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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum: 1881
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: commons
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[289]

No. 18.   1881.
Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.


Wöchentlich  bis 2 Bogen. Vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig.



Bruderpflicht.
Erzählung von Levin Schücking.
(Fortsetzung.)


6.

Es war am andern Tage. Der herzogliche Oberstallmeister und neue Graf Gollheim saß in seinem großen auf den Garten hinausgehenden Arbeitszimmer im Erdgeschoß seines hübschen Hotels; die Fensterthür, die über wenige Stufen in den Garten hinabführte, stand offen und gewährte den neugierigen Buchfinken, welche draußen umherflatterten und bis auf die Schwelle gehüpft kamen, das Vergnügen, einen so vornehmen Herrn an der Arbeit zu sehen: der Herr Graf hielt mit der einen Hand einen Meerschaumkopf, aus dem sich leichte blaue Wölkchen entwickelten; mit der andern versah er Rapporte der Stallmeister oder Gesuche von Untergebenen und andern Leuten mit Rothstiftstrichen und bescheidenen Notizen. Die Buchfinken mußten nun wohl weder an ihm viel Besondres, noch an dem großen kühlen Gemach mit seiner dunkel gebohnten Täfelung und den alten Kupferstichen an den Wänden viel Einladendes finden; vielleicht mißbehagte ihnen auch der Schrank mit alten und neuen Gewehren und Jagdzeug, der hinten in der Ecke des Gemachs stand – unsympathische Dinge für einen armen schutzlosen Vogel. Oder es scheuchte sie das große über dem Sopha hängende Bild, ein Kniestück, auf welchem eine hohe und schlanke Dame in blauem Seidendamast mit perlendurchflochtenen Haaren dargestellt war, bleich, mit halb traurig, halb schläfrig dreinschauenden Zügen, welche eine große Aehnlichkeit mit denen Ludwig Gollheim’s hatten. Kurz, die Buchfinken flogen, wenn sie einen neugierigen Blick aus ihren klugen Aeuglein hereingeworfen, regelmäßig wieder davon, und nur freche Hummeln oder Wespen schwirrten zuweilen herein, um dann, wenn sie den Ausgang nicht gleich wieder fanden, mit einem Heidenlärm die Stille zu unterbrechen und vor Zorn die Wände hinaufzulaufen.

Die Ruhe und das sommerlich stille Wesen in dem Gartenzimmer wurde unterbrochen, als ein weiteres wespenartiges Wesen hereinkam, das freilich nicht flog und nicht summte, aber mit seiner schlanken Taille, seinen runden Glotzaugen und dem häßlich vortretenden Kinn einen Carricaturzeichner hätte in Versuchung bringen müssen, es mit ein Paar Beißzangen ausgestattet darzustellen. Dieses Wesen trat geräuschlos durch die offene Gartenthür ein, eine Dienstmütze in der Hand, und stellte sich nach einer tiefen Verbeugung dem Grafen gegenüber an der andern Seite des Schreibtisches auf. Der Graf erwiderte seine Verbeugung durch ein trocknes Kopfnicken und fuhr in seiner Thätigkeit fort; der Mann mit der Wespenphysiognomie stand in strammer Haltung wartend, bis er angeredet wurde.

Daß der Graf jetzt vor sich hin murmelte: „Das Volk wird immer fauler – jetzt will Hammer auch noch eine Maschine angeschafft wissen, die den Stallleuten die Mühe, den Hafer zu sieben, abnimmt – moderner Schwindel – werde ihnen mit Maschinen kommen – Prügelmaschinen thäten nöthiger“ – schien er nicht als Anrede zu betrachten.

Der Graf warf ein Paar Blätter, die durch Randbemerkungen erledigt waren, zur Seite, legte sich in seinen Sessel zurück, zog ein Paar starker Rauchwolken aus seinem Meerschaumkopf und sagte, den vor ihm Stehenden fixirend:

„Nun, Becker, was giebt’s? Mit dem Lauschner geredet? He?“

Becker nickte; seine großen grauen Augen nahmen etwas wie einen höheren Glanz an, und ein schadenfrohes Vergnügen glitt über das ganze Gesicht, von der rücktretenden Stirn bis über die Mundwinkel an dem so weit vorspringenden Kinn.

„Habe Herrn Lauschner gestern im Schwan hinter seinem Schöppchen Mosel getroffen – war äußest amüsirt von der Geschichte, äußerst, lachte und meinte, wenn er die Geschichte für Serenissimus zurecht gemacht diesem beim Auskleiden am Abend beibringe, werde er einen sonderbaren Eindruck damit machen. Meinte auch, Excellenz Lanken könne ja nun, wenn er sich in anderen Hoffnungen getäuscht sehe, die er auf des Herrn Grafen Gutmüthigkeit gebaut – dann könne er Ihre Freundschaft ja nun benützen, um ihr eine schöne Anstellung als erster Roßarzt im herzoglicher Marstall für seinen werthen Papa abzugewinnen.“

„Spaßvogel, der Lauschner,“ lachte kurz und bitter der Graf auf. „Und Schallmeyer gesprochen?“

„Ja, Schallmeyer auch getroffen – in seinem gewöhnlichen Local, wo diese Art Leute verkehrt – mich ein wenig an ihn gemacht – war anfangs etwas kopfscheu, traut unser Einem, der in herzoglichen Diensten steht, nicht recht über den Weg, aber mit einigen von ihren Redensarten macht man diese verbrannten Köpfe ja leicht kirre – stecken so voll von ihrer Weisheit, daß sie glauben, es kann gar nicht anders sein, als die ganze Welt muß sie im Grunde ihres Herzens für wahrer als das Evangelium halten – zog los bei ihm über den alten Thierarzt, der mit seiner verschimmelten Weisheit neulich dort den Störenfried gemacht, den häßlichen Skandal erregt – und siehe, der alte Fuchs wurde gesprächig und sagte dann, der alte Lanken sei nicht allein gekommen; es sei seit Wochen eine junge hübsche Person da, welche sich Mistreß Brown nenne, und die nun seltsamer Weise den ganzen Tag mit dem alten Lanken zusammenstecke – sie seien offenbar [290] gute alte Bekannte, wenn nicht mehr – Lanken habe Schallmeyer auf Befragen nur angegeben, er nehme sich in ihr einer amerikanischen Landsmännin an …“

„Was kann sie ihm denn sein? Er wird doch nicht …?“

In diesem Augenblick öffnete sich im Hintergrunde eine Thür; ein Diener trat ein und meldete:

„Der Herr Minister Excellenz wünscht dringend die Ehre zu haben.“ Der Graf fuhr unangenehm überrascht in die Höhe.

„Wer?“ rief er aus, „der Minister Lanken? Nun ja – ich werde ihm freilich nicht ausweichen, wenn … sagen Sie, es werde mir angenehm sein – Sie, Becker, gehen Sie jetzt, halten Sie den Schallmeyer warm! Man weiß nicht, wozu man den Mann noch gebrauchen kann.“

Becker ward jetzt aus einer Wespe zu einem Taschenmesser und verschwand mit einer tiefen Verbeugung durch die offene Gartenthür. Durch die Thür im Hintergrunde, deren beide Flügel der Bediente geschäftig öffnete, trat gleich darauf Aurel Lanken ein.

Graf Gollheim ging ihm, nachdem er sich langsam erhoben, entgegen und reichte ihm die Hand, wie aus alter Angewohnheit – in seinen Zügen lag neben der obligaten Freundlichkeit doch auch ein Ausdruck von hochmüthiger Herausforderung, von spöttischem Trotz, wie es Aurel vorkam, sodaß dieser die ihm gebotene Hand nur sehr flüchtig berührte.

„Lassen Sie sich nieder, lieber Lanken!“ sagte der Graf, auf den Armstuhl zur Seite des Schreibtisches deutend, „es ist hübsch, daß Sie kommen, eine arbeitsfreie Morgenstunde mit mir zu verplaudern – uns geplagten Leuten, bei denen die schlimmste Arbeit den lieben langen Tag hindurch im Audienzgeben und im Repräsentiren besteht, bleiben ja gewöhnlich nur die Morgenstunden zur Disposition.“

„Ich bin nicht so glücklich, das von mir behaupten zu können,“ versetzte Aurel, „heute habe ich mich jedoch schon am Morgen von der Geschäftslast frei machen müssen, da ich über sehr wichtige Dinge mit Ihnen zu reden habe, Graf Gollheim.“

In Gollheim’s Augen blitzte wieder etwas von jenem spöttischen Trotz auf, den Aurel bei der ersten Begrüßung darin wahrzunehmen geglaubt. Während Dieser sich setzte, seinen Hut hinlegte und langsam seine Handschuhe auszog, antwortete Jener rasch:

„Ich hoffe nicht, daß Sie damit auf Unangenehmes deuten. Man hat sich leider im Leben durch so viel Schlimmes durchzuschlagen, daß man sich zum Gesetz machen sollte, nicht durch langes Versprechen noch zu verschärfen und zu verbittern, was man besser schweigend hinnimmt. Es ist das ja, Gott Lob! auch zu etwas wie einem Gesetz des guten Anstands und der guten Erziehung geworden!“

„Ich bin ganz Ihrer Meinung, mein verehrter Graf,“ entgegnete Aurel, ihn scharf fixirend, „und verstehe, nebenbei gesagt, sehr gut die Andeutung, welche Sie mir machen wollen. Ich werde auch das Gesetz des ‚guten Anstandes‘, an das Sie mich erinnern, nicht verletzen, indem ich von Ihnen selbst und persönlich Erklärungen fordere, die ich hinreichend verständlich durch Ihr Fräulein Tochter erhalten habe, welche mir eine Mittheilung und Aufklärung über den Grund und die Bedeutung ihrer plötzlichen Abreise schuldig zu sein glaubte –“

„Regina hat Sie vor ihrer Abreise am gestrigen Morgen gesprochen, Ihnen geschrieben?“ fiel der Graf lebhaft ein.

„Sie hat mir geschrieben,“ erwiderte Aurel.

„Nun ja,“ sagte Gollheim, „so wären wir ja der Erklärungen und des weiteren Debattirens überhoben – Sie sagten eben selbst so – und können, wie bisher, gute Freunde bleiben, Jeder vom festen Boden seiner Position, seiner Lebensanschauungen aus dem Anderen die Hand zu guter Cameradschaft geben – in politicis freilich harmoniren wir nicht immer, aber Jeder achtet des Anderen Standpunkt.“

Gollheim legte sich mit einer überlegenen Grandezza in seinen Sessel zurück und warf den Kopf in den Nacken.

Aurel fixirte ihn eine Weile. Er dachte wohl mit einem gewissen gutmüthigen Mitleid, wie bald er diese hochmüthige Selbstsicherheit, mit der Gollheim ihn behandelte, niedergeschmettert und in Kummer und Verzweiflung verwandelt sehen werde. Zögernd antwortete er deshalb:

„Sie irren doch, lieber Graf. Der Erklärungen sind wir nicht überhoben; denn mit meiner schweigenden Unterwerfung unter die Autorität, welche Sie über Ihr Fräulein Tochter ausgeübt haben, hören die persönlichen Fragen zwischen uns nicht auf – leider und zu meinem aufrichtigen Bedauern nicht. Doch handelt es sich um etwas Anderes, als Sie vorauszusetzen scheinen. Ich bin nicht gekommen, um mit meinen Vorstellungen und der Sprache meines Gefühls für Regina an Ihr Herz zu appelliren –“

„Es wäre das, wie die Dinge nun einmal liegen, in der That auch unnütz,“ fiel trocken und hart Gollheim ein.

„Es wäre wohl unnütz – wahrscheinlich,“ fuhr Aurel fort, „und so führt mich eine andere Angelegenheit zu Ihnen. Es handelt sich nicht um Ihre Tochter, sondern um Ihren Sohn.“

„Um Ludwig?“ sagte der Graf aufhorchend.

„So ist es. Sie haben ihn auf weite Reisen geschickt –“

„Nun ja; ich war leider zu diesem Opfer durch sein Brustleiden gezwungen; die Aerzte wollten es ja nicht anders. Und jetzt sag’ ich. Gott Lob! Er ist als ein gesunder, kräftiger Mensch von seiner Weltreise zurückgekehrt – ich kann jetzt fest bauen auf die Zukunft meiner Familie, meines alten Hauses. Ich werde nächstens der Frage einer Vermählung für ihn näher treten, wie sie seinem jetzigen Stande angemessen ist.“

„Ich muß Ihnen zu meinem Bedauern mittheilen, daß Sie einer solchen Bemühung überhoben sein dürften.“

„Wie ist das zu verstehen?“

„Ludwig hat eine Wahl bereits getroffen.“

„Ah – Ludwig – eine Wahl?“

„So ist es.“

„Ohne mein Vorwissen?“

„Ohne Ihr Vorwissen.“

„Unglaublich! Undenkbar! Mein Sohn eine Wahl ohne mich?“

„Und doch muß ich Ihnen die Versicherung geben, daß dem so ist.“

„Eine würdige Wahl dann doch hoffentlich?“

„Daran ist kein Zweifel; ich wenigstens darf keinen Zweifel daran verstatten.“

„Sie? Wie ist das nun wieder zu verstehen?“

„Sie werden es gleich verstehen. Ludwig hat sich längere Zeit in Brooklyn aufgehalten –“

„Ich denke, ich erhielt dorther ein paar Briefe von ihm.“

„Nun wohl, er hat dort eine[WS 1] junge Dame kennen gelernt –“

„In Brooklyn – eine Amerikanerin – eine Engländerin?“

„Halb eine Amerikanerin, halb eine Deutsche – und zwar meine Schwester, meine Halbschwester, aus einer zweiten Ehe meines Vaters.“

„Ah – Ihre Schwester – die Tochter dieses Ehrenmanns von Thierarzt, der uns hier …“ Gollheim’s Stimme war in ihren zornigen Discant übergegangen, aber er beherrschte sich und hielt die für Aurel beleidigenden Worte, die er ausstoßen wollte, zurück, um aufzuspringen und nur heftig fortzufahren:

„Sie werden einsehen, Excellenz, daß ich von kindischen Geschichten, welche Ludwig drüben in Amerika getrieben haben mag, keine Notiz zu nehmen Lust habe. Ist er doch selber so vernünftig gewesen, mir damit nicht zu kommen, und das berechtigt mich wohl, alles Eingehen auf solche transatlantische Abenteuer abzulehnen.“

„Vielleicht, wenn es sich um ein bloßes Abenteuer handelte. Darum handelt es sich hier aber leider nicht.“

„Bah – er mag sich zehnmal dort drüben verliebt oder gar hinter meinem Rücken verlobt haben – ich werde darin nie etwas anderes als ein Abenteuer sehen, mit dem ich bitten muß hier verschont zu werden.“

„Er hat sich nur leider – ich bedaue, Sie nicht mit dieser Erklärung verschonen zu können – er hat sich leider dort drüben mit meiner Schwester trauen lassen – verheirathet – und seine junge Frau ist ihm hierher nachgefolgt.“

Graf Gollheim sank in seinen Sessel zurück. Er sah Aurel mit immer größer werdenden Augen an; es zitterte ein eigenthümliches Flimmern über seine wie verglasenden Augensterne; Aurel fürchtete einen Augenblick, daß den Grafen der Schlag treffen werde. Aber nach kurzer Weile bewegte Gollheim sich wieder; er stemmte langsam beide Arme auf die Lehnen seines Sessels, erhob sich, murmelte etwas, das Aurel nicht verstand, und ging, die Hände auf dem Rücken, den Kopf vornübergesenkt, auf und ab. Sein Schritt wankte dabei, als sei alle körperliche Energie in ihm geknickt – nach einer Weile blieb er stehen, schüttelte den Kopf, strich mit der Hand über die Stirn, und sagte mit gedämpftem und wunderlich verändertem Ton: [291] „Sie sagen mir da etwas vor, Lanken, was – natürlich – nicht wahr ist, was mich ein wenig mürbe, sehr mürbe machen soll – nun ja, ich verdenke es Ihnen ja nicht – sind ein kluger Mann, Lanken; wären sonst nicht Minister geworden; hier im Lande nicht Minister – sicherlich nicht. Und haben nun einmal Ihren Kopf darauf gesetzt, auch die Hand der Gräfin Regina Gollheim zu bekommen; wollen’s durchsetzen, Regina zur Schwiegertochter eines hier in den Bierkneipen Skandal machenden rothen Demokraten, Socialisten, was weiß ich? zu machen. Wollen’s durchsetzen, nun ja, ein Mann wie Sie läßt ein ehrgeiziges Ziel, das er sich gesteckt hat, nicht so leicht fahren; weiß es, kann mir’s vorstellen. Und nun soll ich alter Mann erschreckt werden – soll mich entsetzen, soll glauben, mein Sohn, mein einziger Sohn, um dessen willen ich so viel gethan, für den ich mein Vermögen erworben, um dessen willen ich mich habe in den Grafenstand erheben lassen, der meinen Stamm und Namen fortsetzen soll – mein Sohn sei eine ganz unmögliche, ganz lächerliche, ganz verrückte Ehe eingegangen – eine Ehe, die … Nun kurz: ich soll mir das vorspiegeln lassen, bis ich im Schrecken darüber ausriefe: ‚Nein, nur das nicht – dann tausendmal lieber Regina an Sie fortgegeben, tausendmal lieber!‘“

Während Graf Gollheim das halb wie angstgepreßt, halb wie herausfordernd und immer schneller und schneller redend hervorstieß, sah er mit einem ganz merkwürdigen Mienenspiel Aurel an; bald lag in seinem Auge etwas wie eine Bitte, bald eine intensive Wuth, die den Mann vor ihm hätte morden mögen.

