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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum: 1857
Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: commons
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No. 32. 1857.
Die Gartenlaube.
Illustrirtes Familienblatt. – Verantwortl. Redacteure F. Stolle u. A. Diezmann.

Wöchentlich 11/2 bis 2 Bogen.   Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 15 Ngr. zu beziehen.


Einig!



Was preßt sich mir in’s Aug’ die Thrän’,
Was will mein Herz in Wehmuth schlagen?
O deutsches Reich, so herrlich und schön,
Dein denk’ ich aus alten vergangenen Tagen!
      Das war ein Volk, das war ein Land!
      Das war Ein Herz und Eine Hand –
So einig! So einig!

Das Banner glänzte hoch und hehr,
Wie Sonnenstrahl ob alle Lande –
An Siegen reich durchzog’s das Meer,
Vor ihm entflohen Schmach und Schande.
      Und was es so groß, so herrlich gemacht,
      Es war, daß damals das Volk gedacht
So einig! So einig!

Du deutsches Volk, Du deutsches Land,
Wie ist das nun so anders worden –
Kein Banner mehr in kräft’ger Hand
Und keins an eines Schiffes Borden!
      O war’ meine Stimme wie Donner so stark,
      Ich rief’s Dir erschütternd durch Bein und Mark:
Sei einig! Sei einig!

Sei’s Fürst und seien’s die Bürger all’,
Sie haben nur ein Werk zu wollen –
Das Land und die Einheit vor dem Fall
Im Glanze sie erheben sollen!
      Der Bauer am Pflug, der Fürst auf dem Thron,
      Ein Jeder bewähr’ sich als Landes Sohn;
Seid einig! Seid einig!

Ist’s besser denn, wenn ästezerstückt
Die Eiche in dem Haine lieget,
Als wenn sie sich, voll Kraft geschmückt,
Ein herrlicher Stamm im Sturme wieget?
      Nur Einheit, Kraft und Ehrlichdenken
      Und alle Schwerter müssen sich senken –
Seid einig! Seid einig!

Seid einig bis zum letzten Hauch –
Wer kann dann Deutschland widerstehen?
Und müßten wir denn sinken auch,
So soll der letzte Mann vergehen!
      Zusammen Ein Herz, Ein Sinn und Eine Hand –
      Und donnernd dröhnt’s durch Meer und Land:
Deutschland ist einig! Deutschland ist einig!

August Silberstein.


In guter und in böser Zeit.
Dorfgeschichte aus Franken von H. Nordheim.


Der Sonnabend Nachmittag in der Stadt und auf dem Lande hat immer ein anderes Ansehen, wie der von den anderen Wochentagen. Er ist gleichsam der Quartiermacher für den Sonntag. Wo fände der Sonntag seine Ruh’, wenn der Sonnabend nicht räumte, sorgte, ihm bettete?

In der Stadt ist das sonnabendliche Schaffen mehr im Innern der Wohnungen bemerklich. Der äußere Verkehr ist großartiger, da verliert sich die Verschiedenheit an diesem Tage mehr. Allein auf dem Dorfe erkennt man sie sogleich, sei es an den höher, aufgestriffelten Hemdärmeln der Frauen, an dem raschen Verkehr [434] am Brunnen, wie an den lauter und freier klingenden Stimmen der Kinder, die mehr Freiheit haben, während die Erwachsenen arbeiten, oder sei es an der früheren Heimkehr der Geschirre, und tausend andern Dingen.

In Heubach hätte man den Sonnabend im Sommer auch daran erkennen können, daß der alte blinde Veit Valt von vier Uhr an allein auf der Bank vor seiner Thüre saß. An den andern Tagen mochte er stehen oder gehen, wo er wollte, so war „seine Alte“ bei ihm. Aber am Sonnabend mußte sie die Aermel auch aufstriffeln und, wie der Veit Valt sagte, „dem Sonnabends Haye-Ho den Garaus machen helfen.“

Es war im Juni und ein heißer Tag gewesen, es hatte halb sechs geschlagen, und der Sonnabends Haye-Ho war am allertollsten, denn um sechs Uhr wollte ein Jedes fertig sein, und da galt es Eile. Es war aber auch in dem Augenblick ein Spectakel, daß man kaum sein eigenes Wort verstand. Von der einen Seite trieb der Hirt die Heerde heim, von der andern kamen die Gänse und Schweine gerade auch zusammen zum Dorf herein. Die Leute, die ihr Vieh erwarteten, die Thiere, die alle durcheinander liefen und nicht weniger schrien, als die Menschen, die Mädchen am Brunnen, denen ein Schwein in die Queere lief und die mit der vollen Butte nicht hurtig genug dem Vieh ausweichen konnten, Alles schrie und lärmte durcheinander.

Der alte Veit Valt war aber stockblind, und je größer der Lärm um ihn her wurde, je stiller saß er auf seiner Bank. Er nahm wohl seinen Stock, der neben ihm lag, und stützte sich, vorn über gebeugt, darauf, aber er saß still da und sah aus, als spräche er in sich hinein: „Lärmt Ihr nur zu, was kümmert’s mich.“ Es kümmerte ihn auch nicht.

Der Veit Valt war nun vierundsechzig Jahre alt und seit seinem sechsundzwanzigsten Geburtstage ein stockblinder Mann. Gerade an demselben Tage hatte er sich vor sechsunddreißig Jahren mit seiner Alten, damals war sie aber eine Junge, und noch dazu eine recht Schöne, verlobt. Weil ihn unser Herrgott aber mit dem schweren Schicksal heimgesucht hatte, daß er von aller Pracht, mit der er seine Erde geschmückt, nichts mehr sehen sollte, so kehrte der Veit seine Augen nach innen hinein. Da prüfte und wägte er seine Gedanken, zog seine Erinnerungen mit hinzu und sein Ohr nahm jedes Wort von außen, das nicht ein unnützes war, auch mit hinein. Da stellte er sich dann in seinen Gedanken Bilder zusammen, die oft so hell aus dem Leben kamen, als hätte er sie mit den schärfsten Augen selbst gesehen. Er hörte um so feiner; darum hatte er auch bald weg, was der Lärm um ihn her bedeutete, und darum dachte er bei sich: „Lärmt nur zu.“ Er wußte, nach Regen kommt Sonnenschein, nach dem Sonnabend kommt der Sonntag, und der Höllenlärm um ihn her mußte doch auch ein Ende nehmen.

Um sechs Uhr war er richtig vorbei; die Glocken läuteten das Abendgebet. Es waren nicht mehr viele Leute auf der Gasse und die da wären, standen still und falteten die Hände. Die im Haus, fast ohne Ausnahme, thaten’s alle. Der Veit war aufgestanden; er hatte seine Kappe zwischen die Hände genommen; neben ihm stand seine Alte. Sie hatte die Hände auch zusammengelegt und sprach leis’ einen Spruch. Das dauerte nicht länger als fünf Minuten, hernach wurde es wieder lebendig von Stimmen, es zog wieder Leben ein, aber Lärm nicht mehr. Die Arbeit war gethan, der Sonntag hätte kommen dürfen, seine Ruhe war schon vor ihm eingekehrt.

Der Valt setzte sich mit seinem Weibe noch einmal nieder; sie wollten auch noch zusammen schwätzen und den Martin, ihren Sohn, erwarten. Sie hatten weiter kein Kind, denn ihren Aeltesten, den Hannes, hatten Sie vor vier Jahren an einer Hirnentzündung[WS 1] hergeben müssen. Die Leute sagten, der Doctor, der ihn behandelte, hätte gemeint, es wäre ein Glück, daß er gestorben sei, denn er wäre sonst auch wie sein Vater blind geworden. Das wußten aber die Eltern nicht. Der Martin war nun ihr Ein und Alles. Er glich dem Vater, wie aus dem Gesicht geschnitten, hatte auch ganz seine Statur, groß und breitschulterig; sie hatten auch Beide so eine vorstehende Stirne und schwarze Haare und Augen; der Martin war der schönste und bravste Bursche in Heubach, gerade wie sein Vater es auch gewesen war; seine Mutter sagte oft, es gemahnte sie immer, wenn sie ihren Sohn sähe, es müßte der Vater sein.

Die Alten saßen länger wie sonst vor der Thüre und sie wunderten sich, daß der Martin so lang ausblieb. Er war nach einem anderen Dorfe gegangen, und wollte sich eine Kuh besehen. Endlich kam er an; er war stark gegangen und hatte heiß. Alle Drei gingen nun in’s Haus, setzten sich zusammen an den Tisch, und der Martin fing gerade an zu erzählen, als der Herr Pfarrer hereintrat.

Wenn es auch am Sonnabend nicht gebräuchlich ist, daß ein Pfarrer Abends ausgeht, weil er da wohl immer noch an seiner Predigt studirt, der Heubacher Pfarrer kam doch. Er war gar ein rascher Mann und meinte, das wäre nicht gut, wenn er seine Predigt erst am Sonnabend machen wollte. Er kam, wenn nichts Besonderes vorfiel, fast alle Abend zu Valt’s; er war nicht mehr jung, hoch in den Fünfzigen und nicht verehelicht. Noch als Candidat starb ihm seine Braut, und er blieb darum allein. Den alten blinden Valt hatte er gern; er brachte ihm Bücher, die die Frau und der Martin ihm vorlasen, und theilte ihm mit, was er selbst erfuhr oder auch las. Dafür erzählte der Alte ihm auch viel und mancherlei. Es war eigentlich sein Hauptumgang, wenngleich die ganze Gemeinde und jeder Einzelne gut mit ihm stand und ihn hoch hielt.

Die drei Männer setzten sich auf die Bank um den Tisch her. Die Mutter, sie hieß Anne, holte Messer, das Brod und das Salzfaß aus dem Tischkasten, dann stellte sie Käs und eine Lippe mit Bier hin. Dem „Vater“ stellte sie Alles handgerecht, weil er nicht sah. Dann setzte sie sich auch dazu. Der Herr Pfarrer nahm nichts an, das wußte sie schon, es wurde ihm also auch nichts angeboten. Seine Cigarre rauchte er bei sich wegen der Augen vom Valt, aber er erzählte mancherlei, derweil die Andern tüchtig zulangten. Nach einer Weile sagte er zum Martin und blinzelte ihm zu, er solle reden:

„Nun, Martin, habt Ihr heute nichts Neues in Waldek gehört?“

„O ja, Herr Pfarr, ich hab’ Mancherlei gehört; zuerst, daß der Wehner verunglückt ist.“

Der alte Valt fuhr in die Höhe und richtete seine beiden blinden Augen wie erschreckt auf den Sohn.

„Verunglückt! Wie ist’s zugegangen?“

„Er hat sich mit seinem Weibe überworfen, die Leute sagen, sie hätten sich geprügelt, es wäre fast alle Tage nicht anders gewesen, und da hab’ er sich endlich am Steinbruch an einen Baum aufgehängt.“

Es sprach eine ganze Weile keins ein Wort; der Alte, das sah man, war tief erschüttert; es legte sich ihm selbst ein rother Ring um die Augen her, die feucht waren. Nach ein paar Minuten reichte er die rechte Hand der Anne hin, die neben ihm saß, und sagte:

„Davor hat mich unser Herr Gott bewahrt.“

Der Pfarrer sagte:

„Gegen so ein Unglück ist’s noch leichter zu tragen, wenn man blind ist, freilich muß man so ein paar Augen bei der Hand haben[WS 2], wie der Anne ihre.“

Es wurde noch viel hin und her gesprochen, der Alte war wieder, wie er’s nannte, „fidel und vergnügt“ und der Pfarrer sprach zu ihm: „Ich habe Euch schon lang einmal bitten wollen, Ihr solltet mir erzählen, wodurch die Wehnerin denn so weit gekommen, wie sie jetzt ist, und wie Ihr eigentlich mit ihr gestanden habt, ich wußte aber immer nicht, ob Ihr es gern thätet.“

Der Alte sagte: „Ich habe immer nicht gern davon gesprochen, aber heute, wo es wieder einmal so recht hell geworden ist, an was für einem Abgrund ich gestanden bin, da ist mirs recht; da will ich Euch den Hergang erzählen. Meine Alte kennt ihn schon, aber sie darf’s mit anhören und thut’s auch gern, denn sie ist schuld dran, daß ich bei Zeiten umgewend’t bin.

„Die Wehnerin ist von hier bürtig und ihr Vater war wohlhabend, nicht reich, die Ricke war aber sein einzig Kind, und sie hätten es zu was Rechtem bringen können, denn die Frau war brav und fleißig. Dem Wehner lag’s aber ordentlich im Blut, er konnte nicht vom Kartenspiel lassen, und wenn in der Stadt eine Lotterie gezogen wurde, war’s auch, wie wenn es hinter ihm brennte, er mußte dazu. Jedermann warnte ihn, denn es verlautete, er spielte auch mit, wenn zum Vogelschießen in der Stadt Bank gehalten wurde. Er hat auch richtig ein paar Mal ordentlich gewonnen, das war sein Unglück. Wenn aber einer immerfort spielt, so müßte es gar nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn es nicht [435] zwischendurch ein paar Mal glücken sollte. Er redete mit keinem Menschen mehr davon, denn ein Jedes rieth ihm ab, d. h. jeder Ordentliche, aber er spielte, wo sich nur eine Gelegenheit dazu bot.

„Die Ricke war ein prächtiges Mädchen; ich habe mein Lebtag nicht wieder so ein paar Augen gesehen; ihr Gesicht war wie lauter Milch und Blut und gesund war sie wie ein Fisch im Wasser. Unsere Väter waren Schulcameraden gewesen und wollten, wir Zwei sollten ein Paar werden. Wir Zwei hätten nichts dagegen gehabt, wenn die Eltern es auch nicht gewollt hätten, denn wir Zwei hatten uns schon gern, wie sie fünfzehn und ich achtzehn Jahre alt war; nicht nur gern, wir gehörten einander, wie man so spricht, mit Leib und Seele an, und es hätte mir Einer geben können, was er wollte, ich hätte nicht von ihr gelassen.

„Sie war zwanzig Jahre alt geworden und es sollte bald mit uns vor sich gehen. Ich konnte es schier nicht erwarten, bis ich sie nur hätte. In der Stadt war Vogelschießen, und der Vater von der Ricke ging am Sonntag mit ihr hin. Ich hatte auch mit gewollt, aber mein Vater litt’s nicht. Er sagte, der Wehner wäre im Stand, und verleitete mich auch zum Spielen. Ich brummte wohl was darüber, aber wir hatten gewaltigen Respect vor unserem Alten, und so blieb ich daheim. Die Andern kamen spät wieder, und ich sah die Ricke am Abend nicht mehr. Früh am Morgen erzählte mir der Knecht, ob ich denn gehört, was für ein Glück die Ricke gehabt hätte; sie habe ja in der Lottobude auf alle ihre Nummern gewonnen, und in der Stadt einen Tragkorb borgen müssen, um alle die Sachen, meist Tassen und Gläser, aber auch ein paar Dutzend Teller, ein Gedeck Bildzeug und ein Bügeleisen, heim zu tragen. Sie wäre aber auch wie toll vor Freude und sie ließe sich nicht abhalten, sie wollte gleich heute wieder in die Stadt und drin bleiben, so lang das Vogelschießen dauerte.

„Mir hätt’s schon recht sein können, daß die Ricke so viel Glück gehabt hatte, aber daß sie wieder in die Stadt wollte, versalzte mir gleich den Spaß. Ich ging zu ihr, und wie ich in die Stube trat, wunderte ich mich, denn der ganze Tisch und die Bank lagen voll gewonnener Sachen. Die Ricke hatte einen Kopf wie eine Kohle und lachte und jauchzte nur in einem fort. Der Vater hatte seinen Jux daran, die Mutter saß am Spinnrad und sagte nichts, aber sie sah mich an, als müßte ich ihr Rath bringen. Die Ricke gefiel mir nicht und ich sagte, sie solle lieber nicht wieder auf’s Vogelschießen gehen, aber da kam ich gut an:

„Ob ich mir auch schon von den Neidhämmeln was hätte vorschwatzen lassen? Das Gerede käme vom puren Neid“, und so fort.

„Ich hatte noch nichts vom Gerede gehört, und ging meiner Wege, aber wo ich mich nur sehen ließ, trugen mir’s die Leute zu, die Ricke habe sich übel aufgeführt und hätte in der Bude und hernach im Weinhaus geschrieen und gelärmt, daß die Stadtleute sich schier zu Tode über sie gelacht, die Heubacher sich aber schier zu Tode geschämt hätten.

„Ich ging herum, wie wenn ich selber was Unrechtes gethan hätte; die Ricke aber wurde um so toller, je mehr sie merkte, daß viele Leute dagegen waren. Von mir verdroß sie’s am meisten und mir war’s, als ging mir ein Pfahl immer tiefer in’s Fleisch. Es half auch kein Abreden, sie ging am Nachmittag mit ihrem Vater und ihrem Vetter, dem Wehner, der sich nun erhängt hat, wieder in die Stadt. Es fehlte auch so nicht an Begleitung, denn es war damals keine gute Zucht in unserem Dorf, und Viele gingen nur nicht mit, weil sie gehört hatten, daß die Stadtleute sich so über die Spielwuth und die Frechheit von den Heubachern aufgehalten hatten.

„Damals waren die Heubacher, es gab nicht viel Ausnahmen, überhaupt verschrieen; sie verdienten’s aber auch, und wenn ich dran denke, wie’s jetzt steht, und daß kein Dorf weit und breit ist, was so viel Achtung hat, wie Heubach, so kann ich unserem Herr Gott, der uns Sie, Herr Pfarr, und Ihren Vorgänger geschickt hat, nicht genug danken.“

„Es stand freilich noch immer nicht gar zu gut, wie ich hierher kam,“ sagte der Pfarrer Butzer, „aber mein Vorgänger, der Feldmann, hatte mir in den fünfundzwanzig Jahren, wo er hier war, doch schon vorgearbeitet, denn das war ein tüchtiger Mann.“

„Ja, das muß wahr sein,“ sagte die Valtin, „der sich auch schon einen Gotteslohn verdient, und wenn wir Sie nicht dafür bekommen hätten, so wär’s ein Unglück gewesen, daß er versetzt wurde. Er war freilich „ein bißle“ barsch.“

„Ja, das war er,“ sagte der Valt und lachte, daß ihm der Leib schüttelte, „barsch war er und ich glaube, wenn sich jetzt einer herausnehmen wollte, was der that, so nähm’s kein gutes Ende. Aber damals ging Noth an Mann und die Regierung that nicht nur ein Auge zu, sie hielt die zehn Finger vor alle zwei; und das war gut, denn so aufsässig von Anfang an die Meisten ihm waren, so gern hatten sie ihn Alle mit einander, wie er fortging.“

„Das glaub’ ich,“ fiel der Pfarrer ein, „im Anfang hatte ich ja meine liebe Noth. Wo ich was that oder angab, da hieß es: „der Feldmann hat es anders gemacht.“ Ich kann’s noch nicht vergessen, ich mochte ungefähr ein Jahr hier sein, da kam der Feldmann unverhofft einmal zu Besuch. Er kam zu Fuß und oben an der Hölle sah ihn zuerst der „böse Meyer“ –.

„Ja freilich,“ fiel ihm die Anne in’s Wort, „an dem er sechs Jahre zuvor seinen Stock zerschlug, weil er’s mit angesehen hatte, wie er seinem eigenen Vater in der Hitze einen Schlag gab. Gerade der, der „böse Meyer“, hing ihm hinterher am meisten an, und ich hätte Keinem rathen wollen, ein Wort gegen den Pfarrer zu sagen, wenn der Meyer dabei war.“

„Ja, der war’s,“ fing der Pfarrer wieder an; „er kam mit einem wahren Gebrüll zum Dorf hereingelaufen, daß die Meisten dachten, es wäre „Feuerio!“ aber er schrie nur immer: „der Feldmann kommt!“ Und hinter ihm her hinkte die lahme Hirtin, kein Mensch hatte sie je so laufen sehen, und schrie auch: „der alte Pfarrer kömmt!“ und ehe er nur im Dorfe ankam, war schon Alles aus den Häusern und ein Jubiliren, als wenn ein Kaiser käme. Mir war’s im ersten Augenblicke nicht einerlei; es rührte sich ordentlich so was wie Eifersucht in mir. Aber ich schluckte es hurtig hinunter und dachte, es wäre besser den Himmel anzurufen, daß es mir einmal auch so erginge wie dem Feldmann.“

„Das hoffe ich nicht, Herr Pfarr,“ sagte der Veit und lachte so verschmitzt in sich hinein, „denn ich denk’, Sie sollen nicht von Heubach fort kommen.“

„Das denken wir auch,“ fielen ihm die Anne und der Martin in die Rede und der Pfarrer nickte und lachte mit ihnen.

„Es war aber nicht zu verwundern, daß der Feldmann so einen Anhang hatte,“ sagte der Valt, „aber er war auch nicht immer so barsch, wie gegen den bösen Meyer; er konnte auch lammfromm, wie ein Kind, gegen die sein, die sich nichts vorzuwerfen hatten, und wenn ich denke, daß er den lahmen Schneider mutterseelenallein gepflegt hat. Tag und Nacht acht Tage lang nicht von seinem Bett gekommen ist, wie er den Typhus hatte, und Keins zu ihm wollte, bis endlich die Gänsehirtin auf sein Zureden ihm beistand, da kann man es schon begreifen, wo die Liebe zu ihm herkam. Manchmal ließ er auch närrische Streiche ausgehen, aber ihm glückte Alles, denn er that Alles zu seiner Zeit. Einmal in der Dämmerung kam er dazu, wie ein Handwerksbursche sich am Brunnen ungebührlich gegen die Magd vom Schulmeister benahm; sie hatte die volle Butte und konnte ihm nicht darauf dienen; da kam unser Feldmann ihm von hinten bei und gab ihm ein paar Tachteln, denn Kräfte hatte er, daß der Stromer nur so taumelte und zum Dorfe draußen war, hast du nicht gesehn.“

„Und weißt Du’s noch,“ sagte die Anne, „wie er der „Müllerin“, der Schreinersfrau, anrieth, das nächste Mal, wo ihr Mann betrunken heim käme und sie prügeln wolle, solle sie den Spieß umdrehen und auf ihn losprügeln?“

„Freilich, freilich! sie wollte erst nicht dran, war so ein stilles, kleines, braves Fraule, aber der Feldmann redete ihr zu und sie that’s. Da war auch auf der Stelle der Rausch vorbei. Das hat sich die Frau gemerkt und das nächste Mal brauchte es kein Zureden. Aber der Schreiner bekam so einen Respect vor seiner braven Frau, daß er sich vor dem Wirthshause hütete. Hernach ging’s prächtig. Aber vor lauter Schwätzen über den Feldmann hätte ich die Ricke schier vergessen. Ja, wo war ich denn stehen geblieben?“

„Wo die Ricke wieder in die Stadt gegangen war,“ sagte der Martin.

„Richtig, da. Sie kam erst nach zwei Tagen wieder, und ich habe mein Lebtag nicht so etwas gesehen, als wie das Mädchen aussah. Sie hatte schier keinen Bissen gegessen, nur immer getrunken, so war sie in die Rasche (Rage) über das Spiel gekommen. Es war, als wollte der liebe Gott uns Allen miteinander ein Exempel an ihr geben. Sie hatte erst im Lotto, wie das erste Mal, hernach aber auch an der Bank gespielt und wieder viel gewonnen. Das Mal war’s nicht nur, daß man sich über sie aufhielt, weil sie sich so frech aufführte, es kam auch richtig noch Neid [436] dazu und sie wurde immer toller, je mehr sie gewann und den Neid sah. Der liebe Gott weiß, wie’s kam, ich redete in eins fort in mich hinein, daß so eine Frau Unglück in’s Haus brächte, aber ich hatte sie zu gern gehabt und dachte, ich müßte sterben und verderben, wenn ich sie aufgäbe. Viele von den ordentlichen Leuten gaben mir gar Schuld, ich könnte auch nur nicht von ihr lassen, weil der Geldteufel mich besäß’, aber das war nicht wahr; es war die Liebe zu ihr der Teufel, der mich nicht loslassen wollte. Um die Zeit diente die Anne schon ein halbes Jahr bei meinen Eltern; sie ist aus der Wetterau – gelt Alte?“

„Ja, Veit, und ich bin froh darüber.“

„Du hast recht, Alte,“ und dem Veit wurden die blinden Augen wieder roth. Der Martin sah seine Mutter an, wie wenn er sprechen wollte, daß es Keine gäbe mehr, so wie sie, und der Pfarrer sagte:

„Wohl dem, dem Gott ein brav Weib bescheert.“

„Ich hatte,“ sagte der Valt, „sie noch schier nicht angesehen und es war doch Keine im Dorfe, welche schöner gewesen wäre, als sie. Die Leute sagten, so eine Magd wäre noch keine ins Dorf gekommen, und meine Eltern hielten sie wie ihr Kind. Meine Mutter sagte, jedwede Frau könne Gott danken, wenn sie so eine Tochter hätte.“

Die Anne wischte sich die Augen mit der Schürze und sagte: „Dein Vater und Deine Mutter haben auch nur Elternstell’ bei mir vertreten.“

Wie sie’s gesagt hatte, ging sie sachte zur Thür’ hinaus in die Küche. Die Andern waren eine ganze Weile mäuschenstill, dann sagte der Valt: „Glauben Sie’s, Herr Pfarr? Wenn ich sie einmal hart anlaß’, manchmal wird man doch auch wild, da steht sie vor mir und spricht kein Wort; sie wartet’s ab, bis ich Alles und Jedes herausgepoltert hab’; ich krieg’ kein hart Wörtle zu hören. Wenn sie aber gelobt wird, da ist sie zur Thür’ draußen wie Pulver.“

Der Pfarrer sagte: „Ich glaub’s, Valt, denn ich weiß es.“

Der Valt erzählte weiter: „Die Anne war immer gut mit mir, so lang’ sie bei meinen Eltern diente. Sie sah mir an den Augen ab, was ich brauchte, ich hatte es aber schier nicht bemerkt. Auf einmal, das merkte ich aber, sah sie mich nimmer an. Meinen „Guten Tag!“ bekam ich wieder, aber gerade nur so viel, als ich haben mußte. Sie that grad’ was sie mußte für mich und ich dachte, was wohl der tollen Hoppel für ein Haas über den Weg gelaufen wäre. Im Dorf war, seit die Ricke so glücklich gespielt hatte, kein Haltens mehr. Die Burschen, namentlich der Wehner, und auch ein paar Mädchen, auch ältere Leute liefen hin, wo nur was gespielt wurde, und der Jud’ Fleischmann kam nimmer anders, wie mit Loosen in der Tasche, ins Dorf. Da wurde der Pfarr Feldmann hierher versetzt. Gleich an einem der ersten Sonntage sprach er über den Geldteufel und sagte so ein paar Wörtle auf der Kanzel, daß die Heubacher anfingen, die Köpf’ zusammenzustecken. Den Ordentlichen war’s recht, die Liederlichen schimpften oder lachten und es ging zum Spiel nach wie vor. Damals lag mancher Acker unbestellt in Heubach.

„Der Feldmann hatte Haar’ auf den Zähnen; er ging zu den Leuten und vermahnte, aber nur sachte; es half auch nichts. Da kam eine Predigt von der Kanzel herunter, die hätte Keiner zur Ruthe hinter den Spiegel gesteckt, die will ich mein Lebtag nicht vergessen. Es kam Fäuste dick und „wenn der Rath und das Vermahnen nichts hälfe, so würden andere Maßregeln ergriffen werden.“ So ging’s fort. Ich saß in der Kirche und mochte die Augen nicht aufschlagen, denn wenn ich auch noch keine Karte und kein Loos angesehen hatte, „meine Ricke“ die spielte fort und fort. Die ordentlichen Leute dankten’s dem Pfarr, aber die Schlimmen, was die thaten, habt Ihr wohl gehört, Herr Pfarr?“

„Ja, ja, Valt, ich hab’s damals gehört, aber es ist lang’ her und von Euch hör’ ich’s gern noch einmal; seh mir die Geschichte gern noch einmal im Ganzen an; ist eine Geschichte recht zur Mahnung.“

„Nun ja, Herr Pfarr, aber es wird mir heut’ noch sauer. – Die ganze Woche hindurch rannten alle die Spieler mehr über Land wie zuvor. „Meine Ricke“ und der Wehner, ihr Vetter, hatten immer was zusammen zu zispern und ein anderer Bursche, der schon einmal im Zuchthaus gesessen, hatte Zusammenkunft mit noch ein paar Strolchen, die in Heubach dienten. Es schwätzte sich so unter der Hand weiter, sie wollten dem Pfarr in der nächsten Kirche was anhängen. Die Einen glaubten’s, die Andern nicht. Da kam der Sonntag und mochte man’s geglaubt haben oder nicht, die Kirche war so voll, wie sich’s kein Mensch erinnern konnte. Der Pfarr hatte auch von dem Gerede gehört, das erfuhr man zu seiner Zeit. Die Lieder waren gesungen, daß Gebet und die Epistel verlesen, der Pfarr bestieg die Kanzel. Er hatte aber erst ein paar Worte gesprochen, so fing auf dem Chor eine Unruh’ an; man hörte leises Reden und Hin- und Herdrängen. Endlich, der Pfarr hielt im Reden inne, hörte man von oben herunter Lachen und – daß Karten gemischt, aufgeschlagen, – daß gespielt wurde. Man hörte: „Schellen-Ober, Gras-Unter, Herz-Daus“ – kurz es wurde droben, es wurde in der Kirche Karte gespielt. Es war eine Stille, man hätte eine Fliege können singen hören, und nichts Anderes hörte man durch die ganze weite Kirche, als von da oben den verruchten Spott. Das muß ich sagen, so was hatten doch nur Wenige für möglich gehalten, und daß die Meisten zum Tod erschrocken und bleich waren. Der Pfarr sah aus, wie wenn er schon im Sarg gelegen hätte. Eine Weile faltete er seine Hände und sah in die Höhe, wie wenn er den lieben Gott selber um Rath fragen wollte in seiner Noth. Aber auf einmal richtete er sich hoch auf und sagte weiter nichts, aber es schallte durch die Kirche wie eine Posaune: „Feldjäger, führt die verruchten Kirchenschänder hinaus.“ Und wie wenn sie aus der Erde gewachsen wären, traten aus der Sacristei und zu den Kirchenthüren Soldaten herein. Der Chor wurde gleich besetzt, die frechen Spieler am Kragen genommen und fortgeführt. Der Pfarr verließ die Kirche und wir gingen ihm Alle nach. Die Ricke war nicht in der Kirche gewesen, aber sie hatte um die Sache gewußt und wie sie auf einmal aus ihrem Fenster sah, daß Soldaten nach der Kirche zu gingen, rannte sie über den Gottesacker, weil das näher war, in die Kirche, um die Spieler zu warnen; aber es war schon ein Feldjäger hinter der Chorthüre versteckt und der erwischte sie. Sie wurde auch mit eingesteckt, zwar wieder frei gelassen, weil kein Beweis gegen sie aufgebracht werden konnte, aber es wußten’s Alle und ich mußte es endlich auch glauben, daß sie um den Scandal gewußt hatte.

„In Heubach war’s immer gebräuchlich gewesen, daß um sechs Uhr Abends geläutet wurde; es hieß „das Gebetläuten“, aber kein einziger Heubacher dachte an Beten dabei, und die Ricke hatte einmal zu mir gesagt, unsere Magd wäre eine rechte Kopfhängern und dächte, sie könnte nicht selig werden, wenn sie nicht Abends betete. Ich hatte noch nie was davon gemerkt und auch nicht wieder daran gedacht. Wie ich aber am Abend von dem bösen Sonntag heim kam, es war seit lang zum ersten Mal, denn um sechs Uhr war ich sonst immer bei der Ricke, fing das Läuten gerade an und ich hörte vor der Stubenthüre, die nur angelehnt war, die Stimme von der Anne, die drinnen betete. Den Spruch hat sie mir nun seit sechsunddreißig Jahren jeden Abend gebet’t, damals hörte ich ihn aber zum ersten Mal. In ihrem Dorf in der Wetterau wurde er in jedem Haus jeden Abend gebet’t.

„Es war ein Astloch in unserer Thür, – gucken Sie, Herr Pfarr, es ist noch drin; wenn’s kalt wird, stopf’ ich’s mit Werg zu, zugemacht darf’s aber nicht werden, und ich konnte es nicht lassen, ich mußte hinein sehn. Die Hände hatte ich gefaltet, ich wußte nicht wie’s zugegangen war. Die Anne stand drin vor meinen Eltern; die waren von der Bank aufgestanden; mein Vater hatte seine Pelzkappe und meine Mutter ein Stück Brod in der Hand, das sie gerade hatte essen wollen, drüber falteten sie ihre Hände. Die Anne hatte nichts in den Händen, aber sie drückte sie so fest zusammen und sah drauf nieder, daß man hätte denken sollen, sie habe einen Schatz drin zu hüten. Sie können mir’s glauben, Herr Pfarr, sie hatte auch einen drin; denn sie hatte ihr eigenes Herz hinein gelegt und brachte es unserem Herrn Gott zum Opfer dar. Derweil sie so stand, sprach sie:

„Bleib bei uns, Herr Jesu Christ,
„Weil es nun Abend worden ist.
„Dein göttlich Wort, das helle Licht,
„Laß ja bei uns verlöschen nicht.
„Verleih uns, Herr, Beständigkeit
„In guter und in böser Zeit!“

(Schluß folgt.) 



[437]
Ein hochherziger Mann aus dem Volke.
Von Ludwig Storch.[1]

J. A. Stumpff.

Goethe über Stumpff. – Stumpff’s Erscheinung, seine erste Jugend und sein erster Ausflug. – Sein Brief darüber an Goethe. – Stumpff in London und seine Ernennung zum königlichen Harfenmacher. – Seine Rückkehr nach Deutschland und erstes Zusammensein mit Goethe. – Ein Brief von Mozart’s Gattin.

Goethe sagt in einem Briefe an Zelter (vom 30. Oktober 1824): „So eben verläßt mich J. A. Stumpff, Harpmaker to His Majesty, aus London, gebürtig aus der Ruhl, als Knabe nach England versetzt, jetzt als tüchtiger Mechanikus daselbst wirkend, eine stämmige Gestalt von bedeutender Größe, an der Du Dich erfreuen würdest; zugleich vom herzlichsten Patriotismus für unsere Sprache und Schrift, durch Schiller und mich zu allem Guten geweckt, höchlich entzückt, unsere Literatur nach und nach gelaunt und geschätzt zu sehen.

Es war eine merkwürdige Erscheinung.“

Von wem ein Goethe auf diese Weise zu einem Zelter spricht, der muß ohnstreitig ein edler und in die Augen springend ausgezeichneter Mensch gewesen sein. Und in der That, Goethes Ausspruch trifft auch hier wie so oft den Nagel auf den Kopf, der aus der Ruhl gebürtige Harfenmacher Sr. Majestät des Königs von Großbritannien war eine in mehrfacher Hinsicht merkwürdige Erscheinung.

Es ist nicht ohne Bedeutung, daß Goethe an Johann Andreas Stumpff die „stämmige Gestalt von bedeutender Größe“ rühmt, an welcher er sich erfreut hat, und von der er voraussetzen muß, daß auch Zelter sich an ihr erfreuen würde; denn wie Goethe und Zelter war auch Stumpff eine jener hohen, markigen, kraftgesättigten, edlen Gestalten, wie die Alten ihren Zeus modellirten, von welchen man gleich beim ersten Blick weiß, das sind auch geistig bedeutende Menschen. Wahrhaft große geistige und seelische Eigenschaften verlangen immer einen großen, festen, strotzenden, lebenausströmenden Körper von edlem Ebenmaße. Geist und Körper sind ja nicht so verschiedene Dinge, wie die von der Theologie abhängige Naturlehre vergangener Zeiten behauptete. Ich wollte, Goethe hätte auch von dem ungemein schönen und starken Ausdrucke des wohlgeformten Kopfes unseres Harfenmachers aus der Ruhl, vorzüglich aber von seinem seelenvollen, dunkelblauen, liebelachenden Auge gesprochen. Der Ausdruck dieser edeln Gesichtszüge war so überwältigend, daß gleich Jedermann wußte, daß der Träger derselben ein warmes Herz voll reiner Menschenliebe, Wohlwollen, Opferfähigkeit, voll hingebender Bewunderung für alles Gute hatte, mit einem Worte, daß Stumpff ein Mann von wahrer Tugend sei. Nie sah ich an einem Manne ein freundlicheres, liebenderes Auge; man war gefangen vom süßen Zauber desselben, und eh’ noch der Mann gesprochen, war man vom Liebesstrahl dieses herrlichen Seelenspiegels besiegt. Und wenn er nun sprach mit der weichen, sonoren, herzigen Stimme, dann vermochte ihm Niemand zu widerstehen; er eroberte [438] im Nu alle Herzen. Selbst das des fünfundsiebzigjährigen Goethe war nach kurzer Unterredung mit Stumpff warm geworden. Ja, dieser Rühler war wirklich eine „merkwürdige Erscheinung.“

Goethe hätte der Welt mehr von diesem trefflichen deutschen Manne in London sagen sollen; er hätte es gekonnt, denn er wußte viel von ihm, wenn auch nicht 1824, als jener Brief geschrieben wurde, aber doch später. Der großherzoglich weimarische Minister kam nämlich mit dem zwanzig Jahre jüngern, königlich großbritannischen Harfenmacher in ein Freundschaftsverhältniß, so weit dies bei der gesellschaftlichen Stellung und Charakterindividualitat beider Männer möglich war.

Obgleich Stumpff mir nicht so nah gestanden hat, wie dem deutschen Dichterfürsten, so halte ich es doch für eine Pietätspflicht, dem deutschen Volke zu sagen, was ich von meinem hochsinnigen Landsmanne weiß.

Johann Andreas Stumpff wurde am 27. Januar 1769 zu Ruhla gothaischen Antheils im nordwestlichen Thüringerwalde geboren. Er legte später hohen Werth darauf, mit Mozart, für den er, wie wir sehen werden, mit reinster Begeisterung glühte, einen Geburtstag zu haben. Seine Eltern waren sehr schlichte fromme Leute, die ihren Kindern eine solide, gottesfürchtige Erziehung gaben. Der älteste von drei Brüdern, erlernte er, gleich ihnen, bei seinem Vater die einfache Kunst desselben, er wurde Claviermacher. Aus dem Stumpff’schen Hause in der Köhlergasse gingen jene wohltönenden Instrumente hervor, so schlicht, so ungekünstelt, so bescheiden, wie ihre Verfertiger, welche von Schullehrern und Musikverständigen auf dem Lande in Thüringen noch heute geschätzt werden. Sie verhielten sich zu den heutigen Piani’s wie die Lerche zur Nachtigall.

Der geistige Gesichtskreis im Hause des Claviermachers war ungemein beschränkt; außer Bibel, Gesangbuch und Katechismus gab es da keine Bücher. Der Drang des jungen Andreas nach höherer Lebenseinsicht wurde mit ihm größer, die gewaltige Sehnsucht nach einem ihm nicht klaren Lebensglück zersprengte ihm, wie er mir als reifer Mann erzählte, fast die Brust. Er lief auf die Bergkuppen seiner Heimath und ließ das trunkene Auge in die reiche Ferne schweifen, bis sie von den duftigen Schleiern des Abends verhüllt wurde; dann warf er sich zu Boden und weinte sich fast todt vor Sehnsucht. Als er mir die süßen Qualen dieser Sehnsucht schilderte, schloß ich ihn gerührt an meine Brust; ich kannte sie ja aus eigener Erfahrung; ich hatte sie auf denselben Bergen empfunden. Stumpff suchte Nahrung für seinen Geist; er las, was er von Büchern auftreiben konnte; er studirte Musik. Damals war Mozarts strahlender Stern in seinem Zenith. Stumpff konnte nur wenig von des großen Meisters Tonschöpfungen kennen lernen, aber dieses Wenige reichte hin, um seine Seele zu entflammen. Von den Dichtern fand er nur Klopstock’s Messias in seinem Kreise, der damals in den mittlern frommen Schichten der Gesellschaft wie ein Evangelium verehrt wurde. Goethe sah er persönlich im nahen reizenden Wilhelmsthal, dem Lustschlosse des weimarischen Hofes, und der talentvolle Knabe ahnete nicht, daß er mit dem vornehmen schönen Manne an der Seite des Herzogs in so innige Beziehung kommen sollte.

Eine unglückliche Liebe zu einer der reizendsten Töchter seines Geburtsthales gab seinem Drange ein bestimmtes Ziel. Fort mußte er in die Welt! Fort aus dem Thale, aus dem Vaterhause, wo er sich die Brust gepreßt fühlte, in die wogende, schwellende Brandung des Lebens! Als zwanzigjähriger, geschickter Künstler trat er bei einem Instrumentenmacher in Gotha in Arbeit; aber noch in demselben Jahre trieb es ihn nach der Weltstadt Hamburg. Dort hatte er seiner mir gegebenen Versicherung nach nur einen Wunsch: Klopstock zu sehen. Es glückte ihm endlich, und er spürte, von höchster Ehrfurcht durchschauert, große Lust, vor dem Dichter des Messias auf der Straße niederzufallen und ihn anzubeten. Ueber seine spätere Jugend will ich den edlen Mann selbst reden lassen. Die Stelle ist seinem letzten Briefe an Goethe (d. d. London, 16. Februar 1832, wahrscheinlich auch einer der letzten, welche der greise Dichter empfing) entnommen, der ihn gebeten hatte, ihm über seine Auswanderung aus Deutschland etwas mitzutheilen.

„Schon früh im Leben ward ich von einem unüberwindlichen Drange gequält, einen andern und bessern Wirkungskreis aufzusuchen, welchen mir meine kindische Phantasie so reizend vormalte. Ich verließ, noch sehr jung, das elterliche Haus und Alle, die mir theuer und denen ich es war, unter dem Vorwande einer kurzen Abwesenheit, um mich in die Welt zu stürzen, und ging nach Hamburg. Aber das rein materielle Leben dort konnte mir nicht genügen, der Aufenthalt in der großen Handelsstadt ward mir mit jedem Tage unerfreulicher. Das immerwährende Gerassel von Wagen und Karren mit ungeheuern Ballen und Fässern, die nach dem Hafen gingen oder von dort kamen, erschütterte das Pflaster und mein Gehirn; das Geschrei der Höker, das Gebrüll des Schlachtviehs erfüllte die Luft und meine Seele; das stündliche Glockengeläute von den Kirchthürmen marterte meine Ohren und meine Phantasie. Doch hatte ich auch einen Hochgenuß für das Herz, nämlich das Glück, den gottbeseelten Dichter Klopstock zu schauen, dessen Gesänge mein junges Herz oft über alles Irdische erhoben. Klopstock wohnte in der Königsstraße, und ich hatte seine Wohnung oft schon umschlichen, ohne seiner ansichtig werden zu können. Endlich erblickte ich ihn, wie er eben aus seiner Thüre schritt. Ich ging ihm mit bebenden Herzen durch manche Gasse und Gäßchen nach, bis ihn eine geöffnete Thür meinen Augen auf immer entriß. Doch könnte ich nach so vielen Jahren ein Bild seiner Person entwerfen.

Kaum hatte sich der Winter beurlaubt, als ich mich den Sturmwinden wieder anvertraute und auf einem Kauffahrteischiffe, Namens Ceres, die tobende Salzfluth durchschnitt. Nach acht Tagen begrüßten wir den Themsefluß und unser Schiff wurde von englischen Lootsen bis an die Häuser von London gezickzackt. Es war am Ostersonntagmorgen 1790.

Und nun in dieser Riesenstadt angekommen, ohne ein Wort Englisch zu verstehen und ohne eine Seele zu kennen, mit nur wenigen Goldstücken in der Tasche, habe ich gleichwohl seitdem hier als „exotic“ alle meine Kräfte anstrengend existirt. Doch hat die göttliche Vorsicht mich nie verlassen, und der Geist des alten Kirchenliedes: „Wer nur den lieben Gott läßt walten etc.“ hat mir durch mein ganzes Leben in jeglicher Lage Trost und Hoffnung gegeben. Ich lebe in London als musik-mechanischer Künstler ohne Capital auf respectable Art; aber um solches zu vermögen, muß man die Kräfte des Geistes und Körpers anspannen.“

So war denn der junge thüringische Bergsohn mit seiner mächtigen Sehnsucht dem engen Familienkreis, dem engen Heimaththal, dem engen Vaterland entronnen und in der ungeheuern Weltstadt im Lande der Freiheit, wie man sich damals England vorstellte, angekommen. Der Sprung war riesig, ein wahrer Salto mortale. Aber der fromme Jüngling ist kein Liebhaber der modernen Freiheit. Politik ist seine Sache nicht. Er erlebt in London die erste französische Revolution: er bekümmert sich nicht um sie. Er ist ein tüchtiger fleißiger Arbeiter, der sich in seiner Kunst rasch vervollkommnet und in der Werkstatt bald zum ersten Gehülfen avancirt. Eben so schnell erlernt er die Landessprache, und sein schlichtes, biedres, treuherziges Wesen erwirbt ihm wahre Freunde. Seine Mußestunden verwendet er auf das Studium deutscher Musik und deutscher Poesie. Dieses reine edle Jünglingsherz voll Glauben und Tugend fand in den Schöpfungen des deutschen Genius seinen höchsten Genuß. In der Hauptstadt Englands erglühte seine keusche Seele in immer helleren und höheren Flammen für die größten Dichter und Tondichter seines Vaterlandes. Man mußte ihn als Mann von diesen Hochgenüssen seiner einsamen Jugend im modernen Babel mit leuchtenden thränengefüllten Augen sprechen hören, um zu begreifen, welch’ ein heiliger Talisman gegen die Lockungen bunter Lust deutsche Kunst ist. Sie hat die Seele dieses ausgezeichneten Mannes rein und keusch erhalten, bis in sein hohes Alter; sie ist ihm die einzige treue Freundin geblieben, die liebevolle Begleiterin auf seinem sonst einsamen Lebenspfade, die Trösterin in seinen sonst trüben Stunden, die Beseligerin seines so empfänglichen und leicht erregbaren Gemüths. Denn Stumpff war nie verheirathet[WS 3], und auch das gehört zu den Eigenthümlichkeiten dieses großsinnigen Gefühlsschwärmers, daß er dem Gegenstande seiner ersten und einzigen Liebe, der schönen Rühlerin, die er nicht besitzen durfte, treu blieb. Als er mit mir über sein Cölibat sprach, das ich mit Schonung bei ihm getadelt hatte, sagte er mit Thränen im Auge:

„Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder.“

Nie sah ich köstlichere Thränen in einem schöneren Männerauge: sie waren die Perlengeburten jenes tiefen Weh’s, das alle poetischen Gemüther über die Erde tragen müssen, Regentropfen der Wolke, welche so reizende Schatten auf die grüne Landschaft zaubert.

Stumpff’s Fleiß, Geschicklichkeit und Ehrenhaftigkeit mußte es gelingen, die Mittel zum eigenen Etablissement zu finden; er wurde [439] in der Weltstadt allmählich ein bekannter, beliebter, gesuchter, berühmter Künstler und in der Verfertigung kostbarer Pedalharfen kam ihm keiner gleich. So erhielt er vom Hofe das Prädicat „Harpmaker to His Majesty.“ Wie zu erachten, erwarb er nun viel Geld, aber er ist nicht reich geworden. Ein Mann wie Stumpff, dessen Herz so warm für die Menschheit schlug, immer bereit zu helfen, Noth zu lindern, Gutes und Schönes zu unterstützen, ein solcher Cassirer Gottes kann keine Schätze sammeln.

Nichts konnte einem so liebevollen, nach Wohlthätigkeit strebenden, nach Erkenntniß ringenden Herzen mehr entgegen kommen, als die Tendenzen des Freimaurerordens. Stumpff ward mit ganzer Seele Freimaurer; er ging gleichsam in der Ordensthätigkeit auf. Es mag wohl wenig Maurer geben, die in Liebe und Kraft, in der That und Wahrheit so „arbeiten“, wie Stumpff; denn nur wenig Menschen werden von solch’ einer Begeisterungsgluth für das Gute, Wahre und Schöne getrieben. Seine maurerische Wirksamkeit richtete sich vorzüglich auf die hilfsbedürftigen Deutschen in London und unter diesen ganz besonders auf die Kranken. Wie ein trost- und hülfespendender Engel ist der schöne, mildfreundliche Mann an tausend Schmerzenslager seiner Landsleute getreten; unzählige deutsche Herzen, die drüben in der kalten fremden Welt verlassen gewesen wären, haben ihn gesegnet und Thränen der Dankbarkeit aus seine Hand geweint.

Aber diese schöne Thätigkeit, der wir die vollste Anerkennung entgegen bringen, verliert sich doch für unser im Thau der Rührung schwimmendes Auge zu sehr in’s Allgemeine, darum nimmt unser Herz noch ein erhöhtes und specielles Interesse an Stumpff’s gemüthlicher Verbindung mit einigen Kunstheroen unseres Volkes, in welcher er sich in seiner ganzen Liebenswürdigkeit zeigt. Sobald Stumpff in gute Umstände gekommen war, zog ihn das von ewiger Sehnsucht bewegte Herz nach Deutschland, das er noch so wenig kannte, aber der Despotismus des corsischen Soldaten, der mit Kanonen und Bayonnetten den Oberbefehl in Deutschland errungen halte, verwehrte einem Unterthan der Krone Englands das Reisen in den Ländern, die er sich unter die Füße geworfen, und erst nachdem der übermüthige Mann gestürzt war, konnte unser Thüringer daran denken, sein Geburtsland wieder zu sehen. Im Frühjahr 1814 reiste er nach Deutschland. Damals sah ich als elfjähriger Knabe den bedeutenden Mann zum ersten Male. Meine Mutter hatte mir viel von ihm erzählt; sie war nur einige Tage älter als er und mit ihm confirmirt worden. Ihre lebhafte Phantasie schilderte mit brennenden Farben die Einsamkeit und Bescheidenheit des talentvollen schönen jungen Mannes, der sich so gewählt gekleidet und so nobel benommen, und die patriarchische Einfachheit und treuherzige Unbeholfenheit seiner Eltern. Meine Phantasie hatte ihn in Folge dieser Mittheilungen reich ausgestattet, aber doch überraschte mich die edle Form und der geistreiche liebevolle Ausdruck seiner Gesichtszüge. Ich hatte noch keinen männlichen Kopf gesehen, der mir so imponirt hätte. Die Vermählung männlicher Gemüthsmilde mit Charakterstärke und Geisteskraft gaben diesen herrlichen Zügen einen Ausdruck, den keine Beschreibung wiederzugeben vermag. Seine äußere Erscheinung hatte viel Englisch-Aristokratisches, ruhig und gemessen Nobles. Er besuchte alle Nachbarn und hatte für Jeden herzgewinnende freundliche Worte. Er wurde sehr gefeiert, und wenn er durch die Straße ging, traten die Leute vor die Hausthür, um ihn zu begrüßen.

Von Ruhla ging Stumpff nach Weimar. Ein englischer Herzog, vielleicht einer der Brüder des Königs Georg’s IV. (Stumpff hat ihn mir nicht genannt), Meister vom Stuhl der Freimaurerloge, welcher Stumpff angehörte, hatte ihn dem Herzoge Karl August empfohlen. Diese Empfehlung mußte warm gewesen sein; denn Stumpff wurde bei Hofe sehr honorirt. An der herzoglichen Tafel sah er Goethe wieder. Am besten lass’ ich ihn über dieses Begegnen selbst reden.

„Goethe’s Anblick rührte mir das Herz gewaltig. Als jugendlich schönen Mann hatte ich ihn dreißig Jahre früher gesehen; jetzt stand er unfern von mir als edler ehrwürdiger Greis. Damals wußte ich nichts von ihm, als daß er ein vornehmer Hofherr war, jetzt kannte ich alle seine Werke und verehrte ihn als den deutschen Dichterfürsten. Der Herzog stellte mich ihm vor, und ich erbat mir die Erlaubniß von ihm, ihm in seiner Behausung meine Huldigung darbringen zu dürfen. Dort nahm er mich kalt und förmlich auf, was mich verlegen machte. Doch schien er im Laufe der Unterhaltung einiges Wohlgefallen an meinen Aeußerungen zu finden. Ich mußte ihm viel von London erzählen. Sehr schmerzlich bedauerte ich, Schillern nicht mehr unter den Lebenden zu finden.“ –

Sein treu gesinntes Herz drängte ihn, auch dem Herzoge August von Gotha als Fürsten seines Geburtslandes die Aufwartung zu machen. Aber die brillante outrirte Natur dieses Fürsten hatte keine Empfänglichkeit für Stumpff’s deutsch-englisch gemessenes Wesen und ruhige, von sittlicher Größe getragene Würde. Stumpff’s Liebe war beim gemüthlichen weimarischen Hofe, und die Tage, die er zu verschiedenen Zeiten dort verlebte, nannte er die glücklichsten seines Lebens.

Zehn Jahre später war er abermals in Weimar. Dies ist der Besuch, welchen Goethe im Briefe an Zelter so kurz abthut. Die beiden Männer kamen während Stumpff’s Aufenthalt in Weimar einander näher. Der Grund war wohl, weil Stumpff nicht nurr Mode wurde in den höheren Cirkeln der berühmten kleinen Residenz, sondern auch weil er dem „hohen Dichtergreise“ sehr werthvolle Geschenke mitbrachte.[2] Gewiß weiß ich, daß Goethe von Stumpff einen sehr kostbaren Dollond zum Geschenk erhalten hat. Er gab ihm dafür einige seiner Bücher, darunter Werther’s Leiden in einer Ausgabe mit des Dichters Portrait und den von ihm darunter geschriebenenen Worten: „Seinem werthen Landsmann Herrn J. A. Stumpff zum freundschaftlichen Andenken, Goethe, 1. November 1824.“ Dann ein Bändchen Festgedichte mit der eigenhändigen Inschrift: „Seinem werthen patriotisch gesinnten Landsmanne Herrn J. A. Stumpff zum freundschaftlichen Andenken.

Noch ist es Tag, da rühre sich der Mann.
Die Nacht tritt ein, wo Niemand wirken kann.

Goethe.“

Endlich unterzeichnete Goethe sechs auf einzelne Blätter gedruckte Gedichte jedes mit seinem Namen für Freunde Stumpff’s in London.

Eh’ unser wackerer Harfenmacher auf dieser Reise das ihm so lieb gewordene Ilm-Athen betrat, führte ihn sein „patriotisch gesinntes“ Herz zu zwei andern ihm heiligen Stätten. Die vier Sterne seiner höchsten Liebe waren Goethe, Schiller, Mozart und Beethoven. Da er zwei davon nicht mehr unter den Lebenden fand, so wollte er wenigstens an der Stätte, wo der Dichter gestorben, und an der, wo der Tonschöpfer geboren worden war, dem tiefen Gefühl seiner Seele ein Genüge thun. Er wallfahrtete zuerst nach Mozart’s Geburtshaus in Salzburg, er suchte dort dessen geliebte Schwester und Kunstgenossin und dessen Wittwe auf, um ihnen die Huldigung zu erweisen, die dem lebenden Genius des unsterblichen Meisters darzubringen ihm nicht mehr vergönnt war. So karg Stumpff’s Mittheilungen über diese Reise, so wie über sein ganzes Leben und Wirken an mich auch gewesen sind, so fand ich doch unter seinen mir übergebenen Papieren werthvolle Documente, welche einiges freundliche Licht gewähren. Die zunächst folgenden beziehen sich auf seinen Aufenthalt in Salzburg. Der erste Brief ist von der Frau, welche einst Mozart’s Gattin gewesen war, das zweite Blatt von Mozart’s Schwester, welche einst als Kind mit dem achtjährigen Virtuosen von ihrem Vater auf Kunstreisen geführt, mit ihm die gebildete Welt aus dem Clavier entzückte.

Salzburg, 26. Septbr. 1824.

Sehr verehrter Herr und Freund!

Je mehr Freude Ihre Achtung vor Mozart’s Namen und Ihre Theilnahme an seinen Angehörigen mir gewährten, desto mehr habe ich die Kürze unseres Zusammenseins zu bedauern. Noch mehr aber schmerzt es mich, daß ich Ihnen meine Gefühle nicht bethätigt habe, ungeachtet ich es wenigstens einigermaßen gekonnt hätte. Es stand bei mir, Ihnen das Haus, worin Mozart geboren ward, und eine von Mozart’s Vater über alle Freunde in London geführte Liste und sogar die von London und Chelsea während ihres dortigen Aufenthaltes an einen hiesigen Freund gesandten dreizehn Briefe vom 13. Septbr. 1764 an datirt (sie hatten bei Mr. Xandal in Fivefields Row ein Haus auf ein paar Monate gemiethet) zu zeigen, und ich versäumte es; gewiß die Wirkung unserer gänzlichen Aufmerksamkeit auf Ihr anziehendes Gespräch.

Bei der Ueberlegung, ob ich denn nun auf gar keine Art Ihnen ein Andenken anbieten könnte, ist es mir wieder in den Sinn gekommen, [440] daß sie bei der Annahme der Karte meiner Schwägerin besonders fragten: ob die Schrift auch von ihrer Hand sei? Diese Erinnerung freute mich nicht wenig, weil sie mir das Mittel, Ihnen etwas Angenehmes zu erweisen, an die Hand gab, welches Sie denn auch auf dem beiliegenden Blatte finden. Wiewohl lesen und schreiben der Schwägerin sehr schwer fällt, so war sie doch gleich willig, die Wahrheit niederzuschreiben.

Damit ich nun sicher weiß, daß ich mich nicht vergebens gefreut habe, mich auf diese Art in Ihrem Gedächtniß zu erhalten, so bitte ich Sie, mir mit erster Post zu melden, daß Ihnen gegenwärtiger Brief zugekommen ist. Verpflichten würden Sie mich, wenn Sie Ihre Reiseroute in Ihre Geburtsheimath mit möglichst bestimmter Angabe der Zeit, die Sie daselbst und hin und her unterwegs zubringen werden, hinzufügen wollten. Es ist so gut wie gewiß, daß wir uns in einem oder zwei Monaten in die Nähe von Gotha begeben werden. – Sein Sie versichert, daß wir uns aufrichtig freuen werden, auf längere Zeit als das erste Mal mit Ihnen zusammenzukommen. Die Schwägerin, mein Mann und ich empfehlen uns dem Wohlwollen Ihres edlen Reisegefährten Graf K. und versichern Sie einer steten Freundschaft.

Constanze von Nissen, Mozart’s Wittwe.
Beilage:

Ich war sehr erfreut, den biedern Herrn Stumpff kennen zu lernen. Mein mit meinem Bruder und unserem Vater in London vom 22. April 1764 bis Juli 1765 gemachter Aufenthalt ist mir im werthen und dankbaren Andenken.

Salzburg, 21. Septbr. 1824.

Maria Anna Freifr. v. Berchtold zu Sonnenburg,
Wittwe, 73 Jahr alt.

(Fortsetzung folgt.)




Aus meinem Bienengarten.
Von Moritz Kloß.
Nr. 1.

Wohl dürfte es kaum noch eine Thiergattung geben, welche so wie das muntere Volk der Immen durch ihre sinn- und kunstreiche Geschäftigkeit und geordnete Haushaltung die Bewunderung aller Freunde der Natur erregt hätte. Von den ältesten Zeiten her war die arbeitsame Honigbiene eine getreue Begleiterin des menschlichen Geschlechtes, denn nur da, wo sich dieses anbauete und häuslich niederließ, finden wir auch Bienencolonien, deren Vorkommen nach den Beobachtungen aller Reisenden nur bis an die Grenzen der Cultur zu verfolgen war.

Die Honigbienen gedeihen am besten unter der Beaufsichtigung und Pflege des Menschen, und weil ihr staunenswerthes Leben voll Instinct, Fleiß, Kunst und Ordnung so ungemein viel Anziehendes darbietet, so hat auch die Bienenzucht schon im alten Griechenland, wie in Italien und Spanien, viel Freunde gezählt und sich dieselben bis auf die neueste Zeit erhalten.

In Deutschland ist die Bienenzucht uralt, denn schon Plinius spricht von den Honigwaben der Germanen. Auf die umfänglichere Pflege der Bienenzucht, dieser Poesie der Landwirthschaft, hatte die Ausbreitung des Christenthumes einen wesentlichen Einfluß; denn die lucrative Seite dieses Industriezweiges wurde immer mehr erkannt, als man zahlreiche Klöster und einen pomphaften Cultus einrichtete, der Millionen von Wachskerzen erforderte. