgfelsens vorgeschoben, ein alter maurischer Thurm. Er ist der Genosse des Migualete von Valencia. Seine Glocken verkünden das Oeffnen und Schließen der Wehre, die Vertheilung des Wassers auf die einzelnen Gründe. Nur einmal im Jahre dient der Vegathurm anderem Zwecke. An dem Gedächtnißtage der Eroberung Granadas durch die Christen, am 2. Januar, läuten die Glocken den ganzen Tag zum Andenken jenes Sieges der kriegerischen Isabella. Der Glöckner hat damit keine Mühe. Die jungen Andalusierinnen drängen sich herzu, denn der Glaube gilt, daß diejenige, die am lautesten die eherne Zunge erschallen läßt, im Laufe des Jahres den besten Mann bekomme.

Das Innere des Doms von Cordova.
Nach einer photographischen Aufnahme.

Die südspanische Landschaft haben wir in ihren Hauptrichtungen überblickt. Nach Sevilla und Cadiz zu wird sie eben, einförmig. Da strömt der breite Guadalquivir durch feuchte Wiesengründe, auf denen der Kampfstier in Wildheit aufwächst, da folgen die Ausläufer der Sierra Morena von ferne seinen Ufern. – Cordova liegt zwischen dem Flusse und dem Gebirge auf der Grenze von Andalusien. Eine über 200 Meter lange Brücke, ein Prachtbau der Mauren aus dem achten Jahrhundert, führt nach der Vorstadt Campo de la Verdas, wo sich ein wohl erhaltenes maurisches Castell erhebt. Die großartigste Sehenswürdigkeit der Stadt aber ist der berühmte Dom, eine maurische Moschee, und noch jetzt mit Vorliebe „La Mezquita“ genannt. 1100 (früher sogar 1200) schlanke Säulen von Marmor, Jaspis, Porphyr tragen die wunderbar schöne, aus achteckigen und runden, kunstvoll mit einander verbundenen Kuppeln bestehende Decke; 30 Säulenhallen laufen von Osten nach Westen und 16 von Norden nach Süden. Leider ist in diesem großartigen, überwältigend ernsten und schönen Raume nach spanischer Sitte ein Chor in die Mitte gebaut, was die Einheit des Ganzen wesentlich stört. Hier zum letzten Male sehen wir eine alte arabische Stadt, umgeben von einem Thalgarten, beschirmt von den Wänden des nahen Gebirges. Führt die Bahn uns hinauf über die Wände, so breitet die einförmige, traurige castilische Hochebene sich aus, eine traurige Culturwüste, in der es keine Oasen mehr giebt.




Brausejahre.
Bilder aus Weimars Blüthezeit. Von A. v. d. Elbe.
(Fortsetzung.)
30.

Wie kann Luise Dir entgegenkommen?“ sagte die Herzogin Amalie einige Wochen später zu ihrem Sohne, dem Herzoge, der mit ernstem Ausdruck neben ihrem Sopha stand, in welchem sie eifrig und lebhaft redend saß.

„Sag mir selbst, Karl, kann von ihr eine Avance ausgehen? Sie, eine zartfühlende Frau und so lange von Dir negligirt, ja gemieden! Das Herz dreht sich Einem um, wenn man die stumme Qual des armen Geschöpfes ansieht!“

Der Herzog wurde unruhig. „Sie hat es nicht anders gewollt,“ stieß er hervor. „Ich bin auch nicht in Abraham’s Schooß gebettet! Wie Du nur so für sie Partei nehmen kannst?“

„Nehme ich denn Partei? höchstens etwas Rücksicht. Bedenke, wie sie erzogen ist. Ihre Mutter, Karoline von Pfalz-Birkenfeld, Freundin meines Oheims Friedrich von Preußen, war doch, wie allbekannt, eine durch Feinheit und hohe Bildung hervorragende Frau. Wieland sagt von ihr: wäre ich König der Schicksale, sollte sie Königin von Europa werden! Von solcher Mutter sammt den Schwestern vor ein paar Jahren nach Petersburg geführt, mit der Aussicht, vielleicht Kaiserin von Rußland zu werden, hat sie den dortigen Glanz, die großen Formen der Etikette mit Admiration in ihr junges Herz gesogen. Und nun hier, was konnten wir ihr anbieten? Das Schloß war abgebrannt, als sie kam, sie wohnte beschränkt, ein Hofstaat wurde ihr erst nach und nach arrangirt; sie entbehrte viel, nach ihrer Auffassung; natürlich, daß sie Heimweh bekam und nicht froh war. Wir Beiden sind auch – um gerecht zu sein – nicht danach gemacht, ihren Ansprüchen an vornehme Fa­çon völlig zu genügen –“

„Gottlob, daß wir’s nicht sind, Mutter!“ unterbrach er sie mit heiterm Auflachen, beugte sich herab und küßte die lebensprühende Frau auf die Stirn. Sie drückte ihm mit liebevollem Blick die Hand und fuhr fort:

„Was willst Du? Man kann sich die Leute nicht durch die Schablone malen. Ihr beiden scheint, wie die Dinge gehen, freilich gar nicht für einander gemacht, habt Euch kaum jemals recht lieb gehabt – wann aber lieben sich Fürsten? Betonen wir die Pflichten, Karl, die Ihr für einander und für das Land habt! Ich sagte Dir neulich schon, wenn das so fortgehe, müsse ich Constantin ebenbürtig verheirathen. Der dumme Knabe will’s nicht! Du wirst auch nicht für seine Kinder tagwerken wollen. Also mach ein Ende und lebe wieder mit Luisen, wie sich’s gehört! Und so horrible ist’s doch im Grunde auch nicht, sie ist ein hübsches Weibchen, das tausend andern Männern wohlgefiele.“

„Luise? Mag sie hübsch sein, ich empfinde ihre Reize nicht. Feuer, Caprice, Unverstand machen ein Weib begehrenswert; von alledem hat Luise gar nichts. Sie ist correct und tugendhaft, wie eine still duldende Madonna.“

„Ueberwinde Dich und komme ihr entgegen! Also Karl, sei brav, gieb endlich meinen Bitten nach. Du siehst selbst, der jetzige Zustand ist abominable!“

„Wenn sie will, warum nicht? In letzter Zeit hatte sie nichts als spröde Ablehnung für mich.“

„Mir hat sie mit nicht mißzuverstehender Betonung gesagt: sie kenne ihre Pflicht und werde sich derselben nie entziehen!“

„Wohlan, hier meine Hand darauf, ich will versuchen, wieder mit ihr in’s Gleiche zu kommen!“

[759] Der Herzog ging; es war Sonnabend, er wußte, daß die Freunde zur Matinee bei der Göchhausen waren, und wollte irgend ein Fest in Vorschlag bringen, um mit seiner Gemahlin zusammenzutreffen und in zwangloser Weise eine verständigende Unterredung mit ihr herbeizuführen. Er hatte sie so lange nicht in ihrem Zimmer aufgesucht und scheute sich davor.

Karl August erkundigte sich, was man für heute Nachmittag vorhabe, und ob man vielleicht zu morgen einem Ausflug beabsichtige? Er stelle was man wolle zur Verfügung, da er an einem so köstlichen Frühlingstage nicht im Hause sitzen möge, zumal nicht an einem Sonntag-Nachmittage.

Alsbald schwirrten Pläne verschiedenster Art hin und her. Eine Fahrt nach Jena, nach Zwätzen, Burgau, nach der Schneidemühle kam in Vorschlag. Dem Herzoge war dies Alles nicht recht. Er wußte, daß, wenn Luise sich betheilige, sie mit ihren Hofdamen in einem Wagen fahre, und daß in dem bunten Gewimmel einer Landpartie bei kurzem Aufenthalte im Gasthause oder im Freien an ein unbeachtetes Aussprechen nicht zu denken sei. Endlich sagte er:

„Ich will Sonntag Mittag in Belvedere ein kleines Diner geben, nachher können wir im Park promeniren und uns, so gut es gehen will, unterhalten.“

Man wunderte sich im Stillen, daß der Herzog selbst einen solch zahmen Plan entwarf, der sonst nicht nach seinem Geschmacke gewesen wäre, Goethe aber lächelte verständnisvoll und erfreut.

Karl August befahl Seckendorf, den Oberhofmarschall von Witzleben zu benachrichtigen und die Liste der Einzuladenden von ihm später in Empfang zu nehmen.

Bald darauf schlug die übliche Stunde zum Aufbruch. Nur Einer blieb bei der Göchhausen zurück, um, wie er sagte, seinen Prinzen zu erwarten; dieser Eine war Knebel.

Er lehnte sich behaglich in dem kleinen, mit buntem Kattun überzogenen Sopha der Hofdame zurück und bat sie, ihn noch etwas bei sich zu dulden.

„Warum nicht, mon camarade?“ sagte sie in ihrer heiteren Weise; „discutiren wir! Aber blasen Sie mir nicht Trübsal!“

„Etwas derart wird doch als Vorspiel kommen“

„So stecke ich geistig Baumwolle in die Ohren.“

„Verschließen Sie Ihren Geist meinetwegen, thun Sie nur Ihr Herz auf.“

„Sie halten sich also geradezu für bemitleidungswürdig und appelliren an mein Gemüth? Wer hat Ihnen aufgebunden, daß ich mit solcher Schwachheit behaftet bin?“ fragte sie schalkhaft.

„Ein Bischen davon hat doch wohl Jeder abgekriegt?“

„Auf meinen Theil ist zum Glück nicht allzu viel gekommen. Ich lasse den lieben Gott einen guten Mann sein und Jeden vor seiner Thür fegen. Müssen Sie mir aber absolut etwas von Ihrem Staube zukommen lassen, so will ich sehen, welche Schalen und Abfälle Ihrer Wesenheit derselbe enthält. Flöten Sie los; ich stimme die Klageposaune für den Refrain und werde nach einigen Pausen schon richtig einfallen.“

„Sie sind unverbesserlich spöttisch, Thusnelda, und fast sollte einem der Muth ausgehen, mit Ihnen ein vernünftiges Wort zu wagen, aber ich weiß doch, daß hinter der stachligen Außenseite ein rechtschaffenes Herz wohnt.“

„Löcken Sie wider den Stachel!“ sagte sie feierlich.

Es war zu bewundern, daß er nicht bei dem Anblick ihrer drolligen Miene in Lachen ausbrach; es schien ihm aber gar nicht darnach zu Muth.

„Ich fühle mich oft entsetzlich einsam, unbefriedigt unld unglücklich,“ sagte er mit dem tiefsten Ernst.

„Ein ebenso neues wie tragisches Geständniß,“ entgegnete sie, seinen Ton nachahmend.

„Wie fangen Sie es nur an, gleich mir vereinzelt, ebenso wenig durch eine große Berufspflicht erhoben, weder mit Glücksgütern noch mit Annehmlichkeiten gesegnet, sich den stets heitern Sinn zu bewahren?“

„Ah, Sie wollen ein moralisches Recept?“

„Nehmen Sie’s, wie Sie mögen; ich habe oft schon die Empfindung gehabt, mich an Ihnen aufrichten zu können; Ihr leichtlebig Wesen hat mich befreit, Ihre Heiterkeit mich angesteckt. Ja, wenn die Theorie von der Ergänzung etwas taugt, passen wir besonders gut zusammen.“

„Sie denken: hier ein fünftes Rad am Wagen und da eins, giebt zusammen einen leidlichen Karren. Es gehört aber doch noch mehr dazu.“

„Der nahe Anschluß an ein fröhliches Weib würde mir wohlthun, Luise; sollte ich diese beglückende Ergänzung meines unbefriedigten, trüben Ichs in Ihnen gefunden haben? Könnten Sie mich mit allen meinen düsteren Launen lieben, mir Ihre Hand reichen?“

„Zu jedem Contretanz, Freund Knebel, gern, aber nicht zur Ehe, dazu ist Thusnelda Göchhausen nicht gemacht. Ich muß meine Rolle allein ausspielen, und, Hand auf’s Herz, Camerad, Sie lieben mich auch gar nicht!“

Er sah sie erschrocken an und stammelte: „O ja, o doch!“

„Flausen, alter Freund, reden Sie sich keinen Unsinn ein, ich weiß besser, wen Sie lieb haben, als Sie selbst es zu wissen scheinen. Werden Sie doch Ihrem Singvogel, Ihrem hübschen Rudelchen nicht ungetreu! Der Mensch ist thöricht, der sich freiwillig in eine fremde Maske zwingt! Freuen Sie sich, daß ich nicht so unvernünftig bin, Ihnen mit einem geschluchzten Ja um den Hals zu fallen. Es wäre ein wahrer Jammer für Sie, wenn Sie mich heirathen müßten. Sie können nicht recht zum Entschluß kommen, sich Ihrer Liebsten zu erklären; Sie meinen, daß die bürgerliche Sängerin für den ritterlichen Ludwig von Knebel nicht recht paßt, Sie wollen sich vor der Versuchung retten und kommen deshalb zu mir. Schönen Dank, edler Herr, und aus Dankbarkeit diesen guten Rath: folgen Sie Ihrem Herzen, dann wird Ihnen wohler!“

„Luise!“

„So heißt die Rudorf, ich bin Ihre ganz ergebene Collegin Thusnelda!“

„Nun denn, Thusnelda, geschlechtsloser Dämon, der Sie sind, soll ich Ihnen zürnen oder danken für den Rath?“

„Ich denke, Ihr erleichtertes Gemüth sagt Ihnen, was ich verdiene! Aber gute Freunde wollen und können wir bleiben!“

Sie hielt ihm ihre kleine Hand hin, in die er herzlich und in der That mit einem erleichterten Gefühl einschlug.


Der Sonntag Mittag versammelte eine auserlesene Gesellschaft im Empfangssaale des Belvedereschlosses. Es waren nur Personen befohlen, von denen der Herzog wußte, daß sie seiner Gemahlin zusagten. Karl August hatte sich endlich den Entschluß abgerungen, eine Versöhnung mit Luise zu suchen; dieser Vorsatz ließ aber ein beklemmendes Gefühl in seinem Gemüthe entstehen, und voll Spannung ging er dein Zusammensein entgegen.

Hätte er einen andern Ausweg gewußt, so würde er denselben gewählt haben; denn noch immer sprach nichts in seinem Herzen für die sanfte, hoheitsvolle Frau. Es war nur das Unterliegen seiner Gegengründe; er gab lediglich den Vorstellungen seiner Mutter und seines treuen Freundes nach. Augenblicklich ohne Herzensidol, war es mehr ein verdrossenes Sichfügen, als ein eigenes Verlangen, dem er Rechnung trug. Zugleich aber lag ihm daran, von Luisen nicht abgelehnt zu werden; er fühlte, daß es dann zu einem dauernden, nie auszugleichenden Bruche kommen müßte; daß, wenn er jetzt keine Uebereinkunft erzielte, seine Mannesehre, sein Selbstgefühl so empfindlich verletzt sein würden, daß er den Schlag nie verwinden könnte. Deshalb die Spannung und die rücksichtsvolle Auswahl der Gäste; seine Gattin sollte erheitert werden, sollte guter Laune sein, dann hoffte er sie zu versöhnen.

Unter den Eingeladenen befand sich als Beichtvater und Freund Luisens auch der Generalsuperintendent Herder, dessen Anwesenheit dem jungen Fürsten von vornherein ein feierlich gespanntes Gefühl gab.

Als die Gesellschaft versammelt war und der Herzog mit seiner Gemahlin, seiner Mutter und Constantin eintrat, um den sich tief verneigenden Kreis zu begrüßen, hatte er nicht die Empfindung, zu seinem Vergnügen gute Freunde bei sich zu empfangen, wonach er Verlangen getragen, sondern nur die, einem Ceremoniell, einer Rücksicht zu genügen, als deren Bestandtheil er die blasse Frau an seiner Seite ansah. Er streifte sie mit einem verdrießlichen Seitenblicke und wurde sich mit wahrem Schmerz wieder einmal der völligen Verschiedenheit ihrer beiden Naturen bewußt.

Das Diner verlief unter den üblichen Formen; nach demselben wurden die Flügelthüren des Empfangssaals geöffnet, welche auf [760] eine mit Orangerie besetzte Terrasse führten, von der aus man in den Park gelangte.

Man trank den Kaffee im Freien und zerstreute sich plaudernd in Gruppen, hier und da hinschlendernd.

Die Herzogin Luise ging mit Herder auf einer der Terrassen entlang. Sie sagte in ihrer ruhigen Weise:

„Ich befand mich diesen Morgen so unwohl, daß ich nicht zur Kirche kommen konnte; wußte ich doch auch, daß es meine Pflicht sei, heute hier zu erscheinen. Bitte, verehrter Herr, theilen Sie mir in Kürze einen Auszug Ihrer Predigt mit; die Hoffnung, hier etwas davon aus Ihrem Munde zu vernehmen, war mein Trost.“

„Ich habe über das Evangelium der Eintracht gepredigt,“ erwiderte der geistliche Herr und begann dem Wunsche der Fürstin zu willfahren.

Er blieb erhoben von seinem Thema, das er in schöner Begeisterung ausführte, vor ihr stehen; seine freie Stirn schien zu glänzen, sein helles Auge die Natur in ihren verborgensten Geheimnissen ausspähen zu wollen.

Die andächtige Hörerin sah gefesselt zu dem Manne auf, von welchem sie schon oft Trost und Ermuthigung für ihr betrübtes Herz empfangen. Sie dankte ihm bewegt, als er ausgeredet hatte, und sagte:

„Wenn ich Ihr klares Urtheil, Ihre erhabene Auffassung, die immer nur aus einem, aus dem höchsten Gesichtspunkte sieht, mir recht zu eigen machen könnte, würde sowohl manche beglückte Stunde, wie auch manche Stunde des Leids eine höhere Weihe empfangen. Ja, oft war ich letzthin bis zur Kleinmütigkeit gesunken, alles düster und dumpf um mich her, alle Hoffnung erloschen!“

Als Luise nach diesen Worten, die sie, Herder vereherungsvoll anblickend, gesprochen hatte, wieder vor sich hinsah, bemerkte sie den Herzog, wie er mit Knebel in dem Gange, in welchem man nicht ausweichen konnte, auf sie zukam.

Sie war durch ihre Schwiegermutter mit der Wahrscheinlichkeit eines Annäherungsversuchs von Seiten des Herzogs bekannt gemacht und hatte den Morgen in einer peinlichen Erregung zugebracht. Die ganze Zusammenstellung der heutigen Gesellschaft bewies ihr eine seltene Rücksichtnahme auf sie selber.

Jetzt, als Karl August auf sie zutrat, wußte sie, daß es zu einer Erörterung kommen werde. In Folge der eben gepflogenen Unterredung mit dem geistlichen Herrn vermochte sie es jedoch leichter als sonst, Bitterkeit und Empfindlichkeit zurückzudrängen; aber ein Gefühl der Scheu, stärker als da sie dem Herzoge vermählt wurde, hielt ihr ganzes Sein in Banden.

Erbleichend schlug sie vor seinem Blick die Augen nieder, und ein Beben, dessen sie nicht Herr war, lief durch ihre Glieder.

Knebel blieb mit seinem Freunde Herder zurück und bog mit demselben in den nächsten abzweigenden Weg ein, während der Herzog seiner Gemahlin den Arm bot und sie mit einigen raschen Schritten dem Gehörkreise der Männer entführte.