Aurel zuckte leise die Schultern; er konnte in diesem Augenblick dem schwer getroffenen Vater nichts übel nehmen, auch einen solchen, von halber Verrücktheit zeugenden Verdacht nicht; er begnügte sich, mit milder Stimme zu antworten:

„Sie irren; es ist nicht so, wie Sie voraussetzen.“

„Sie leugnen, Sie leugnen noch – aber ich sage Ihnen ja: nehmen Sie Regina! Ich willige ein in Ihre Heirath mit Regina, nur retten Sie mich von der Vorstellung, daß mein Sohn – – ja, ja, heirathen Sie Regina, aber schaffen Sie mir von der Brust den Alp …“

Aurel stand auf; er war erschüttert von der schrecklichen wie verwirrenden Wirkung seiner Mittheilung auf den Grafen.

„Nehmen Sie es auf wie ein Mann!“ sagte er milde, „uns allen werden Hoffnungen zu Wasser, scheitern schöne Zukunftspläne; je vornehmer eine Natur ist, desto würdiger muß sie sich in das Unvermeidliche zu schicken wissen -“

„Das Unvermeidliche, das Unvermeidliche,“ brach hier Graf Gollheim aus; „was ist das Unvermeidliche? Mich wie ein Narr, wie ein Idiot hinter’s Licht führen zu lassen? Nimmermehr! Ich will nichts davon hören, nichts davon wissen. Haben Sie mich denn nicht verstanden, daß ich an Ihre ganze Geschichte nicht glaube, sie für eine Unwahrheit erkläre, für eine Lüge, für ein Nichts …“

„Graf Gollheim,“ unterbrach hier Aurel den sich in immer rasendere Aufregung redenden Grafen, indem er Hut und Handschuhe nahm, „Ihre Sprache nimmt einen Ton an, dem gegenüber mir nichts anderes übrig bleibt, als zu gehen. Die Documente, welche beweisen, daß es sich um keine Lüge, sondern um eine Trauung Ihres Sohnes Ludwig mit meiner Schwester handelt, sollen Ihnen vorgelegt werden – es wird Ihnen daraus klar werden …“

„Documente, Documente – was kümmern Sie mich? Sie sind gefälscht; ich gebe keinen Schuß Pulver für Ihre Documente; ich erkenne sie nicht an; die Ehe meines Sohnes hinter meinem Rücken, wider meinen Wissen ist null und nichtig.“

Aurel Lanken fand es nicht für nöthig, dieser Sprache gegenüber länger Stand zu halten. Er hatte das Seinige gethan, um eine friedliche Verständigung mit dem alten Manne einzuleiten. Sie war unmöglich. So machte er dem Grafen eine leichte Verbeugung und ging, ohne ein Wort zu verlieren, ruhig davon.

„Falsche Wische sind Ihre Documente,“ wetterte der Graf ihm nach und rannte vollends wie ein Wüthender auf und ab.

„Es ist nicht möglich, gar nicht möglich, daß Ludwig das an meinen grauen Haaren gethan haben könnte – unmöglich, alles Lüge und Schwindel,“ schrie er ein Mal über das andere.

Gollheim war wie von Sinnen. Seine ganze leidenschaftliche Natur war aufgestürmt, wie seit den Tagen seiner Jugend nicht mehr, und in dieser Leidenschaft klammerte er sich immer von Neuem, wie an eine fixe Idee, an den Gedanken an, daß er nur Gegenstand eines Betrugs werde solle.

„Alles Lüge, Schwindel!“

Dann war das Nächste, was er sich zu thun entschloß, sofort seine Kinder zu sich zurückzuberufen. Mit hastiger Hand schrieb er ein Telegramm nieder. „Ihr sollt zurückkommen – Beide – auf der Stelle!“ adressirte es an Regina, da sich ja Ludwig vielleicht von selbst bereits auf der Rückreise von der Tante Hedwig befand, und klingelte dem Diener.

„Augenblicklich zum Telegraphenamt!“ rief er diesem entgegen, „dann schaff’ mir den Becker zur Stelle; ich will sofort den Becker sprechen; er muß herbeigeschafft werden, und –“

„Der Becker wird zum Marstall gegangen sein,“ unterbrach ihn der Diener. „Soll ich ihn erst herbeiholen oder erst das Telegramm besorgen?“

Der Graf sah ihn eine Weile an, als ob er ihn nicht verstanden; es mußte sich eine andere Gedankenreihe seiner bemächtigt haben; dann, wie daraus auffahrend, rief er:

„Was stehst Du noch da und gaffst? Fort zum Telegraphenamt! Den Becker kannst Du lassen, wo er ist. Ich will den Becker nicht!“

Der Hofstallschreiber Becker war zwar für die mannigfachsten Dinge Gollheim’s Factotum – aber diesem mochte im gegenwärtigen Augenblick durch den Kopf fahren, daß das wunderliche insectenhafte Geschöpf nicht der Mann sei, der in dem jetzigen Augenblicke angerufen werde könne. Aber irgend Jemandem anrufen, mit Jemandem seine Situation besprechen, die Meinung eines Freundes anhören, zu Rathe mit Jemandem gehen, das mußte Gollheim in seiner Erregung – still sitzen, allein bleiben, bis zum andern Tage, wo seine Kinder zurück sein konnten, unthätig warten – das war mehr, als Gollheim vermochte.

Als sein Diener gegangen war, stand er noch eine Weile in Gedanken verloren – wie nachsinnend, an welchen seiner Freunde er sich wenden solle. Und dann, mit einem raschen Entschlusse, eilte er in sein Ankleidezimmer. Als er wieder daraus hervortrat, war er in seiner Hofuniform, den Degen an der Seite, den galonnirten dreieckigen Hut auf dem Kopfe. Es lag plötzlich etwas wie eine stolze Zuversicht in seinen Zügen.

„Zum Herzog selber!“ murmelte er zwischen den Zähne. „Er wird für einen alten Diener nicht allein Rath, sondern auch die Macht haben, zu helfen. Und diesem Minister soll es – ich denke, es soll dazu beitragen, diesem Minister den Hals zu brechen.“




7.


Aurel hätte die Welt darum gegeben, jetzt Regina Gollheim sprechen zu können, um mit ihr zu berathschlagen, wie er seine nächsten Schritte zu wenden habe, um ihnen alles Verletzende, Feindselige möglichst zu nehmen; er hätte so gern alles, was er vermochte, gethan, um den Mann zu schonen, der Regina’s Vater war. Aber Gollheim’s Leidenschaft ließ zu einer friedlichen Verständigung jetzt ja nicht mehr die mindeste Aussicht übrig. Das Einzige, wovon noch ein Erfolg zu hoffen, wäre gewesen, daß Regina mit mildem Ernst, Ludwig mit männlicher Festigkeit dem Vater gegenüber getreten wären. Aber Beide waren ja fern, und auf Ludwig’s Energie durfte Aurel überdies nicht bauen. War es doch eigentlich schon empörend, daß dieser bisher seinem Vater gegenüber geschwiegen, sein junges Weib in stiller Zagheit verleugnet und verlassen und nun ihm, dem Bruder, überlassen, für die Rechte der Schwester einzutreten. Ludwig war ja sogar so feige gewesen, aus Angst vor dem Vater und dessen Zuträgern die persönliche Zusammenkunft und Besprechung mit seiner Schwester zu unterlassen. Er war eben ein Mensch, an dem sich die Folgen einer verkehrten Erziehung zeigten. Er hatte Talente, Phantasie, Witz – aber seinem Geiste waren nie ernste Aufgaben gestellt; sein Charakter war nie durch Entsagung oder Selbstüberwindung gestählt worden. Dagegen hatte die tyrannische Natur seines Vaters früh Alles gethan, um seinen Willen zu brechen. Im Uebrigen hatte man ihm in Allem nachgegeben – und er sich selber am meisten. Wer hatte dem zarten, zu schnell in die Höhe geschossenen Knaben mit der bedenklichen Röthe auf dem seinen anziehenden Gesicht etwas abgeschlagen, wer ihm irgend eine stählende Anstrengung für seine äußere und innere Kraft zugemuthet? So war er denn geworden, wie er war – gründlich brav, so lange die Bravheit nicht [292] unbequem war, voll Wohlwollen und Mitleid für Anderer Kummer, so lange man nicht von ihm verlangte, durch herzhaftes Thun diesen Kummer zu enden und im Ganzen geneigt, sich mit den Interessen und Angelegenheiten, von welchen die Leute um ihn her erregt wurden, durch eine witzige Bemerkung oder einen Einfall harmlosen Spottes abzufinden.

Im Uebrigen war er von der „besten Erziehung“, von den feinsten gesellschaftlichen Formen, und weil er unterhaltend sein konnte, beliebt und gesucht, was ihn dann wieder verführt hatte, viel in der Gesellschaft zu leben und früh alle Genüsse der Welt auszukosten. So kannte ihn Aurel, und er mußte sich auch gestehen, daß Ludwig Gollheim nicht der Mann sei, seinem Vater gegenüber und im Kampfe mit diesem eine schwere Pflicht zu erfüllen; oder die Leidenschaft für Lily, sein junges Weib, hätte ihn zu einem andern Menschen, als er bisher gewesen, machen müssen, was aus seinem bisherigen Verhalten nicht hervorging.

Also auf Aurel’s Schultern blieb Alles gebürdet. Er war es, der den Kampf ausfechten mußte – er allein, und er mußte in diesem Kampf alle seine Hoffnungen auf Lebensglück einsetzen; er mußte es seiner Pflicht, für das Recht der Schwester einzutreten, opfern, um dann – das war ja das Bitterste, das Unseligste bei diesem ganzen Schicksale – um dann mit dem Opfer am Ende nur ein elendes Leben, eine ganz traurige Zukunft für Lily zu erkaufen. War Lily geboren und aufgezogen, sich in den Lebenskreisen, in welche sie an der Seite Ludwig's gestellt sein würde, glücklich zu fühlen? Und war Ludwig der Mann, an dessen Seite ein so auf Licht, Heiterkeit und Lebenslust gestelltes Wesen dauernd das Gefühl haben konnte, vom Schicksal so viel Glück gewährt erhalten zu haben, wie ein anspruchloses Menschenkind zu verlangen sich berechtigt glaubt? Sicherlich nicht! Aurel durfte nicht davor zurückschrecken, sich zu gestehen, daß Ludwig dazu viel zu sehr ein kalter, egoistischer Mensch sei. Aber was half das Alles – jetzt, wo solche Betrachtungen so gar nichts mehr an der Thatsache änderten? Lily war nun einmal Ludwig’s Weib; ihr Recht, ihre Ehre mußten vertheidigt werden, und dann konnte Aurel aussprechen:

„Verderben, gehe deinen Gang!“

Er schritt eben, in Gedanken verloren, in seinem Arbeitszimmer in dem alten Schloßbau auf und ab. Er wollte sich jetzt zu seinem Vater und zu Lily begeben und ihnen den Erfolg seines Schrittes bei Gollheim mittheilen; dann wollte er mit dem geachtetsten Advocaten der Stadt eine Conferenz halten und diesen darauf zu seinem Vater und Lily senden, um sich von ihnen Vollmachten und von dem Vater Aufschlüsse, deren er bedürfen könnte, zu holen. Aber noch zitterten alle Erschütterungen dieser Tage, die Erregungen der furchtbaren Stunde bei Gollheim in ihm nach; er suchte in einsamem Sinnen mehr Ruhe, mehr Fassung wieder zu gewinnen. Da vernahm er von unten heraus, von der Thordurchfahrt her, aus welcher man zu seiner Wohnung hinaufstieg, Hufschläge; das Gewölbe echoete den Donner einer rasch rollenden Equipage nach – es war nichts Seltenes, daß Equipagen da unten bei ihm vorfuhren – weshalb erschreckte es ihn in diesem Augenblicke so? – sein ganzes Nervensystem, das doch das eines kräftigen Mannes war, mußte krankhaft gereizt sein.

Im nächsten Augenblick trat hastig sein Diener ein und meldete: „Comtesse Gollheim wünschen Excellenz zu sprechen.“

„Regina! O mein Gott, sie!“ rief Aurel, und ohne dem Diener zu antworten, eilte er ihr entgegen. Ehe er noch die Schwelle seines Zimmers erreicht hatte, stand sie bereits unter der Portiere. Sie stand da, groß, bleich, mit flammenden Augen ihn ansehend, und dabei heftig Athem schöpfend, nach Luft ringend, um dann – wie eine zürnende Göttin über ihn zu kommen? Nein, nur einen flüchtigsten Moment hindurch hatte Aurel diesen Eindruck, gleich darauf war sie nur das furchtbar erschütterte Weib, das, um sich aufrecht zu erhalten, nach der Lehne des nächsten Sessels griff.

„Regina! Sie!“ sagte, vor Bewegung seiner Worte kaum mächtig, Aurel. „Wie ein Engel des Himmels kommen Sie in dieser Stunde zu mir.“

„Und ich danke Gott, daß ich Sie finde in dieser Stunde. Meinen Vater“ – Regina ließ sich wie gebrochen in den Sessel nieder – „meinen Vater fand ich nicht; er ist beim Herzog – da trieb es mich zu Ihnen – o mein Gott, Lanken, wie war es möglich, daß Sie mir von diesem Allen schwiegen?! Daß Sie mir auch mit keiner Silbe darüber ein Vertrauen zeigten, auf das ich ein Recht zu haben glaubte?! Das ist entsetzlich – für mich das Entsetzlichste bei der ganzen Sache.“

„Daß ich schwieg – daß ich Ihnen davon schwieg? Noch eben kämpfte ich mit der bittersten Verzweiflung, daß ich mich mit all meinem Leid und Schmerz nicht zu Ihnen flüchten könne, und jetzt juble ich, wo ich Sie sehe, wo ich zu Ihnen sprechen kann.“

„Aber Sie schwiegen mir doch alle diese Zeit her …“

„Von dem, was ich ja nicht wußte, gar nicht ahnte.“

„Wie, auch Sie wußten nicht …“

„Ich erfuhr erst am gestrigen Morgen von meinem Vater, daß ich eine Schwester habe.“

„Unbegreiflich!“

„Und doch ist es so.“

„Sie wußten nicht …?“

„Erst gestern, nachdem Sie längst abgereist waren, wie ich nach Ihrem Briefe voraussetzen mußte, hörte ich von meiner Schwester, hörte ich, daß diese Ihres Bruders Weib sei, sah ich und sprach ich Lily.“

„Aber welche Menschen sind dies! Welche Menschen! Ihnen das zu verschweigen! Die Existenz einer Schwester!“

„Sie fürchteten mich sogar – aber jetzt sagen Sie mir, Regina: Sie sind also nicht abgereist, haben von Ihrem Vater vernommen –“

„Freilich bin ich abgereist – ich sagte es Ihnen ja schon – ich komme eben von dieser Reise zurück, fand meinen Vater nicht daheim, und eilte zu Ihnen …“

„So hat Ludwig Ihnen gesagt …“

„Er! Ludwig! Auf unserer Fahrt, im Eisenbahncoupé, wo wir uns stundenlang allein gegenübersaßen, da öffnete er endlich den Mund; er gestand mir, daß er von der Tante Hedwig, zu der er mich geleiten sollte, gar nicht hierher zurückkehren, daß er zu einem Bekannten in Steiermark gehen werde, um dort Gemsen zu schießen, der Bekannte habe ihn zur Jagd eingeladen. Ueberhaupt werde er sich hüten, dem ‚Alten‘ für die nächste Zeit wieder unter die Augen zu kommen. Er gebe keinen Schuß Pulver für das Grafenthum, das der ‚Alte‘ hinter seinem Rücken und ohne ihn um seine Ansicht über die Sache zu befragen, erwirkt – er wolle in einfachen Verhältnissen, fern von dem albernen kleinlichen Gesellschaftstreiben in unserer Residenz, ein ruhiges Leben führen. Wenn der ‚Alte‘ nicht gewollt, daß er mit größeren Ideen und erweiterten Anschauungen heimkehre, hätte er in nicht um die Welt segeln lassen sollen. Mit einem ganz einfachen bürgerlichen Weibe, das er liebe und das ihn liebe, nicht aber einem, das sich von dem ‚Alten‘ für ihn auf den Leim seines dummen Grafenthums locken lasse, wolle er leben, in den Bergen irgendwo, hinten in Tirol oder Steiermark, fern und hoch genug, daß ihn die stierköpfigen alten Leute nicht einholen, weder die Grafen noch die Thierärzte ihm nachklettern könnten. Ich hatte dem Allen staunend zugehört, bis das Wort ‚die Thierärzte‘ mich ausrufen ließ, was er nur damit sagen wolle – und nun kam das ganze Geständniß, das er halb zornig und halb doch ängstlich hervorbrachte, sorgenvoll die Wirkung desselben auf mich beobachtend.“

(Fortsetzung folgt.)




Bilder heimischer Meisen.
Von Gebrüder Adolf und Karl Müller.
1. Nestbaukünstler.

Wenn der Winter allzu streng und lang ist, hören wir oft ein auffälliges, munteres Gezwitscher in unseren Hausgärten. Die Schwanzmeisen sind es, welche sich also verkünden, und ungeachtet ihrer zarten Gestalt unserem Winter trotzen. Sie sind sogenannte Standvögel, das heißt, sie verlassen ihre Heimath nicht, sondern streifen höchstens kurze Strecken familienweise umher.

Ihr emsiges Durchflattern der Bäume und des Gesträuchs, an deren Gezweig sie, nach Insecten und deren Larven suchend,

[293]

Bilder heimischer Meisen: 1. Die Schwanzmeisen.
Originalzeichnung von Adolf Müller.

[294] in allen möglichen Stellungen bald klettern, bald flattern, bald schweben, zeugt ebenso sehr von ihrer Behendigkeit, wie von ihrem großen ökonomischen Nutzen. Es giebt kaum eine heimische Vogelart, die sich mit unserem Meisenvölkchen in der nutzenbringenden Ernährungsweise messen kann. Man beobachte nur eingehend diese kleinen Wesen, wie sie durchschnittlich drei bis vier Mal des Tages ansehnliche Garten-, Hain- und Waldbezirke gewissermaßen systematisch durchziehen, so daß kein Baum, kein Gebüsch ununtersucht bleibt!

Aber unter dem niedlichen, ewig beweglichen Völkchen unserer Meisen gebührt wohl mit Recht den Schwanzmeisen doppelte Beachtung. Denn diese Meisensippe – in der Kunstsprache Orites genannt – vereinigt nicht allein alle Reize der Anmuth, Schönheit und Munterkeit, theilt nicht nur die ausgesprochene Nützlichkeit ihrer Verwandten überhaupt, sondern sie zeichnet sich auch vor allen unseren heimischen Meisen noch ganz besonders durch ihre Kunstfertigkeit im Nestbau aus. Ehe wir aber mit dieser äußerst interessanten Thätigkeit der rührigen Baumvögelchen unsere Leser vertraut machen, sei uns ein Blick auf das äußere Aussehen derselben gestattet!

Man denke sich diese Thierchen etwa um ein Drittel größer als deren Zeichnungen auf dem beigegebenen Bilde – und man hat eine Anschauung von ihrer natürlichen Größe. Ihr charakteristischer Körpertheil, der schlanke Schwanz, ist gut um 3,5 Centimeter länger als das Körperchen, das nur 6 Centimeter Länge mißt. Die Färbung beider Geschlechter stimmt sehr überein; nur ist die des Männchens schärfer und lebhafter. Aus der Zeichnung der alten Vögel auf dem Bilde geht schon hervor, daß der ganze Kopf, sowie Kehle und Brust mehr oder weniger entschieden weiß sind; an dem Kopfe des Weibchens (auf der Illustration der obere alte Vogel) zeigen sich hingegen über den Augen her, nach den beiden schwarzen Rückenpartien verlaufend, bald mehr, bald minder ausgeprägte mattgrauschwärzliche Streifchen, die beim ausgefärbten, alten Männchen nicht bemerkt werden. Die Bauchseiten und die Aftergegend haben einen braunrothen Anhauch, welche Färbung zwischen den schwarzen Rückenbändern und den Oberflügeln stärker hervortritt. Die Schwingen sind mattschwarz, die kürzeren (Unterarmschwingen oder die Schwingen zweiter Ordnung) weißgerandet; der Schwanz, beim männlichen Vogel sichtlich länger, ist sammetschwarz, staffelförmig gebildet und bis auf die vier längsten Federn derartig weiß gekantet, daß jede Feder bis zur Mitte mit weißem Rande und dann in der ganzen Spitze weiß ausgeschweift erscheint, was dem Schwanze auf der unteren Seite eine regelmäßige Zeichnung verleiht. In diesem freundlichen Kleide präsentirt sich der reizendste Vogel, dessen kurzes, halb in den Bartfedern verstecktes Schnäbelchen und die kleinen glänzend-schwarzen Augen den rundlichen Kopf noch zierlicher erscheinen lassen, während die Niedlichkeit des kurzen Körpers durch den schlanken, langen Schwanz noch erhöht wird. So sind denn auch die Thierchen, wenn sie unsere Gärten, die Haage, Haine und Laubwälder durchstreifen, kleinen buntweißen Federbällen oder Federbolzen ähnlich. Ihr schnurrender Flug und die Schnellkraft, mit der sie sich im rastlosen Fluge von Zweig zu Zweig werfen, rechtfertigen vollkommen unseren Vergleich.

Wir haben mit wahrer Freudigkeit und erhebender Genugthuung die Lebensweise dieser kleinen Ueberall und Nirgends in so manchem Jahre beobachtet und theilen die Resultate unserer Beobachtungen in Nachstehendem mit.

Der April ist oft kaum angebrochen, so beginnt auch schon unsere rührige Schwanzmeise ihren Nestbau. Aufgelöst sind die kleinen Gesellschaften, die zur Herbst- und Winterszeit so emsig unsere Gefilde und Wälder durchzogen; paarweise haben sie sich abgeschieden, heimlich und vorsichtiger als sonst zurückgezogen zum Nisten, da- und dorthin. Wir finden sie überall, hier in einem Haine inmitten eines Wachholderstrauches, eines Weißdornbusches oder anderen nicht über Manneshöhe hinausreichenden Gebüsches, dort im Walde auf Nadel- und Laubholzbäumen, auch wohl in unseren Gärten zwischen dem ersten Astquirl eines jungen Birnbäumchens oder in dem Geäst eines rothblühenden Weißdornes, wie auf unserer Illustration.

Wie in ihrem ganzen Wesen und Betragen entfaltet die Schwanzmeise vorzugsweise beim Nisten und Familienleben ein anziehendes interessantes Bild von lieblichem Naturleben. Ich habe seit Jahrzehnten einen geheimen Zug nach dem anderen diesen Naturkindern abgelauscht und freue mich hier, gleichsam zwischen Katheder und Publicum, die Ergebnisse meiner langjährigen Beobachtungen vortragen zu können.

Zur Anlage des Nestes sucht sich das Schwanzmeisenpaar eine Stelle auf einem Baume aus, wo sich der Stamm in mehrere Aeste theilt, oder es wählt sich eine Gabelverzweigung an einem Gebüsche. Sein erstes Bestreben ist, am Grunde der Ast- oder Zweigvertheilung eine rostartige Grundlage anzubringen. Die Thierchen tragen zu dem Ende Spinnengewebe und Thierwolle herzu und setzen diese Roste zwischen den Moos- und Flechtenüberzug der Niststelle verfilzend an. Je mehr derartiger rauher Ueberzug an denn Aesten oder Zweigen der Baustelle vorhanden, desto leichtere Arbeit finden die Baumeister. Bietet das Plätzchen jedoch wenig oder gar keinen Ueberzug – wie das meist in dem glatten Gezweige der Gebüsche der Fall ist – so sieht man die Vögel gewöhnlich ohne Unterlage die Wände des Nestes durch Spinnengewebe, Wolle, Bastschnürchen und feine Halme mit den benachbarten Gabelzweigen verflechten, hin und wieder sogar förmlich ankitten, wozu sie ihren Speichel benutzen.

Ist der ziemlich lockere Rost gelegt, so beginnt der Aufbau der Außenwandung des Nestes. Männchen oder Weibchen, eines um das andere, setzt sich inmitten der Unterlage und filzt und kittet unter Verwendung von Moos, Flechten, Puppengehäusen, Insectengespinnsten, Thier- und Pflanzenwolle nach und nach im Kreise um sich herum eine sehr zierliche Wand. Der Vogel gebraucht bei der Zubereitung der Baustoffe seinen eigenen Körper als Richtschnur und Maß, indem er sich auf seinen Fersen um sich selbst dreht, sodaß die Füße den Stütz- und Mittelpunkt oder den einen Schenkel, der Schnabel mit dem Vordertheile des Körpers den andern Schenkel eines Cirkels darstellen. So thürmt sich allmählich um den Baukünstler herum die runde Wand auf. Da aber das Nest der Schwanzmeise eiförmig und viel höher, als der Vogel selbst ist, gebaut wird, so ist derselbe genöthigt, seinen Standpunkt in der Mitte beim Höherwerden der Nestwand zu verlassen und von außen zu bauen und nachzuhelfen.

Namentlich geschieht dies bei der Fertigung des Ueberbaues und des kreisrunden Flugloches oder Fensterchens. Auch die Glättung und Ueberkittung der Außenseite der Wand, sowie des Flugloches bewerkstelligen unsere geschickten Baumeister hauptsächlich von außen und durch ihren Speichel. Flechten, selbst Fichtennadeln und Blättchen filzen sie mittelst Puppengehäusen, Gespinnsten und Wolle auf, und durch den Speichel befestigen sie dieselben noch mehr; sie ziehen die Stoffe durch ihr Schnäbelchen, um sie biegsamer und geschmeidiger zu machen, befeuchten sie und bewirken auf solche Weise das Verkitten und Glätten. Nach dem Aufbau der Außenwand geht es an die Fertigung der feineren Zwischenwandung, welche so geschickt mit den Außengerüste verflochten und verfilzt wird, daß man keine Scheidung außer etwa in dem verschiedenen Materiale der Schichten gewahrt. Nunmehr erst erfolgt die feinere Auskleidung und Glättung des vorher erst roh zubereiteten Flugloches und Gewölbes, und am schönsten und geschicktesten polstert endlich das Paar das Innere aus. Vom Grunde bis zum Dache werden die Wände dicht mit Federn bekleidet, deren meist nach unten oder seitwärts gekehrte Kiele in die mittlere Mooslage eingestülpt oder geheftet werden. Es bekundet sich eine sichtliche Vorliebe des Paares, vornehmlich des Männchens, zu Federn, wie denn eine fröhliche Betriebsamkeit, ein Wohlbehagen am ganzen Baugeschäfte bei den kleinen gefiederten Wesen in die Augen fällt. Alles geschieht mit Leichtigkeit und ungemeiner Grazie. Vorherrschend bethätigt sich die weibliche Schwanzmeise beim Nestbau, zeitweilig lösen sich beide Gatten aber auch ab oder unterstützen sich gegenseitig, und lieblich sieht es dann aus, wenn das Männchen in die schon zugewölbte Wohnung Bündel Baustoffe trägt oder Federn zum Fensterchen hineinreicht, was es selbst noch während des Brütens der Gattin thut.

Das vollendete Nest mißt in der Höhe 12 bis 15 und mehr Centimeter, in der Breite 8,5 bis 10 Centimeter, und das Flugloch hat nur 2 Centimeter Durchmesser. Die ganze Wohnung nähert sich, wie gesagt, der Eiform, aber die obere Wölbung hat eine Neigung nach vorn, sodaß das Flugloch etwas überbaut erscheint. Der untere Umfang des Nestes ist stets breiter, sodaß dasselbe sich nach oben mehr und mehr verjüngt, und da wo es an Aesten oder Zweigen lehnt oder haftet, sind seine Wände merklich dünner und haben Eindrücke, ein Zeichen, daß die Thierchen die harte Umgebung als haltbare Außenwand benutzen. Eine merkwürdige Elasticität macht sich an den Nestern bemerkbar, und auch neben ihrer schönen Ebenmäßigkeit haben sie eine harmonische, aus grünem, schwarzem, grauem, gelbem und weißlichen Flechtenkittwerk bestehende, der jeweiligen [295] Umgebung angepaßte Farbenmischung. Die hauptsächlich beim Stande des Nestes auf starken Astgabeln vorhandene rostartige Unterlage fand ich öfters nach dem Regen feucht. Sie scheint sonach zur Ableitung der Nässe zu dienen und ist auch viel lockerer als das Filzwerk des eigentlichen Nestes.

Zur Vollendung dieses Kunstbaues gebraucht das Schwanzmeisenpaar gewöhnlich drei Wochen, ja es ordnet und bessert noch in der Brutzeit öfters nach, sowohl am Aeußeren wie im Inneren. Unglaublich weit holen die Meischen bisweilen die Federn zum Auspolstern in die Waldungen; denn man bemerkt bei den Thierchen eine Vorliebe besonders zu Federn des Hausgeflügels. Am emsigsten bauen sie in den Morgenstunden bis zehn und elf Uhr, und in der Regel sah ich die Gatten in Zwischenräumen von sechs zu sechs Minuten abwechselnd mit Baumaterial zum Nistplatze zurückkehren.

Meistens entfernt sich das Paar nicht über zweihundert Schritte von seinem Stande, ausgenommen in den eben hervorgehobenen Fällen des Herbeiholens von Federn aus Dörfern oder Gehöften in ferne Waldungen. Die Mittagszeit wird gewöhnlich zur Ruhe und Erholung benutzt. Da sitzt das Pärchen, ein allerliebstes Vogelminiaturbild, und ordnet sich das Gefieder oder geht still der Nahrung nach.

Das Weibchen brütet allein, während es der Gatte alle zehn bis fünfzehn Minuten mit Futter versorgt, das er der Brütenden zum Fensterchen hereinreicht. Morgens um zehn Uhr und Nachmittags gegen zwei, manchmal auch gegen fünf Uhr bemerkte ich, daß das Weibchen das Nest verließ, um sich auszuspannen und vom Brüten zu erholen. Schon an dem verbogenen, äußerst weichbefiederten und deshalb sehr leicht Eindrücke empfangenden Schwanze kenntlich, der durch das Sitzen in der elliptischen Wohnung ebenwohl zeitweilig eine seitliche Krümmung erhält, macht es Toilette oder fängt sich an Blättern und Blüthen oder in der Luft in Begleitung des Männchens Insecten, bei welchem Fange die artigsten Purzelbäumchen geschlagen, sonstige überraschende Wendungen ausgeführt werden und die langen Schwänze als Balancirstäbchen fungiren. In dreizehn Tagen ist die Brut vollendet, deren Resultat zwischen neun bis zwölf, ja manchmal fünfzehn Jungen schwankt. Nun verdoppelt sich die Emsigkeit der Thierchen, und ihre Nutzen bringende Bethätigung springt jetzt noch mehr in die Augen. Mittelst des Fernrohrs gewahrte ich durchschnittlich auf je anderthalb bis zwei Minuten ein Zufliegen der Schwanzmeisen mit Futter. Nach meinen eingehenden Beobachtungen an Nistplätzen jagen die Alten hauptsächlich nach Kleininsecten, namentlich nach deren Puppen, und in kränkelnden Beständen der Lärche sind es die eingesponnenen Puppen der Lärchenmotte (Tinea s. Coleophora laricinella), welche die Schwanzmeisen ihren zarten Jungen bringen. Das Auslesen der winzigen Puppen geschieht mit unglaublicher Behendigkeit mittelst des Schnabels, in welchem die Vögelchen dicke Bündel zur einmaligen „Atzung“ der Jungen zu sammeln verstehen.

