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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum: 1863
Erscheinungsdatum: 1863
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: commons
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[785]
Der Kurfürst und der Geldfürst.
Novelle von Louise Mühlbach.
(Fortsetzung.)

Aber schön Gudula bezeigte Allen nur eine stolze Zurückhaltung und Kälte, und keiner von den Cavalieren und reichen Herren hatte je es gewagt, zum zweiten Male die niedrige düstere Stube zu betreten, in welcher „schön Gudula, die Judenkönigin“ mit ihrem halb blinden Vater wohnte. Doch nicht blos Anbeter und Courmacher waren in das Haus gekommen, sondern auch Freier, welche schön Gudula zur Frau begehrten, und sie aus der Judenstadt hinausführen wollten in die hellen Gassen der glänzenden Reichsstadt, wenn die schöne Judenkönigin sich nur dazu entschließen wollte, eine Christin zu werden. Gudula hatte jeden solchen Vorschlag mit Entrüstung abgelehnt, und ihr Vater war ein zu strenggläubiger Jude, um ihrer Entscheidung entgegentreten zu mögen. Aber heute war es ein Anderes gewesen, heute war ein reicher jüdischer Kaufmann aus Hanau gekommen, und hatte der schönen Gudula seine Hand angetragen, und wieder hatte sie den Freier mit einem stolzen Nein abgewiesen.

Dieses Nein hatte indessen nicht die Billigung ihres Vaters gefunden, sondern seinen höchsten Zorn und seine heftigste Mißstimmung erregt. Gudula hatte die Ausbrüche derselben mit schweigender Ruhe ertragen, und ihr Haupt nur tiefer auf ihre Nätherei gesenkt, als wär’s ein Gewitter, das sie demüthiglich wollte austoben lassen.

Aber das Gewitter wollte gar nicht austoben, der Donner des väterlichen Zornes tönte immer fort, und rief endlich schwere Tropfen aus schön Gudula’s Augen hervor.

Sie ließ ihre Näharbeit in ihren Schooß gleiten und schaute mit einem flehenden Ausdruck zu ihrem Vater empor, der ihr gegenüber saß in dem alten ledernen, schwarzen Lehnstuhl.

„Vater,“ sagte sie mit flehender Stimme, „wenn Du so schiltst, so muß ich weinen, und wenn ich weine, kann ich nicht nähen. Ich muß die Arbeit aber fertig haben, denn ich muß sie heute Abend noch hinaustragen zu der Gräfin Tettenborn. Sie ist eine sehr eigene Dame, ich habe ihr versprechen müssen, die Arbeit heute noch abzuliefern, und wenn ich nicht Wort halte, wird sie mir keine Arbeit mehr geben.“

„Wenn Du den reichen Nathan genommen hättest, brauchtest Du gar nicht mehr zu arbeiten,“ schrie ihr Vater. „Hättest dann nicht mehr nötig, eine arme Nätherin zu sein, könntest in stolzen Carossen fahren und ebenso vornehm thun, wie eine Gräfin. Beim Gott meiner Väter, ich werd’ noch sterben vor Aerger über das unvernünftige dumme Ding, das nicht hat so viel Liebe zu ihrem Vater, um die Hand des reichen Mannes anzunehmen, der mein Alter weich betten, und meine letzten Tage verschönern wollt’ mit Wohlleben und Ueberfluß.“

„Vater,“ rief Gudula schmerzlich, „ich will für Dich arbeiten Nacht und Tag, ich will noch fleißiger fein, als ich bisher gewesen, es soll Dir an nichts fehlen, Du sollst Alles haben. was Du begehrst! nur fordere nicht, daß ich einen Mann heirate, den ich nicht liebe.“

„Warum liebst Du ihn nicht?“ schrie der alle Mann zornig. „Warum liebst den Baruch Nathan nicht, der doch ein reicher Mann ist, den man lieben kann? Ich will’s Dir sagen, warum Du ihn nicht liebst: weil Du den Mayer Anselm –“

„Vater, sprich nicht weiter,“ rief Gudula, mit erglühenden Wangen von ihrem Sessel emporspringend, „Du beleidigst und kränkst mich mit dem, was Du da sagen willst!“

„Ich will Dich auch beleidigen und kränken,“ sagte ihr Vater trotzig. „Ich will schlagen auf Deinen Stolz, daß er aufwach’ in Deiner Brust, ich will schlagen auf Deine unsinnige Liebe, daß sie sterb’ in Deinem Herzen. Denkst wohl, ich weiß nit, warum Du den Baruch Nathan nicht heirathen willst? Denkst wohl, ich weiß nicht, in wen Du Dich vernarrt hast? O, ich weiß Alles, denn was ich nicht kann sehen mit meinen Augen, das hör’ ich mit meinen Ohren und begreif’s mit meinem Kopf. Weiß es schon längst, daß die Gudula hat gegeben ihr Herz dahin an einen Menschen, der keine Augen hat im Kopf, um zu sehen, daß die Gudula schön ist und jung, und daß sie ihn liebt; weiß es schon längst, daß die Gudula ihre reichen Freier blos darum weiset fort von ihrer Thür, weil sie die Thür offen halten will für den armen Mayer –“

„Schweig,“ unterbrach ihn Gudula, indem sie mit einer zuckenden Bewegung ihre Hand auf den Arm ihres Vaters legte, „um Jehovah’s willen schweig; da kommt der Anselm Mayer über die Straße daher zu uns. Wenn Du aber jetzt noch willst weiter reden, wenn Du noch willst hinzufügen ein Wort, und willst beschämen Deine Tochter in seiner Gegenwart, so schwöre ich Dir beim Gott unserer Väter, daß ich hingeh, wo der Main am tiefsten ist, und mich hineinstürz’. Jetzt red’, wenn Du willst.“

Und mit fliegendem Athem, mit hocherglühten Wangen setzte sich Gudula wieder auf ihren Binsenstuhl am Fenster, und nahm ihre Näharbeit wieder zur Hand.

In demselben Moment öffnete sich die Thür, und ein junger Mann von schöner Gestalt, von jugendkräftigem, aber ernstem Angesicht trat ein.

[786] „Grüß Euch Gott, Ihr Beiden,“ sagte er mit sanfter, wohlklingender Stimme, indem er dem Alten die Hand darreichte und Gudula freundlich lächelnd zunickte. Sie erwiderte den Gruß mit einem herzlichen Blick und senkte dann ruhig ihre Augen wieder auf ihre Arbeit nieder.

„Bist heut’ gekommen recht zeitig vom Comptoir, Mayer Anselm,“ sagte Gudula’s Vater, indem er dem jungen Manne winkte, neben ihm auf dem Holzschemel Platz zu nehmen. „Hat es gegeben etwas Besonderes, daß du eine Stunde früher als sonst bist heimkommen vom Comptoir des großen und reichen Herrn Nathanson?“

„Ja,“ sagte der junge Mann, „es hat gegeben etwas Besonderes, und grad’ darum komme ich sogleich zu Euch, daß Ihr mir sollt’ geben Euren Rath. Denn ich weiß wohl, daß Ihr Beide die Einzigen seid, die mit herzlicher Treu’ an mir hängen, und denen es nicht gleichgültig ist, ob es dem Mayer Anselm gut geht. Ich habe zu Euch, Vater Baruch, das herzliche Vertrauen eines Sohnes, ich liebe dich, Gudula, als wärst du meine wirkliche Schwester.“

„Hörst, Gudula,“ sagte der Alte, „er nennt sich meinen Sohn, und er liebt dich, als wärst du seine Schwester!“

„Ich weiß es, und es freut mich, Vater Baruch,“ sagte Gudula, indem sie wieder die Augen von der Arbeit erhob und ihren Vater anschauete mit einem Blick, dessen Bedeutung nur er verstand. „Ja, der Mayer Anselm liebt mich wie eine Schwester, und ich liebe ihn wie meinen Bruder.“

„Und ich habe noch niemals ein Geheimniß gehabt vor meiner guten Schwester Gudula,“ rief der junge Mann innig. „Wir sind miteinander aufgewachsen, wir haben nicht blos gespielt und gelacht mit einander, sondern auch geweint und gehungert, und die Noth bindet fester aneinander als das Glück. Weißt noch, Gudula, wie du mich getröstet hast damals, als meine gute, herzliebe Mutter ist heimgegangen zu unsern Vätern, und wie ich an ihrem Sterbebett in meines Herzens Noth und Verzweiflung so bitterlich hab’ geweint und geflennt?“

„Ich weiß noch, Mayer Anselm,“ erwiderte sie ruhig. „Ich hatte deine Memme gar herzlich lieb gehabt, und darum weinte ich mit Dir.“

„Und legtest deine Aermchen um meinen Hals, Gudula, und küßtest mich, und sagtest mit deiner holden Kinderstimme: ich hab’ dich lieb, Mayer Anselm! Um das gute, herzige Wort habe ich dich lieb behalten und werd’ dich lieb behalten mein ganzes Leben lang, und werd’ immer Dein Bruder bleiben, wenn anders die schöne Gudula es nicht verschmähen will, meine Schwester zu sein.“

„Ich will immer deine Schwester sein, Mayer Anselm. Aber sag’ uns jetzt, was du Besonderes uns erzählen wolltest, und worin wir dir Rath geben sollten, der Vater und ich.“

„Ja, erzähl’ uns, warum du bist gekommen heut’ eine Stunde früher von dem Comptoir,“ fragte der Alte. „Der reiche Nathanson wird doch nicht haben gemacht Bankerott, daß das Comptoir geschlossen ist vor der Zeit?“

„Nein, Vater Baruch,“ erwiderte der junge Mann lächelnd, „er hat nicht gemacht Bankerott, sondern er hat heut’ gewonnen zehntausend Gulden, weil er hat speculirt auf die Baisse und es ist ihm gelungen, da hat er in seiner Freud’ jedem Commis aus dem Comptoir vier Gulden monatlich zugelegt und mich hat er gerufen in sein Privatzimmer, um mit mir zu sprechen.“

„Dich wollt’ er sprechen?“ fragte der Alte verwundert. „Bist ja der jüngste Commis auf seinem Comptoir, denk’ ich. Wie lange bist Du bei ihm, Mayer Anselm?“

„Drei Jahre, Vater Baruch, seit ich die Lehrlingszeit überstanden hab’.“

„Drei Jahre, und der Nathanson läßt den jüngsten Commis in sein Privatzimmer rufen, um sich Raths von ihm zu holen?“

„Nein, Vater Baruch, nicht um deswillen,“ sagte Mayer Anselm so verlegen und zögernd, daß Gudula verwundert von ihrer Arbeit aufschauete und ihren „Bruder Anselm“ erwartungsvoll anblickte.

„Um welcher Sach’ willen ließ denn der Nathanson dich rufen?“ fragte der Alte.

„Um einer gar seltsamen Sach’ willen, die ich nimmer gedacht und vermuthet hätt’, Vater Baruch.“

„Es ist doch kein Unglück für dich?“ fragte Gudula hastig.

„Nein, Gudula, kein Unglück, sondern es schaut aus, als wär’s ein großes Glück. Der reiche Nathanson will mich machen zu seinem Associé und Compagnon.“

„Will dich machen zu seinem Associé und Compagnon?“ schrie Vater Baruch außer sich. „Ist der Nathanson verrückt geworden? Hat er verloren das bischen Verstand, das ihm der Herr unser Gott gegeben? Will dich machen zu seinem Associé!“

„Vater, laß den Mayer Anselm doch weiter erzählen,“ sagte Gudula, deren Augen mit einem seltsamen Ausdruck auf dem verlegenen Angesicht des jungen Mannes ruhten. „Ich denke wohl, er hat uns die Hauptsache noch nicht gesagt. Sprich also, Mayer Anselm. Unter welchen Bedingungen will dich machen der reiche Nathanson zu seinem Associé?“

„Er hat nur eine Bedingung gestellt, Schwester Gudula. Er will mich machen zu seinem Associé nicht allein, sondern, da er keinen Sohn hat, keinen Namens-Nachfolger für die Firma, so will er mich adoptiren, und ich soll annehmen seinen Namen, und es soll stehen auf der Firma: Mayer Nathanson u. Sohn.“

„Und die einzige Bedingung, die er gestellt hat,“ sagte Gudula, indem sie wieder ruhig zu arbeiten begann und das Haupt niedersenkte auf die Nätherei, „die einzige Bedingung ist die, daß du, Mayer Anselm, seine Tochter, die Veilchen Rahel, heirathen sollst!“

„Hast’s errathen, Schwester Gudula!“ rief Mayer Anselm freudig, „ja, hast’s errathen. Gott der Herr sei gelobt, daß es heraus ist! Ja, die Veilchen Rahel soll ich heirathen, das ist die einzige Bedingung, die der Nathanson stellt.“

„Aber das wirst nicht thun, das kannst nicht thun,“ rief der alte Baruch eifrig. „Die Veilchen Rahel heirathen! das heißt einen Kobold heirathen, der dir wird machen das Leben zur Höll’! Weißt’ nicht, daß sie häßlich ist und schielt’ wie eine Nachteul’? Weißt nicht, daß sie verwachsen und bucklig ist?“

„Ich weiß es,“ erwiderte Mayer Anselm ruhig, „aber ich weiß auch, daß sie ein gar gutes, sanftes Gemüth hat und daß sie nicht verhärtet worden ist in ihrem Herzen von dem Unglück, das auf ihr ruht; sie ist wohlthätig und fromm, und die Armen und Kranken segnen sie, Ihr wißt das wohl, Vater Baruch! Sie hat ein schönes, warmes Herz, und –“

„Und dies Herz hat sie dir gegeben?“ fragte Gudula hastig. „Die Veilchen Rahel liebt dich, nicht wahr?“

„Sie hat ihrem Vater gesagt, daß sie es thut,“ erwiderte Mayer mit niedergeschlagenen Augen, „und deshalb, da er sein einziges Kind liebt, hat der Nathanson mich rufen lassen und will mich zu seinem Tochtermann machen.“

„Und du?“ fragte Baruch. „Liebst sie auch, die schöne Veilchen Rahel?“

„Nein,“ sagte der junge Mann gedankenvoll, „ich liebe sie nicht. Aber ich will Euch etwas sagen, Vater Baruch und Schwester Gudula, ich glaube, ich bin gar nicht fähig, zu lieben, es ist eine Eigenschaft, welche mir die Natur versagt hat. Ich hab’ mein Herz streng geprüft und ich hab gefunden, daß es eng ist und in sich abgeschlossen, und daß es ganz zufrieden ist mit dem, was es hat, mit der Liebe zum Vater Baruch und zur Schwester Gudula, und daß es gar nicht begehrt, zu fühlen so heftige Gluth und so schmerzliches Verlangen, als wie die Dichter sagen von der Liebe. Ja, ich hab’ ein enges Herz, und es ist eben nur Raum darin für Euch Beid’! Aber ich denk’, ich werd’ in der Vorhall’ meiner Herzenskammer doch ein Plätzchen finden für die gute Veilchen Rahel, und ich will ihr dankbar sein für ihre Liebe und für –“

„Für ihr Geld,“ ergänzte Gudula rasch.

„Ja, du hast’s gesagt und es ist so,“ rief Mayer Anselm lebhaft. „Für ihr Geld will ich ihr dankbar sein, sie macht mich zum reichen Mann. Und soll ich Euch sagen, was das bedeutet? Das bedeutet in dieser schlechten und erbärmlichen Welt: sie macht mich frei, angesehen, ehrlich und ehrenhaft. Denn Ihr wißt es ja, der arme Jude ist ein verachteter Paria, ausgestoßen aus der Gesellschaft, der Freiheit des Willens, der Ehre und der Anerkennung beraubt. Ich hab’ gesehen den Jammer und die Erniedrigung unsers Volkes, ich hab’ gesehen und ich sehe, wie sie uns verachten und treten unter ihre Füße, diejenigen, welche sich nennen Christen und welche sagen, daß ihre Religion die Religion der Liebe ist und der Vergebung. Sie hassen uns und verfolgen uns trotz ihrer Liebe, sie wollen es uns nicht vergeben, daß wir sprechen einen andern Jargon wie sie, daß unsere Nasen haben einen andern Schnitt, unsere Augen und Haare feurig sind und schwarz, [787] während die ihren heller sind und blond, sie machen es uns zum Vorwurf, daß wir fest halten an den Gebräuchen und an dem Glauben unserer Väter, aus unserer Treue machen sie uns ein Verbrechen. Uns, den armen Juden! Aber wenn wir sind die reichen Juden, dann vergeben sie uns alle unsere vermeintlichen Verbrechen und nehmen uns willig auf in ihre Gesellschaft und haben keinen Anstoß an unsern Nasen und unserm Haar und unserm Jargon! Es ist also für den Juden die Hauptsach’, daß er ist reich, denn wenn er Reichthum hat, so hat er Ehre und Ansehen. Das hab’ ich erkannt, als ich mich hab’ umgeschaut in der Welt, und als ich damals vor drei Jahren bin heimgekehrt aus Fürth, wo ich bei meinem alten Oheim hab’ durchgemacht und durchgehungert die Lehrzeit, als ich bin heimgekehrt nach Frankfurt und in die Judenstadt, da bin ich still gestanden an unserm Thor und bin niedergefallen auf meine Kniee, Niemand hat’s gesehen, denn es war Abend und Alles war dunkel. Da bin ich niedergefallen und habe geschworen zu dem Gott meiner Väter, daß ich will werden ein reicher Mann, ein Millionär! Nicht aus erbärmlichem Geiz und auch nicht aus Hochmuth und Stolz, und nicht aus persönlichem Ehrgeiz. Nein, ich will werden reich um meines Volkes willen, um für Euch die Ehre, die Freiheit zu erkämpfen. Ich will werden reich, um das Volk Gottes zu rächen an dem Volke des Sohnes Gottes. Ich will werden ein Millionär, um die Macht zu haben, das Volk Gottes hervorzuziehen aus dem Staube, um es aufzurichten aus seiner Erniedrigung und ihm seine heiligen Menschenrechte wiederzugeben. Ich will werden ein Millionär, damit die eisernen Gitter fallen, welche den Juden vom Christen trennen, damit sie uns sollen als Bürger aufnehmen in die Gemeinschaft des Volkes, damit sie uns sollen das Recht gönnen, zu denken und zu glauben nach unserem Gewissen und unserer Ueberzeugung, und doch dabei uns zu fühlen als berechtigte Bürger des Staates, in welchem wir geboren.

Seht, das habe ich mir geschworen, als ich an dem Eingang unserer armen Judenstadt kniete: ein Millionär will ich werden um meines Volkes willen. Und ich werde meinen Schwur halten. Hatte mir schon ein kleines Capital zusammengebracht, hatte gescharrt und gespart all diese Jahre her, hatte gehungert und Noth gelitten um meines großen Zweckes willen, weil aus dem kleinen Capital sollt’ werden ein großes, damit ich ein selbständiges Geschäft könnt’ anfangen. Hab’ mir keine Minute Zeit und Erholung gegönnt, habe nicht, wie andere junge Leute, meinem Vergnügen gelebt. Wenn ich Abends bin heimkommen vom Comptoir, dann hab’ ich kein ander Vergnügen gewollt und begehrt, als zu Euch herüberzukommen und mit Vater Baruch und mit Schwester Gudula ein Stündchen zu verplaudern, und dann bin ich heimgegangen in meine Kammer, um die Nacht aufzusitzen und die Bücher von den Geschäftsleuten, die sie mir anvertraut hatten, in Ordnung zu bringen und zu reguliren. Ich hab’ im Winter gefroren dabei, im Sommer Hitz’ ausgestanden, ich war oft müd’ zum Sterben und immer hungerig, aber ich hab’ immer gedacht daran, daß ich arbeitete, um zu vermehren mein Capital, und so hab’ ich immer ausgehalten und hab’ gerechnet auf die Zukunft, wenn die Gegenwart traurig war. Und nun,“ fuhr Mayer Anselm mit blitzenden Augen und erhöhter Stimme fort, „nun bietet sich mir auf einmal eine Gelegenheit an, um rascher zu meinem Ziel zu gelangen und Jahre voll Noth und Entbehrung mit einem schnellen Entschluß zu überspringen, auf einen Schlag zu werden ein reicher Mann, damit ich werde desto eher ein Millionär für mein Volk. Sagt, soll ich diese Gelegenheit nicht ergreifen?“

Der alte Baruch schwieg und schaute sinnend und mit fragendem Ausdruck auf seine Tochter hin; Gudula hatte längst ihre Arbeit in den Schooß fallen lassen, und mit strahlendem Ausdruck, mit verklärten Mienen hatte sie der glühenden Rede Mayer Anselm’s zugehört. Jetzt bei seiner letzten Frage erhob sie sich langsam und schritt in gemessener, feierlicher Haltung zu ihm hin.

„Mayer Anselm,“ sagte sie, indem sie ihre weiße Hand auf seinen Arm legte und ihm mit einem köstlichen Lächeln in’s Antlitz schaute, „Mayer Anselm, Du sollst diese Gelegenheit ergreifen, um zu werden reich, damit Du werdest ein Millionär zur Ehre und zur Erlösung Deines Volks! Gehe hin, Mayer Anselm, und sage dem reichen Nathanson, daß Du willst heirathen die Veilchen Rahel und willst werden sein Associé.“

„Thue, wie die Gudula es sagt,“ rief der alte Baruch feierlich, „denn das Wort Gottes ist auf ihrem Munde, und die Liebe ist in ihrem Herzen; als Dein guter Engel wird sie Dir gerathen haben.“

„Ja, als mein gnter Engel wird sie mir gerathen haben,“ wiederholte Mayer Anselm, indem er die kleine weiße Hand des Mädchens sanft von seinem Arme nahm und einen innigen Kuß auf dieselbe drückte. Gudula erbebte leise, und eine tödtliche Blässe flog über ihre Wangen hin, aber der junge Mann sah das nicht, er hatte das Haupt noch über Gudula’s Hand gesenkt und hielt sie noch immer an seinen Lippen, schweigend, gedankenvoll. Gudula aber zog mit einer sanften Bewegung ihre Hand fort, und nun erbebte Mayer Anselm und schien wie aus tiefem Sinnen zu erwachen.

„Du bist also einverstanden, daß ich den Vorschlag annehme, Gudula?“ fragte er. „Aber hast Du auch das bedacht, daß ich das Mädchen nicht liebe? Werd’ ich kein Unrecht begehen, wenn ich sie heirath’, ohne dabei zu denken an sie selber, sondern nur zu denken an ihr Geld? Werd’ ich sie glücklich machen können ohne Liebe?“

„Du wirst sie glücklich machen, Mayer Anselm,“ erwiderte Gudula, indem sie langsam, als geschähe es ganz zufällig, ihr Haupt abwandte, „Du wirst sie glücklich machen, denn sie liebt Dich und wird Dich besitzen. Aber jetzt leb wohl, Mayer Anselm,“ fuhr sie fort, indem sie hastig die weißen Tücher, an welchen sie genäht, zusammenpackte, „ich kann nicht länger bleiben, ich habe noch einen weiten Gang zu machen. Wenn Du willst bleiben bei dem Vater, so thu’s.“

„Nein,“ sagte Mayer aufstehend, „ich muß auch fort. Muß die ganze Nacht aufsitzen und arbeiten, denn ich muß all die Bücher in Ordnung bringen und abschließen, die ich bisher für mehrere Handelsleut’ geführt habe. Muß sie morgen abliefern und Rechnungsabschluß geben, da ich jetzt natürlich sie nicht weiter führen kann. Das kleine Geschäft ist zu Ende, und der Compagnon vom reichen Nathanson hat größere Geschäfte und Arbeiten zu vollbringen. Lebt denn wohl, Vater Baruch, und morgen, wenn wir uns wiedersehen, ist Alles vorüber, und ich bin dann der Compagnon vom Nathanson.“

„Und der Bräutigam von seiner Tochter Veilchen Rahel,“ sagte Gudula, indem sie ein Tuch um ihre Schultern warf und sich zum Gehen anschickte.

„Und dann wirst Du natürlich auch hier fortziehen aus der kleinen schmutzigen Judengasse,“ sagte Baruch, „wirst in die vordere große Gasse ziehen, wo die Reichen von unserem Volk wohnen, wirst Dir vielleicht, wie der Nathanson, für schweres Geld die Erlaubniß erkaufen, da draußen zu wohnen außerhalb der Judenstadt, draußen auf der prächtigen Zeil, wo die großen Kaufherren wohnen.“

„Nein, nie und nimmer werde ich das thun,“ rief Mayer Anselm lebhaft. „Würde ja damit werden untreu meinem Volk und mir selber, und würd’ scheinen zu verachten mein Volk in seiner Niedrigkeit und Armuth, wie’s die dummen Christen thun. Nein, mitten unter meinem Volk hier will ich leben, will ich wohnen, und will die guten Tage mit Euch theilen, wie Ihr getheilt habt mit mir die schlimmen. Wenn ich meine Frau habe, und die Rahel Veilchen in meinem Hause ist, dann wird die Schwester Gudula nichts haben dagegen einzuwenden, wenn Du, Vater Baruch, mit der Tochter bei mir wohnst, wie ich hab’ gewollt wohnen bei Euch und mit Euch machen gemeinsame Menage, als ich hierher kam, was aber die Schwester Gudula nicht gewollt hat, weil sie meint, es schickt sich nicht. Jetzt, wenn ich eine Frau habe, wird Niemand sagen können, daß es sich nicht schickt, wenn wir beisammen wohnen, und der Gedanke macht, daß ich die Veilchen Rahel ordentlich lieb habe, und darnach mich sehne, daß sie meine Frau ist, denn dann wird Vater Baruch und Schwester Gudula in meinem Hause wohnen.“

„Nun, wir sprechen noch ein Weiteres davon, Mayer Anselm,“ sagte Gudula, indem sie die Thür öffnete. „Jetzt muß ich fort, muß hinaus zur Gräfin Tettenborn, die auf der neuen Anlage an der andern Seite der Stadt wohnt. Lebe wohl, Vater, und auch Du leb wohl, Mayer Anselm.“

Sie schritt hastig zur Thüre hinaus, aber bevor sie noch die Schwelle des Hauses überschritten hatte, war der junge Mann an ihrer Seite. „Es beginnt schon zu dunkeln, Gudula,“ sagte er. „Du hast einen weiten Weg. Es ist aber Abends nicht recht geheuer auf den Straßen, namentlich hier in unsern engen Gassen [788] schleicht immer Abends allerlei verdächtig Gesindel umher, besonders seit der Herr Landgraf von Hanau von seinen Reisen zurückgekehrt ist und in Hanau residirt. Soll ein gar lockerer Herr sein, der Herr Landgraf, und allen Schönheiten nachstellen, und wie man sagt, besonders die schönen Töchter von unserm Volk lieben. Er ist seit acht Tagen hier in Frankfurt –“

„Ich weiß es,“ unterbrach ihn Gudula ruhig.

„Wie, Du weißt es?“

„Ja, ich habe ihn vorgestern gesehen bei der Gräfin Tettenborn. Ich war dort, als der Landgraf kam, und die Gräfin hieß mich warten, bis er fortgegangen. Ich blieb also bei der Kammerjungfer und wartete. Aber auf einmal ward ich in den Salon gerufen. Der junge Herr Landgraf wollte sehen, ob ich dem Bilde gliche, das er gekauft hat und das sie die Judenkönigin nennen.“

„Du hättest nicht hineingehen sollen!“ rief Mayer heftig.

„Warum nicht?“ fragte sie mit einer stolzen Ruhe.

„Weil der Landgraf ein berüchtigter Mädchenräuber ist, dem, wie man sagt, Keine widersteht und –“

„Nun, ich werde ihm widerstehen,“ sagte Gudula ruhig, „und mir wird er mein Herz nicht rauben. Leb wohl jetzt, Mayer Anselm!“

„Willst mir nicht erlauben, daß ich Dich begleite zu Deiner Gräfin Tettenborn? Beiläufig gesagt, ich hab’ noch niemals von der Dame gehört. Woher kennst du sie denn? Wohnt sie schon lange in Frankfurt?“

„Nein, sie wohnt erst seit einigen Wochen hier. Sie ließ mich rufen, um mir Stickereien aufzutragen, ich war ihr von der Baronin von Nimzwitsch empfohlen, und sie bezahlt gut. Leb wohl, Mayer Anselm.“

„Ich soll Dich nicht begleiten?“

„Nein, Mayer, du hast zu thun und die Zeit ist Geld!“

Sie ging mit raschem kräftigem Schritt vorwärts. Der Mond beleuchtete ihre schlanke, zierliche Gestalt und warf einen langen Schatten derselben über die Straße hin. Mayer Anselm stand drüben auf der andern Seite der Straße und schaute der schönen Gudula nach, bis sie um die Ecke der Straße verschwunden war, dann wandte er sich langsam um und trat in das niedrige Haus ein, in welchem er eine Dachkammer bewohnte.

„Ich hätte sie doch begleiten sollen,“ sagte er gedankenvoll vor sich hin; „sie ist viel zu schön, um Abends so allein auf der Straße gehen zu können. Es wär’ vielleicht gut, wenn ich ihr nachging’ und – Aber nein,“ unterbrach er sich selbst, „die Gudula würd’ mich auslachen und verspotten, sie würd’ es vielleicht gar übel nehmen, wenn ich ihr nachginge, würde vermeinen, daß ich ihr mißtraute und nicht glaubte, sie könne sich selber beschützen. Dann, Gudula hat wohl Recht, die Zeit ist Geld. Ich will also arbeiten!“

Und er setzte sich an den wackligen alten Tisch, auf welchem hochaufgestapelt die schweren großen Comptoirbücher lagen, und begann zu arbeiten. Aber mitten in der Arbeit hielt er zuweilen inne, um sich zu beunruhigen bei dem Gedanken, daß Gudula so ganz allein den weiten Weg in die neuen Anlagen gemacht, und zwischen Zahlen und Zeilen schaute es ihn zuweilen an mit Gudula’s großen, glühenden Augen.

„Hätt’ nimmer geglaubt, daß man sich so könnte ängstigen um eine Schwester,“ sagte Mayer Anselm achselzuckend über sich selber. „Aber es ist eine Dummheit von mir, und ich will nicht mehr daran denken, sondern arbeiten. Die Bücher müssen alle fertig werden diese Nacht.“ Und er stürzte sich in die Arbeit und vertiefte sich in die Zahlen und rechnete, rechnete und schrieb eifrig, unverdrossen. Stunde nach Stunde verging, die Nacht war angebrochen, auf der Straße war Alles still geworden, jedes Geräusch des Lebens verstummt. Sie schliefen Alle, sie ruhten aus von der mühseligen Arbeit des Tages, die armen, schwergeplagten Bewohner der Judenstadt. Mayer Anselm freute sich das zu denken, er athmete höher auf und rief im Geist allen Brüdern und Schwestern seines Volkes ein Gute Nacht zu. Da mußte er auch wieder an Gudula denken, und er stand auf, nur um einmal aufzuathmen, und trat an’s Fenster, um hinüberzuschauen nach dem dunklen Hause da drüben und der lieben Schwester Gudula auch ein Gute Nacht hinüberzurufen. – Seltsam! das Haus da drüben war noch nicht dunkel, es brannte noch Licht hinter den Fenstern von Baruch’s Stube, und ein unruhiger Schatten ward an dem herabgelassenen Vorhang sichtbar, kam und verschwand und kam wieder in gleichmäßigen Pausen. Es war nicht der Schatten von Gudula’s schlanker zierlicher Gestalt, ein breiter Männerschatten. Der alte Baruch mußte es sein, welcher da so auf und nieder schritt, so ruhelos kam und ging. Etwas Ungewöhnliches mußte also dem alten Baruch geschehen sein, daß er jetzt noch wachte, jetzt noch, statt zu ruhen, in der Kammer auf und ab schritt. Niemals seit den drei Jahren, daß Mayer Anselm ihm gegenüber wohnte, niemals hatte Baruch das gethan, jeden Abend mit dem Glockenschlage Zehn hatten sich die Fenster da drüben verdunkelt. Mayer Anselm hatte das jeden Abend beobachtet, und er hatte dann gewußt, daß Vater Baruch und Schwester Gudula zur Ruhe gegangen. Und jetzt hatte es von den Thürmen schon die zwölfte Stunde geschlagen, und Baruch wachte noch und ging immer noch unruhig in der Kammer auf und ab! Und wo war denn Gudula? Nicht ein einziges Mal sah er ihren Schatten neben dem ihres Vaters! Wo war denn Gudula?“

Als Mayer Anselm sich das zum zweiten Male fragte, sprang er mit einem raschen Satz auch schon nach der Thür hin, riß sie auf, eilte die Treppe hinunter, aus dem Hause hinaus und stand auf der Straße.