Trotz allen guten Willens wurde es jetzt Karl August doch schwer, irgend ein Wort an die Frau zu richten, die mit so sichtlicher Pein an seiner Seite aushielt. Ihre Blässe, ihr Zittern entgingen ihm nicht und zeigten nur zu deutlich, daß ihr Herz ihm keine Liebessehnsucht entgegen brachte. Ihr Gemeinplätze über Wetter und Frühling zu sagen, schien ihm, bei seinem natürlichen offnen Charakter, lächerlich, und deshalb währte es mehrere Secunden, bis er sich so weit sammelte, daß er sie mit einiger Unbefangenheit anreden konnte.

„Mir däucht, Luise,“ sagte er ernst, „wir haben uns in unserm Verhalten gegen einander schon zu lange von dem Wege der Pflicht entfernt. Wie denken Eure Liebden über einen Ausgleich, eine Versöhnung?“

„Ich hoffe, daß ich nie meine Pflicht außer Augen gelassen habe! Eine Annäherung konnte unter keinen Umständen von mir ausgehen.“

„Natürlich, correct wie immer!“ rief er spöttisch und bitter. „Gut, komme Alles auf mein Haupt, sei ich der Sünder, der Gescholtene, gleichviel! Kurz und bündig, Luise: betrachtest Du Dich noch als mein Weib oder nicht?“

„Ich habe nie gewagt, daran zu zweifeln daß ich es bin,“ flüsterte die Herzogin tief gesenkten Hauptes, mit einem holden Erröthen auf den zarten Wangen, das den Herzog mit einem bisher ungekannten Reiz erfüllte. Dichter zog er ihren Arm unter den seinen, und lange wandelte das hohe Paar einsam in den verschwiegenen Gängen des köstlichen Parkes.

(Fortsetzung folgt.)




Die Welfen in Braunschweig.

Das Haus der Welfen ist eines der ältesten und war in einer gewissen Periode der deutschen Geschichte weitaus das mächtigste unter allen deutschen Fürstenhäusern. Schon unter Karl dem Großen will man die ersten Spuren dieses Geschlechts finden. Der Stammvater des Hauses soll seine Tochter Jutta mit des großen Kaisers Sohne, Ludwig dem Frommen, vermählt haben. Seine Nachkommen zeigten und bethätigten ihre Macht und ihren Ehrgeiz, wie damals leider so viele der großen Vasallen, häufiger in Kämpfen mit den deutschen Kaisern, als im Anschluß an diese.

Als unter Kaiser Heinrich III. das Haus der Welfen im Aussterben begriffen war, wurde es erneuert und zugleich verstärkt durch Verschwägerung mit dem mächtigen Hause der Este in Oberitalien, das ebenso hervorragende Helden und Führer für die Kreuzzüge, wie feinsinnige Fürsten lieferte, unter deren Schutz am Hofe zu Ferrara die Künste blühten und ein Tasso sein unsterbliches Lied vom befreiten Jerusalem sang, in welchem er jene Vereinigung der deutschen und der italienischen Welfen oder Guelfen, zugleich die spätere Größe des Hauses verherrlichte.

Allmählich erstieg das Haus Welf Este eine Staffel dieser Größe nach der andern. Schon durch Kaiser Heinrich IV. mit dem Herzogthum Bayern belehnt, dehnte es durch zweimalige glückliche Heirath mit Erbtöchtern sächsischer Großen sich auch nach dem Norden Deutschlands aus, und Heinrich dem Stolzen verlieh der kaiserliche Schwiegervater Lothar bei seiner Besteigung des Kaiserthrons das bisher von ihm selbst regierte Herzogthum Sachsen. Niemals war bisher ein so großer und so wohl abgerundeter Länderbesitz vereint in der Hand eines einzigen deutschen Fürsten. Derselbe erstreckte sich von der Nord- und Ostsee bis an’s Adriatische Meer, von der Elbe bis zum Rhein.

Des Stolzen Sohn, Heinrich der Löwe, brachte zu diesem gewaltigen Erbe an Land und an Macht einen ebenso gewaltigen Geist mit, durch den er dasselbe vergrößerte, namentlich aber auch ausgiebig machte nicht blos für die Interessen seines Hauses, sondern ebenso für die Interessen des Reichs. Mit seiner alleinigen Kraft, ohne Hülfe vom Reiche, wehrte er Dänen und Slaven von den Nordgrenzen Deutschlands ab, ja gewann er von letzteren bedeutende Landstriche und ward so auf eigene Hand ein „Mehrer des Reichs“. Ein kräftiger Beschützer und Förderer von Handel und Gewerbe, ebenso wie von Wissenschaft und Kunst, schuf er zwei wichtige Verkehrscentren, Lübeck im Norden, München im Süden. Der römischen Kirche gegenüber hielt er streng auf sein Recht als Landesherr; ja er brachte es dahin, daß die Bischöfe in seinen Herzogthümern von ihm die Belehnung mit Ring und Stab empfangen mußten, während selbst der mächtige Hohenstaufenkaiser Friedrich I. den Machtvergrößerungsgelüsten des Papstthums nur einen unzureichenden Widerstand entgegensetzte.

Einseitige Bewunderer der Hohenstaufen und ihrer italienischen Politik haben Heinrich den Löwen wie einen Verräther an Kaiser und Reich behandelt, weil er, nachdem er viermal dem Kaiser Barbarossa Heeresfolge zu seinen Feldzügen nach Italien geleistet (Feldzügen, die weit mehr das Hausinteresse der Hohenstaufen, als das Interesse des Reichs berührten), beim fünften endlich seine weiteren Dienste versagte. Aber eine Pflicht gegen Kaiser und Reich verletzte er dadurch nicht, denn die großen Vasallen waren durch ihren Lehnseid nur zu Einer „Römerfahrt“ verpflichtet (um dem deutschen Könige die römische Kaiserkrone zu holen), nicht zu beliebigen Kriegszügen nach Wunsch und Vortheil des einzelnen Kaisers. Und Heinrich der Löwe hatte die richtige Einsicht, daß diese Kämpfe mit den italienischen Städten und mit dem Papste selbst um die Herrschaft in einem nichtdeutschen Lande, Italien, dem Reiche viel weniger Nutzen brächten, als eine Behauptung und Erweiterung der Grenzen des Reichs nach dem

[761]

Die Waisen.
Nach dem Oelgemälde von W. Bouguereau.
Photogravure von Goupil u. Comp. (Boussod, Valadon u. Comp.) in Paris.

[762] Norden und Osten hin, wo es galt, die an Cultur hinter den Deutschen zurückstehenden Slaven zu germanisiren. Die neuere Geschichtsforschung ist dem großen Sachsen- und Bayernherzoge gerecht geworden und hat sein Bild von jenem unverdienten Makel rein gewaschen.

Damals freilich mußte er schwer dafür büßen, daß er gewagt hatte, der italienischen Hohenstaufenpolitik seine Hülfe zu verweigern. Sein Sohn Otto setzte, als Gegenkaiser Philipp’s von Schwaben (unter dem Namen Otto IV.), den Kampf der Welfen oder Guelfen gegen die Ghibellinen (ein Beiname der Hohenstaufen) noch länger fort. Auch in Italien wogte eine Zeit lang der gleiche Kampf heftig hin und her; dort waren die Guelfen Anhänger des Papstes und der mit ihm gegen die deutschen Kaiser verbündeten oberitalienischen Städte, die Ghibellinen Anhänger der Kaiser.

Die Geschichte des Welfenhauses in Deutschland bewegt sich seit dem Tode Otto’s IV. in dem engen Rahmen der braunschweigischen Lande. Zwei Hauptlinien treten hier allmählich hervor, Braunschweig-Wolfenbüttel (das heutige Braunschweig) und Braunschweig-Lüneburg oder Hannover, jenes die ältere, dieses die jüngere Linie. Die jüngere überholte die ältere mit der Zeit an äußerem Glanze: sie gelangte 1692 in den Besitz des Kurhutes, 1714 gar auf den englischen Thron, letzteres in Folge der Heirath Ernst August’s von Hannover mit der Enkelin Jacob’s I. von England.

Ungleich bescheidener spinnen sich die Geschicke der älteren, wolfenbütteler, Linie ab. Mit der großen Politik hat sie nichts zu thun; selbst in den deutschen Reichsangelegenheiten spielt sie keine hervorragende Rolle; dafür widmen nicht wenige ihrer Fürsten ihre Kraft entweder einer besonders sorgsamen Pflege der Volksinteressen, oder der Kunst und Wissenschaft, oder zeichnen sich als Heldenführer im Kriege aus und bringen so oder so den braunschweigischen Namen zu Ehren.

Am Ende des Dreißigjährigen Krieges, als es galt, die furchtbaren Wunden, die dieser den Ländern geschlagen, nach Kräften zu heilen, glänzt unter den wenigen deutschen Fürsten, die dies redlich thaten, an erster Stelle August von Braunschweig, der „göttliche Greis“, wie seine Zeitgenossen ihn verehrungsvoll nannten. Er ist auch der Stifter jener Wolfenbütteler Bibliothek, durch deren Besitz es einem seiner Nachkommen möglich ward, den Namen Lessing’s mit dem Namen des braunschweigischen Landes dauernd in ehrender Weise zu verknüpfen.

Die Löwensäule in Braunschweig, 1166 errichtet von Heinrich dem Löwen.

Zwei andere wissenschaftliche Stiftungen verdankt das Land Braunschweig seinen Fürsten, die der Universität Helmstedt (1575), die bis zu ihrem Eingehen im Jahre 1809 sich eines hohen Rufes erfreute, und des Carolinums in der Stadt Braunschweig (1745), einer höheren, zwischen Gymnasium und Universität stehenden, 1861 in ein Polytechnicum verwandelten Lehranstalt. Mit dem Verdienste eines warmen Gönners der schönen Wissenschaften, des Freundes eines Lessing und eines Mendelssohn vereinigte später der Herzog Karl Wilhelm Ferdinand den Ruf eines tüchtigen Feldherrn im Siebenjährigen Kriege, er, den der große König selbst so werth hielt, daß er in seiner Geschichte dieses Krieges ihn rühmend erwähnte und sogar eine Ode auf ihn dichtete. Leider erfuhr der Feldherrnruf Karl Wilhelm Ferdinand’s eine Trübung schon in dem Kriege von 1792 gegen Frankreich, wo er die preußischen Truppen nicht glücklich führte, mehr noch 1806, wo er, ein Greis von einundsiebenzig Jahren, noch einmal an die Spitze des Heeres gestellt ward. Die unglückliche Schlacht bei Auerstädt kostete ihm das Leben. Wie er, fiel sein Sohn Friedrich Wilhelm, der „schwarze Herzog“, auf dem Felde der Ehre im Kampfe für Deutschlands Freiheit; er starb bei Quatrebras den Heldentod. Er war der Vater des jetzt verschiedenen Herzogs Wilhelm. Das Schicksal des älteren Bruders Karl, des „Diamantenherzogs“, ist zu bekannt und ehrenleer, als daß man es überhaupt noch berühren möchte.

Herzog Wilhelm war am 25. April 1806 geboren und ist am 18. October 1884 gestorben; er hat nahezu die Mitte des 79. Jahres erreicht und über ein halbes Jahrhundert sein Land regiert, oder vielmehr regieren lassen. Denn direct hat sich Herzog Wilhelm an den Regierungsgeschäften schon deshalb wenig betheiligen können, weil er häufig außer Landes verweilte, bald auf seinen großen schlesischen Besitzungen, bald im Süden; aber er hatte das Glück, viele gute Minister zu besitzen, und er ließ diese, als aufrichtig constitutioneller Fürst, ruhig gewähren. Das Verhältniß zwischen Regierung und Ständen war, kleine Differenzen abgerechnet, im Ganzen ein befriedigendes; insbesondere aber hat Braunschweig sowohl die Zeit der stürmischen Bewegung von 1848 als die der darauf folgenden Reaction ohne bedenkliche Erschütterungen durchgemacht.

In nationalen Angelegenheiten bethätigte der Herzog, im Einklange mit der Bevölkerung seines Landes, sich allzeit als gut deutsch und hat seine Pflichten als deutscher Fürst stets redlich erfüllt, Regierung und Volk gern den einmal geregelten Gang ungestört gehen lassend. Dabei liebte er es, den Schranken des Hofceremoniells zu entfliehen, und selbst den treu und aufrichtig gemeinten Huldigungen bei Gelegenheit seines fünfzigjährigen Regierungsjubiläums entzog er sich, sehr zum Mißvergnügen seiner Braunschweiger. Dem Geräusch der Welt entrückt, führte er in den verschwiegenen traulichen Räumen seiner Villen und Schlösser in Braunschweig und Sibyllenort ein freies Junggesellenleben, seinem Hoftheater und namentlich dem Ballet eine ganz besondere Fürsorge widmend.

Man sprach im Allgemeinen wenig von ihm, den um sein Privatleben gezogenen Schleier nicht lüftend, aber nach seinem Tode erregte das aufgefundene, wichtige Landesinteressen, sowie die Zukunft einer ganzen Classe von Hofbeamten, des Hoftheaters, der Kunstschätze des Braunschweiger Museums außer Acht lassende Testament einen argen Sturm, und so werden denn beide Testamente der letzten braunschweiger Herzöge, die über Millionen verfügten, ohne ihres Landes zu gedenken, lange unvergeßlich bleiben!

Der Tod des letzten Welfenherrschers hat das Volk Braunschweigs in augenblickliche Sorge um seine staatliche Zukunft versetzt, doch giebt des Landes Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche ihm die Zuversicht, daß kein undeutsches Haupt jemals Braunschweigs Herzogskrone tragen wird.

So endete das einst so große und mächtige Haus der Welfen, dessen Häupter in Deutschland einst so hoch emporragten, daß die Kaiserkrone für sie nicht zu hoch stand. Herzog Wilhelm starb fern von seinem Thron und seinem angestammten Lande, und seine Leiche sank als die des letzten Welfenherzogs in die Gruft zu Braunschweig. Der jüngere Welfenzweig von Braunschweig-Lüneburg hat seit der Gründung des Norddeutschen Bundes aufgehört in Deutschland zu regieren und wird auch in England dem deutschen Hause Sachsen-Coburg weichen, das bereits in Belgien und Portugal neue Fürstenstämme gegründet hat.K. R.     

[763] 
Blätter und Blüthen.


Die Wiener „Concordia“. Am 19. October beging der Wiener Journalisten- und Schriftstellerverein „Concordia“ das Fest seines fünfundzwanzigjährigen Bestandes. Man ist gegen Jubiläen ein wenig mißtrauisch geworden, und zwar mit Recht, denn es hat sich mit der Wucht einer Epidemie die Sitte eingenistet, jeden irgendwie numerisch bemerkenswerthen Abschnitt in der Existenz einer Persönlichkeit oder einer Vereinigung zu öffentlichen Kundgebungen zu gebrauchen – in manchen Fällen zu mißbrauchen. Diesmal aber handelt es sich um ein Jubiläum, welches in der That das theilnahmsvolle Interesse aller Gebildeten verdient, eine Behauptung, die keineswegs parteiisch ist, obwohl sie aus der Feder eines Mitgliedes der „Concordia“ kommt. Wenn man zurückschaut auf die Geschichte der österreichischen Presse, welche seit fünfundzwanzig Jahren identisch ist mit der Geschichte der „Concordia“, so gewinnt man rasch und sicher die Ueberzeugung, daß das Vierteljahrhundert, welches der genannte Verein beschlossen hat, reich ist an wichtigen Momenten für das ganze geistige Leben der Oesterreicher.

Bis zum Jahre 1848 existirte in Wien – und in diesem besonderen Falle ist unter Wien die ganze Monarchie zu begreifen – keine Tagespresse in dem Sinne, wie man heute dieses Wort gebraucht. Der „Humorist“, die „Theaterzeitung“, der „Sammler“ und ähnliche Blätter nährten sich vom Theaterklatsch. Das in Fesseln gehaltene Volk sollte so wenig als möglich erfahren von dem, was „draußen“ vorging, es sollte seine Aufmerksamkeit auf Opern, Lustspiele und Possen concentriren – das Theater galt den damaligen Regierungskünstlern als ein Sicherheitsventil. In den Tagen der Bewegung schossen dann die Blätter wie Pilze aus der Erde; viele, um nur einen Tag lang zu leben, diese kurze Zeit hindurch allerdings frei und zügellos. Dann kam die Reaction. Die Presse lag in Banden, und nur allmählich streifte sie einen Theil derselben ab – nur einen Theil, denn noch heute haftet ihr ein Stück der Eierschale an, aus der sie hervorgeschlüpft: der Zeitungsstempel, das Verbot der Colportage, das sogenannte „objective Verfahren“ – welches eine Art Verurtheilung ohne Proceß in sich begreift – und noch manches andere Ueberbleibsel aus der sogenannten „guten alten Zeit“. Aber mit Stolz darf die österreichische Presse, die in ihrer heutigen Form noch so jung ist, sich der seither gewonnenen Errungenschaften erinnern. Derzeit ist sie in der That, was Bluntschli als die Wesenheit der Journalistik bezeichnet: sie gleicht dem Chorus der alten Tragödie, sie begleitet mit ihrer Rede die Action, und kein großes Ereigniß entschlüpft ihrem Richterspruche. Ueberdies hat die Wiener Presse sich in Inhalt und Form in aufsteigender Linie tüchtig bewährt, und eine ihrer meist genannten Partien: das Feuilleton – man verzeihe mir dieses gewagte Lob pro domo – genießt eines glänzenden Rufes, dessen Bedeutung ich nicht untersuchen will.

Wie Beaumarchais darf sie sagen: „Mein Leben ist ein Kampf“. Die Entwickelung wurde ihr nicht leicht gemacht, und gerade in unseren Tagen hat sie, soweit sie der Sache des wahren Liberalismus und des Deutschthums dient, wieder vollauf zu thun, um jeden Zollbreit ihres Bodens zu behaupten.

In diesem Ringen war die „Concordia“ allezeit voran, war sie Führerin, Anwalt und Dolmetsch. Sie entstand unter dem Eindrucke eines Momentes, in welchem die Herzen höher schlugen in dem geheiligten Andenken an einen unsterblichen Vorkämpfer der Gedankenfreiheit.

Im Jahre 1859 veranstaltete Wien die Säcularfeier von Schiller’s Geburt. Ein Festzug war behördlich gestattet worden, zündende Reden zu Ehren Schiller’s wurden gehalten, die Stadt schwamm in einem Freudenrausche, man nannte Schiller, und man meinte so vieles Andere. – Der Augenblick war herrlich schön, und man glaubte, aus ihm das Recht auf einen freudigen Ausblick in das Kommende schöpfen zu dürfen.

Damals, in diesen Vorbereitungen that sich ein Häuflein Journalisten zur Gründung der „Concordia“ zusammen und faßte all’ die Ziele in’s Auge, welche allerdings nur langsamen Schrittes, nach und nach, wirklich erreicht werden konnten: Wahrung der Standesinteressen, thatkräftige Wehr gegen die Bedrückung der Presse, materielle Versorgung alter oder invalid gewordener Mitglieder, Sicherstellung des Looses von Wittwen und Waisen.

Bei der ersten Generalversammlung zählte der Verein 75 Mitglieder, nun sind ihrer nahezu 300; damals war sein Besitzthum verschwindend klein, heute nennt er etwa eine Million Gulden sein eigen und gewährt Pensionen, wie keine andere literarische Gesellschaft sie ihren Mitgliedern zu bieten vermag. Von Anfang an legte die „Concordia“ das Hauptgewicht ihrer Thätigkeit auf die Fürsorge für den Journalisten; den Schriftsteller, den Dichter versetzte sie in die zweite Linie – nicht etwa aus Mangel an Pietät gegen die eigentlich producirenden Kräfte, sondern aus inneren Gründen, die bei Gelegenheit des Jubiläums erwähnt werden müssen.

Nicht ohne Absicht wurde der Titel der Gesellschaft gefaßt: „Journalisten- und Schriftsteller-Verein“. Speciell in Oesterreich hatten die hervorragendsten Vertreter seiner Literatur Staatsanstellungen: Grillparzer, Halm, Mosenthal etc. Der Poet, der, losgelöst von den Zeitereignissen, schafft, darf ungescheut Gaben annehmen von Regierungen, Potentaten, von fürstlichen Mäcenen. Anders der eigentliche „Zeitungsmensch“. Völlige Unabhängigkeit ist für ihn die Vorbedingung einer gedeihlichen Thätigkeit, Unabhängigkeit in der Gegenwart und in späteren Zeitläuften.

Die Gründer der „Concordia“ erkannten diese Wahrheit, daher wandte man seine Fürsorge in erster Linie den Journalisten zu, und so kam es, daß der Verein immer mehr und mehr darnach trachtete, die materielle Seite seiner Wirksamkeit zu betreiben. Die im Jahre 1872 erfolgte Errichtung des Pensionsfonds war der entscheidendste Schritt. Der derzeitige Abgeordnete der Brünner Handelskammer im österreichischen Reichsrathe, Herr Joseph Neuwirth, ehemals einer der Redacteure der „Neuen freien Presse“, darf als der Schöpfer dieser Abtheilung der „Concordia“ betrachtet werden. Er hat sich um uns Alle, die wir der österreichischen Presse angehören, unvergängliche Verdienste erworben.

Ueber den finanziellen Interessen sind aber die geistigen niemals vergessen worden. Die bisher im Amte gewesenen Präsidenten – Dr. Franz Schuselka, Dr. Leopold Wittelshöfer, Wilhelm von Wiener, J. K. Lecher, Johannes Nordmann – und der noch functionirende Josef von Weilen waren allezeit, unterstützt von Vorstand und Ausschuß, bemüht, die „Concordia“ nicht auf das Niveau eines bloßen Versorgungsvereins herabsinken zu lassen. Braucht man doch nur an die von der „Concordia“ veranstalteten Lese-Abende zu erinnern, um das zu erhärten. Heinrich Brugsch, Franz von Holtzendorff, Dr. Nachtigal, Franz Dingelstedt, Ernst Häckel, Alfred Brehm, Max Maria von Weber, Moriz Lazarus, Berthold Auerbach, Rudolf von Gottschall, Friedrich Bodenstedt, Paul Lindau und noch eine Reihe von Vortragenden mit weithin tönenden Namen betheiligten sich. Aus ihrer stillen Wirksamkeit trat die „Concordia“ immer entschiedener in die Oeffentlichkeit. Bei freudigen wie bei traurigen Anlässen vernehmen wir ihre Stimme. Sie trägt zu Denkmalen berühmter Persönlichkeiten bei und bekundet ihre Theilnahme bei dem Ableben verdienstvoller Zeitgenossen. Sie übte im Jahre 1881 gegen den „Deutschen Schriftstellerverband“ und gegen den „Congrès littéraire international“ herzliche Gastfreundschaft. Sie gab zu wohlthätigen Zwecken 1880 das Festblatt „Vindobona“ heraus, dessen Erträgniß ein überaus reiches, und 1882 veranstaltete sie, im Verein mit anderen Genossenschaften, wieder zum Besten von Nothleidenden ein originell ersonnenes Maskenfest.

Im Laufe der Jahre that sie bei dem Parlament so manchen Schritt, um eine Reform der Preßgesetzgebung zu erwirken. Im Innern der Corporation schuf sie das Institut des Ehrengerichtes, um dem ganzen Stande einen neuen moralischen Halt zu geben. Diese wenigen Daten greife ich auf gut Glück aus der Geschichte der „Concordia“ heraus, um an der Hand von Thatsachen zu beweisen, daß sie sich nicht damit genügen ließ, ihren Angehörigen finanzielle Vortheile zu bieten. Aber diese letzteren haben einen so großen ethischen Werth, daß bei reiflicher Erwägung Niemand bestreiten kann, die „Concordia“ erfülle eine edle und schöne Mission, sie fördere die Presse in ihren höchsten Interessen, wenn sie dem Journalisten die Sicherheit gewährt, daß er ruhig in die eigene Zukunft und in die seiner Lieben blicken, daß er aber auch momentan in den Fällen schwerer Krankheit oder drückender Nothlage auf ausgiebige Hülfe rechnen darf. Wer sich dem aufreibenden Berufe widmet, die Geschichte des Tages zu schreiben und sich dabei als Vertreter seiner Principien in die Bresche zu stellen, soll davor bewahrt bleiben, auch nur einen Augenblick lang der Versuchung, die ihn von seinem Platze hinweglocken will, Gehör zu schenken, und solche Sicherung strebt die „Concordia“ mit stets wachsender Machtfülle an.

Der 19. October gab den Wiener Journalisten und Schriftstellern begründeten Anlaß, in Feststimmung der letzten fünfundzwanzig Jahre zu gedenken. Eine feierliche Generalversammlung und ein Bankett bildeten das Programm des Tages. Ernst und Scherz kamen zu wirksamer Geltung. Man durfte zum Schlusse sich mit Genugthuung daran mahnen lassen, daß der Verein seinen Namen in jenen unvergeßlichen Schiller-Tagen 1859 aus dem „Lied von der Glocke“ geholt:

„Concordia soll ihr Name sein,
Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine
Versammle sie die liebende Gemeine.“

Ferdinand Groß.


WS: Das Gedicht „Die Waisen“ von Frida Schanz kann aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht wiedergegeben werden. [764] Friedrich Kapp †. Immer mehr schmilzt das Häuflein Derer zusammen, die in den Jahren 1848 und 1849 um das Ideal kämpften, welches wir 1870 und 1871 unter unseres greisen Kaisers Führung thatsächlich erreichten. Kapp war Einer derjenigen, die 1849 den Weg der Verbannung nach der neuen Welt, nach Amerika, wandeln mußten, um Schlimmerem in der Heimath zu entgehen. Von welch segensreichem Erfolge dort sein mannhaftes Eintreten für Freiheit und Recht begleitet war, ist in dem Jahrgange 1869 der „Gartenlaube“ (in Nr. 22) mit beredten Worten geschildert worden. Friedrich Kapp stand stets in erster Reihe, wenn es galt, die edelsten Ziele zu erreichen, er trat mit Wort und Feder ein in die Bewegung des Secessionskrieges, und er war einer derjenigen, welchen die Deutschen „drüben“ es verdanken, wenn heute ihr Selbstvertrauen und ihr Stolz auf ihre eigene Nationalität und Sitte so stark ist, daß das Deutschthum dort nicht mehr in Gefahr ist, sich selbst zu verlieren und in dem Yankeethum unterzugehen. Bekannt sind die Verdienste, welche Kapp sich um die Verbesserung des Looses deutscher Auswanderer erwarb, bekannt, mit welchem Freimuthe er die Schäden und Mißbräuche in den Auswandererschiffen aufdeckte, und mit welchem Erfolge er auf deren Beseitigung drang. Diese Seite seiner Thätigkeit allein schon sichert ihm ein dauerndes Andenken im Herzen des Volkes.

Im Mai 1870 kehrte Friedrich Kapp in die geliebte, nie vergessene Heimath zurück. Er ließ sich in Berlin nieder und entwickelte hier sehr bald wieder eine energische und glückliche politische Thätigkeit, als Reichstagsabgeordnetcr namentlich in Auswanderungs-, See-, Consular- etc. Angelegenheiten zum Segen des Volkes und des Vaterlandes. In gleich hohem Maße geachtet von seinen politischen Gegnern, wie von seinen Freunden, verhütete er durch die Liebenswürdigkeit seines Wesens manchen heftigen Zusammenstoß in den parlamentarischen Debatten in und außerhalb des Reichstags.

Seine vorwiegend auf historischein Gebiete sich bewegende schriftstellerische Thätigkeit, die in dem angeführten Artikel der „Gartenlaube“ ausführlich beleuchtet worden, schaffte seinem Namen einen guten Klang: alles, was er anfaßte, ergriff er beim rechten Ende, mit rechten Mitteln, im Streben nach dem Höchsten und Besten. Sein letztes großes, im Auftrage des Börsenvereins deutscher Buchhändler unternommenes Werk, „Die Geschichte des Buchhandels“, war bei seinem Tode leider unvollendet.

Er starb am 27. October in seinem sechszigsten Jahre, zu früh’ für die Nation, betrauert von den Deutschen diesseit und jenseit des Oceans, vorzugsweise von den Vielen, welchen er das harte Loos der Auswanderung erleichterte, denen er im fremden Lande das Bewußtsein der eigenen Nationalität bewahren half.



Sir Moses Montefiore. Am 24. October vollendete in London ein würdiger Greis sein hundertstes Lebensjahr, wozu ihm aus Nah und Fern zahllose Glückwünsche dargebracht wurden. Sie galten alle dem Manne, der sein vielbewegtes Leben den reinen Aufgaben der Menschenliebe geopfert, dem ehemaligen Banquier Sir Moses Montefiore. In verhältnißmäßig frühem Lebensalter hatte er sich als Makler an der Londoner Börse ein ansehnliches Vermögen erworben, trat später als Theilhaber in das Rothschild’sche Haus ein und arbeitete hier mit solchem Glück, daß er sich als angehender Vierziger in’s Privatleben zurückziehen und fast ausschließlich seinen philanthropischen Neigungen widmen konnte. Er trat zunächst für die Emancipation der Juden in England ein und suchte später die Lage seiner Glaubensgenossen in fremden Ländern günstiger zu gestalten. Er ist zu diesem Zwecke mehrmals in Palästina gewesen, wo er Grund und Boden für die dortigen Israeliten erwarb und gewerbliche Unternehmungen und Armenhäuser in’s Leben rief. Im Jahre 1840 bereiste er Russisch-Polen, um die Lage seiner Glaubensgenossen daselbst kennen zu lernen und Kaiser Nicolaus Reformvorschläge zu unterbreiten. 1863 ging er nach Marokko, wo gerade eine grausame Judenverfolgung losbrach, und erwirkte von dem dortigen Sultan einen Ferman, durch den Juden wie Christen vor Gewaltthätigkeiten gesichert werden sollten. Nicht minder energisch trat er gegen die Judenverfolgung in Rumänien im Jahre 1867 auf. Außerdem war er einer der größten Wohlthäter Londons, der sich für jüdische wie christliche Schulen und Armenhäuser unvergängliche Verdienste erworben.

Schon im Jahre 1837 wurde Montefiore von der Königin zum Ritter ernannt und bekleidete viele angesehene Stellungen. Nun hat er das Patriarchenalter erreicht, hochgeehrt und geliebt von Allen, die ein Herz haben für die leidende Menschheit, und kann mit innerer Befriedigung auf sein Schaffen und Wirken zurückblicken, das stets von dem Geiste reiner Humanität durchdrungen war.



Prophezeiung durch ein Soldatenlied. Als im Jahre 1849 Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserwürde abgelehnt hatte, verbreitete sich im Braunschweigischen unter den Soldaten ein Lied, dessen letzte Strophe folgendermaßen lautete:

„Kommt’s heute nicht, kommt’s morgen,
Es muß uns doch erstehst –
Der Himmel wird schon sorgen,
Daß wir den Kaiser sehn.“

Fr.     

Allerlei Kurzweil.


Scherz-Rebus.

Lösungen zu der Rössel-Ausgabe in Nr. 43. Wegen Mangel an Raum können wir nur je 1 Position angeben. – Man besetzt z. B. folgende Felder des Schachbretes mit:

5 Springern: a 8, b 2, d 4, c 4, g 6;
6 00 : a 1, a 4, d 8, c 8, f 2, g 2:
7 00 : a 1, a 4, a 7, c 8, f 2, f 8, g 2;
8 00 : a 1, a 6, c 8, d 1, f 8, g 1, h 5, h 6;
9 00 : a 1, a 2, b 2, b 8, c 8, g 2, g 3, h 7, h 8;
10 00 : a 1, a 6, a 7, b 1, b 2, g 1, g 2, h 1, h 6, h 7;
11 00 : a 1, a 2, b 2, b 8, c 8, g 1. g 2, g 7, h 1, h 7, h 8;
12 00 : a 1, a 2, a 8, b 2, b 7, b 8, g 1, g 2, g 7, h 1, h 7, h 8.

Auflösung des Bilder-Räthsels in Nr. 45: Kein Harnisch schützt wider den Tod.


[Inhaltsverzeichnis dieses Heftes, hier nicht übernommen.]


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