Nach vier bis sechs Atzungstouren (also durchschnittlich alle neun Minuten) erwärmt in der ersten Zeit das Weibchen die zarten Jungen etwa zehn Minuten lang; später wird das Füttern nur um die Mittagszeit durch die Ruhe der Alten unterbrochen. Welch eine ungeheuere Consumtion nur durch ein Nestpaar Schwanzmeisen den Tag über! Es wachsen bei solcher Pflege aber auch die Jungen sehr rasch heran. Schon in der zweiten Woche drückt sich die zahlreiche Schaar gegen die inneren Nestwände an, um Raum in der engen Wohnung zu gewinnen. Hierdurch wird die regelmäßige Form des Nestes verschoben, und nicht selten geschieht es, daß die unruhigen Thierchen Löcher in den Boden und die Seiten brechen, so daß ihre Schwänzchen hervorsehen.

Reizende Scenen gewährt das Füttern. Mit einem elastischen Schwunge nähern die Alten sich dem Neste, und unter anmuthigem Emporschnellen des Schwanzes wird den Kleinen die Atzung gereicht. Diese drängen sich meist – wie auf dem getreu aus der Natur von mir entnommenen Bilde – dicht auf einem Zweige zusammen und empfangen das Futter unter lebhaftem Sperren und den bald leiseren, bald lauteren Tönen „Si–Zi“. Bisweilen rücken die Geschwister dicht an einander, und dann vernimmt man ein leises, außerordentlich melodisches Gezwitscher. Auch die Alten nahen sich stets mit Lockrufen dem Neste, und naht sich eine Gefahr, namentlich ein Raubvogel, so fahren Alt und Jung messerspitz zusammen unter dem feinen, durchdringenden Warnrufe „Sisi“ und verharren längere Zeit unbeweglich in der geraden, aufrechten Stellung.

Bald sind die Jungen so flügge, daß sie von Zweig zu Zweig den Alten nachfolgen, und nun entsteht das beweglichste, munterste Treiben in der Familie. Die Eltern sind rastlos bemüht, die anfänglich nur auf kleine Umkreise sich erstreckenden Excursionen der Kinder zu erweitern, und erreichen ihren Zweck durch wiederholtes Voranziehen mit Atzung, wobei ihnen die Kleinen emsig folgen. Einen höchst unterhaltenden Anblick gewährt eine solche ziehende Schwanzmeisenfamilie. Der sich still und gedeckt haltende Beobachter sieht sich plötzlich von einem Dutzend kleiner beweglicher Wesen umgeben, deren Anwesenheit sich ebenso sehr durch Unruhe und Behendigkeit in allen möglichen Stellungen und Bewegungen, wie in den verschiedensten Tönen bekundet. Jeder Zweig belebt sich sozusagen in buntem Gewimmel und flüchtigem Dahinziehen, und kaum gedacht, ist das gaukelnde Völkchen wie Feengestalten eines Schattenspieles an uns vorüber, mit leisverhallenden Locktönen im Gezweige verschwindend.

Im Herbste begegnen wir den lieben Vögelchen wieder, zuweilen in ihrer Zahl verstärkt durch sich anschließende andere Schwanzmeisenfamilien, oder auch durch Gesellschaften verwandter Meisen, wie Kohl-, Blau- und Sumpfmeisen, sowie der Goldhähnchen. Schon von Weitem zeigen die Munteren und ewig Geschwätzigen den Zug an; sie erscheinen wie vom Windstoße hergetragene Federbällchen mit schnurrenden Flügelschlägen und schwungreichem Bogenfluge vor unseren Blicken, um in demselben Allegro ihres beweglichen Wesens zu verschwinden. Aber bei aller Raschheit des Ziehens durchsuchen die Thierchen fleißig das Baumwachsthum. Zwar entwickeln sie nicht das beharrliche, gründliche Beklettern der einzelnen Zweige, wie die Blaumeise, allein ihre viel größere Beweglichkeit gestattet ihnen in jedem Augenblicke ein anderes Plätzchen – hier den Zweig, dort Blatt und Blüthen – zu durchforschen. So treiben sich die Schwanzmeisengesellschaften vom Herbste durch den Winter bis zum Frühjahre emsig umher und entwickeln eine erstaunliche, von den nützlichsten Folgen für den Garten-, Feld- und Waldbau begleitete Thätigkeit, die, wie wir gesehen haben, sich beim Nisten noch erhöht.

Abweichend von unseren anderen Meisenarten sind die Schwanzmeisen sanfter, friedlicher Natur, und ihre Zähmung gelingt deshalb unter sorglicher, geeigneter Pflege leicht. Sie ergötzen dann durch ihr allerliebstes zutrauliches Wesen. Die Paare sind auch in der Gefangenschaft sehr zärtlich gegen einander, und das Männchen füttert das Weibchen öfters in höchst anmuthender origineller Weise, indem sich beide Vögel von den Zweigen oder Sitzstangen in den Volièren herabbiegen, um sich unterhalb ihrer Sitze mit den Schnäbelchen zu begegnen. Auch unterhält die männliche Schwanzmeise durch angenehmes Gezwitscher und sehr melodischen leisen Gesang, welchen sie besonders zur Paarungszeit hören läßt.

Adolf Müller. 




Der märkische Hans Sachs.

Ein Lebensbild von Hermann Jahnke.

„Gehe vom Häuslichen aus und verbreite dich,
so du kannst, über die Welt!“

 Goethe.

In der „märkischen Schweiz“, jener anmuthigen Landschaft, welche sich inmitten der Provinz Brandenburg am linken Rande des Oderthales ausbreitet, etwa acht Meilen von der deutschen Reichs-Hauptstadt entfernt, liegt, umgeben von reizvoll bewaldeten Höhen, das Städtchen Freienwalde. Dieser Ort erfreut sich namentlich seit der Zeit, da ihn eine Eisenbahnlinie mit der Residenz verbindet, als Zielpunkt für Nachmittags- und Sonntagsausflüge bei den Berlinern großer Beliebtheit.

Nicht selten pflegte es dort nun zu geschehen daß eine Schaar von Sängerbund-Extrazüglern, welche die dem Walde zuführende Hauptstraße der Stadt durchzog, vor einem von Linden und [296] Kastanien lieblich beschatteten Häuschen, das man schon von außen an der über einer Ladenthür hängenden Riesenpfeife als den Wohnsitz eines Drechslers erkennen konnte, Halt machte, um dem drinnen am Tretrade fleißig schaffenden Meister einen Sangesgruß darzubringen. Ein gar interessantes Bild war es, wenn dann der Handwerksmann, dessen Schurzfell zu dem imposanten, lockenumwallten Kopfe, den von innerem Feuer leuchtenden Augen und der ganzen geistig vornehmen Erscheinung einen seltsamen Contrast bildete, aus seiner Werkstatt heraustrat und mit sichtbarer Lust dem Liede lauschte, das sich so frisch den Lippen der Sänger entschwang. Als gedrucktes Blatt war dieses Lied einst von hier hinausgedrungen in das Volk, und aus den Schwingen der Töne kehrte es jetzt zurück zur Stätte seiner Geburt, zu dem, der es in’s Dasein gerufen. Der Schauplatz dieser Scene nämlich ist das Heim Karl Weise’s.

Das Leben unseres Volksdichters ist das eines einfachen Handwerksmannes. An dem denkwürdigen Tage, an welchem eine Schaar der verbündeten Preußen und Russen den Franzosen Halle an der Saale wieder entriß und dem schmachvollen Reiche des „ König Lustig“ für immer ein Ende bereitete, erblickte Karl Weise in einem Keller jener Stadt unter dem Getümmel des Kampfes das Licht der Welt. In der Verwirrung, welche plündernde Kosaken in seinem Geburtshause anrichteten, ward er in dem Fragment einer alten Essigtonne gebadet - ein böses Omen für sein ihm vom Schicksal oft genug gründlich versäuertes Leben. An eine sorgfältige Erziehung war unter den armseligen Verhältnissen seiner Familie ebenso wenig zu denken, wie in der Armenschule, die er als Knabe besuchte. Zwar kam er später in die Freischule der Franke’schen Stiftung, doch sehr früh angehalten, für seinen Lebensunterhalt mit sorgen zu helfen konnte er diese nur höchst unregelmäßig besuchen, und er erwarb sich trotz seiner außergewöhnlich reichen geistigen Begabung nur die allernothwendigsten Kenntnisse.

Indessen Manches, was aus diese Weise an der Abbildung seines Geistes versäumt wurde, holte er in der Schule des Lebens nach. Als Austräger der „Jenaer Literaturzeitung“ kam er mit den Hallenser Musensöhnen vielfach in Berührung, die Gefallen an dem geweckten, wenn auch wilden und übermüthigen Knaben fanden und durch deren Verwendung er die sehnsüchtig begehrte Stelle eines Currendeschülers erhielt. Die Gunst seiner Lehrer verscherzte er sich jedoch durch Spottgedichte, durch welche er sich für die von denselben im Uebermaße erhaltenen Strafen rächte.

Eines dieser Spottgedichte kam einer blinden Dichterin Namens Elise Schmidt, in deren Hause Karl Weise mit anderen Currendesängern verkehrte, zu Ohren. Sie erkannte das dem Knaben innewohnende dichterische Talent, und ihrem Bemühen gelang es, die in seinem Innern schlummernden Keime des Guten und Schönen zu wecken und seinem Streben fortan eine edlere Richtung zu geben. - Als nach seiner Einsegnung die Wahl eines Berufes an ihn herantrat, entschied er sich für das seinem ästhetisch veranlagten Sinne am meisten zusagende Drechslerhandwerk, aber auch der Drechslerlehrling blieb noch der Poetenschüler der blinden Dichterin, unter deren Leitung er sich eine außerordentlich fließende Versform aneignete, sodaß jenes Sprüchlein, das Theodor Fontane später dem Freienwalder Meister gewidmet, auch schon auf den Lehrling paßt.

„Er drechselt Pfeifen in guter Ruh
Und manchen hübschen Vers dazu.

Im Jahre 1848 siedelte Karl Weise von Berlin aus, wo er einige Jahre als Geselle gearbeitet hatte , nach dem oben genannten märkischen Städtchen über, um sich dort als Meister niederzulassen, und bald darauf verheirathete er sich mit einem ihn treu liebenden, sinnig gemütvollen, wenn auch armen Mädchen aus Schlesien Namens Henriette Milde. Die Wahl seines Wohnortes, in dem er den Kampf der Concurrenz mit mehreren Meistern des gleichen Handwerks aufzunehmen hatte, erwies sich als keineswegs glücklich, sodaß Noth und Sorgen bald bei ihm einkehrten und sich leider dauernd in seinem Hause niederließen. Nur selten noch, „wenn er Sonntags sein schmutzig Schurzfell abgelegt“, wie Goethe vom Hans Sachs singt, und „im saubern Feierwamms“ die heimischen Wälder durchstreifte, erwachte in ihm die Lust des Singens und schenkte ihm ein Lied.

Zehn Jahre hatte Karl Weise so unter Noth und Sorgen in Freienwalde durchlebt, als im Frühling des Jahres 1858 ein für den Drechslerpoeten warm begeisterter junger Gelehrter, Dr. Melchers, seine Bekanntschaft suchte und ihn in der dringlichsten Weise aufforderte, mit einem größeren Werke seiner Dichtkunst an die Oeffentlichkeit zu treten. Der biedere Handwerker sträubte sich, den Spott der Welt fürchtend, anfangs ganz energisch gegen die Ausführung dieses Vorschlages, allein sein gelehrter Freund drängte ihn endlich fast gewaltsam zur Herausgabe einer Sammlung seiner Gedichte; er solle, so meinte er, diese Sammlung dem damaligen Altmeister der deutschen Dichtkunst, Friedrich Rückert, zum siebenzigsten Geburtstage, der in jene Zeit fiel, widmen. So wurde denn der Druck eines Bändchens, „Blumen der Wälder“, beschlossen, das im Selbstverlage des Dichters erschien. Um den Meister zu einem Widmungsgedicht für den Dichtergreis zu begeistern, machte der Freund ihm die gesammelten Dichtungen Rückert's in Prachtband mit dem Portrait desselben zum Geschenk. Mit steigender Begeisterung durchlas Weise die Rückert'schen Poesien und faßte den Gedanken, sein Widmungsgedicht dem zierlich kunstvollen „Rosenliede“ Rückert's nachzubilden. Doch wie er sich auch den Kopf zerbrach, das Gedicht wollte nicht zu seiner Zufriedenheit gelingen.

„Meine fleißige Henriette,“ so schildert Weise uns seine hierauf bezüglichen Versuche, „meine Henriette, die gewohnheitsmäßig bis gegen Mitternacht bei der Nadel zu sitzen pflegt und von der Herausgabe meines Buches keine Ahnung hatte, staunte nicht wenig, an mir plötzlich einen so späten Abendgesellschafter zu erhalten. Ihre Freude darüber aber war keineswegs groß; denn erstens konnte wegen meines angestrengten Grübelns und Schreibens von einer Unterhaltung nicht die Rede sein, und zweitens zog ich zum Verdruß der sparsamen Hausfrau den Docht des kleinen Oellämpchens viel zu weit heraus. Mehr als einmal wurde ich, durch meine hirnzerbrechende Arbeit ohnehin gereizt, empfindlich, wenn sie mir den Leuchtstoff dermaßen verringerte, daß ich beim Schreiben kaum die Buchstaben zu unterscheiden vermochte. Als sie aber gar mein anhaltendes geistiges Schaffen eine unnütze Beschäftigung nannte, da konnte ich nicht anders, als ihr meinen Plan offenbaren. Statt aber durch freundliches Beipflichten, wie ich es von ihrem sonst so zartsinnigen Gemüth erwarten durfte, Oel in mein aufflackerndes Dichterstrohfeuer zu gießen, machte sie nur abwehrende Geberden was mich, da sie in mir übertrieben erscheinender Sparsamkeit mir auch noch die Verschwendung des theuren Oels und Papiers vorhielt, so in Harnisch brachte, daß ich aufsprang, dem Alkoven zuschritt und mich dort mißmutig unausgekleidet auf’s Bett warf. Ermattet von meiner zwiefachen Anstrengung, der des Körpers den Tag über und der des Geistes bis in die halbe Nacht hinein, sank ich in einen kurzen Schlaf. Wieder erwacht, wollte ich mich eben auskleiden als ich, durch das Alkovenfenster blickend, im Wohnzimmer einen ungewohnt hellen Lichtschimmer gewahrte. Ich lüftete die Gardine ein wenig, und siehe da, beim hellflackernden Lämpchen saß meine sparsame Hausfrau, die das Nähzeug bei Seite gelegt hatte, und – las im Rückert’schen Prachtwerke, ohne an die Verschwendung des theuren Oels zu denken. Ihr Schreck war kein geringer, als sie mich, den sie tief in den Federn wähnte, plötzlich eintreten hörte, und das Einziehen des Lampendochtes sowie das Wiederergreifen des Nähzeuges war das Werk eines Augenblickes. Als ich sie darüber zur Rede stellte, daß sie mich um des ‚theuren Oels‘ willen zu Bette geärgert habe, während sie dasselbe noch nach Mitternacht bei unnützem Lesen verschwende, da machte sie gute Miene zum bösen Spiel, lachte mich schelmisch an und sagte, das Buch müsse wohl ein Magnet sein, da sie, nachdem sie blos hineingeblickt und ein Verslein gelesen habe, nicht wieder loszukommen vermocht. ‚Ja, wenn Du solche Liederle mache könntest, Männele,‘ fügte sie in ihrer schlesischen Mundart hinzu, ‚dann wollt ich kei Wörtl mehr sagen von wegen des theuren Oels.‘ Schnell zog sie den Docht wieder höher, nahm Rückert's Prachtbuch wiederum zur Hand, und ein herzensfreudiges: ‚Horch nur!‘ vorausschickend, begann sie zu lesen:

,Des verstorbnen Töchterchens
Bild im Arbeitszimmer,
Frische Blumen aus dem Wald
Holend, schmück' ich's immer. –
Jüngst kam mir mein lebendes
An der Thür entgegen' – – .

‚Mache Schluß, liebes Kind!‘ unterbrach ich sie und verhehlte ihr mein Erstaunen nicht, daß sie ein so warmes Gefühl für Anderer Geisteskinder habe, während sie mein nächtliches [297] poetisches Schaffen mit finsteren Blicken verfolge, und nachdem ich ihr noch erklärt, daß mein Gedicht, das ich eben zu ersinnen im Begriff sei, ja zu einer Geburtstagsgabe für den Dichter jener schönen Lieder, dessen Bild sie eben mit Wohlgefallen betrachte, bestimmt sei, da erwiderte sie in sichtlicher Freude: ,Für den, den mit den schönen Silberlöckle? Ach, Männele, wenn ich das gewußt hätte – komm, komm, dichte das Liedel fertig! Werde Dir das Lämpel blendend helle machen und Dich gar nicht mehr stören.’ Damit schlich sie leise aus dem Zimmer, mich mit meinen Gedanken allein lassend. Ich setzte mich an den Tisch, um mein Widmungsgedicht zu vollenden.


„Sapperment! Wie war doch der Ton?“
Nach dem Oelgemälde von J. Rösl.


Doch auch jetzt wollte die Nachbildung des Rosenliedes nicht gelingen, mißmuthig warf ich endlich die Feder hin, um meine Schlummerstätte aufzusuchen. Doch siehe da, es durchzuckte mich plötzlich ein glücklicher Gedanke. ,Wie,’ sagte ich mir, ,wenn dir die gekünstelte Form jenes Liedes ganz bei Seite ließest, statt dessen schriebest, wie dir’s um’s Herz ist, und die eben erlebte Scene zum Gegenstand deines Gedichtes machtest?’ Und gedacht, gethan! Leicht flossen jetzt die Verse aus der Feder, und schon am Morgen konnte das Gedicht, welches ich ,Meister Rückert und sein Lehrjunge’ nannte, zur Druckerei abgehen.“

Nach Herausgabe des Buches fand Weise im eigenen Heimathsorte für seine Gabe nur den Spott und Hohn seiner Mitbürger, sodaß sich das Wort vom Ansehen des Propheten in seinem Vaterlande auch bei ihm in seiner vollen betrübenden Wahrheit bestätigte. Aber das deutsche Volk urtheilte anders. Schon nach wenigen Tagen liefen von dem Volks- und Jugendschriftsteller Ferdinand Schmidt und anderen berufenen Männern die günstigsten Urtheile über die „Blumen der Wälder“ ein; auch erfreuten den Dichter ermunternde Briefe und Anerkennungszeichen aus dem Volke von nah und fern. Diese zahlreichen Boten des Beifalls ermuthigten den einfachen Mann, rüstig weiter zu schaffen, und das Wort: „Gehe vom Häuslichen aus und verbreite dich, so du kannst, über die Welt,“ das zufällig das erste war, was er in einem Exemplare von „Goethe’s Gedichten“ las, das er als Ehrengeschenk von dem Custos der königlichen Bibliothek in Berlin, Hofrath Dr. Friedrich Förster, erhalten hatte – dieses Goethe’sche Wort wirkte allgemach entscheidend auf den noch immer an seinem Dichterberufe zweifelnden Handwerksmeister. Und in reicher Fülle that sich der Born des „Häuslichen“ vor ihm auf. Seine Henriette, die sorgende, liebe und vertrauensvolle Gefährtin seines Lebens, sie wurde jetzt der Mittelpunkt seiner Dichtungen.

Frischen Muthes ging Weise, ohne sich ferner mehr um die Neider, Spötter und Splitterrichter seines Heimathsortes zu kümmern, an’s Werk und schuf in seinen Mußestunden, während die Hand der schnurrenden Drehbank treu blieb, seine „Handwerkerbraut“, welches Buch bald darauf im Selbstverlage des Dichters erschien.

Es war kurze Zeit vor Weihnachten, als die Erstlingsexemplare der neuen Dichtung Weise’s in die Welt hinausgesandt wurden, und selten wohl mag in einer Handwerkerfamilie das Weihnachtsfest fröhlicher gefeiert worden sein, als damals im Weise’schen Hause, als aus vielen Gegenden des Vaterlandes die begeistertsten Lobsprüche über die neue Dichtung eingingen.

So schuf er denn im folgenden Jahre fröhlich eine neue Dichtung „Das Weib des Handwerkers“, dem sich in der Folge das „Familienleben“ anschloß. Jetzt sind alle diese Dichtungen unter dem Titel „Familienleben in Dichtungen“ im Verlage von A. Goldschmidt in Pracht- und Volksausgabe erschienen und von der Kritik überaus günstig aufgenommen worden. Unter Andern hat Theodor Fontane dem „märkischen Hans Sachs“ in seinen „Wanderungen durch die Mark“ ein ehrenvolles Denkmal gesetzt, während Heinrich Kurz in seiner Literaturgeschichte sich über ihn höchst anerkennend ausspricht.

Eine Zahl neuerer Dichtungen hat der Freienwalder Volkssänger seither jenen älteren folgen lassen, so „Die Läuter aus dem Ruhlathale“, ein Sonettenkranz, „Die Volksharfe“, „Lorbeer und Rose“ (im Selbstverlage) und andere mehr. – Auch auf dem Gebiete der Volkserzählung hat sich Weise mit Glück versucht, wie die Schilderungen aus seinem Jugendleben, seiner Wanderzeit und seinen Meister- und Prüfungsjahren (Leipzig, Otto Spamer) und seine Erzählungen „Aus des Volkes Tiefen“ (Leipzig, Ambrosius Barth) beweisen. Nach Tausenden aber zählen seine bisher leider noch ungesammelten Festlieder, Prologe und Gelegenheitsgedichte, unter denen sicherlich viele werthvolle Perlen sich befinden. Während so unserem neuen Hans Sachs durch die schönen Erfolge seines dichterischen Schaffens ein hohes Glück zu Theil geworden ist, hat es ihm bei allem regen Fleiße und ernstem Streben nicht gelingen wollen, sich die Mittel zu erwerben, die ihm ein sorgenfreies Dasein jetzt in den Tagen seines Alters gewährten. Der allgemeine Druck, welcher in unserer Zeit der Maschinen und des Cigarrenrauchens, in der die wichtigsten Artikel der Drechslerei, das Spinnrad und die Pfeife, fast ganz aus der Mode gekommen sind, auf diesem Handwerkszweige lastet, hat sich auch in Weise’s bescheidenen Verhältnissen schwer fühlbar gemacht. Mangel an Beschäftigung hat ihn vor einigen Jahren gezwungen, die Drechslerei aufzugeben und sich der Arbeit mit der Feder ganz zu widmen, doch auch diese ist nicht von materiellem Erfolge gekrönt gewesen.

Durch das Wohlwollen eines Berliner Kaufmannes ist er

[298] zwar in den Besitz eines kleinen Grundeigenthums gelangt, allein es lastet auf demselben eine Hypothekenschuld von mehreren tausend Thalern; die Furcht vor dem Verlust seines Heims schwebt wie ein Damokles-Schwert über seinem Haupte, namentlich jetzt, nachdem ihn seit dem vergangenen Herbste eine schwere, langwierige Krankheit ganz schaffensunfähig gemacht hat.

Eine Ehrenpflicht des Volkes wäre es wohl, dem wackeren Dichter der „Handwerkerbraut“, des „Familienlebens“ und „Der Läuter aus dem Ruhlathale“ die schweren Tage des Greisenalters erleichtern zu helfen und ihm einen Ehrendank für die Gaben seiner Dichtkunst darzubringen. Möge die Anregung dazu hiermit gegeben sein![1]




Die Franzosen in Afrika.

Eine zeitgemäße Betrachtung.

Mehr als fünfzig Jahre sind bereits verflossen, seitdem in Algier sich ein Vorfall ereignete, welcher der damaligen französischen Regierung die willkommene Veranlassung gab, Algier mit Krieg zu überziehen und zu erobern. Der Dey dieses afrikanischen Küstenstaates richtete damals wegen geringfügiger Geldstreitigkeiten ein eigenhändiges Schreiben an den König Karl den Zehnten von Frankreich, und als dieses unbeantwortet blieb, verlangte er von dem französischen Gesandten Aufklärung über das merkwürdige Benehmen der ihm befreundeten Regierung, erhielt aber die übermüthige Antwort, der König von Frankreich brauche die Briefe eines Dey von Algier nicht zu erwidern. Da sprang der beleidigte Dey auf und versetzte dem Gesandten einen Schlag mit dem Fliegenwedel. Dieser Schlag kostete dem Dey sein Königreich. Am 25. Mai 1830 stach eine Expedition mit 100 Kriegsschiffen, 27,000 Seesoldaten und 37,000 Mann Landungstruppen von Toulon aus in die See, und wenige Wochen darauf eroberten die Franzosen die Hauptstadt des feindlichen Landes, wobei der gesammte Staatsschatz im Betrage von 48 Millionen Franken, Waaren im Werth von 11 Millionen Franken und 1500 Geschütze in ihre Hände fielen.

Heute – Anfang April – während wir diese Zeilen niederschreiben, rüstet Frankreich in demselben Hafen von Toulon eine ähnliche Expedition aus, welche wiederum gegen die nordafrikanische Küste, diesmal gegen Tunis, gerichtet ist. Die Veranlassung zu dem Feldzuge gaben räuberische Einfälle tunesischer Stämme in das algerische Gebiet, und die Züchtigung der wilden Khrumirs wird als das Endziel der neuen Expedition bezeichnet. Aber wie vor fünfzig Jahren der wirkliche Grund zum Krieg in dem Bedürfniß der französischen Nation, Kriege zu führen und Eroberungen zu machen, gesucht werden mußte, ebenso bilden heute die tunesischen Wirren nur die äußere Veranlassung zu der militärischen Machtentfaltung der gallischen Republik in Nordafrika. In Wirklichkeit handelt es sich um die Begründung der französischen Herrschaft in einem bisher wenig bekannten, aber von der Natur reich gesegneten und dicht bevölkerten Welttheile.

Als der „Gloire“ wegen die Monarchie arabische und kabylische Stämme unterjochte, da dachte kein Franzose daran, daß später Algier die Basis bilden werde, auf welcher die dritte Republik ein großes Colonialreich, ein „französisches Indien“ begründen würde. Mit gutem Recht konnte man sogar die neue Eroberung als nutzlos verurtheilen; denn Algier hatte weder gute Häfen, noch eine productive Bevölkerung; um sie dem Mutterlande nutzbar zu machen, hätte man in der Colonie Ackerbau-Ansiedelungen in’s Leben rufen müssen, aber in dieser Beziehung erwiesen sich die Franzosen stets als unfähige Colonisten; ihre Nation vermehrt sich in äußerst schwachen Verhältnissen, und sie hat daher keinen Ueberschuß an frischen Kräften, mit denen sie brachliegende Länder cultiviren könnte. Dagegen verfügt das französische Volk über große Capitalien, mit denen es in volkreichen Ländern kulturelle Arbeiten verrichten und fremde Nationen ausnutzen kann. Für solche Capitalanlagen war aber Algier ein äußerst ungünstiges Gebiet.

Fast mit einem Schlage haben sich diese Verhältnisse in letzter Zeit geändert. Nachdem Amerika und Australien in den breitem Strom der Civilisation aufgenommen waren, richtete die kaukasische Rasse ihre Aufmerksamkeit auf das Innere Afrikas; muthige Forscher drangen tief in den „dunklen Welttheil“ ein und brachten überraschende Nachrichten von dem Reichthume und der Bevölkerung der verschollenen afrikanischen Länder heim. Mungo Park, Clapperton, Denham, die Gebrüder Lander, Caillé, Barth, Rohlfs und Nachtigal waren die Pioniere der europäischen Cultur in jenen Gegenden, an deren Küsten bis vor Kurzem nur die Jagd auf den „schwarzen Menschen“ ausgeübt wurde. Von ihnen erfuhren wir zuerst, daß der Sudan, das Innere Afrikas, für den Welthandel noch andere viel wichtigere Producte enthalte. Auf seinem fruchtbaren Boden gedeihen nicht nur Weizen, Gerste, Reis, Zwiebeln, Erdnüsse und Bohnen, welche die Eingeborenen für ihren eigenen Bedarf bauen, sondern auch kostbare Colonialproducte wie Baumwolle, Indigo, Kaffee, Pfefferarten und Ingwer; dort stehen noch dichtgedrängt Waldungen von Bäumen, aus denen Gummi, dieser wichtige Handelsartikel, bereitet wird; dort wächst der Butterbaum, Bassia Parkii, der ein vielbegehrtes Fett liefert; Sudan ist die Heimath der Straußenfedern und des Elfenbeins. Auch das harte „Eisen wächst in seiner Berge Schacht“, und sogar das gelbe Gold wird in ihm gefunden. Wird doch selbst bei der primitiven Gewinnungsmethode der Neger aus dem einen Bezirke Bouré Gold im Werthe von 2,000,000 Mark jährlich nach Timbuctu gebracht.

Aber der Sudan ist nicht nur ein Land, aus welchem Schätze ausgeführt werden können, er ist auch ein großes künftiges Absatzgebiet für die Industrie Europas; denn es bewohnt ihn eine dichte Bevölkerung, die gern die europäischen Waaren, die Producte der Spinnerei, sowie die der Metall- und Glasindustrie gegen die Erzeugnisse ihres heimathlichen Bodens eintauschen würde. Außer Timbuctu finden wir in ihm noch viele andere Städte, deren Einwohnerzahl man auf 40 bis 60,000 Seelen schätzt, und das ganze Land wird von Millionen – man spricht von 50 Millionen - Menschen bewohnt.

Wie kam es nun, daß dieses gegen drei Millionen Quadratkilometer große, von mächtigen Flüssen durchströmte Land den unternehmungslustigen Völkern Europas so lange unbekannt blieb? Die merkwürdige Isolirung des Sudanlandes war durch die Beschaffenheit seiner Grenzmarken bedingt. Im Norden erschwerte die Sahara dem Fremden den Zutritt; im Westen und Südwesten ist es von dem Atlantischen Ocean durch eine sumpfige, mit mörderischem Klima ausgestattete Küste getrennt; im Osten und Südosten wird es durch Länder, die bis jetzt unerforscht sind, begrenzt. Keine natürliche Handelsstraße führt nach dem Lande Sudan; wenn es in den Strom des Welthandels aufgenommen werden soll, so muß man zu ihm künstliche Straßen bauen. Zwar versuchten bei der ersten Kunde von dem Reichthume Sudans die Engländer den Nigerstrom hinauf in das Innere des Landes vorzudringen, aber sie mußten schon in seinem unteren Laufe an den Wasserfällen von Boussa Halt machen und kehrten unverrichteter Dinge zurück. Einem anderen Volke scheint die Erschließung dieser neuentdeckten Welt beschieden zu sein.

In Frankreich tauchten bald großartige, fast abenteuerliche Projekte auf, welche die Herstellung einer Handelsverbindung zwischen Sudan und den französisch-afrikanischen Colonien, Algerien und Senegal, bezweckten. So plante man, die Sahara aus der Welt zu schaffen und die Wüste in ein Binnenmeer zu verwandeln, welches französische Handelsschiffe befahren würden. Und als dieser Plan wegen der unberechenbaren Folgen, die seine Ausführung nach sich ziehen könnte, zeitweilig aufgegeben wurde, traten französische Ingenieure mit neuen Projecten auf: Nach den Einen sollte das Dampfroß in der sandigen Wüste mit den Kameelen die Concurrenz aufnehmen, nach den Anderen von der französischen Colonie an der Westküste Afrikas – von Senegal aus – eine Eisenbahn in das Innere des Landes geführt werden. Das sind Schienenstränge von 2600 und 1300 Kilometer Länge, die zusammen über eine Milliarde Franken kosten würden, aber das [299] Volk, welches den Suezcanal gebaut hat und an dem Panamadurchstich in erster Linie betheiligt ist, ließ sich weder durch die Mühseligkeit des Werkes, noch durch die großen Kosten abschrecken. Mit seltener Energie wurde der neue Plan von der Presse, den wissenschaftlichen Vereinen und von hervorragenden Männern befürwortet und in wenigen Jahren die öffentliche Meinung für ihn gewonnen. Auch die Regierung der Republik unterstützte kräftig das Unternehmen, und nach und nach wurden mehrere Millionen Franken für die Erforschung der künftigen Bahnlinien ausgeworfen. Im Allgemeinen ist heute die Besitzergreifung Sudans für die Franzosen eine feststehende Thatsache, und man muß auch zugeben, daß dieser Erwerb für Frankreich von dem größten Nutzen sein wird. Sind einmal die Bahnlinien erbaut, so wird es ohne Mühe gelingen, durch Errichtung einiger militärischer Posten der trägen Bevölkerung von Innerafrika, die keineswegs von dem räuberischen Geiste der arabischen und kabylischen Stämme des Nordens beseelt ist, Gesetze zu dictiren. Ist dann auch das handelspolitische Uebergewicht Frankreichs gesichert, so wird für die, wie überall, so auch in Frankreich hart bedrängte Industrie ein wichtiger Markt eröffnet, während dem kornarmen Lande Bodenproducte unter günstigen Bedingungen zugeführt werden. Es ist also kein abenteuerliches Unternehmen, welches wir vor uns haben, sondern eine durchaus kluge Berechnung, eine gesunde volkswirthschaftliche Operation.

Von einem verhältnißmäßig überraschenden Erfolge sind bereits die Bemühungen, von Senegal aus in Sudan einzudringen, gekrönt worden. An der Mündung des gleichnamigen Stromes liegt die Hauptstadt der französischen Colonie, Sant Louis, mit ungefähr 15,000 Einwohnern, die schon jetzt den Centralpunkt des Handels an der Westküste Afrikas bildet. Der Hafen dieser Stadt ist aber in drei bis vier Monaten des Jahres für größere Schiffe unzugänglich, und man sah sich daher genöthigt, in der wohlgeschützten Bucht von Dakar einen neuen Hafenplatz zu begründen, dessen Handelsbedeutung von Tag zu Tag im Wachsen begriffen ist. Man beschloß nun diese beiden Plätze durch einen Schienenweg mit einander zu verbinden, indem man hervorhob, daß hierdurch der Warenverkehr von dem bereits vorhandenen Handelscentrum nach dem einzigen guten Hafen der Gegend geleitet werde. Diese Idee befürwortete vor Allem der äußerst rührige Gouverneur von Senegal, Herr Brière de l’Isle, der es außerdem durchsetzte, daß die geplante Linie in einem Bogen das volkreiche Königreich von Cayor durchschneiden solle. Zu diesem Zwecke wurden nun zwischen den Civilisirten und den Barbaren Verträge abgeschlossen, die für weitere Kreise unserer Leser nicht ohne Interesse sein dürften.

Herr Brière de l’Isle wählte zu dieser diplomatischen Mission einen schlauen, gebildeten Neger, Bou-el-Moghdad genannt. Dieser begab sich im Jahre 1879 an den Hof des regierenden Herrn von Cayor, Lat-Dior, und machte es ihm klar, daß die Eisenbahnen keineswegs gegen den mohammedanischen Glauben verstoßen, wobei als Hauptargument angeführt wurde, daß selbst gläubige Mohammedaner ihre Pilgerfahrten nach Mekka ohne Gewissensbisse mittelst der Bahn zurücklegen.

Auf Grund dieser Unterhandlungen wurde zwischen Lat-Dior und dem schwarzen Vertreter Frankreichs, Bou-el-Moghdad, am 10. September 1879 ein Vertrag unterzeichnet, welcher nicht nur den Bau der Bahn Dakar-St. Louis sichert, sondern auch das Königreich Cayor gewissermaßen unter das französische Protectorat stellt. Frankreich garantirt demnach der Herrscherfamilie der Guedj, von welcher der gegenwärtige „Damel“ Lat-Dior abstammt, den ungestörten Besitz des Königreichs Cayor und erhält dafür das Recht, die betreffende Eisenbahn zu bauen und in Betrieb zu erhalten. Der Vertrag macht überdies dem schwarzen Diplomaten des Herrn Brière de l’Isle alle Ehre; denn Lat-Dior verpflichtet sich, nicht nur alles nöthige Holz umsonst zu liefen:, sondern auch für die Beschaffung der Arbeitskräfte zu sorgen; die Arbeiter dürfen jedoch von den Franzosen nur in der Zeit vom 1. December bis zum 15. Mai jedes Jahres requirirt werden, und es soll ihnen ein Lohn von 1 Fr. 25 Cent. pro Tag bezahlt werden. Dafür aber wird auch dem Damel das Recht zugestanden, auf der ganzen Linie mit einem Hofe von vierzig Personen unentgeltlich hin und her zu fahren, und die französische Regierung verpflichtet sich am Schluß eines jeden Jahres während des Baues der Eisenbahn dem Herrscher Lat-Dior zwei arabische Rosse zu schenken, zum Zeichen, daß sie mit der Arbeit der Unterthanen Seiner farbigen Majestät zufrieden ist.

Auf Grund dieses Vertrages hat sich denn auch die französische Eisenbahngesellschaft von Batignolles bereit erklärt, diese Strecke zu bauen, und erhielt im Herbst des vorigen Jahres von den Kammern die hierzu nöthige Concession. Die Länge dieses ersten Theiles der Bahn Senegal-Niger beträgt zweihundertsechszig Kilometer, und ihr sollen sich später die Linien M’pal-Medina mit fünfhundertachtzig Kilometer und Medina-Niger mit fünfhundertzwanzig Kilometer Länge anschließen. –

Die Versuche, von Algier eine Handelsstraße nach dem Sudan zu bauen, haben schon wegen der größeren Schwierigkeiten, mit denen man hier zu kämpfen hat, weniger glückliche Erfolge zu verzeichnen. Für die Sahara-Eisenbahn fanden sich übrigens auch in Deutschland begeisterte Verfechter; so schlägt Gerhard Rohlfs ein Project vor, welches eine Bahn Tripolis-Kuka zur Grundlage hat. Mit besonderem Eifer machen dagegen die französischen Ingenieure und Gelehrten Duponchel, Soleillet, Largeau und Delesse für die Linie von Algerien über El Aghuat und El Golea nach Tuat und dann weiter nach Timbuctu Propaganda. Auch. ihnen ist es gelungen, die Regierung für ihre Pläne zu gewinnen, und es wurden bereits 1879 ziemlich bedeutende Geldmittel von den Kammern bewilligt, um mehrere Expeditionen über die Sahara nach dem Sudan zu organisiren.

Die Ergebnisse dieser Forschungen lassen sich dahin zusammenfassen, daß nur zwei größere Hindernisse überwunden werden müßten. Das eine Hinderniß wird durch die natürliche Bodenbeschaffenheit der Wüste dem Bahnbau entgegengesetzt und besteht in lockeren Sanddünen, die in ziemlich beträchtlicher Höhe in einer Breite von mehreren Kilometern die Sahara durchziehen. Aber diese Schwierigkeit wäre leicht zu bewältigen. Wie auf der amerikanischen Pacificbahn eiserne Tunneln gebaut wurden, um die Verschüttung der Geleise mit Schneemassen zu verhüten, so würden auch hier ähnliche eiserne Bauten der Bahn einen sicheren und ungestörten Durchzug durch die Sandhügel gestatten. Wassermangel fürchtet man nicht; gehen doch jetzt in Europa Züge, die auf Entfernungen von hundert Kilometer kein Wasser einnehmen.

Bedenklicher ist ohne Zweifel die Feindseligkeit der die Sahara bewohnenden räuberischen Nomadenstämme, vor Allem der Tuareg, von denen wir erst vor Kurzem in der „Gartenlaube“ berichtet haben (vergl. Nr. 4). Ehe ihr Widerstand gebrochen wird, werden noch Ströme von Blut stießen, aber die Feuerwaffe der Europäer wird schließlich auch hier die Eingeborenen bezwingen. Schon heute ist Frankreich genöthigt, eine Wüstenexpedition zu organisiren, um die Tuareg zu züchtigen; denn erst vor Kurzem kam aus Afrika die noch nicht ganz verbürgte Kunde, daß die Expedition des Obersten Flatters, die früher von den Tuareg so freundlich aufgenommen worden war, nunmehr vernichtet wurde, indem ein Theil ihrer Mannschaft im offenen Kampfe blieb und ein anderer Theil verrätherischer Weise vergiftet wurde.

Während indessen Frankreich auf diesem ökonomischen Eroberungszuge, dem sehr bald der politische folgen dürfte, begriffen ist, hat Plötzlich eine andere europäische Großmacht den Versuch gemacht, in Nordafrika festen Fuß zu fassen. Das italienische Capital begann in Tunis mit dem französischen zu concurriren, und die römische Regierung beabsichtigte gleichzeitig, sich auf dem Boden des ehemaligen Karthago festzusetzen. Sie versuchte zunächst den tunesischen Eisenbahnbau von dem Protectorat Frankreichs zu befreien und ihn unter ihr eigenes zu bringen; sie unterstützte den Bey von Tunis in seinen antigallischen Bestrebungen; die italienischen Kaufleute hetzten, so behauptet man, die wilden Stämme an der algerischen Grenze gegen ihre Nachbarn auf und bedrohten damit ernstlich die französischen Interessen in Afrika. Tunis wurde hierdurch zu der Achillesferse der emporwachsenden französischen Colonialmacht. Gelänge es einer anderen Nation, sich dort festzusetzen, so erwüchse Frankreich ein Concurrent, mit dem es den Gewinn seiner Unternehmungen theilen müßte; das Schwinden des französischen Ansehens in jenem Lande würde auch das Ansehen der Republik bei ihren Unterthanen in Algerien schwächen und andere afrikanische Stämme ermuthigen, sich gegen die bahnbauenden und handelnden Civilisatoren aufzulehnen.

Durch den langen diplomatischen Depeschenwechsel, durch internationale Schiedsgerichte wurde die Lage für die Franzosen immer unerquicklicher; denn das Unterhandeln und Parlamentarisiren wurde von den naiven Barbaren nur als ein Zeichen der Schwäche aufgefaßt. Da ereignete es sich, daß im März dieses Jahres tunesische Horden [300] raubend und sengend in das algerische Gebiet einfielen, die Eisenbahnen plünderten, Vieh wegtrieben und französische Unterthanen tödteten. Das war ein flagranter Bruch des Völkerrechts, welcher nunmehr Frankreich die berechtigte Veranlassung gab, nicht nur die Räuber zu züchtigen, sondern auch in dem Nachbarlande Tunis Zustände zu schaffen, welche die Wiederholung solcher Grenzverletzungen unmöglich machen. Da bot sich aber gleichzeitig die willkommene Gelegenheit, mit Waffen in der Hand den Afrikanern zu zeigen, wie mächtig die französische Nation ist, eine langerwünschte Gelegenheit, zu dem renitenten Bey mit Kanonen zu reden und auch in Tunis das französische Uebergewicht dauernd zu sichern.

Das Ziel also, welches durch den neuerdings geplanten afrikanischen Feldzug erstrebt wird, ist von der größten Bedeutung. Müßig wäre es, untersuchen zu wollen, auf wessen Seite das Recht ist, wiewohl die Stärkung des französischen Einflusses an der südlichen Küste des mittelländischen Meeres auch auf die europäischen Machtverhältnisse einen unverkennbaren Einfluß ausüben wird. Die Colonialpolitik war stets die nackteste Eroberungspolitik, bei welcher nur durch Unterjochung der Völker ein blutiger Rechtstitel auf den Besitz großer Ländermassen erworben wurde. Frankreich entfaltet nun seine Macht, um diesen Rechtstitel in Afrika geltend zu machen.

Valerius.




Das „Blockziehen“ in Steiermark.
Ein deutscher Osterbrauch.
Mitgetheilt von C. Michael.

Je mehr die fortschreitende Cultur unsere alten volksthümlichen Sitten und Gebräuche verdrängt, um so interessanter ist es, einen jener abgelegenen Winkel des deutschen Vaterlandes zu finden, wo sich dergleichen althergebrachte Formen noch völlig rein erhalten haben. Ein solcher stiller, aber reich gesegneter Erdenwinkel ist das steierische Dorf N. an der ungarischen Grenze, unweit der beiden Städtchen Fürstenfeld und Purgau. Die „Eisenbahn“ ist in dieser Gegend noch ein ungekanntes Ding; denn man hat zwei Stunden bis nach Fürstenfeld, und von da aus abermals zwei Stunden zu fahren, ehe man die nächstgelegene Bahnstation erreicht. Fremde verkehren fast gar nicht in jenen Gegenden, es sei denn, daß ein Hopfenhändler sich einfindet, um den Stand der Ernte zu prüfen oder seine Handelsgeschäfte abzuschließen. Die meisten Bewohner dieser Bergdörfer sind ihr Leben lang nicht über die nächste Kreisstadt hinaus gekommen, und auch dahin nur in höchst seltenen Fällen. Unberührt wie ihre vielhundertjährige Nationaltracht, unberührt wie ihre herzige Sprache, haben sie sich auch ihre originellen Volksfeste erhalten. Eines der beliebtesten darunter ist das sogenannte „Blockziehen“.

Wenn ein ganzes Jahr vergangen ist, ohne daß es eine Hochzeit in der Gemeinde gegeben hat, so müssen alle ledigen Bursche des Dorfes im nächsten Forst einen Eichenstamm kaufen und denselben herein in’s Dorf ziehen. Dieselbe Aufgabe fällt den Dirnen zu, nur wird für diese ein etwas kleinerer Stamm gewählt, als für die „Bub’n“. Auf dem Marktplatz werden dann beide Stämme versteigert und mittelst des Ertrages ein fröhlicher Tanz angeordnet.

Seit zehn Jahren war die Heirathslust in N. so groß gewesen, daß diese Strafe unterbleiben mußte, im vorigen Jahre aber hat sie wieder einmal stattgefunden, und zwar in großartigster Weise. Wir entnehmen die nachfolgende Schilderung des Festes dem Briefe einer Augenzeugin, einer jungen Beamtenfrau der gräflichen Meierei zu N.

„Hier hat das Osterfest viel mehr zu bedeuten, als bei Euch im Norden,“ schreibt die junge Verwalterin, „schon die Vorbereitungen dazu nahmen diesmal reichlich eine ganze Woche in Anspruch. Mein Mädchen, die ‚Stanzel‘, hatte vollauf zu thun mit dem Backen der Gugelhupfe und dem Kochen des Weihfleisches für das Gesinde; auch ein mächtiger Schweinebraten wurde schon im voraus fertig gestellt, während ich mit dem andern Mädel, der ‚Mirzel‘, Haus- und Wirthschaftsräume einer gründlichen Säuberung unterzog. Dies Alles mußte fertig sein bis zum Charfreitag, denn von diesem Tage an gehört man hier fast ausschließlich der Kirche. Meine Mägde sind sehr ‚fromm‘. Sie haben die ganze Fastenzeit[WS 2] hindurch dreimal wöchentlich gefastet, die letzten vierzehn Tage gar kein Fleisch mehr gegessen, am Charfreitag und Samstag aber nur früh und Abends eine Tasse Kaffee getrunken. Das ist für ein gesund fühlendes Herz denn doch wirklich der Kasteiung etwas zu viel. Dafür sind sie die letzten Tage Vor- und Nachmittags in der Kirche gewesen, und es hätte zu den Unmöglichkeiten gehört, sie davon zurückhalten zu wollen. Von all den kirchlichen Ceremonien, wie Grablegung, Auferstehung etc., schweige ich; denn ich halte das Ganze für ein unwürdiges abgeschmacktes Puppenspiel, und bin zuweilen empört darüber gewesen. Erhebend aber waren die Osterfeuer am Abend vor dem ersten Feiertage, und nur wer unser freundliches rings von Hügeln umschlossenes Thal kennt, vermag sich vorzustellen, wie herrlich es sich ausnahm, als ringsum auf allen Bergen die Feuer empor loderten. Die ganze Bevölkerung des Dorfes war auf den Beinen und gab durch Jodeln und Juchzen, sowie durch donnernde Flintenschüsse die ganze Nacht hindurch ihre Feststimmung kund.

Früh vier Uhr, am Ostermorgen, weckte uns hübsche Musik, begleitet von Böller- und Flintenschüssen. Eine Zigeunerbande zog am Meierhof vorüber in’s Dorf und machte auf dem Marktplatz vor der Kirche Halt, um zur Ehre des Tages einen feurigen Csardás aufzuspielen.

Nachdem den kirchlichen Pflichten genügt war, brachten unsere Leute buchstäblich den ganzen Ostertag mit Essen und Trinken zu, um sich für das ganze Fasten zu entschädigen und für die Anstrengung des morgigen ‚Blockziehens‘ zu stärken. Es gehört aber auch ein steierischer Magen dazu, um solch eine Ostermahlzeit zu bewältigen.

Unsere vierzehn Dienstleute bekamen zum Mittagsmahl: Nudelsuppe von zehn Eiern, zehn Kilo Rindfleisch mit Semmelkoch von sechszehn Semmeln, fünf Kilo Schweinebraten mit Kartoffelsalat, acht große Gugelhupfe, zwei Schinken als Weihfleisch und zwölf Weihbraten. Dazu Jeder ein Liter Wein. – Was sagt Ihr dazu in Eurem sparsamen Sachsenlande?

Der Ostermontag war also der große, heißersehnte Tag des ‚Blockziehens‘. Am letzten Sonntag war Jung und Alt hinauf in den Forst gezogen, um sich die ‚Blöcke‘ anzusehen, und es gab die heftigsten Debatten darüber, ob sie zu groß oder zu klein ausgefallen seien. Meine Mägde waren nicht weniger in Aufregung wegen ihrer Toilette; denn natürlich zeigt man sich an diesem Tage in vollem Sonntagsstaat, und die beiden strammen ‚Dearndeln‘ sahen wirklich sehr nett aus, als sie sich am Montag früh von mir verabschiedeten. Gleich allen ihren Genossinnen tragen sie vier bis fünf steife kurze Röcke über einander. Der oberste ist von neuem, blaugedrucktem Barchent, unten guckt aber die rothe oder buntfarbige Kante des nächstfolgenden hervor. Die Röcke reichen nicht einmal bis an die Knöchel, lassen also sehr derbe, spiegelblanke gewichste kurze Schaftstiefeln, die gewöhnliche Fußbekleidung der Dirnen, vollständig sehen. Den Oberkörper umschließt ein knappes Mieder von Tuch, aus dem in bauschigen Falten das weiße Hemd mit buntgestickter Kante hervorquillt. Das Hübscheste aber an der ganzen Tracht sind die ‚Fürtücher‘ (Schürzen) von oft sehr kostbaren Stoffen. Je bunter das ‚Fürtuch‘ ist, für um so schöner gilt es. Da sieht man blaue Schürzen mit eingewebter Rosenguirlande um den Rand herum oder gelbe, mit dunkelgrünen Arabesken gestickt. Die breiten langen Seidenbänder, die das ‚Fürtuch‘ halten, fallen, nach rückwärts verschlungen, als Schärpe über den dunklen Rock herab, und ein schwarzseidenes, nach rückwärts geknüpftes Kopftuch vollendet den Anzug. Die Männer tragen hier sehr lange Westen mit vierzig bis fünfzig großen Silberknöpfen. Sie sind der größte Stolz eines Hauses, diese Knöpfe, und erben fort, vom Vater auf Kind und Enkel. Dazu trägt man kurze lederne Kniehosen, hohe, sehr blank gewichste Stiefel und eine kurze blaue Tuchjacke.

Schon vom frühesten Morgen an kamen ganze Schaaren von Landleuten in der eben beschriebenen Tracht herbeigezogen. Dazwischen aber ließen sich auch einzelne Masken sehen, sogar berittene. Draußen im Walde bildete sich der Zug und kam nun langsam das Dorf herauf.

Voraus, auf schwarzem Pferde, ritt der leibhaftige Gottseibeiuns

[301]

Das „Blockziehen“ in Steiermark.
Nach der Natur gezeichnet von F. Schlegel.

[302] mit Hörnern, zottigem Felle und langem Schwanze. Dann folgte die Musikbande, deren lustiger ungarischer Marsch aber fast ganz übertönt wurde durch das Jubelgeschrei der Hunderte von Menschen, welche sich um den nachfolgenden ‚Block‘ drängten. Der mächtige Eichenbaum, sammt Wipfel und Wurzeln, lag auf Rädern und wurde von einem schön angeputzten Kutscher, der vorn auf dem Baum stand, und eine ganz extrafeine Peitsche in der Hand hielt, geführt. Die Deichsel des Wagens bestand aus einer etwa fünfzig Meter langen Kette, in welcher im Abstande von ein bis zwei Metern Querhölzer eingefügt waren, an welchen die Bursche zogen. Sie hatten große Blumensträuße und lang hinflatternde Bänder auf den breitkrämpigen Hüten. Die Jacke fehlte; dafür glänzten die schneeweißen Hemdärmel um die kräftigen Arme, und wie lustig herausfordernd blitzten die muntern blauen Augen der Bursche nach allen Seiten, wenn die Spottreden und Witzworte der begleitenden Menge so hageldicht auf sie einstürmten! Eine besonders treffende Bemerkung über die jungen Hagestolze wurde stets mit nicht enden wollendem Jubelgeschrei gelohnt. Die Verhöhnten aber sahen nichts weniger als gedemüthigt aus und lachten selber meist am lautesten mit.

In einiger Entfernung von diesem Gefährt folgte der zweite, kleinere ‚Block‘, von den Dirnen gezogen, die hoch erglühend, aber doch auch innerlich befriedigt, die strenge Musterung ihrer nebenher ziehenden Freundinnen aushielten. Es mochte wohl mehr als Eine darunter sein, die nur zu gut wußte, daß sie den ‚Block‘ zum letzten Mal zu ziehen habe. Wie verlassene und vergrämte alte Jungfern sahen die drallen Dirnen wahrhaftig nicht aus!

Zwischen diesen beiden Hauptgruppen bewegten sich wohl an hundert Masken, die mitunter grotesk, mitunter aber auch wirklich geschmackvoll herausstaffirt waren. Da gab es einen Scheerenschleifer mit seiner Frau, einen Narren, auf einem Esel reitend, ein Leierkastenfräulein, welches durch einen sieben Schuh langen Holzknecht dargestellt wurde; ein ebensolcher baumlanger Mensch gab eine Engländerin zu Pferde ab, und unser alter weißhaariger Kuhmeister thronte als Schenkwirth mit weißer Schürze auf einem mächtigen Weinfasse, das von sechs Bären gefahren wurde. Dann gab es noch Kapuzinermönche und zerlumpte Handwerksburschen, Schneider und Barbiere, Essenkehrer und Müller in bunter Reihenfolge. Da sich der Zug sehr langsam bewegte, hatten die einzelnen Masken Zeit, hier und da in ein Haus zu treten, wo man sie freigebig mit Wein und Branntwein, ja sogar mit Geld beschenkte. Durch diese Gaben erhöht sich natürlich die Feststimmung mit jeder Minute, aber – zur Ehre unserer Landleute muß es gesagt sein – es kommen keine Rohheiten oder Excesse vor. Selbst der kernigste Volkswitz, selbst die beißendsten Spottreden gegen die ‚Blockzieher‘ halten sich meist in den Grenzen des Anstandes.

Auf dem Marktplatze angelangt, lassen die Bursche und Dirnen, alle zugleich, rasselnd die Kette zur Erde fallen und flüchten in die bergenden Räume der Schenke. Es beginnt die Versteigerung der ‚Blöcke‘, welcher sich unmittelbar das Tanzvergnügen anschließt.

Was sich vielleicht lange gesträubt und geflohen hat, das findet sich häufig beim ‚Blocktanz‘ zusammen; wenigstens soll es erwiesen sein, daß es niemals mehr Hochzeiten in der ‚grünen, gesegneten Steiermark‘ giebt, als im Jahre nach einem solchen ‚Blockziehen‘.“




Blätter und Blüthen.


Ein Wort an meine Correspondenten. Seit einiger Zeit vermehren sich die aus dem weiten Leserkreise der „Gartenlaube“, namentlich aus Deutschland, an mich gerichteten Anfragen über amerikanische Verhältnisse so bedenklich, daß es für mich unmöglich ist, dieselben auch nur oberflächlich zu beantworten. Bereits vor acht Jahren nahm ich, um den damals hochgeschwollenen Strom der auf mich eindringenden Briefe etwas in Schranken zu halten, meine Zuflucht zu einem „offenen Antwortschreiben“ in diesen Blättern,[2] welches ich den verehrten Lesern der „Gartenlaube“ auf’s Neue in’s Gedächtniß zurückrufen möchte. Während eines vollen Jahres nach der Veröffentlichung jenes offenen Antwortschreibens pflegten die an mich gerichteten Episteln freilich etwas spärlicher einzutreffen, in neuerer Zeit aber schreiben mir meine vielen unbekannten Freunde wieder ellenlange Briefe und fragen darauf los, daß es nur so eine Lust ist. Mitunter hat es fast den Anschein, als hielten diese Briefschreiber mich für den Präsidenten einer Einwanderungs-Gesellschaft oder gar für den Inhaber eines Intelligenz-Bureaus, dessen Pflicht und Amt es sei, über amerikanische Verhältnisse Auskunft zu ertheilen – eine Annahme, gegen welche ich als einfacher Kaufmann, der zu seinem Vergnügen nebenbei ein bischen schriftstellert und daher seine Zeit zu Rathe halten sollte, energisch protestiren muß.

Die Naivetät der an mich gestellten Fragen ist oft fast unglaublich; die Vorstellung, welche meine Herren Correspondenten sich von den amerikanischen Verhältnissen machen, so confus, wie nur möglich. Wollte ich eine Blumenlese solcher Briefe in einem Buche publiciren, so würde dies als humoristisches Werk ein Unicum auf dem Büchermarkte bilden. Vielleicht wird die Erklärung, daß ich einen solchen Gedanken als rentable Speculation bei den jetzigen schlechten Zeiten bereits ernsthaft in Erwägung gezogen habe, Diesen oder Jenen davon abhalten, mir ein Sendschreiben zukommen zu lassen, da es den verehrten Briefstellern schwerlich conveniren würde, sich so verewigt zu sehen. Schreibt mir da z. B. Herr N. N. aus Magdeburg:

„Mein Wunsch ist, im fernen Westen ein freies Jägerleben zu führen. Würden Sie mir rathen, selbiges als Geschäft dort zu betreiben? Ich habe hier in der ‚Gartenlaube‘ schon häufiger von sogenannten Trappern und Waldläufern gelesen. Wie ist es möglich, sich mit Einem derselben in schriftliche Verbindung zu setzen? Haben Sie vielleicht einen Bekannten unter diesen Leuten, so bitte ich Sie, mir dessen Adresse mitzutheilen etc. Welche Sachen sind dort theurer denn hier, namentlich in der Waffenequipirung? Welches Capital ist nöthig für Reise- und sonstige Ausgaben? Hier sind mehrere junge Leute, die sich mir zu einem derartigen Unternehmen anschließen wollen.“ –

Die ausgedehnten Fachkenntnisse in den verschiedensten Branchen, welche man bei mir vorauszusetzen scheint, und das Vertrauen in mein gutes Herz sind für mich gewiß sehr schmeichelhaft. Dieser erkundigt sich nach dem Preise und der Qualität des Ackerbodens in Californien und Oregon und scheint es als selbstverständlich anzusehen, daß ich Alles genau kenne, was auf Landwirthschaft Bezug nimmt; Jener verlangt von mir eine möglichst ausführliche Abhandlung über Weinbau und Obstzucht, oder über Lachsfischereien an der pacifischen Küste; europamüde Dienstmädchen fragen in komisch stilisirten Briefen nach dem Salär bei Herrschaften in San Francisco; Handelsbeflissene geben mir ihre Referenzen auf und wünschen ein Engagement, und erst kürzlich schloß ein Briefsteller aus Galizien, der die Absicht hat, in San Francisco eine Schnapsfabrik zu etabliren, seinen langen Brief mit der Frage: „Giebt es dort auch Juden, welche die Preise verderben?“

Daß es mir, ganz abgesehen von der Verantwortlichkeit, solchen Rath zu ertheilen, vollständig an Zeit mangelt, die oben angeführten und hundert andere Fragen selbst beim besten Willen zufriedenstellend zu beantworten, wird man mir wohl auf’s Wort glauben. Was die Verhältnisse speciell in San Francisco anbetrifft, so verweise ich Jeden, der darüber Auskunft wünscht, auf mein früheres offenes Antwortschreiben. Wer aber nach Amerika auswandern und hier ein neues Leben beginnen will, der thue dies auf seine eigene Verantwortlichkeit!

Einen Rath will ich noch hinzufügen: Wer seinen Fuß auf amerikanischen Boden setzt, der halte vor Allem sein Capital zusammen, bis er durch eigene Anschauung genügende Einsicht in die Eigenthümlichkeiten des ihm fremden Landes gewonnen hat! Im Geschäft ist das persönliche Auftreten für Jeden die Hauptsache. Niemand fragt hier nach Empfehlungsbriefen oder Zeugnissen, und noch weniger nach dem, was Einer früher einmal gewesen ist. Jeder muß in persona zeigen, was er leisten kann, und darnach wird sich meistens sein Loos gestalten. Auch arbeiten die Menschen viel angestrengter in Amerika als in Deutschland, und wer glaubt, daß er hier als Weiser spazieren gehen und sein Licht unter den Dummen leuchten lassen könne, der irrt sich gewaltig. Im Allgemeinen gilt die Regel, daß derjenige, welcher sich fremden Verhältnissen leicht anzubequemen versteht, auch in Amerika am leichtesten vorwärts kommen wird. Für ältere, allein stehende Leute mit geringen Mitteln ist das Auswandern aber immer eine Lotterie, welche weit mehr Nieten als Treffer hat.

Noch Eines! Eine Ausnahme im Beantworten von Anfragebriefen will ich stets gern in Fällen machen, wo es in meiner Kraft steht Solchen zu dienen, welche Söhne oder nahe Verwandte, z. B. in San Francisco, haben, deren Anhänglichkeit an ihre Familie durch eine längere Trennung so lau geworden ist, daß sie fremder Ermahnung bedürfen. Es ist mir schon mehrmals eine Freude gewesen, bewirkt zu haben, daß hier lebende Deutsche, welche seit langen Jahren den Ihrigen im alten Vaterlande kein Lebenszeichen zukommen ließen, ihr Unrecht auf meine Ermahnung hin einsahen und sich auf’s Neue zu regelmäßiger Correspondenz bequemten, und daß Andere ihren daheim darbenden Eltern, Geschwistern oder nahen Verwandten hülfreich die Hand reichten und zu der Erkenntniß gelangten, daß Familienbande die engsten und heiligsten unter den Menschen sind und nicht durch Raum und Zeit zerrissen werden sollten. Möchte doch für Solche, denen diese Zeilen zu Gesicht kommen und die sich in dieser Beziehung nicht ganz schuldlos wissen, dieses Schlußwort eine ernste und nicht unbeachtet verhallende Ermahnung dazu sein, das Versäumte durch neu erwachte Liebe recht bald wieder gut zu machen!

San Francisco, Anfang März 1881.

Theodor Kirchhoff.



[303] Noch einmal: Frauenwirken in den Gefängnissen. Ueber die Anforderungen, die an eine Aufseherin in sächsischen Strafanstalten gestellt werden, theilen wir auf zahlreiche an uns ergangene Anfragen zur Vervollständigung des Aufsatzes in Nr. 9 und der Briefkastennotiz in Nr. 13 des laufenden Jahrganges aus gutunterrichteter Quelle Folgendes mit: Unerläßliche Bedingung ist kräftige Gesundheit. Der Dienst, welcher des Morgens meist um fünf Uhr beginnt und mit einer anderthalbstündigen Unterbrechung am Mittage bis Abends nach neun Uhr dauert, zwingt die Aufseherin, sich unausgesetzt in der nächsten Umgebung der Gefangenen aufzuhalten. Zur Ueberwachung der einstündigen Bewegung der Delinquenten im Freien muß sie bei jeder Witterung still stehen, und zu den Beschwerden dieser Anforderungen kommen noch mancherlei Gemüthsaufregungen, denen die Aufseherin ausgesetzt ist. All dies und der Verkehr mit oft sehr rohen und leidenschaftlichen Personen, die Einförmigkeit des Tageslaufs, die häufig eine große Abspannung der Nerven hervorruft, stellt an die Gesundheit der Aufseherinnen große Anforderungen; auch der häufige Nachtdienst, bei dem die Aufseherin in der Nähe der Schlafsäle zu verweilen hat, gehört nicht zu den leichtesten Leistungen. Ungefähr der sechste Tag ist frei, wobei aber die freihabende Aufseherin während des Mittags drei Stunden die diensthabenden Aufseherinnen abzulösen hat. Urlaub wird alljährlich auf sieben bis vierzehn Tage gewährt. Als das geeignetste Alter zur Anstellung ist die Zeit vom fünfundzwanzigsten bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr zu bezeichnen. Wittwen, welche erziehungsbedürftige Kinder bei sich haben müßten, eignen sich zur Anstellung nicht, da der Dienst nicht nur die ganze Zeit, sondern auch die volle Aufmerksamkeit, welche durch häusliche Sorgen nur zu leicht abgezogen wird, erfordert. Neben guter Schulbildung, welche zur Anfertigung der vorkommenden schriftlichen Arbeiten, Anzeigen, Arbeitslisten, zur Nachhülfe beim Briefschreiben der Gefangenen etc. nöthig ist und den Beamten ein geistiges Uebergewicht über die durchschnittlich wenig gebildeten Gefangenen verleiht, wird auf häusliche Tüchtigkeit und gründliche Kenntniß der weiblichen Arbeiten Werth gelegt, da die Aufseherin erforderlichen Falls auch in der Küche, im Waschhause, bei der Näharbeit oder im Garten und Feld die Aufsicht zu führen und den Gefangenen Anleitung zu richtiger Ausführung der aufgetragenen Arbeiten zu geben genöthigt sein kann, wenngleich für die eigentlichen Facharbeiten, welche in Frauengefängnissen betrieben werden, meist eigene Werkführerinnen angestellt sind. Die Behandlung der Gefangenen erfordert Ruhe und Festigkeit, Geistesgegenwart und Umsicht, Strenge ohne Härte, Gerechtigkeit und Unparteilichkeit, vor Allem aber strengste Wahrheitsliebe und Gewissenhaftigkeit. So nothwendig es ist, daß eine Aufseherin nicht nur durch ihr eigenes musterhaftes Vorbild, sondern auch unmittelbar durch Zusprache und Aufmunterung einen bessernden Einfluß auf die Gefangenen zu gewinnen suche, so kann doch nicht dringend genug vor weichlichen und schwärmerischen Anschauungen gewarnt werden; denn die Verhältnisse einer geordneten Strafanstalt, welche in Deutschland überall etwas von militärisch strammer Zucht und Ordnung mit sich bringen, gestatten so etwas nicht.

Zum Schlüsse sei noch, gegenüber der Angabe in Nr. 9 berichtigend bemerkt, daß in Sachsen den Aufseherinnen außer einem Anfangsgehalt von 900 Mark, welcher bis 1200 Mark aufsteigen kann, keinerlei Nebenvergünstigung, z. B. unentgeltliche Dienstwohnung oder freie Station gewährt wird. Uebrigens wird bei Anstellung von Aufseherinnen auf die Staatsangehörigkeit zwar keine Rücksicht genommen, wie in Nr. 13[WS 3] angedeutet wird, jedoch werden bei den wenigen Anstalten, die hierbei in Frage kommen, von im Ganzen etwa fünfzig Stellen selten mehr als fünf in einem Jahre neu besetzt.

Unter dem sächsischen Ministerium sind nur bei den neuen Gefangenenanstalten zu Dresden, Leipzig und Chemnitz, welche nach dem Muster größerer Strafanstalten eingerichtet sind, besondere Aufseherinnen angestellt, während in den Arresthäusern die Besorgung der weiblichen Gefangenen, so weit nöthig, fast ausschließlich den Ehefrauen der Arresthausinspectoren anvertraut ist. In Preußen dagegen bestehen bei den Strafanstalten 18 Stellen für Oberaufseherinnen mit je 1080 Mark und 188 Stellen für Aufseherinnen mit 660 bis 900 Mark, wozu noch freie Wohnung kommt.




Der Polarfisch auf dem deutschen Markte. Schon seit einer Reihe von Jahren versuchen die deutschen Volkswirthe sowohl die Fischzucht wie den Fischhandel zu beleben, um dadurch dem Volke ein den Fleischgenuß ersetzendes gesundes Nahrungsmittel zu billigen Preisen zu verschaffen. Ermuthigt durch dieses Vorgehen und vor Allem durch die letzte internationale Fischerei-Ausstellung in Berlin, bringen jetzt auswärtige Händler Seefische auf unsern Markt, und es ist die Pflicht der Presse, diese Bemühungen zu unterstützen, um das Vorurtheil des Volkes gegen die Fischnahrung beseitigen zu helfen.

Aus diesem Grunde machen wir heute unsere Leser auf einen neuen Waarenartikel aufmerksam, welcher unter dem Namen Heinrich Meyer’s Polarfisch in diesem Jahre zum ersten Male in größeren Mengen nach Deutschland gebracht wurde. Es ist dies ein sehr großer, fetter Dorsch, norwegisch Skrei genannt, aus dessen Leber auf den Lofoden-Inseln der bekannte Medicinalthran bereitet wird. Der Fisch wird von Mitte Januar bis Mitte April in großen Mengen an der Westküste Norwegens gefangen und von hier nach den verschiedensten europäischen Ländern verschickt. Von diesen Polarfischen, deren Gesammtfang jährlich im Durchschnitt 70 Millionen Stück im Gewicht von 3½, bis 4 Millionen Centner beträgt, wurden bedeutende Mengen nach England, Portugal, Spanien, Italien und Oesterreich exportirt, während Deutschland für denselben bis jetzt fast kein Absatzgebiet bildete. Dies ist um so mehr zu bedauern, als der Fisch, der fetteste von der Gattung Dorsch, sich durch wohlschmeckendes und nahrhaftes Fleisch auszeichnet.

Man bereitet den Skrei entweder als Klippfisch oder als Stockfisch, und da die letzte Sorte in Deutschland bereits bekannt ist, so möge hier nur über den Klippfisch einiges Nähere mitgetheilt werden. Die frisch geschlachteten Fische werden äußerlich vom Schleim befreit und ausgenommen; die große Rückengräte wird alsdann bis auf das unterste Ende entfernt und das Fleisch hierauf nach sorgfältiger Reinigung eingepökelt. Soll der Skrei monatelang aufbewahrt werden, so bleibt er in dichtgeschlossenen Fässern in der Salzsoole liegen und heißt dann „Laberdan“, während für den unmittelbaren Verbrauch vor Kurzem eine neue Bereitungsmethode eingeführt wurde: Die frisch geschlachteten Fische werden in durchlöcherten Holzfässern eingesalzen, sodaß die sich bildende Salzsoole jederzeit abfließen kann.

Unseren Leserinnen werden noch folgende Angaben erwünscht sein. Will man den Polarfisch kochen, so zerschneidet man ihn in Streifen von circa vier Centimeter Breite und legt dieselben in kaltes Wasser, in welchen, der Fisch vierundzwanzig Stunden lang unter mehrmaliger Erneuerung des Wassers ausgelaugt wird; hierauf setzt man ihn kalt an und kocht ihn in einer halben Stunde gar. Als Sauce nimmt man zerlassene Butter mit Petersilie, Senfbutter oder holländische Sauce etc. Der Preis des Fisches stellt sich beim directen Bezug von Heinrich Meyer in Christiana in Kistchen à zwanzig Kilogramm Nettogewicht auf etwa fünfundzwanzig Pfennig per Pfund Fleisch ohne Gräten, und es ist nur zu wünschen, daß auch der deutsche Zwischenhandel diesen Preis adoptiren möge; denn nur als billige, aber wohlschmeckende Nahrung für breite Volksschichten kann der Polarfisch auf dem deutschen Markt als gangbarer Artikel sich behaupten.




Zwei Lieder von Karl Stieler.[3]

Heimweh.

Durch die öde Nordlandhaide
Reit ich hin im müden Schritt;
Ohne Ende, ohne Freude,
Schweigend zieht mein Knappe mit.

5
Kein Geläute darf ich hören,

Keine Saaten schaun ringsum;
Hier und dort nur niedre Föhren,
Erd’ und Himmel – alles stumm!

Kein Gebäu, kein Fels, kein Hügel,

10
Nur der kühle Haideduft!

Eine Mühle dehnt die Flügel
Fernhin in der leeren Luft.

Also bin ich hingezogen,
Müd’ die Seele und die Hand;

15
Herzdurchwogt – ich kenn’ dies Wogen –

Heimweh heißt’s im deutschen Land.




Minnelied.

Du bist’s. Du schöne Traute,
An der mein Herz ward wund;
An der mein Frohsinn welkte,
An der verstummt mein Mund.

5
Fort ist der Jugendschimmer;

Verloschen ist die Zier –
Und immer noch, noch immer
Hängt all mein Herz an Dir.

Und an dem Leidgewinne,

10
Den ich bei Dir gewann –

So selig ist die Minne;
So thöricht ist ein Mann.




Daniel Sanders’ Verskunst. Je mehr sich heutigen Tages in der Anwendung der technischen Gesetze der Dichtkunst eine gewisse Zerfahrenheit der wissenschaftlichen Standpunkte geltend macht, um so freudiger muß man eine klärende Bewegung begrüßen, welche sich in jüngster Zeit auf den, Gebiete der Verslehre immer kräftiger bekundet. Zu den hervorragendsten Vorkämpfern für die Wissenschaft des Verses gehört ohne Frage der verdienstvolle Verfasser des großen „Wörterbuchs der deutschen Sprache“, Professor Daniel Sanders, auf dessen neuestes Buch „Abriß der deutschen Silbenmessung und Verskunst“ wir unsere Leser hiermit hinweisen möchten. Das sehr beachtenswerthe Werk behandelt seinen Gegenstand in übersichtlicher Anordnung und lichtvoller Darstellung und schafft sowohl durch scharfe Präcisirung einer Reihe von bisher nur in allgemeinen Umrissen ausgesprochenen prosodischen und metrischen Regeln wie durch verständnißvolle Erschließung neuer Versgesetze eine feste und sichere Basis für die heutige deutsche Verskunst. Ohne hier auf die Einzelnheiten des vortrefflichen kleinen Buches eingehen zu können, beschränken wir uns darauf, zu bemerken, daß alle Diejenigen, welche in gemeinverständlicher und doch wissenschaftlich gediegener Weise über das Wesen der deutschen Verskunst belehrt sein möchten, in dem Sanders’schen „Abriß“ einen Wegweiser durch das Labyrinth der deutschen Verstünde finden werden, der mit Strenge und doch mit Anmuth zum Ziele führt.




[304]

Der große Kurfürst am Sarge Gustav Adolph’s im Hafen zu Wolgast.

Große geschichtliche Ereignisse erweckt die vorstehende Hellquist’sche Zeichnung[4] in unserer Erinnerung, die ruhmreichen Thaten des heldenmüthigen Schwedenkönigs und des großen Kurfürsten, welche für die Entwickelung der deutschen Geschichte von so tiefeingreifender Bedeutung waren. Wir fühlen uns beim ersten Anblick des Bildes versetzt mitten in die Stürme des Dreißigjährigen Krieges; wir sehen das alte Deutschland des Mittelalters in Trümmer sinken und das junge thatenlustige und geistesfreie mächtig emporwachsen. Der Knabe, der die preußische Macht begründen sollte, an dem Sarge des Helden, welcher dem protestantischen Deutschland zum Siege verholfen! Hier das Opfer eines unglücklichen Krieges, dort das frische aufblühende Leben der Zukunft!

Es war kein blindes Spiel des Zufalls, welches den künftigen Beschützer der Protestanten in Brandenburg schon in seinen Knabenjahren an den Sarg Gustav Adolph’s führte.

Als der nachmalige „große Kurfürst“ am 16. Februar 1620 zu Köln an der Spree geboren wurde, war der Dreißigjährige Krieg schon im Gange, und durch die Marken zogen Söldnerschaaren gegen Böhmen. Während der nächsten Jahre schlugen die Wogen des Krieges über Brandenburg zusammen, und die allgemeine Noth Deutschlands machte sich bald auch im Leben des jungen Prinzen geltend. Der geräuschvolle und mancherlei Gefahren ausgesetzte Hof seines Vaters, Georg Wilhelm’s, war nicht die geeignete Stätte für die Erziehung des Thronerben, und so wurde er nach dem festen und in treuen Händen befindlichen Küstrin geschickt. Aber auch das anfangs glückliche Küstriner Stillleben währte nicht lange. Die Wirkungen des Krieges reichten bis in die Nähe der Festung, zum Theil bis in dieselbe hinein, und frühzeitig schon mußte der Prinz den Jammer des Landes schauen. In diesen traurigen Tagen lernte Friedrich Wilhelm den großen Befreier Gustav Adolph in der Veste Küstrin persönlich kennen und erregte durch sein Benehmen das Wohlgefallen des schwedischen Herrschers. Die Umgebung des Prinzen knüpfte an diese Zusammenkunft weitgehende Pläne, welche dem Knaben verlockend genug erscheinen mochten. Beschloß doch der Schwedenkönig, seine einzige Tochter Christine, die künftige Erbin seiner Reiche, mit dem jungen Brandenburger zu vermählen. Wenn diese Ehe zu Stande kam, dann wurden das eigentliche Schweden und die zu demselben gehörigen Ostseeprovinzen, Preußen und Pommern, sowie Brandenburg und Cleve zu einem gewaltigen protestantischen Nordreiche vereinigt, dann wurde, wie ein französischer Diplomat sich ausdrückte, „der Brandenburger der mächtigste Fürst Europas“. Aber der Spruch, welcher das Anwachsen der habsburgischen Macht treffend charakterisirte, der Spruch: „Bella gerant alii, tu, felix Austria nube!“ („Andere mögen Kriege führen: du, glückliches Oesterreich, heirathe!“) sollte auf Brandenburg keine Anwendung finden; denn nur durch eigene Kraft, durch Kriege und schweres Ringen war es den Hohenzollern beschieden die höchste Macht in Deutschland zu erlangen.

Die Heirathspläne der prinzlichen Umgebung wurden bald zerstört. Der Erretter der Protestanten fiel frühzeitig auf dem Schlachtfelde bei Lützen, und als der Sarg mit seiner Leiche im Hafen von Wolgast eingeschifft wurde, stand der brandenburgische Kurprinz in dem Trauergeleite, welches dem Helden die letzte Ehre auf deutscher Erde erwies. In diesem Augenblicke entsagte wohl der Knabe der Hoffnung, mühelos zum Herrscher großer Reiche zu werden; vielleicht begann er im Stillen schon damals, sich auf die lange Kette von Kämpfen, die er später um Preußens und Brandenburgs Unabhängigkeit zu führen hatte, vorzubereiten. Wohl wirkte auch in seinen Mannesjahren die erhebende Erinnerung an den Schwedenkönig in schweren Stunden ermuthigend auf ihn ein und half ihm, zum Heile Preußens und Deutschlands seinen historischen Beruf ruhmreich erfüllen.




„Gedichte“ von Ernst Scherenberg.

Ernst Scherenberg’s „Gedichte'“ haben sich längst einen ehrenvollen Platz unter den Erzeugnissen der neueren deutschen Lyrik erworben, und gestatten wir uns deshalb dieselben ohne ein weiteres Wort der Empfehlung den Freunden des liebenswürdigen Dichters hiermit auf’s Neue in’s Gedächtniß zu rufen. Auch äusserlich repräsentiren sie sich in eleganter Ausstattung; sie dürften daher in der Geschenk-Literatur eine willkommene Erscheinung sein. Die Verlagshandlung von Ernst Keil in Leipzig.


  1. Inzwischen haben sich folgende Berliner Blätter erboten, Sammelstellen zu diesem Zweck zu eröffnen: „Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, „Das Berliner Tageblatt“, „Die Post“ und „Die Staatsbürgerzeitung“. Dorthin sind also Beiträge für den Ehrendank zu richten! Mögen sie reichlich fließen und dem verdienstvollen, nunmehr erkrankten Volksdichter einen sorgenlosen Lebensabend schaffen!
    D. Red.
  2. Ein offenes Antwortschreiben“ „Gartenlaube“ 1873, Nr. 9.
  3. Aus einem demnächst erscheinenden Bande „Neue Hochlandslieder“.
  4. Wir entnehmen dieselbe dem in Friedrich Bruckmann’s Verlage (München) soeben in 26 Lieferungen à 2 Mark erscheinenden Prachtwerke „Die Hohenzollern und das deutsche Vaterland“, welches wir der Aufmerksamkeit unserer Leser besonders empfehlen. D. Red.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ein
  2. Vorlage: Adventzeit
  3. Vorlage: Nr. 14