Der Schatten da drüben hinter den Vorhängen der Parterrefenster bewegte sich immer noch mit derselben unruhigen Gleichmäßigkeit hin und wieder.

Mayer Anselm stand einen Moment mitten auf der Straße still, zaudernd, unentschlossen, was er thun solle. „Meinetwegen,“ sagte er dann beinahe laut zu sich selber, „mag Gudula mich immerhin verlachen mit meiner Furcht. Es ist besser, das zu ertragen, als noch länger diese Angst zu erdulden. Ich geh’ hinüber!“

Und mit zwei Sätzen war er drüben und klopfte laut an die Scheiben.

Der Vorhang hinter dem Fenster ward heftig aufgerissen und Baruch rief, schon ehe er das Fenster geöffnet hatte, laut und freudig. „Bist du’s, Gudula? Kommst du endlich?“

„Sie ist also noch nicht heimgekommen, Vater Baruch?“ fragte Mayer Anselm, und er hatte ein Gefühl, als ob zwei eiserne Klammern sich um seinen Hals legten und ihm die Kehle zudrückten.

„Es ist nicht die Gudula!“ jammerte der Alte. „Es ist nur der Mayer Anselm!“

„Ja, ich bin’s nur! Aber laßt mich ein, Vater Baruch, schnell. Wir müssen besprechen, was zu thun ist!“

(Fortsetzung folgt.)


Jörn Jäger.
Eine Erinnerung aus dem schleswig-holsteinischen Feldzuge von 1850.
(Schluß.)


Nachdenkend und schweigend saß Jörn heut an dem großen eichenen Tische in seiner Stube und trommelte ab und zu einmal mit den Fingern auf die Platte, als quäle ihn ein beunruhigender Gedanke.

„Du schast leeber morgen nich mitgahn,“ wandte er sich endlich an mich.

Ich stellte ihm vor, daß ich unmöglich zurückbleiben dürfe und dies auch unter keiner Bedingung thun würde, jetzt, wo ich gemerkt, daß Gefahr mit im Spiele sei. Er schien zu überlegen, dann stand er auf, ging auf seine Gewehre zu und nahm eins derselben herunter.

„Denn nümm aberst düsse Flint’ mit, mien Jung’, de schütt’ am besten,“[1] sagte Jörn, mir das Gewehr überreichend.

Es war eine herrliche Doppelflinte mit damascirten Läufen. Während ich meine Augen an der prächtigen Waffe weidete, ordnete der Alte Kugeln und Schrot, Pulver und Zündhütchen, damit es mir am andern Tage an nichts fehle. Spät erst kehrte ich nach Meggerdorf zurück. Schlafen konnte ich nicht. Ich hatte es ja dem lieben Jörn deutlich genug angemerkt, daß er nichts Gutes

[789]

Schleswig-Holsteinische Truppen beim Ausrathen des Mittagfleisches.
Lagerbild aus dem Jahre 1850; nach der Natur aufgenommen und auf Holz gezeichnet von dem Freiwilligen Schmidt in Lübeck.

[790] ahnte, und selten täuschte er sich in seinen Befürchtungen. Bei guter Zeit brachen wir am andern Morgen auf. Am Damme luden wir unsere Gewehre und zwar je den rechten Lauf mit einer Kugel. Selten hatte ich meinen Lieutenant so heiter, den alten Jäger dagegen noch nie so einsylbig gesehen. Unsere letzte Feldwache war passirt, die Hühnersuche begann. Bald stand ein Volk Hühner auf. Mehrere wurden erlegt, ich hatte eins angeschossen, das sich in der Nähe von Kropp niederließ, einem Dorfe, wo beständig feindliche Husaren postirt waren.

„Das müssen wir haben,“ rief der Lieutenant.

Jörn und ich stellten ihm indessen vor, daß wir dem Feinde doch nicht so nahe kommen dürften.

„Haben Sie Furcht?“ fragte mich mein Commandant etwas spöttisch.

„Keineswegs,“ erwiderte ich; „gehen wir denn vorwärts!“

Und der Marsch begann. Am äußersten Flügel, dem Feinde zunächst, schritt ich, in der Mitte der Lieutenant, ihm zur Rechten Jörn, der weniger das Feld absuchte, als vielmehr besorgt bald auf mich, bald auf das Dorf schaute. Schon waren wir ganz in der Nachbarschaft des Ortes und hatten im Falle einer Attaque den Rückzug nach dem naheliegenden Moore beschlossen, um uns hinter den dieses einfassenden Dämmen zu verbergen und von dort aus dem anrückenden Feinde eine Salve entgegenzusenden.

„Se koamt, se koamt,“ rief plötzlich unser guter Alter, „kumm’ man gau her, mien leeve Söhn!“[2]

Fünf dänische Husaren hatten unsere Verfolgung begonnen. Jörn zeigte mir den Weg, indem er rasch dem Bruche zueilte und erst hinter einem zweiten Walle seinen Platz einnahm, wohl wissend, daß die Cavallerie dort versinken mußte, wo der Fußgänger Mühe hatte, über den wankenden Boden zu gleiten. Der Lieutenant war schon an Ort und Stelle; ich aber hatte den weitesten Weg zu machen und war daher der feindlichen Reiterei allein noch sichtbar.

Am Rande des Moors angelangt, gewahrte ich zu meiner Linken in einer Vertiefung eine verlockend schöne grüne Ebene, die mich sofort den Augen des Feindes entziehen konnte. Ich schickte mich also an, hineinzuspringen. Jörn war allen meinen Bewegungen aufmerksam gefolgt. Eben, da ich zum Sprunge ansetzen wollte, kreischte er auf: „Herr Jeses, holl in!“[3]

Aber der Ruf kam zu spät, der verhängnisvolle Sprung ward vollführt, und – bis an die Schultern stak ich im Sumpf, keinen Boden fühlend und tiefer und tiefer sinkend. Ich versuchte, mich mit der rechten Hand auf mein Gewehr zu stützen, aber da ich keinen Grund fand, stieß ich dasselbe nur noch tiefer in den Morast. Verzweiflungsvoll griff ich mit der Linken nach einem dünnen Schlehenstrauch, dem einzigen Rettungsanker in dieser fürchterlichen Lage. Es war eine sogenannte Treibwiese gewesen, die mich zu dem Unglückssprunge verlockt hatte, und schon ward mir das Athmen schwer in dem dicken Moore, in dem ich versunken war.

Bereits ging mir der Sumpf bis zur Kehle, noch wenige Secunden vielleicht und die grüne Fläche hätte sich lachend über einem lebendig Begrabenen wieder geschlossen.

Die Todesangst ließ mich unter unsäglicher Anstrengung noch einen Hülferuf ausstoßen. Allein Jörn hatte diesen nicht abgewartet. Sowie er meinen Sprung bemerkte und die Husaren von unserer vermeintlich nutzlosen Verfolgung abgestanden waren, stürzte er, in Voraussicht der Katastrophe, zu der Unglücksstelle. Es war die höchste Zeit. Vorsichtig bückte er sich nieder, ergriff meinen Rockkragen und zog mich mit fast übermenschlicher Kraft wieder aus dem Sumpfe hervor.

Als er mich gerettet sah, wischte er sich den Angstschweiß von der gefurchten Stirn, und erst nach und nach trat ihm das Blut wieder in die Wangen, die leichenblaß geworden waren. Während ich mich durch eine kurze Rast zu erholen suchte, hielt Jörn treu Wache bei mir, und als er wahrnahm, daß ich außer einer durchnäßten und beschmutzten Kleidung kein Leid davongetragen hatte, funkelte sein Auge vor Freude. Ich wollte ihm danken. Er schloß mich aber in seine Arme und stammelte gerührt die Worte: „Wie wöhlen tosamen Gott danken, mien Jung’, denn ick harr dat nich erleben kunnt’, dat du versugen daihst.“[4]

Die Wasserpartie hatte mir nicht geschadet. Ich eilte darum andern Tags alsbald nach dem Orte, wo Jörn’s Kahn gewöhnlich anlegte. Aus voller Kehle rief ich seinen Namen, aber er erschien nicht, sondern Stina löste den Nachen und ruderte herüber.

„Wo is Vadder? frug ich besorgt.

Stina erzählte mir, daß er unwohl sei und zu Bett liege. Er hatte sich bei der gestrigen Tour erkältet. Wir tauschten jetzt die Rollen, und ich machte den Fährmann. Ich fand Jörn ziemlich ernstlich krank. Was war da natürlicher, als daß ich fast meine ganze freie Zeit an seinem Bette zubrachte? War er mir doch lieb geworden, daß ich wie um meinen eigenen Vater für ihn sorgte. Der Gram mochte übrigens eine Hauptursache seines Leidens sein. Die Gerüchte von der baldigen Auflösung der schleswig-holsteinischen Armee verbreiteten sich nämlich mehr und mehr und gewannen täglich an Glaubhaftigkeit. Doch sollte noch ein Begebniß Jörn’s verdüstertes Gemüth auf kurze Zeit wieder erheitern.

Jeder schleswig-holsteinische Soldat mußte eben durch Handschlag das feierliche Gelöbniß ablegen, bis zum letzten Blutstropfen für die heilige Sache des armen Vaterlandes auszuharren. Dazu kam die Nachricht, daß Baiern und andere Regierungen sich geweigert hätten, die vom deutschen Bunde zur Besetzung Schleswig-Holsteins bestimmten Truppen marschiren zu lassen. Damit hatte sich ein letzter Hoffnungsstrahl in das bekümmerte Herz des Alten gestohlen. Nun konnte sich ja mit einem Schlage noch Alles wenden! Armer Jörn, wie eitel sind alle diese unsere Hoffnungen gewesen! Wie bald stürzten unsere Luftschlösser zusammen!

Am späten Abend des 6. November erhielt ich durch eine Ordonnanz den Befehl, beim Lieutenant zu erscheinen. Ich meldete mich sogleich und empfing den Auftrag, am andern Morgen nach Rendsburg zu fahren, um daselbst verschiedene Gegenstände für die Batterie zu requiriren. Gleichzeitig theilte mir mein Commandant aber auch mit, daß ich nach einer soeben eingelaufenen Nachricht nicht mehr den gewöhnlichen Weg passiren könne, der Deich sei gebrochen, und es bleibe daher nichts Anderes übrig, als mich zwischen den Vorpostenketten durchzuwagen. Ich hatte am 7. November vor Jahren einmal ein lebensgefährliches Jagdabenteuer bestanden und betrachtete seitdem den Tag gewissermaßen als ominös. So konnte ich auch jetzt eine böse Vorahnung nicht loswerden.

Vom Schlafe war keine Rede. Ohnedies war es schon beinahe zwölf Uhr geworden; ich beschloß also, meine nächtliche Runde zu machen. Ein glücklicher Zufall wollte, daß Jörn nach langer Unterbrechung heut’ zum ersten Male wieder in seinem Kahne auf mich wartete. Stina hatte ihn begleitet. In rabenschwarzer Finsterniß schüttelten wir uns gegenseitig die Hände, dann reichte mir Jörn, wie üblich, seine Flasche zu. Natürlich erzählte ich dem lieben Alten sofort von der sicherlich nicht gefahrlosen Reise, die mir bevorstand, und meinte, der 7. November würde mir wohl wieder ein Unglückstag sein.

„Du dröffst[5] nich alleen gahn,“ flüsterte mir Jörn zu, damit es Stina nicht hörte, „um Klock söß töw’ ick morgen fröh hier ob di.“[6]

Ich wollte dem guten Alten etwas erwidern, um ihn von seinem Vorhaben abzuhalten, allein er hielt mir den Mund zu, und ich schwieg, um ihn nicht zu erzürnen. Noch ein Zug aus der Flasche, dann ein herzliches „Goode Nacht“. Jörn ruderte mit Stina zurück, während ich meine Runde beendete und nach Meggerdorf heimkehrte.

Am nächsten Morgen gegen sechs Uhr bestieg ich ein Bauernfuhrwerk und rollte dem Damme zu, wo ich Jörn treffen sollte. Er war schon am Platze, schickte den Fuhrmann zurück, schwang sich selbst auf den Wagen und nahm Zügel und Peitsche, um mir Führer und Kutscher zugleich zu sein. Kein Mensch kannte aber auch die ganze Umgegend so wie er, und da er außerdem von der Stellung des Feindes immer genau unterrichtet war, so konnte ich mich in keiner bessern Hut befinden. Wir erreichten unsere letzte Feldwache, und ich zeigte meinen Passirschein dem commandirenden Officier vor. Dann legte ich mich auf Jörn’s Anrathen der Länge nach in den Wagen, damit der Feind die Uniform nicht erblicke, und im gestreckten Galopp sausten wir ganz in der Nähe von Kropp vorüber, wo nach des Alten Aussagen wieder fünf Husaren die Wacht hielten, indessen einfache Bauernfuhrwerke niemals belästigten. Unangefochten kamen wir an die zweite Vorpostenlinie, wiesen hier wieder den Passirschein auf und fuhren dann im Schritt bis nach Rendsburg. [791] Meine Geschäfte waren bald abgethan, und ich eilte zu Jörn, der mich in einem Wirthshause erwartete. Finsteren Angesichts saß der Biedermann da. Er hatte ein Zeitungsblatt in der Hand und starrte wie versteinert darauf. Kaum hörte er meinen Gruß. Ich nahm das Blatt, um mich zu überzeugen, was Jörn so tief erschütterte. Aber auch ich war sprachlos vor Entsetzen! Der deutsche Bund verlangte, daß wir die Waffen strecken und den Bundestruppen, Oesterreichern und Preußen, die sich bereits auf unangefochtenem Marsche nach Holstein befänden, die Schlichtung unserer heiligen Sache sowie die Besetzung des Landes bis an die Eider überlassen sollten.

Das war freilich eine Nachricht, die Einen von Sinnen bringen konnte! Jörn verharrte in seinem Schweigen, und so sehr ich mich auf einem längeren Spaziergange durch die Festung auch bemühte, ihn aufzuheitern, – es wollte mir durchaus nicht gelingen. Die vorgerückte Zeit mahnte endlich zur Rückkehr. Es war halb sechs Uhr geworden, als wir Rendsburg verließen. Jörn fuhr wieder langsam bis zur äußersten Feldwache, dann aber schneller, um an der gefährlichsten Stelle abermals im Galopp vorüberzujagen.

Noch waren wir eine halbe Stunde außerhalb der Feldwache, als er plötzlich die Pferde durch einen kräftigen Riß zum Halten brachte. Mäuschenstill standen die Thiere, als hätten sie eine Ahnung, welche Gefahr uns bedrohte. Es war inzwischen stockdunkel geworden, aber Jörn’s scharfes Auge hatte sich doch nicht täuschen lassen. Er hatte sich gebückt und deutete mit der Peitsche vor sich hin. Ich richtete mich hinter ihm im Wagen auf und sah nun auch, wie sich etwa fünfzig Schritte vor uns mehrere Gestalten bewegten. Anfangs schien es, als marschirten sie gerade auf uns los. Die Pferde blieben ruhig wie zuvor. Näher und näher kamen die Gestalten, und jetzt erkannten wir an den hochgetragenen Gewehren, daß es eine feindliche Schleichpatrouille war. Das Herz klopfte mir hörbar, denn ich hatte von Rendsburg aus Befehle mitgebracht, die mit mir unbedingt in Feindeshand gefallen wären. Doch es sollte bei dem Schrecken bleiben. Die aus vier Mann bestehende Patrouille zog sich links über den Weg, und bald verschwand eine Gestalt nach der andern im Dunkel der Nacht.

Als wir nichts mehr wahrnehmen konnten, schien es Jörn an der Zeit zu sein, das Weite zu suchen. Mit einem tüchtigen Peitschenhiebe setzte er die Pferde in Bewegung, mich aber drückte er, fortwährend auf die Gäule loshauend, in den Wagen zurück. Er hatte richtig geahnt, daß der Feind, wenn er das Rollen unserer Räder hörte, uns eine kleine Begrüßung nachsenden würde. Kaum zogen die Pferde an, so folgten uns auch schon zwei Kugeln, die pfeifend über das Fuhrwerk hinwegflogen. Im Carriere erreichten wir nach kurzer Zeit die erste Feldwache wieder. Abermals verdankte ich also dem treuen Jörn Jäger meine Rettung!

Hatte er auch heute so eine rechte Herzenslust gestillt, indem ihm nichts größere Freude bereiten konnte, als dem Feinde einen Possen zu spielen, so war er darum doch nicht aufzurütteln aus seinem Trübsinne. Gleichgültig ließ er den Pferden ihren Lauf und saß gedankenvoll und schweigend auf dem Vorderbrete des Vehikels.

Endlich waren wir an Ort und Stelle. Mit Thränen im Auge, doch wortlos drückte mir Jörn die Hand zum Abschiede. Ich vermochte es nicht, ihn zu trösten, beschloß aber, ihn morgen früh wieder aufzusuchen.

Bei meiner Ankunft fand ich Jörn beschäftigt, seine Aalkörbe aufzunehmen. Er legte sie in den Kahn, um sie nicht mehr auszuwerfen. Wir fuhren hinüber zur traulichen Jägerwohnung. Wie hatte ich mich dort sonst so behaglich und heimisch gefühlt! Heute war Alles in stille Trauer versunken. Schweigend saßen wir stundenlang im Zimmer. Kein heiteres Wort unterbrach die feierliche Ruhe. Jörn, der ehedem seine Gäste mit seltenem Humor zu unterhalten wußte, hatte heute nur Seufzer, welche von seiner tiefen Niedergeschlagenheit kündeten. Ganz ähnlich vergingen die folgenden Tage. Jörn wurde immer einsylbiger und düsterer.

Schon setzten sich die einzelnen Truppentheile in Bewegung, um das Material abzugeben und aufgelöst zu werden oder Cantonnirungen in der Umgebung von Rendsburg zu beziehen. Wohl war uns Allen das Herz gewaltig schwer, allein in dem cameradschaftlichen Lagerleben, das sich uns noch einmal auf kurze Zeit erschloß, wurde dennoch dann und wann vergessen, was uns drückte, und mit der Elasticität der Jugend noch manche heitere, selbst fröhliche Stunde verbracht. Die nächsten Wochen schon sollten uns ja in alle Winde verstreuen, hinausjagen in das Exil, in die freudlose Fremde. Also wollten wir unser letztes Zusammensein noch nach Möglichkeit ausnützen und genießen.

Die alte Lager-Tagesordnung begann wieder. Ihren Glanzpunkt bildet das Mittagsmahl, trotz des Spätherbstes noch manchmal im Freien genossen. Ein großer Wasch- oder Braubottich, den man glücklich aufgestöbert hat, dient der Compagnie zum Kessel, und Rindfleisch mit Grütze oder Graupen müssen das stehende Diner herstellen.

Zum Glück war an Rindfleisch kein Mangel, aber so weltberühmt unsere holsteinischen Ochsenstücke sonst sind, die uns gelieferten Rationen machten ihrem Ursprunge keine große Ehre. Der Knochen gab es immer mehr, als der eßbaren Theile; deshalb hatten wir, um der Gerechtigkeit ihr Genüge zu leisten, das Abkommen getroffen, die Fleischportionen ausrathen zu lassen. Von jeder aus zehn Mann und einem Unterofficier bestehenden Abtheilung mußte sich einer umdrehen; der Unterofftcier spießte eine Fleischration auf eine Gabel und frug dann den uns den Rücken Zukehrenden, wer der Eigenthümer des Fleischstückes werden sollte, bis jeder sein Loos gezogen hatte.

Unser Bild, das der Stift eines Cameraden gezeichnet, führt ein solches Felddiner vor Augen, so wie wir es im Sommer auf frischem, grünen Rasen einzunehmen pflegten. Im Vordergrunde geht eben das geschilderte Ausrathen vor sich. Freilich passirt’s hier ebenso, wie im Leben überhaupt: der dem Rathenden zunächst Sitzende macht allerlei Anstrengungen, der Gerechtigkeit ein Schnippchen zu schlagen und sich auf Kosten der Cameraden in den Genuß von Extravortheilen zu setzen.

Doch der Befehl zu unserm Rückmarsche ließ nicht lange auf sich warten. Das war für mich einer der traurigsten Tage meines Soldatenlebens, und im Hause Jörn Jäger’s war es gar todtenstill. Nur Stina’s Schluchzen unterbrach zeitweilig das Schweigen. Ich selbst konnte mich der Thränen nicht erwehren. Jörn war in der kurzen Zeit des Kummers um sein geliebtes Vaterland sichtbar gealtert. Sein Haar schien mir grauer geworden zu sein, und die Wangen waren von tiefen Furchen durchzogen. Um sein Revier hatte er sich kaum noch gekümmert. Oft ging er wochenlang nicht aus dem Hause.

Die unglückselige Abschiedsstunde schlug. Von Meggerdorf marschirte unsere Mannschaft durch das Moor bei Jörn’s Hause vorüber auf Rendsburg zu. Der Wackere hatte uns mit seinem Kahne erwartet und fuhr uns nach einander hinüber. In seiner Wohnung stand für uns ein letztes Abschiedsmahl gerüstet. Ich aber konnte keinen Bissen hinabbringen. Hatte doch auch Keiner von Allen hier so glückliche Tage verlebt und den trefflichen Jörn Jäger so gut kennen gelernt als ich! Desto vortrefflicher schmeckte es aber dem guten Preußen, der zum letzten Male von den köstlichen geräucherten Aalen schmauste.

Als wir aufbrechen wollten, zog mich Jörn in sein Zimmer. Aus alten Tagen besaß er eine merkwürdige Repetiruhr, sein teuerstes Andenken, wie er mir selbst oft sagte. Nassen Auges griff er in die Tasche. Er drückte mir diese Uhr in die Hand, fiel mir um den Hals und stotterte mit halb erstickter Stimme: „Vergitt’ mi un uns man nich to bald, mien Söhn!“[7] Mit größter Mühe nöthigte ich ihm sein Kleinod wieder auf. Erst nachdem ich ordentlich bös zu werden drohte, gab er nach und steckte die Uhr wieder ein. Noch ein Kuß, ein Händedruck dem guten Jörn, der weinenden Stina und ihrer Mutter – und dann ging es fort – fort in die weite Welt.

Lange winkten sie mir Alle noch nach, bis ich ihnen endlich von einem erhöhten Punkte mit meinem weißen Tuche den letzten Gruß zuwehte. Das niedliche Jägerhaus war meinen Augen entschwunden. Ich habe seitdem Jörn und seine Familie nicht wiedergesehen.

Lebst Du noch, alter braver Jäger? Oder wächst schon längst Gras auch über Deinen Gebeinen?

Schläfst Du bereits den ewigen Schlaf, möchten dann die Worte, die Dir Einer gewidmet, dem die Feder nicht das gewohnte Rüstzeug ist, dazu beitragen, daß Dein Name fortlebe in der Geschichte unseres unglücklichen Vaterlandes, für das Du einst so viel gethan hast! Lebst Du selbst aber noch, Du biedrer Patriot, dann halte Deine Büchse bereit. So Gott will, ziehen wir für Volk und Vaterland und mit einem jubelnden Hurrah auf unsern Herzog Friedrich bald wieder zusammen auf die – Dänenjagd.

v. G.

[792]
Himmel und Erde im Zimmer.

„Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,
Durch die man zu den Quellen steigt!
Und eh’ man noch den halben Weg erreicht,
Muß wohl ein armer Teufel sterben.“

Dieser Jammer Wagner’s im Faust ist alt, aber noch lange nicht verstummt. Es muß anders, besser werden. Wir sind allerdings tüchtig auf dem Wege, werden aber durch „Schulregulative“ und Pedanterie unserer eigenen Schulmeister und Examinations-Perückenstöcke noch gar zu ärgerlich aufgehalten. Pestalozzi, Fichte, Diesterweg und deren Jünger, das sind unsere wahren Schulmeister und Jugendbildner. Aber wie werden sie noch beengt und von sogenannten bessern, d. h. theuersten Schulanstalten ferngehalten! Wenn ich mir die Kinder in der „Stadt der Intelligenz“, Knaben und Mädchen der berühmtesten „Schulen“ und ihre Schularbeiten, ihre Bücher, Dutzende von „Schreibebüchern“ für 10–11jährige Mädchen und deren tägliche Masse von Arbeiten zum Schreiben und Auswendiglernen ansehe und sie manchmal frage, was sie eigentlich wirklich wissen und können – welch ein Wirrwarr von mechanischen Stückchen! Während auf der einen Seite alle Tage neue Stückchen eingetrichtert werden, fallen auf der anderen eben so viele wieder heraus.

Woran fehlt’s denn? An lebendigem Lehren und Lernen, am Zusammenhange, an Uebersicht, Anschauung. Der Unterricht für die Jugend, deren ganze Natur auf wirkliches Begreifen, Betasten, Besehen angewiesen ist, muß zunächst mit abstracten, d. h. gegenstandslosen Lehren und Worten ganz verschont bleiben und erst allmählich selbst lernen, das sinnlich Wahrgenommene zu allgemeiner Wahrheit zu erheben.

Unser Unterricht muß Anschauungsunterricht werden und etwa mit Fröbel’schen Spielsachen und Kindergärten anfangen. So bekommen sie heitere, lebendige und klare Vorstellungen von Körpern, Raum- und Zeitverhältnissen. Und dann geht’s mit dem weiteren, genaueren Lernen schnell, gründlich und praktisch, wenn nur hübsch auf Grund des Anschauungsunterrichts fortgefahren wird.

Sie sollen dann Eigenschaften der Körper, innere und äußere, physikalische und chemische, unsere Erde, ihre geographischen und planetarischen Gestaltungen und Bewegungen, Sonnen- und Mondfinsternisse u. s. w. begreifen, nicht auswendig lernen. Zu diesem Zweck muß wenigstens der Schulmeister, die Anstalt, physikalische und chemische Apparate, Bilder der Erdoberfläche, der Erde selbst, ihrer Bewegungen und Veränderungen im Himmelsraume, Karten und Globen und zwar in Relief haben. Diese nothwendigen Mittel für den Anschauungsunterricht sollten in keiner Schule fehlen, auch nicht in der ärmsten Dorfschule. Selbst die ärmste gehört einer ganzen Gemeinde an, die nie mehr so arm sein kann, daß sie etwa 20–30 Thaler für das Wissen und Wohl aller ihrer Kinder nicht erschwingen könnte. Nun, und dafür kann sie sich schon eine Relief-Erdkugel und physikalische wie chemische Apparate kaufen, hinreichend für die dauerndste, wesentlichste Reform und Belebung alles Lernens und Wissens.

Es machte dem Eigenthümer der Gartenlaube persönlich und im Interesse seiner Hunderttausende von Lesern die lebhafteste Freude, als er vor einiger Zeit zum ersten Male die neuesten und vollkommensten Apparate für den Anschauungsunterricht in der Geographie kennen lernte. In seinem Auftrage macht es uns Freude, hier diese Relief-Globen und Tellurien zur nähern Kenntniß in den weitesten Kreisen zu bringen.

Die Geographie ist auf unserer elektrotelegraphisch, durch Dampf, Handel und Wandel engverbundenen und zusammenhängenden Erde eine der nothwendigsten und interessantesten, vollkommensten Wissenschaften geworden. Man lernt nicht mehr Länder und Grenzen und Flüsse und Berge und Städte auswendig, sondern zeigt und lehrt, wie unsere ganze Erde auf den einzelnen Stellen wirklich aussieht, wo und wie sie lebt und wirkt und in das Ganze eingreift.

Was kann es Anregenderes und Belehrenderes geben, als diese ganze Erde rund und vollständig mit allen ihren Bergen und Thälern in getreuer Nachahmung der wirklichen Gestalt vor uns zu sehen, die verschiedenen Gebirgshöhen, ihre Züge und Gestaltungen, dazu die sonst so schwer zu begreifenden Kreislinien, die Horizonte, die Achse, den Aequator, die Meridiane, die Wendekreise. die Polarcirkel, die Zonen, die Ekliptik, den Thierkreis, die Aequinoctien, die Solstitien, die Parallellinien alle in ihren wirklichen Lagen, Richtungen und Bedeutungen!

Gewöhnliche Karten und Globen sind so lange gut, als es nichts Besseres giebt. Die neuen Relief-Globen aber, wie sie jetzt vorzüglich in Berlin gefertigt werden, erheben das Studium der Geographie zum anmuthigsten Genusse. Die ganze Erdoberfläche wird lebendig vor uns, die wirklichen Formen der Gebirge und Thäler mit ihren Flußnetzen dazwischen, die bestimmten Farben, Schatten und Lichter, wodurch Land und Meer, Gebirg und Thal sich vor unserem Blick deutlich zur Erdkugel runden, die genaue politische Eintheilung dazu, die Meeresströmungen, die mit genauer Druckschrift in Thäler und Ebenen, auf Höhen und Bergen eingeklebten Städtenamen, die Beweglichkeit der besseren Sorten dieser Globen mit messingenen, genau gradeingetheilten Halb-Meridianen u. s. w. verwandeln unsere alten, traurigen geographischen Lernereien beinahe in wirkliche Reisen. Man reist auch wirklich mit den Augen und klettert bis auf schneebedeckte Gebirgshäupter und steigt wieder hinunter und eilt in Thälern an Flüssen entlang und fährt über Meere und Oceane und kommt im Nu von der anderen Seite her wieder nach Hause und hat, wie der edle Odysseus, der dazu zehn Jahre brauchte, in einigen Minuten „die Städte vieler Menschen gesehen und ihren Sinn erkannt“. Wenigstens weiß man genau, wer heiß oder kalt, eben, tief oder hoch wohnt, und kann daraus schon schließen, was für verschiedene Charaktere und Farben diese verschieden einquartierten Bewohner haben mögen. Die Lagen, Formen, Umhänge, Fernen- und Größenverhältnisse der Erdtheile und Länder zu einander prägen sich in klaren Umrissen und körperlichen Massen in unsere Vorstellung hinein. Die Flüsse, deren Gebiete und Netze, deren Ursprung, Verlauf und Mündung, auf Plankarten ein wirres Umherirren, eben so wie das krause Gestrichle von Gebirgen, werden auf der Reliefkarte sofort erklärliche und klare Gewinde. Man kennt die Flußscheiden, man sieht, warum der eine so und nicht anders, der eine dahin, der andere dorthin fließen muß – nachdem man das Alles einmal recht genau gesehen, weiß man für immer, wo alle die Flüsse entspringen, wie sie laufen und wohin sie münden.

Daß der Reliefglobus zugleich der beste Körper zur Veranschaulichung und leichten, genauen Lösung schwieriger geographischer und astronomischer Aufgaben ist, Aufgaben, die sonst nur durch schwere trigonometrische Berechnungen gefunden, also den Kindern in gewöhnlichen Schulen gar nicht begreiflich gemacht werden können, mag hier eben nur angedeutet bleiben.

Wir wollen lieber etwas genauer erzählen, wie man in der Stube vor allen Kindern diese unsere runde Erde auch um die Sonne und dabei den Mond um die Erde sich drehen, so alle vier Jahreszeiten, Tag und Nacht, das Sonnenjahr darstellen und dabei sogar wirkliche Sonnen- und Mondfinsternisse machen kann. Dieser wundervolle wissenschaftliche Apparat, der zugleich so heiter und leicht wie ein Spielzeug behandelt werden kann, heißt ein Tellurium (von dem lateinischen tellus, gen. telluris: die Erde).

Wir sehen ein solches Tellurium abgebildet, d. h. auf einem starken, polirten Gestelle (a) eine metallene, glatte Scheibe (b) mit einem Lichte oder einer Lampe aus deren Mitte empor (c), dahinter einen sehr blank polirten Hohl- oder Reflections-Spiegel (d), auf der Scheibe einen beweglichen Querbalken (e), der in einen Kasten ausläuft (f), worin sich ein Feder- oder Uhrwerk befindet, das man aufziehen kann. Darüber befindet sich ein uhrenartiges Räderwerk (g), aus welchem eine Kugel, ein Globus, die Erde (h), an einem beweglichen Stiele hervorragt, daneben an einem durch das Uhrwerk beweglichen Drahte eine kleinere Kugel, der Mond (i). Um die Scheibe und ein Rad unter dem Uhrwerke läuft eine Kette (k). Die Handhabe, dem Balken gegenüber (l), dient blos dazu, der Schwere des Balkens und seines Apparats das Gleichgewicht zu halten. Das sind die in die Augen fallenden Bestandtheile des Telluriums, die wir ohne alle wissenschaftlichen Erklärungen eben nur angegeben haben, um die Vorstellung des in voller Körperlichkeit vor uns stehenden Instrumentes oder Apparates zu erleichtern.

Wir haben damit in der Mitte (Licht und Hohlspiegel) die Sonne, und auf dem Ende des Querbalkens Mond und Erde. Wenn man nun das Uhrwerk unten aufzieht, dreht sich der Balken [793] um die Scheibe herum, dabei die Erde um sich selbst und um die Sonne, und der Mond um die Erde. Dabei kommen folgende geographische und astronomische Lehren und Thatsachen zu voller Anschauung und wirklichem Vorgange:

1) Wirkung der Sonne auf Erde und Mond mit ihrem Lichte,

2) Bewegung der Erde um ihre Achse und um die Sonne,

3) Bewegung des Mondes um die Erde,

4) Sonnen- und Mondfinsternisse.

Das Tellurium steht vor uns auf dem Tische. Wir stecken die Lampe oder Sonne an, machen das Zimmer dunkel und


Das Tellurium.

lassen durch den Druck auf eine Feder das aufgezogene starke Federwerk wirken. Und nun haben wir den bewegten Himmel in unserer Stube. Die Sonne scheint auf die um sich selbst rollende und sich um die Sonne drehende Erde hinüber. Der Mond muß immer mit und dabei auch nicht versäumen, immer zu rechter Zeit um die Erde herumzukommen und zwölf Mal „neu“ und „voll“ zu werden. Auf der Scheibe ist rundum der Thierkreis bezeichnet, wodurch wir sehen und begreifen lernen, wie die vier Jahreszeiten und die Monate verlaufen, während die Erde einmal um die Sonne sich bewegt.

Dabei dreht sich die Erde 365mal um sich selbst. Wir sehen, wie Tag und Nacht sich damit um die Erde jagen; wir sehen, wie es immer zugleich (nur auf verschiedenen Stellen) Morgen, Mittag, Abend und Nacht wird auf der Erde.

Mit diesen beiden Bewegungen kommt auch der Mondumlauf zur genauen Auschauung. Der Draht, der ihn bewegt, wird durch eine genau regulirte excentrische Scheibe (die Mondbahn) so bewegt, daß die sonst schwer deutlich zu machende Mondbahn wirklich durchlaufen wird und der Mond während jeder 29½ maliger Erdumdrehung (also eines Monats) einmal um die Erde geht. Gleichzeitig werden die Mondwechsel in Raum und Zeit, Licht und Schatten wirklich verauschaulicht. Nun gilt es aber noch das Interessanteste, nämlich Sonnen- und Mondfinsternisse zu machen. Bei den besten und theuersten Tellurien entstehen sie von selber. Um die gewöhnlichen auch dazu zu benutzen, stellt man nur die excentrische Scheibe danach, indem man mit der einen Hand das Gestell der Erdachse festhält, während man mit der andern die Scheibe dreht. So kann man beliebig eine Sonnen- oder Mondfinsterniß machen, totale und theilweise, auch deren Wege, Richtungen, Anfänge und Ausläufe. Sobald die Mondkugel sich zwischen dem Erdglobus und der Sonne (Lampe) befindet, bedarf es nur einer richtigen Stellung der excentrischen Scheibe, um den Mondschatten über die Erde gleiten zu lassen. Die in dem Schatten stehen, sehen dann natürlich die Sonne nicht, also eine Sonnenfinsternis. Befindet sich die Mondkugel auf der entgegengesetzten Seite des Erdballs, so läßt sie sich leicht in den Erdschatten drehen, wir sehen also eine Mondfinsterniß.

So haben wir mit einem wunderbar einfachen Mechanismus, der für Kinder und allgemeinste Anschauung schon von vier Thaler an zu haben ist (aber blos zum Drehen mit der Hand, ohne Uhrwerk) das prächtigste, plastische Unterrichtsmittel in der sonst so schwer begreiflichen mathematischen Geographie. Es wird Tag und Nacht vor unseren Augen, Voll- und Neumond, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, und wir erfahren und sehen, warum und wie.

Die Reliefgloben, auch Reliefkarten, die Tellurien, auch physikalische, chemische und elektrische Apparate, hemisphärische Sonnenuhren (patentirte Erfindung des Herrn A. Schmeißer) sind eine ganz besondere, sich täglich vervollkommnende und erweiternde Kunstindustrie der geographisch-artistischen Anstalt von Ernst Schotte und Comp. in Berlin, Potsdamer Straße 36. Ich lernte die Anfänge der Reliefgloben vor 25 Jahren beim Commissionsrath Kummer in Berlin kennen. Dieser starb und mit ihm auch weiterer Fortschritt auf dessen Gebiete auf lange Zeit. Erst ganz neuerdings hat der junge, intelligente, thatkräftige Eigenthümer der erwähnten Anstalt Alles vereinigt, was Wissenschaft, Kunst und Technik zur vollkommensten Ausbildung dieser herrlichen Anschauungs-Unterrichtsmittel irgend leisten können. Reliefgloben in allen Größen und in den meisten gebildeten Sprachen werden zu Preisen von acht bis zu mehreren hundert Thalern gefertigt, wobei wir bemerken, daß Nr. 10 mit politischer Eintheilung, Meeresströmungen, vollständiger Druckschrift für Schulen und für Privatgebrauch für den schönsten und empfehlenswerthesten gehalten wird (kostet 12 Thlr.). Ich denke aber, daß derselbe mit beweglichem, graduirtem, messingenem Halbmeridian (15 Thlr.) vorzuziehen sei. Relief-Kugel-Abschnitte und specielle Reliefkarten eignen sich für genauere Studien, aber auch als würdige Wandverzierungen in Goldrahmen. Von den Tellurien empfehlen sich die einfacheren (ohne Uhrwerk) für Kinder zu Geschenken, genauere mit Uhrwerk (20 Thaler) für alle größeren Schulen, da mit ihnen in einer Stunde mehr mathematisch-geographische Wissenschaft verbreitet werden kann, als sonst durch Lehren und Auswendiglernen in Monaten.

Eltern, Lehrer, Schulvorsteher, „Behörden“ sollten bedenken, daß sie durch Anschaffung solcher Unterrichtsmittel dem nothwendigsten und unerläßlichsten Wissen einen Reiz, eine Leichtigkeit und einen Genuß verschaffen, der belebend und verschönernd auf die ganze Schulstube und auf alle Gesichter aus- und niederstrahlen wird. Es liegt ein wundervoller Zauber in diesen neuen, praktischen, technisch und künstlerisch schönen, gebirgigen Erdkörpern und den geheimnißvoll schnurrenden Drehungen, die Tag und Nacht, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, Sonnen- und Mondfinsternisse in unserer engen Zelle mit freundlicher Lampe machen.

H. B.



Der neue Herzog von Schleswig-Holstein.

Auf Grund eines von der Willkür beschriebenen Blattes Papier, welches angeblich das Gleichgewicht Europa’s sichern sollte, in Wahrheit aber nur im Interesse Rußlands ausgefertigt wurde, hat Prinz Christian von Glücksburg den Thron der dänischen Monarchie bestiegen. Im Namen des hier in Eins fallenden alten Fürsten- und Volksrechts hat sich ihm für die deutsche Hälfte jenes Ländercomplexes der Prinz von Augustenburg als Herzog Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein entgegengestellt.

Ein dänischer Staat mit Schleswig unter einem Fürsten und einer Verfassung, mit Holstein als Nebenprovinz unter einem und demselben Fürsten – so lautet dort die Parole.

Schleswig-Holstein ein Staat für sich und Dänemark ein Staat für sich, dort Friedrich VIII., hier Christian IX. Träger der Krone; denn in den Herzogthümern herrscht der Mannsstamm der Oldenburger – so heißt das Feldgeschrei im diesseitigen Lager.

Dort eine diplomatische Intrigue, hier das Recht, das Interesse,

[794] der Wille des deutschen Volkes, das seinen Besitz und, was mehr ist, seine Ehre in dieser Frage gefährdet sieht wie kaum je zuvor, seit es in seinen Angelegenheiten eine Stimme hat. Hoffen wir, handeln wir, daß diese Stimme durchdringe. Unsere Ehre, unsere Zukunft ist in Wahrheit bedroht, nicht blos das klare Recht eines unserer Stämme und seines Fürsten.

Inzwischen aber sei es erlaubt, den Lesern dieses Blattes das Bild dessen zu zeichnen, welcher als echter Herzog der neuen Bewegung für Schleswig-Holstein den Anstoß gegeben und in seiner Proclamation an dessen Volk zum ersten Mal officiell wieder verkündet, daß das alte gute Recht der Herzogthümer noch lebt, zum ersten Mal wieder das Banner derselben als Bannerherr aufgepflanzt und zur Heeresfolge entfaltet hat.

Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein, bis zum Tode Friedrichs II. von Dänemark Prinz von Augustenburg, ist der älteste Sohn des Herzogs Christian von Augustenburg und am 6. Juli 1829 im Schlosse Augustenburg auf der schleswigschen Insel Alsen geboren. Seine Jugend verlebte er theils in dem Orte seiner Geburt und dessen anmuthiger Umgebung, theils in Gravenstein, einer andern Besitzung seines Vaters, die, im Sundewitt, nicht fern von den bekannten Düppeler Höhen und am buchenbekränzten Eckensund gelegen, mit ihren reizenden Parkanlagen und ihrer fruchtbaren Nachbarschaft gleichfalls geeignet war, in dem Gemüth des Knaben Liebe zu seiner Heimath zu erwecken. Seine Erziehung war eine sehr sorgfältige, sein Lehrer und zugleich der seines jüngern Bruders Christian war ein Herr Stephensen, der gegenwärtig in Basel eine Professur bekleidet.

Auch über die politischen Kämpfe, welche um die Zeit der Geburt des Prinzen sich vorbereiteten und, um die Mitte der dreißiger Jahre ausbrechend, die dänische Monarchie in zwei Lager theilten, wurde der junge Fürst frühzeitig aufgeklärt. Der Herzog von Augustenburg war in diesen Kämpfen von Anfang an als Patriot wie als Verfechter eignen Rechts einer der thätigsten und unerschrockensten Streiter für die bekannten drei Grundrechte der Herzogthümer und gegen die Anläufe der beiden dänischen Parteien der Gesammtstaatsmänner, die ganz Schleswig-Holstein, und der Eiderdänen, die Schleswig als Provinz in Dänemark einzuverleiben trachteten. Häufig hörten die Söhne in der Familie jene Fundamentalsatzungen, nach denen die Herzogthümer von Dänemark, wie Norwegen von Schweden, wie Ungarn von Oesterreich getrennte Staaten, nach denen sie ferner eng mit einander verbundene Staaten waren, und nach denen endlich in ihnen nur der Mannsstamm des oldenburgischen Hauses herrschen sollte, nach verschiedenen Seiten hin discutiren. Wiederholt begleiteten beide Prinzen schon als Knaben den Herzog, wenn er sich nach der Stadt Schleswig begab, um dort in der Ständeversammlung seinen Sitz einzunehmen und gegen die Ränke der Dänen zu sprechen, und so athmeten beide schon in jungen Jahren die Luft ein, welche die Ueberzeugung von dem Rechte der Herzogthümer und den Willen es zur Geltung zu bringen damals allen denkenden Schleswig-Holsteinern zur zweiten Natur werden ließ.

So kam das Jahr 1848 heran, wo Prinz Friedrich mit seinem Bruder eben im Begriff war die Universität Bonn zu beziehen, als plötzlich durch einen reisenden Kaufmann auf Schloß Augustenburg die Kunde von der Märzrevolution in Kopenhagen, von der Bildung einer provisorischen Regierung in Kiel und von dem Eintritt des Prinzen von Noer, ihres Vatersbruders, in dieselbe gelangte. Der Kampf mit Worten war zum Kampf mit den Waffen geworden. Die herzogliche Familie wußte, was ihr drohte, und die Prinzen wußten, was jetzt ihre Pflicht, wo fortan ihr Posten war.

Der Capitän Tscherning, durch den Kopenhagner Aufstand zum Kriegsminister ernannt, hatte sich im Jahre 1845 in der Nähe von Augustenburg aufgehalten und war dabei in das Haus des Herzogs eingeführt worden. Einst kam die Unterhaltung auf die schleswig-holsteinische Frage, und der Gast nahm Anlaß, auf die gefährliche Lage hinzuweisen, in die der Herzog sich und seine Familie bringen werde, wenn er sich nicht entschließe, seine Erbrechte aufzugeben. Weigere er sich dessen, so sei fast gewiß, daß ihm und seinem Hause das Schicksal der Stuarts werde; jedenfalls werde man sich dänischerseits in die Nothwendigkeit versetzt sehen, ihn und seine Familie auf alle und jede Weise zu verfolgen und unschädlich zu machen. Kurz nach Erlaß des „offnen Briefes“ war hierzu noch eine ausdrückliche Warnung von einem dem Herzog befreundeten Manne in Kopenhagen gekommen, und daß die dänische Hofpolitik vor Gewaltmaßregeln sich nicht scheute, wußten die Prinzen aus dem Verfahren gegen ihren Großvater, welcher, von den Schweden zum Thronfolger gewählt, von Friedrich VI., seinem königlichen Vetter, der selbst gern die schwedische Krone genommen hätte, auf Alsen mit Kriegsschiffen umstellt und so zum Staatsgefangenen gemacht wurde.

Der Herzog von Augustenburg selbst befand sich zu dieser Zeit nicht daheim. Er war nach Berlin geeilt, um vom König von Preußen Hülfe für Schleswig-Holstein zu erbitten. Die Prinzen aber waren in entschiedener Gefahr von den Dänen aufgehoben und als Geiseln oder Staatsgefangene nach einer Festung gebracht zu werden. Jene Nachricht war am 25. März Nachmittags eingetroffen. In der Nacht zum 26. wurden die jungen Herren von ihrer Mutter geweckt und ihnen bemerkt, daß sie ohne Verzug abreisen müßten. Rasch wurde Alles zur Flucht vorbereitet, und am Morgen bei Tagesgrauen verließen sie in einem offnen Boot in Begleitung ihres Erziehers die Insel, um sich nach dem Festland zu begeben. Bald darauf folgte ihnen die Herzogin mit ihren beiden Töchtern.

Es war, wie man zu sagen pflegt, unmittelbar vor Thorschluß. Noch sechsunddreißig Stunden, und es wäre zu spät gewesen.

Am 28. März fuhr ein dänischer Kriegsdampfer südwärts an Alsen heran und setzte ein Boot an der Spitze Kekenis aus. Ein reitender Bote empfing einen Brief an den Bischof Hansen in Igen, der seit Jahren als das Haupt der dänischen Propaganda auf der Insel bekannt war. Dann ging das Dampfschiff weiter, in die Flensburger Bucht hinein, signalisirte nach der Stadt hin, wandte und eilte hierauf nach Alsen zurück, wo es bei der Sonderburger Fähre anlegte. Capitain Dirckink-Holmfeld führte es. Bischof Hansen war zur Hand, Dänischgesinnte strömten in Massen herbei, andere Haufen zagen nach Hardeshoi, dem zweiten Fährort der Insel. Des Capitäns erste Frage war nach dem Herzog von Augustenburg, seine zweite nach dessen Familie. Er erfuhr, daß er mit seinem Auftrag zu spät gekommen. Es war die Absicht gewesen, den Herzog und seine Familie gefangen zu nehmen und nach Christiansoe zu bringen. Was ihrer dort gewartet hätte, mag die Analogie Griffenfeldt’s in Munkholm und der vier Geschwister des Czaren Iwan des Vierten zu Horsens in Jütland lehren. Wie die Sachen standen, mußte sich die dänische Invasion in Augustenburg begnügen, das Eigenthum des Herzogs nach Kräften zu beschädigen. Bekannt ist, wie man mit dem Marstall desselben, dem Silberzeug, den Einkünften verfuhr und wie man diese schmutzigen Plünderungen auch während des Waffenstillstandes fortsetzte.

Und noch Empörenderes folgte. Durch gerichtliche Aussagen[8] ist erwiesen, daß der jetzt verstorbene König von Dänemark bei seiner Anwesenheit in Sonderburg zu Anfang des Septembers 1848 nach Abschluß des Malmöer Waffenstillstandes bei einer großen Audienz, die er Landleuten und andern Bewohnern der Umgegend gewährte, erklärt hat: „der Herzog von Augustenburg ist vogelfrei.

Wir wissen nicht, welcher politische Act des verantwortlichen dänischen Ministeriums vorausgegangen, auf den sich jene Erklärung des Königs beziehen konnte. Aber solches Wort aus solchem Munde heißt den Mord aufrufen.

Inzwischen waren die beiden Prinzen mit Stephensen aller Gefahr entronnen und, nachdem ihr Boot glücklich bei Holnis in Angeln gelandet, rasch nach Rendsburg zu ihrem Vater gegangen. Hier traten sie, dem Beispiel der übrigen gebildeten Jugend des Landes folgend, sogleich als Freiwillige in die kleine schleswig-holsteinische Armee, welche sich damals im Süden der Herzogthümer bildete. Herzog Friedrich, jetzt neunzehn Jahre alt, fand zunächst Verwendung im Stabe seines Oheims, des Prinzen von Noer, welcher in dem Feldzug von 1848 den Oberbefehl über die Schleswig-Holsteiner innehatte, und wohnte in dieser Stellung allen Treffen dieses Jahres und namentlich auch der Schlacht bei Schleswig bei. Im Jahre darauf trat er in den Generalstab Bonin’s über, der jetzt das unterdeß beträchtlich vermehrte und besser geschulte Heer der Herzogthümer zu führen berufen war, und focht während des neueröffneten Feldzugs wieder überall mit, wo seine Landsleute in’s Feuer kamen. Nur die Schlacht bei Kolding sah ihn nicht bei der Armee, da er während derselben in Frankfurt war, um im Auftrag der Statthalterschaft dem Reichsverweser die Flagge des bei Eckernförde von den deutschen Schanzen in die Luft gesprengten [795] dänischen Linienschiffs „Christian der Achte“ zu überbringen. Der Tag der Unglücksschlacht bei Fridericia war sein zwanzigster Geburtstag. Ein Freund stattete ihm gerade die ersten Glückwünsche ab, als die Dänen plötzlich aus den Thoren der Festung hervorbrachen. Bald darauf war er mitten im Kugelregen, eine Kugel wurde nur durch seine Säbelscheide verhindert, ihn schwer am Knie zu verwunden.

Auch der Feldzug von 1850 sah den jugendlichen Fürsten unter den Streitern für Schleswig-Holsteins Recht und Ehre. Derselbe wohnte im Generalstab Willisen’s der Schlacht bei Idstedt und einige Wochen später dem großen Recognoscirungsgefecht bei Missunde bei und nahm überhaupt nicht eher seinen Abschied, als bis die Oesterreicher und Preußen in das Land einrückten, um, wie der euphemistische Ausdruck der Diplomaten lautete, die Herzogthümer zu „pacificiren“, in Wahrheit aber, um sie mit gebundenen Händen der dänischen Willkür zu überliefern.

Es gab jetzt für den Patrioten nichts mehr zu thun, und so verließen die beiden Brüder das Land ihrer Geburt und gingen zunächst nach Bonn, um die durch den Krieg unterbrochenen Studien auf der dortigen Universität zu vollenden. Zwei Jahre darauf trat Herzog Friedrich in die preußische Armee ein. 1856 nahm er als Major seinen Abschied, erwarb das Gut Dolzig in der preußischen Lausitz und vermählte sich mit der Prinzessin Adelaide von Hohenlohe-Langenburg, einer durch Schönheit wie durch Herzensgüte gleich ausgezeichneten Dame. Er ist gegenwärtig Vater eines Sohnes und zweier Töchter.

Die letzten sieben Jahre verbrachte er in der Stille auf seinem Landgute, in keiner Weise in die Öffentlichkeit tretend, aber der Sache seines Landes treu auf den Wechsel der Zeit wartend, der ihm gestatten sollte, vor der Welt auf’s Neue das Wort und das Schwert für das Recht seines Volkes und seines Hauses zu ergreifen. Sein Vater hatte auf die Geltendmachung dieses Rechtes vor den Dänen für seine Person Verzicht geleistet. Herzog Friedrich, sein nächster Erbe, hatte dies so wenig gethan wie die übrigen Glieder des Hauses Augustenburg. Der Tod des Königs Friedrich des Siebenten berief den bisherigen Erbprinzen auf den Thron von Schleswig-Holstein, und derselbe zögerte nicht, von seinem Rechte entschlossen Gebrauch zu machen. Das Londoner Protokoll war für ihn nicht vorhanden, wie es für keinen Fürsten vorhanden sein sollte, der sein und seines Volkes Recht achtet und geachtet wissen will gegenüber dem Belieben Mächtigerer. Es war für ihn um so weniger vorhanden, als es vom deutschen Bunde nicht anerkannt war, und als es die deutsche Nation, die hier das letzte Wort zu sprechen hat, niemals anerkennen wird, gleichviel, was ihre Diplomaten jetzt sagen mögen oder künftig noch sagen werden.

Herzog Friedrich ist in seinem innern wie in seinem äußern Wesen ein echter Typus des tüchtigen Stammes, an dessen Spitze er sich durch seine Proclamation vom 16. November dieses Jahres gestellt hat, ein echter Schleswig-Holsteiner. Ein ernster männlicher Sinn, Festigkeit und Nüchternheit in seinen Entschlüssen, kaltes Blut, scharfer Verstand, Genauigkeit und Unermüdlichkeit in Geschäften, stramme Beharrlichkeit, dazu eine hohe stattliche Gestalt, wohlgebildete Züge machen ihn durchaus zu dem Manne, den die schwierige Lage erheischt. Die Volksrechte ausdrücklich anerkennend und neben seinem Erbrechte gleich hochhaltend, verdient er und besitzt er auch das Vertrauen der Schleswig-Holsteiner, und wir sind keinen Augenblick in Zweifel, daß, wenn in den Herzogthümern eine Volksabstimmung über ihn und seinen Gegner in Kopenhagen beliebt würde und Sonne und Wind den Parteien gleich vertheilt wären, außer seinem durch die frühere schleswig-holsteinische Landesversammlung ausdrücklich bestätigten Erbrechte auch die ungeheure Mehrheit der Stimmenden ihm die Krone der Herzogthümer zusprechen würde.

Daß Herzog Friedrich der feudalen Richtung geneigt sei, ist einfache Verleumdung. Er hat in seiner Proclamation von Schloß Dolzig dem Staatsgrundgesetz von 1849 gemäß gelobt und geschworen, „die Verfassung und die Gesetze der Herzogthümer Schleswig und Holstein zu beobachten und die Rechte des Volkes aufrecht zu halten,“ und diese Verfassung, diese Rechte und Gesetze wissen nichts von einer Bevorzugung der Feudalen vor andern Gliedern des Volkes. Er ist gewohnt, gutem Rath sein Ohr zu leihen, und er hat unter den Männern, mit denen er sich seit seiner Uebersiedelung nach Gotha umgeben hat, treuen, altbewährten Freunden der Sache Schleswig-Holsteins und des Hauses Augustenburg, reichlich Gelegenheit, guten Rath zu hören. Er hat endlich die Schule des Unglücks durchgemacht und das Leben gesehen, wie selten ein Fürst dieser Zeit. Er wird, getragen von der Begeisterung des deutschen Volkes und – wenn die Fürsten es nicht gegen ihr eignes Interesse vereiteln – von ihr auf den ererbten Thron gehoben, unzweifelhaft im nationalen und ebenso sicher im freisinnigen Geiste regieren.

Sehr wahrscheinlich ist’s ein schwerer, blutiger Kampf, dem wir, die blau-roth-weiße Fahne voran, entgegengehen. Aber die Ehre ruft, und die Ehre verloren, Alles verloren, sagt ein Sprüchwort der Deutschen. Kein Deutscher würde künftig ohne Schamröthe auf den Wangen einem Fremden in die Augen blicken können, wenn jetzt die Gelegenheit, die 1851 verletzte Ehre zu heilen, träg und gleichgültig versäumt würde. Wie die Augurn der spätern römischen Zeit sich anlächelten, wenn sie einander begegneten, so würden dann die Deutschen nur das Lächeln des Spottes und der Verachtung noch übrig haben, wenn ihnen ein Landsmann von der Größe und Tüchtigkeit ihrer Nation reden wollte.

Als 1856 der Streit über Neuenburg entbrannte, hatte die kleine schmächtige Schweiz dem großen breitschulterigen Preußen gegenüber keineswegs das beste Recht für sich, und wahrscheinlich würde sie, wenn es wirklich zum Schlagen gekommen wäre, unterlegen sein. Aber sie wagte den Kampf, wie ein Mann erhob sich das Volk zum Widerstand gegen die Uebermacht, und wenn es unterlegen wäre, so würde es mit Ehren unterlegen sein und erst nach Erschöpfung aller irgend verwendbaren Kräfte.

Jetzt tritt an Deutschland die Frage heran, ob es aus Scheu vor dem Uebelwollen einiger Großmächte ein Recht und ein Interesse so klar wie das Licht der Sonne aufgeben, ob es sich ein Glied abhauen lassen will, das zu seinen edelsten gehört, ob es sich von diesem Rechte zurückzuziehen gedenkt, ohne auch nur einmal zu versuchen, ob nicht schon die bloße Kundgebung festen, bewaffneten Willens, das Seine zu wahren, das Uebelwollen jener Mächte verstummen heißt.

Wir glauben nicht, daß ein deutsches Herz diese Frage bejahen wird. Wir glauben nicht, daß Herzog Friedrich’s und seines Volkes Sache verloren sein kann, so wenig heiter auch der Himmel noch über ihr ist. Denn was die Regierungszeitungen meinten, als Deutschland mit der österreichischen Reformacte renovirt werden sollte, das gilt in gleichem Grade von der allen Parteien theuren, alle für diesen Zweck in eine große Partei verschmelzenden schleswig-holsteinischen Angelegenheit: Wenn die Regierungen jetzt nicht zum Ziele gelangen, jetzt nicht Ordnung und Recht herstellen, so wird es über kurz oder lang das Volk thun. Nie war die Sache eines Prätendenten – wie die Dänen unsern Herzog Friedrich nennen werden – so sehr eines ganzen Volkes Sache, nie eines so großen und, wenn es Eins ist, so unwiderstehlich gewaltigen Volkes.





Die beiden Concurrenz-Entwürfe zu einem Standbilde Schiller’s für Berlin.

Der hundertjährige Geburtstag Schiller’s wurde in Berlin besonders festlich begangen und dabei zugleich der Grundstein zu einem Denkmal für den unsterblichen Dichter vor dem königlichen Schauspielhause auf dem Gensd’armenmarkte, einem der schönsten Plätze der Residenz, unter dem Jubel und Jauchzen des Volkes gelegt. Bald darauf erließ die zu diesem Zweck gebildete Commission einen Aufruf an die Bildhauer Deutschlands, ihre Entwürfe zu einem Standbild Schiller’s einzuschicken. Von fünfundzwanzig vorgelegten Arbeiten fanden nur die Skizzen von Begas und Siemering den Beifall des Publicums und der Sachverständigen, so daß, wenn auch keine von beiden bestimmt angenommen wurde, doch sie allein auf die engere Wahl kamen. Was die Persönlichkeit der Bewerber [796] betrifft, so dürften die folgenden kurzen Notizen nicht ohne Interesse sein, da das Leben des Künstlers sich häufig in seinen Schöpfungen widerspiegelt.

Leopold Rudolph Siemering wurde im Jahre 1835 in Königsberg geboren, wo er bis zu seinem siebzehnten Jahre die dortige höhere Bürgerschule besuchte. Hierauf trat er bei einem Tischler in die Lehre, nebenbei zeichnete er fleißig; auch modellirte er ohne jede Anleitung nach der Natur. Die Liebe zur Kunst war aber so mächtig in ihm, daß er nach drei Jahren sein Handwerk aufgab und die Akademie der Künste in seiner Vaterstadt unter Director Rosenfelder

Begas’ Modell zu einem Standbilde Schiller’s für Berlin.

besuchte. Nachdem er es hier bis zur Malclasse gebracht und fleißig nach der Antike gezeichnet, ging er zu seiner ferneren Ausbildung nach Berlin, indem er, selbst mittellos, eine Unterstützung von dem Königsberger Verein für Wissenschaft und Kunst erhielt, an dessen Spitze der vor Kurzem erst verstorbene Geschichtsschreiber Prof. Voigt stand.

Hier arbeitete Siemering mehrere Jahre unter Anleitung des berühmten Bildhauers Bläser, dem er bei seinem großen Relief für die Dirschauer Brücke half. Außerdem besuchte er den Aktsaal der Berliner Akademie und fing eine eigene Arbeit, die „Statue der Penelope“ an, welche auf die Ausstellung kam und trotz mancher Fehler als eine Erstlingsarbeit wohlverdienten Beifall fand. Der Auftrag einer Kirche in Ostpreußen, für dieselbe die Kolossalstatue des Bischofs Adalbert, des berühmten Heidenbekehrers, zu arbeiten, brachte in ihm den längst gefaßten Entschluß zur Reife, sich selbstständig zu machen. In seinem eigenen Atelier schuf Siemering eine Reihe von interessanten Büsten, darunter die charakteristischen Köpfe des Geschichtsschreibers Johannes Voigt, des Präsidenten Simson, des bekannten Philologen Lobeck u. s. w. Zugleich bewarb er sich schon damals um den Preis für eine Schillerstatue, welchen die Stadt Hamburg ausgeschrieben hatte; er erhielt auch den zweiten Preis, während der erste seinem glücklicheren Nebenbuhler zufiel. Unterdeß fehlte es ihm nicht an Bestellungen und Aufträgen, da sein Name in verhältnismäßig kurzer Zeit bekannt geworden war. Für die neuerbaute Universität in Königsberg wurden ihm zehn Reliefbilder berühmter Lehrer anvertraut. Hauptsächlich aber beschäftigte ihn der Entwurf des Schillerdenkmals für die Stadt Berlin und die Königsstatue für die neue Börse, die ihm zur Ausführung übertragen wurde. Durch Fleiß und unablässiges Studium hat sich der junge, bescheidene Künstler aus beschränkten Verhältnissen und unter manchen Schwierigkeiten heraufgearbeitet und eine ehrenvolle Stellung erworben.

Weit mehr vom Glück begünstigt und durch geniale Anlagen ausgezeichnet ist sein Concurrent, Professor Begas, der im Jahre 1831 in Berlin geboren wurde. Frühzeitig erkannte sein Vater, der berühmte Geschichts- und Porträtmaler Begas, das Talent des Knaben und sorgte für dessen Ausbildung, indem er ihn den großen Meistern Rauch und Wichmann als Zögling übergab. Unter ihrer Anleitung arbeitete der junge Künstler bis zum Jahre 1858, wo er nach Italien reiste, um die großen Vorbilder des Alterthums durch eigene Anschauung kennen zu lernen und zu studiren. Nach seiner Rückkehr bildete er die Gruppe „Pan und Psyche“, welche bereits ein glänzendes Zeugniß für seinen Beruf ablegte und die höchste Anerkennung fand. Sein Werk wurde bei der Ausstellung in Paris mit der goldenen Medaille belohnt, desgleichen in Berlin, und später in Brüssel für das dortige Museum angekauft.

In der Zwischenzeit arbeitete er an mehreren Büsten für die Berliner Universität. Im Jahre 1860 vollendete er den „Faun mit seiner Familie“, eine geniale Conception, die durch ihre Kühnheit allgemeine Bewunderung erregte. In Folge seines steigenden Rufes wurde er 1861 nach Weimar als Professor an die dortige Akademie berufen. Hier beschäftigte er sich besonders mit Skizzen für verschiedene Concurrenzarbeiten, so mit dem Entwurf einer Statue des berühmten „Oecolampadius“ für Basel, des Arndt-Denkmals für Bonn und des Standbildes Friedrich Wilhelms III. in Köln. Für letztere Arbeit wurde ihm auch der erste Preis, eine Summe von 3000 Thalern, zu Theil. Ermuntert durch die ihm zu Theil gewordene Auszeichnung, concurrirte er ebenfalls bei dem Schillerdenkmal, für das er zwei Modelle angefertigt hat. Außerdem arbeitete er an einer großen Sandsteingruppe für die Berliner Börse, welche er im Frühjahr zu vollenden hofft. Gegenwärtig verweilt der hoch begabte Künstler in Rom, theils um von seinen großen Arbeiten auszuruhen, theils um neue schöpferische Eindrücke in sich aufzunehmen.

Wenden wir uns von den Künstlern ihren Werken zu, so zeigt uns die Skizze von Siemering ein sechseckiges Postament, auf dem die Statue Schiller’s steht, umgeben von den Musen der Geschichte, der Philosophie und Poesie. Der Dichter erscheint im [797] langen, nicht eben malerischen Rock mit kurzen Kniehosen und Schuhen. Seine Stellung ist fest, seine Haltung ruhig und würdevoll, die eine Hand liegt auf der Brust, während die andere leicht niederhängt. Das Gesicht drückt ernstes Nachdenken, geistige Größe und Erhabenheit, eine gewisse Verklärung aus. Siemering hat bei seiner Arbeit vorzugsweise an Goethes Nachruf für Schiller gedacht und in diesem Sinne mehr den ganzen idealen Menschen als den individuellen Charakter des Dichters aufgefaßt. Seine Arbeit trägt vorzugsweise der monumentalen Bestimmung Rechnung: sie zeichnet sich durch eine Empfindung

Siemering’s Modell zu einem Standbilde Schiller’s für Berlin.

und maßvolle Haltung, so wie liebevolle Hingebung an den Stoff aus, ohne jedoch zu begeistern oder hinzureißen. Derselbe Vorwurf trifft auch die allegorischen Figuren, welche das Postament umgeben, obgleich man auch ihnen ideale Schönheit und eine gewisse klassische Ruhe nicht absprechen kann, aber sie lassen uns kalt, wie Allegorien gewöhnlich thun. Auch trifft diese Bilder der Vorwurf, daß sie nicht in innigster Beziehung zu der Statue des Dichters stehen, nicht sein verkörpertes Denken, Dichten und Empfinden darstellen. Aber trotz der gerügten Mängel besitzt die Skizze von Siemering große Vorzüge, besonders eine Klarheit und Verständlichkeit, welche ihr bei dem großen Publicum eine gewisse Popularität und allgemeine Anerkennung erworben haben.

Ganz entgegengesetzt hat Begas seine Aufgabe zu lösen gesucht; sein Schiller ist vor Allen der Dichter des deutschen Volkes, weshalb er ihn auch dichtend dargestellt. Auf dem viereckigen Postament steht Schiller in kurzem Regenmantel nach der Mode jener Zeit, den einen Fuß zum Ausschreiten gehoben. Ein Lorbeerkranz schmückt das gottgeweihte Haupt, das in seliger Verzückung verklärt erscheint, erfüllt von hohen, göttlichen Gedanken, den himmlischen Offenbarungen der Muse lauschend. In seinen Händen hält er Griffel und Tafel, um die Eingebungen des Genius niederzuschreiben. Die ganze Erscheinung trägt den Stempel der Begeisterung, des höchsten Aufschwungs, der die Seele über alles Irdische erhebt. Jedermann wird und muß sogleich erkennen, daß hier das Bild eines Dichters und zwar des Sängers ewiger Jugend vor ihm steht. Ebenso charakteristisch und individuell sind die vier weiblichen Figuren am Fuße des Postaments; sie sind wirkliche Offenbarungen und Ausflüsse des Schiller’schen Genius. Mit schwärmerischen Blicken sieht die lyrische Poesie zum Himmel auf, die goldene Leier in den Händen, während die Muse des Trauerspiels, eine düster schöne Gestalt, in erbarmungsloser Hand den tragischen Dolch schwingt. Auf der entgegengesetzten Seite sitzt die Geschichte mit ernstem, jugendlich schönem Antlitz und verzeichnet die Thaten der Sterblichen, wogegen die Philosophie, eine strenge Matrone, mit untergeschlagenen Beinen und gestütztem Kopf über die Räthsel des Daseins brütet. Das lebt, athmet und giebt die innersten Gedanken des Dichters kund. Unwillkürlich fühlt man sich ergriffen, belebt und hingerissen von der Idee, die dem Entwurf von Begas zu Grunde liegt. Allerdings fehlt es der Skizze nicht an mehr oder minder hervortretenden Mängeln, die auch vielfach gerügt worden sind. Vor Allen fällt die theatralisch gewagte Haltung des Dichters auf, der beim Ausschreiten vom Postament zu fallen droht und einem Nachtwandler ähnlich sieht; ferner der eben nicht allzu kleidsame Regenmantel, der bei der Ausführung im Großen manch Bedenkliches haben dürfte. Aber alle diese Fehler werden reichlich durch die Genialität des Werkes aufgewogen und lassen sich durch den der einsichtsvollen Kritik durchaus nicht verschlossenen Künstler leicht beseitigen.

Während das große Publicum sich zum Theil für Siemering erklärt, haben die Sachverständigen sich mit überwiegender Mehrheit für Begas ausgesprochen. In diesem Sinne gab der wissenschaftliche Kunstverein in Berlin sein Urtheil ab, und eine Autorität wie Professor Lübke ließ sich folgendermaßen vernehmen: „Wenn wir Schiller vor das Berliner Schauspielhaus hinstellen, so wollen wir vor allen Dingen den Dichter sehen. Wir wollen eine Apotheose seines Genius, daß Jedermann gleich erkenne: hier wandelt ein der Muse Geweihter. Diesen Eindruck macht wirklich der Schiller von Begas. Es waltet ein feierlich gehobener Rhythmus in dieser schön empfundenen Gestalt.“ Nicht minder günstig lautet das Urtheil des Kunstkenners über die allegorischen Figuren am Fuße des Postaments. „Diese großartigen Figuren, die von einer innern Gewalt bewegt in kühner Lebensfülle am Postamente lagern, welche Pracht der Bewegungen, welche Schönheit der Linien, welche Tiefe der Charakteristik entfalten sie! Im erdvergessenen Entzücken blickt die lyrische Muse schwärmerisch empor und scheint den Tönen überirdischer Geister zu lauschen. Die ernste Gestalt der Tragödie schaut wie in banger Erwartung um sich, als ob sie etwas Ungeheures, Schicksalvolles ahne. Ganz verloren in tiefstes Gedankenbrüten, wie eine Sibylle, sitzt die Philosophie da, während die blühende, ewig jugendliche Muse der Geschichte sich mit allem Eifer in ihr Amt versenkt, die großen Thaten den kommenden Geschlechtern zu überliefern. Welch wunderbare Inspiration hat diese köstlichen Figuren geschaffen. Das sind nicht Allegorien, das sind wirklich lebendige Wesen von Fleisch und Blut, bei denen wir keinen Augenblick zu fragen brauchen, was sie bedeuten, denn sie sagen Jedem, der Augen hat, was sie sind.“

Max Ring.

[798]
Aus dem nordamerikanischen Bürgerkriege.
Von einem deutschen Freiwilligen.


3. Schuß um Schuß.

Eine Abtheilung meiner Compagnie „berequirirte“ wieder einmal die Farmer in der Umgegend von Fairfax. Diese Farmer waren der Unionssache nicht gewogen, der Armee noch weniger hold. Waren wir da, sahen wir ihnen Auge in Auge, so waren sie loyal. Wendeten wir den Rücken, so rissen sie sicher das beste Pferd aus dem Stalle und, die Büchse über die graue Jacke mit schwarzen Aufschlägen gehangen, galoppirten sie in’s feindliche Lager. Mancher von uns hatte schon beim nächsten Gefecht in dem Rifleman, der auf ihn anlegte, seinen Gastfreund vom nur vergangenen Tage zu erkennen geglaubt. Wenige Wochen, ja Tage nur später saß aber dieser Gegner ganz ruhig und unschuldig wieder auf seiner Farm, wenn diese wieder im Bereiche unserer Macht lag. Ihm war es natürlich nicht eingefallen gewesen, auf uns zu schießen, höchstens, wenn er nicht krank zu Bett gelegen, hatte er einen Geschäftsritt gemacht. Nicht alle Farmer aber waren so kriegerisch und schlagfertig. Die, welche es nicht waren – davon hatten wir sämmtlich die Ueberzeugung – thaten jedoch das Mögliche, dem Feinde durch Lieferungen aller Art, von Reit- und Zugthieren, Lebensmitteln und dergleichen, allermindestens und allermeist aber durch sichere Nachricht über unsere Stärke, Aufstellung, Pläne etc. Vorschub zu leisten und uns Abbruch zu thun. Dieses Spionirsystem war – wir konnten daran nach den Erfolgen nicht zweifeln – auf das Vollständigste organisirt. Der Nachbar ritt zum Nachbar, dieser zu dem weiteren – eine Frau, ein Kind, ein Neger, ja ein Hund stattete den Nachbarsfrauen, Kindern, Negern, Hunden „freundschaftliche Besuche“ ab, und doch dienten eben diese Besuche mündlichem oder schriftlichem Verrathe gegen uns.

Wir saßen im Spinnennetze, wir kannten die Spinnen – allein alle Schlauheit unsererseits war vergeblich, wir konnten keine dieser Spinnen beim Ziehen ihrer Fäden ertappen – sie waren auf steter Hut, sie waren eben schlauer als wir. Wir thaten nur, was wir konnten. Wir „berequirirten“ sie fleißig, fast unablässig, das heißt, wir forderten ihnen eine Quote ihrer landwirthschaftlichen Erzeugnisse jeglicher Art ab für die Union und in deren Namen, für unser dringendes, unabweisbares Bedürfniß. Natürlich erhielten sie dafür eine von dem Oberst oder Major oder den sonstigen Befehlshabern ausgestellte schriftliche Anweisung (Bon) auf Zahlung im Hauptquartiere zu Washington. Allein ihr Schuldbewußtsein – vielleicht auch andere Umstände, die wir schon bei der Aushändigung dieser Bons so gut kannten, wie sie – hielt sie meist davon ab, von diesen Anweisungen Gebrauch zu machen. Im Uebrigen verlautete ziemlich allgemein, daß, wenn Einer einmal doch in Washington den Versuch gemacht, derselbe an irgend einem Formfehler oder sonstigem Mangel des Bons gründlich gescheitert sei. – Soldaten sind eben keine Diplomaten – oder sind sie es dennoch?

Nicht alle Farmer huldigten aber der von mir gedachten politischen Richtung der Mehrzahl. Es gab auch Ausnahmen, und eine solche lernte ich kennen auf dem Eingangs erwähnten Requisitionszuge im October 1862.

Ich war von meinen Cameraden abgekommen, als der Abend schon hereinbrach. Mein Ruf erreichte sie nicht mehr. Bald umringte mich dichte Finsterniß. Ich wußte nur, daß ich etwa vier Meilen Weges bis zu meiner Lagerstelle zurückzulegen hatte, in welcher Richtung aber, das war mir völlig unklar. So lange ich noch Kraft hatte, marschirte ich dennoch auf gut Glück weiter. Das einzige Glück, das mir dabei zu Theil wurde, war eine neue wollene Decke, die ich heute Nachmittag requirirt hatte, denn es fing auch noch an zu regnen. Der Boden ward sehr schlüpfrig, er wich förmlich unter meinen immer wankender werdenden Schritten. Ich konnte nicht weiter. Ich blieb unter einem Baume, an dessen Stamm ich so derb angeprallt, daß der Rückstoß mich zu Boden geworfen, liegen. Ich nahm den Unfall für ein Omen, wickelte mich dichter in die Decke und machte mir’s bequem, etwa so, wie ein Hund es sich bequem macht, wenn er nach sechsmaligem Umdrehen und einigem Kratzen auf die harten Dielen sich knurrend auf ihnen weich bettet. Dieser Vergleich kam mir eben in den Sinn und erheiterte mich fast, als ich schnell auffuhr. War ich wirklich ein Hund geworden und hatte eben unwillkürlich nach meiner neuen Art, meine Empfindungen auszudrücken, mich geäußert? Oder träumte ich nur? Dem dumpfen Knurren, so dicht an meinem Ohre, daß es mir eben geschienen, als kämen die Töne aus meinem Innern, folgte, offenbar von einem Hunde, so lauter Anschlag, daß ich den heißen Athem der Bestie spürte und, mich um und um kugelnd, eiligst meine Ohren aus dem Bereich der Zähne des Inhabers dieser fürchterlichen Stimme zu bringen mich bestrebte. Dadurch hatte ich mich aus der Decke herausgerollt und erwartete nun, stehend und zum Schlag mit dem Büchsenkolben bereit, das Weitere. Abermaliges kurzes, dann anhaltendes Gebell, aber in größerer Entfernung als das erste, wie mir schien am nämlichen Platze, wo jenes erschollen war.

Schnell entschlossen rückte ich, die Büchse vor mich hinstreckend, gegen den Hund an. Ich hörte sein Anspringen und sein Abprallen. Er umkreiste mich nicht, sprang immer an einer Stelle und erreichte mich nicht. Es mußte ein Hinderniß zwischen uns sein. Mein Büchsenlauf stieß bald auf dasselbe; seine horizontale Wendung nach rechts und links rief das Geräusch hervor, das der Knabe so gern mit einem Stecken verursacht, wenn er an einem Lattenstaket vorbeigeht. Es war unzweifelhaft: ich stand an einer Fenz. „Die Fenz ist da – wem gehört die Farm? Einem Freunde? Das konnte ich hier kaum hoffen. Einem Feinde? Ja, Einem, dem konnte ich schon trotzen – aber wie, wenn (wie oft der Fall) eine nächtliche Versammlung in der Farm stattfand? Dann lieber zurück in die finstere Nacht, in den Regen!“ Diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, und schon bereute ich, das Dasein eines Menschen verrathen zu haben. – Horch, was war das? In noch nicht fünfhundert Schritt Entfernung Galoppschlag! Schlugen auch die Hufe nicht schallend auf den breiigen Boden, war das Geräusch deshalb auch bald verklungen, dennoch stand es klar vor mir: eine nächtliche Versammlung galoppirte dort hinweg. Ich zog mich langsam von der Fenz zurück. Der Hund schlug wüthender an.

„Halloh, Hiob, was giebt’s, mein Hund?“ Der Ruf schallte kräftig genug durch die Nacht zu mir. Ich verhielt mich ruhig. Der Hund aber – bellte nicht mehr, er schrie förmlich. „Halt, wer ist da?“ Es klang so entschlossen, so kriegerisch drohend, daß ich mein Schweigen zu bewahren für geratener hielt und meinen Rückzug still fortsetzte. „Halt, halt!“ scholl es feldgerecht, und ebenso feldgerecht krachte augenblicklich die Büchse des Anrufers. Ein Zipfel meiner lose umgehangenen Decke flog so ungestüm von mir weg, daß ich einen Ruck fühlte – die Kugel hatte sich in der nassen Wolle gefangen.

„Halloh, Farmer, gut Freund!“ beantwortete ich die Begrüßung in äußerst vernehmbarem Englisch – „müßt Ihr denn einem Verirrten gleich die Knochen entzwei schießen, wenn er sich in der Finsterniß so an einen Baum gerannt hat, daß ihm Hören und Sehen vergangen ist? Weg mit dem Schießprügel, guter Freund, oder Ihr sollt spüren, welchen Pfiff meine Büchse führt!“

„Verirrt und habt eine Büchse und steht an einer Fenz – Mann, warum schießt Ihr denn da nicht, damit der Lärm Euch Einlaß schafft?“

„Könnt Ihr, wenn Ihr es nicht wißt, in solcher Nacht unterscheiden, ob es ein Baum oder eine Fenz ist, an der Ihr Euch um die Besinnung gestoßen habt?“

„Der Hund macht doch aber einen solchen Lärm, daß Todte davon aufwachen müssen – warum antwortet Ihr nicht, Mann, und macht dadurch einen Christen möglicherweise zum Mörder, weil er denken muß, ein Achan strecke seine Hand aus nach dem Eigenthum seiner Kinder?“

„Ei, Farmer, fürchtet Ihr Euch denn so sehr, daß Ihr einen müden und hungrigen verirrten Fremdling in Regen und Finsterniß stehen laßt, während Ihr unter Dach und Fach Betrachtungen anstellt?“

„Dank, daß Du mich an meine christliche Pflicht erinnerst! Joe Zedekiah Salomom hat noch keinen Müden und Hungrigen von seiner Schwelle gewiesen, er wird auch Dich pflegen. Greif Dich nur links an der Fenz hin, ich komme gleich zu Dir – ruhig, Hiob, und her zu mir!“

Bald begegnete der Sprecher mir, und seine Hand leitete mich [799] sicher in ein behaglich durchwärmtes Wohngemach. Augenblicklich stand Speise und Trank in Fülle vor mir, und ich griff wacker zu. Als Hunger und Durst gestillt, kamen mir Gedanken verschiedener Art. Ich sprach sie auch aus, verblümt und unverblümt, gegen den Gastfreund, welcher ab und zu ging. Als der Farmer mich draußen unterm Arme führte, überragte seine Schulter die meinige um ein gut Stück, und ich habe eine ansehnliche Länge. Hier innen war er weit kleiner, als ich. „Der Boden senkt sich, Freund, und ich ging auf der Steigung, Du auf der Senkung.“ – Seine Stimme klang so voll, so mächtig durch die Nacht. Hier innen war sie leise, aus schwacher Brust, näselnd, übereinstimmend mit seiner gebückten Haltung, seiner Kleidung, seinen ruhigen, gelassenen Gebehrden. Er war offenbar ein Quäker. „Beim Anruf erhebt die Creatur ihre Stimme, und es giebt hier einen starken Wiederhall. Aber nicht ich erhob meine Stimme gegen Dich, so wenig, als das Gewehr. Das Gesetz des guten William Penn verbietet mir und meinen Brüdern die Waffen. Beides that mein treuer Elias, mein Diener zwar und schwarz von Farbe, aber nicht mein Sclave, mein Bruder in Christo, den der Herr erleuchtet hat in seiner Gnade, der aber doch heißes Blut hat, und ein Jäger ist mehr, als unser Gesetz es gut heißt.“

Die Luft des Zimmers war von Tabaksrauch nicht nur geschwängert, sie war durchqualmt. „Dein Bruder hat in Gottes Wort gelesen und seine Seele gestählt, daß er den Rebellen nicht fluche, die den Unsegen über die Union bringen und den Gottesfürchtigen ein Gräuel sind – er hat eine Schwäche, die zu bekämpfen er zu alt ist und der er sich hingiebt, weil sie dem Nächsten nicht schadet und ihm heilsam ist: Dein Freund raucht gern und, wenn sein Geist sich in das Evangelium versenkt, stärker, als er weiß.“

„Ihr seid also Unionist?“

„Wie kann ein Anhänger des guten William Freude haben an Zwietracht und Zerreißung des Zusammengehörigen? Ich darf selbst nicht daran denken, die Canaaniter und Amalekiter zu bekämpfen, allein meine Wünsche und mein Gebet folgen den Waffen, die sich gegen sie erhoben haben. Auch Dir, Freund, werden sie folgen, und vorzugsweise, denn an deinem Kriegskleide erkenne ich, daß Du zu den freiwilligen Schaaren gehörst, die das wackere Deutschland uns gesendet zu desto baldigerer Besiegung des heidnischen Gräuels der Sclaverei. Habe Dank, fremder Freund, für Dein Opfer auf dem Altare der Brüderlichkeit, der Vater im Himmel segne dich tausendfältig!“

Rasch ward die Thüre des Gemachs aufgerissen, und herein stürzte ein riesiger Neger mit dem Ausdrucke des Schreckens in Gesicht und Worten: „O Massa, die Rinder fort, Alle fort, nicht eins mehr da! muß ein Schreck gefahren in sie sein, haben die Fenz durchbrochen – Massa, o Je, was thun nun?“

„Zuerst bitte hier meinen Gast um Verzeihung, daß Dein sündlicher Zorn das Mordgewehr auf ihn losgedrückt!“ der Neger starrte mich an. „Ja, ja, Elias, thue es und lege dein heidnisches Wesen immer mehr ab zu Zebaoth’s Ehre.“ Elias ergriff zerknirscht meine Hand, legte sie auf sein gebeugtes schuldiges Wollhaupt und drückte sie auf seine Lippen, wie die Factur auf einen Ballen Baumwolle. „Und nun, Elias,“ fuhr mein Gastfreund gemächlich fort. „hänge deine langen Beine über den Grauschimmel und reite eiligst zu Nachbar Jonas und bitte ihn, daß er mit Tagesanbruch seine Leute aussende nach Aufgang, ich will mich mit den Unsrigen nach Niedergang aufmachen, auf daß wir eintreiben und fangen das entflohene unvernünftige Vieh.“

Mit freundlichem Grinsen hob sich der Schatten des Fürsten der Finsterniß von dannen. Ich aber schämte mich im Stillen und bat heimlich dem ehrenwerthen Quäker ab, daß ich in meiner Befangenheit das Geräusch der davoneilenden Rinderheerde für den Galoppschlag einer davonsprengenden feindlichen Versammlung gehalten. – Es war Alles klar, zu größerer Klarheit noch führte das weitere Gespräch zwischen uns – ja, Joe Zedekiah Salomon war den Conföderalen ein so grimmiger Feind, als es seine ruhige Natur und sein Glaubensbekenntniß nur immer gestatteten. Ich schlief unter seinem Dache ruhig, wie das Kind am Mutterbusen.

Die Sonne schien hell, als der Farmer mich weckte. „Wolltet Ihr nicht mit Tagesanbruch aufbrechen, nach den Rindern zu sehen?“ fragte ich ihn.

„Sieh dorthin, Freund, das Vieh ist doch nicht so unvernünftig, als wir denken; es hat bald eingesehen, was gut und böse für es ist, Eins nach dem Anderen ist von selbst zurückgekehrt unter das schützende Obdach und zu seiner – Pflicht. Ich aber habe auch noch eine Pflicht zu erfüllen: dich Verirrten zu deinen reisigen Brüdern zu geleiten.“

Wir sattelten im Stalle. Ein hochbeiniger Rothschimmel neben dem für mich bestimmten Falben knusperte eifrig an dem überreich aufgesteckten Heu. Doch was war das? das war nicht Heu, an dem der Gaul zog! – Rasch schoß mir wieder der Argwohn in den Kopf. Der Rothschimmel zog sofort nicht allein, ich zog mit am – schwarzen Aufschlag auf grauem Aermel. Mein kräftiger Ruck riß mit einem Male die feindliche Uniform aus ihrem Versteck. „Halloh, würdiger Gastfreund, wie kommt Ihr dazu?“ rief ich, triumphirend über das Beweisstück.

Freundlich lächelnd machte er eine abwehrende Gebehrde und sprach ruhig: „Du denkst übel von mir, junger Freund! Du wirst es nicht mehr thun, wenn ich dir sage: ein Gastfreund aus dem Süden, den die Rebellen gezwungen, ihr Kriegskleid anzulegen, entriß sich ihren gottlosen Reihen bei Nacht und eilte zu mir und dann weiter nach Norden zu theuren Verwandten. Er hinterließ wahrscheinlich das verhaßte und nun ihm gefährliche Gewand. Er ritt in meinen Kleidern von dannen, und ich, der Mann des Friedens, habe mich nicht gekümmert um diesen Harnisch des Abfalls. Aber unbesonnen hat er gehandelt und thöricht, denn wenn Andere deiner Gefährten es gefunden, möchten sie böser von mir gedacht haben, als Du, und mir nicht so glauben, wie ich sehe, daß Du es thust.“

Er hatte Recht. Ich glaubte ihm. Und warum nicht? Keine Spur an ihm von Ueberraschung, Verlegenheit, Schuldbewußtsein. So sehr ein Heuchler war er sicherlich nicht, daß er eine Scheinrolle so gut gespielt hätte. Er begleitete mich bis an unsere Lagerstätte und ergötzte dort die lustigen Cameraden gar baß durch sein gesetztes, friedfertiges Wesen, nicht zu seinem Vortheil gerade. Eins indeß flößte ihnen, wie schon mir unterwegs, Respect vor ihm ein: der Mann des Friedens zeigte sich als ein so sicherer, wie wagehalsiger, als unübertrefflicher Reiter.

Acht Tage später lagerte die erste Brigade unserer Division – vier Regimenter Infanterie, zwei Schwadronen Reiterei und vier Geschütze, commandirt vom Brigadegeneral Stahel – etwa zwanzig Minuten von dem Orte meines nächtlichen Abenteuers, in Centreville hinter den Verschanzungen, welche im vorigen Jahre die Südländer errichtet hatten. Unsere Vorpostenkette stand zwei Meilen vor dem Lager. Mein Regiment hatte sie zu stellen, mich mit. Das Piquet, zu dem ich gehörte, zwölf Mann, zwei Corporale, ein Sergeant, war das äußerste auf dem rechten Flügel. Wir bivouakirten auf dem Hofe einer Farm. Ihre Bewohner, der schon bejahrte Eigenthümer, seine Frau, ein junger Verwandter und drei Neger, standen im Geruche der Spionage. Wir hatten die Ordre, diese zu verhindern und Niemanden aus der Farm hinaus, Niemanden herein zu lassen. Das Piquet stellte daher einen Posten an den Eingang der Farm und einen Doppelposten etwa tausend Schritt östlich von ihr an den zu ihr führenden Weg. Dieser verlief zwischen Weizenfeld auf der einen und Wiesengrund auf der andern Seite, an welchen sich nach etwa tausend Schritten dichte Waldung anschloß. Feld und Wiese waren nach dem Wege zu eingefriedigt.

Diesen Doppelposten bezog ich und mein Freund und Camerad Robert Abends um neun Uhr. Es war sternenhell. Kein Lüftchen regte sich, in der ersten Stunde auch sonst nichts, was unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Von der Heimath flüsternd, hatten wir sie auf- und abgehend verbracht. Jetzt schwiegen wir. Ich stand auf der Straße. Sechs Schritte von mir lehnte mein Freund an einer Säule der Einfahrt in die Wiese. „Es kommt Jemand,“ rief er mir leise zu.

Mein erster Blick flog den Weg hinauf, er war rein. Mein zweiter traf die Wiese. Dicht an die Einfriedigung sich haltend, bewegte sich auf ihr ein dunkler Gegenstand langsam nach unserm Standpunkte her. Er kam auf hundert Schritt an uns heran. „Halt, wer ist da?“ riefen wir an. Die Gestalt kam noch immer langsam näher. „Halt, halt!“ – Der Schuß meines Freundes krachte durch die Nacht; unmittelbar darauf sprach auch meine Büchse. Ein Mann erhob sich jetzt zu voller Länge und lief schnellen Schrittes nach dem Walde zu.

Rasch war mein Gewehr wieder geladen. „Bleib auf Posten, Robert!“ und über die Fenz hinweg setzte ich dem Flüchtling nach. Die Jagd war wild, nicht lang. Noch zehn Schritt, und der [800] Schatten der Bäume nahm ihn auf. Es war keine Zeit zu verlieren. Ich stand, zielte, schoß – die Gestalt war verschwunden. Vom Piquet her rannte die Patrouille. Alle Nachsuchungen waren vergebens. Wir hatten drei Mal den Mann gefehlt. Das ward uns oft und deutlich gesagt. Ich glaube es – fast. Dennoch bin ich meines Schusses ziemlich sicher.

Beim Morgengrauen suchte ich daher mit dem diensthabenden Feldofftcier die Gegend nochmals genauer ab. Da, im hohen Grase, hart am Waldrande, entdeckte ich blutige Spuren, erst einzelne Tropfen, bald reichlicher, endlich eine blutige Bahn. Dreißig Schritte davon im Dickicht lag, mit dem Gesicht gegen die Erde lang hingestreckt, ein Mann in virginischer Farmerkleidung in einer Blutlache. Meine Kugel hatte ihm die rechte Seite durchbohrt. Wir wendeten ihn um. Ich fuhr zurück. Es war – Joe Zedekiah Salomon. Wir trugen ihn auf die Wiese hinaus. – Ein Neger mit zwei Pferden am Zügel, von einem Corporal geleitet, schritt von der Straße her eilig an die Gruppe heran, die den Spion umstand. Er blickte ernst und lange in das bleiche, ruhige Gesicht. „O Massa, er todt – Ihr ihm seinen Schuß damals zurückgegeben – bessern, als Er! He! Rinder nun nicht mehr entlaufen auf Pferdehufen, und Elias nicht mehr zu reiten brauchen zu Nachbar Jonas – arm Herr nicht Stimme anders machen nöthig und Dütschman auch nichts vormachen mehr von schwarzgrauer Jacke seiner! Eh! doch angeführt damals, auch von Elias – –!“ Und der arme Kerl lachte zwischen die Thränen hindurch, die seine schwarzen Backen überrieselten. Die Freude über den Streich, den sein Herr und er mir damals gespielt, tröstete ihn über die Gegenwart. Wir überließen ihm den Körper seines Herrn. Ihn vor sich über dem Sattel, verschwand er langsam am Horizonte. Die Karten und Notizen über unsere Aufstellung und Stärke, die wir in Salomon’s Kleidung aufgefunden, nahm er nicht mit fort.

Ich kehrte ernst in unser Bivouac zurück, auf den Hof des Nachbars Jonas. Dieser leistete – gute Miene zu bösem Spiel! – bald den Eid der Treue und zog nach Washington.





Schleswig-Holstein

Zur Nachahmung. So eben geht uns das folgende Schreiben zu:

Leipzig, den 2. December 1863.

Die gegenwärtige Lage Schleswig-Holsteins fordert mit mahnender Stimme die thatkräftige Unterstützung unserer dortigen deutschen Brüder; – in diesem Sinne erlaubt sich die unterzeichnete Kegelgesellschaft den ursprünglich behufs einer Weihnachtsfeier gesammelten Betrag von

44 Thlr. 24 Ngr. 4 Pf.

in Ihre Hände zu legen und vertrauensvoll die Bitte an Sie zu richten:

Sie wollen in Ihrem geschätzten Blatte zu Beiträgen für Schleswig-Holstein auffordern und für entsprechende Verwendung der eingehenden Gelder nach Ihrem besten Ermessen Sorge tragen!

Es bedarf gewiß nur dieses Anstoßes, um auch andere Kegel- und sonstige Gesellschaften, Vereine, Kränzchen etc. zu veranlassen, ein Gleiches zu thun und auf diese Weise der heiligen deutschen Sache zu dienen.

Es empfiehlt sich Ihnen
die Kegelgesellschaft „Freundschaft.“


Wir begrüßen diese Zuschrift als einen herzerwärmenden und frisch-ermuthigenden Lichtblick in dieser oft so schattentrüben, wolkenschweren Zeit und ergreifen sie freudig als eine Veranlassung zu der dringenden Bitte an alle deutschen Vereine und Kränzchen, welcher Art sie seien, ob sie durch Gesang die Herzen erheben, oder zu ernstem Streben oder harmlosem Spiele deutsche Männer und Frauen vereinigen, dem Beispiele dieser „Leipziger Kegelgesellschaft“ zu folgen. Wo Cassenvorräthe sind, deren Zweck dem unseres großen vaterländischen Strebens untergeordnet werden kann, – opfert sie der großen Sache! Wo keine Cassen bestehen, bildet sie zu solchem Opfer! Keine Liedertafel, kein Liebhabertheater trete jetzt für etwas Anderes, als für Schleswig-Holstein öffentlich auf! Wahrlich, wenn der Deutsche in allen seinen Herzensregungen, wie mit seinem Schmerz, so auch mit seiner Freude dem jetzt einzig berechtigten Ziele dient, da muß auch der Erfolg den Opfern entsprechen, da müssen die Sieges- und Ehrenkränze von 1813 auch den Kampf der Gegenwart krönen!

Die Redaction dieses Blattes wird sehr gern die Beiträge annehmen. Man unterscheide aber freundlichst in den Zuschriften, ob die Gabe für die „Vertriebenen“ bestimmt ist, oder ob sie „für den Kampf“ verwendet werden soll.



  1. Dann nimm aber diese Flinte mit, mein Junge, die schießt am besten.
  2. Komm nur schnell her, mein lieber Sohn.
  3. Herr Jesus, halt ein!
  4. Wir wollen zusammen Gott danken, mein Junge, denn ich hätte das nicht erleben können, daß Du ertränkest.
  5. Darfst.
  6. Um sechs Uhr warte ich morgen früh hier auf Dich.
  7. Vergiß mich und uns nur nicht zu bald, mein Sohn.
  8. Vor dem schleswig’schen Obergericht.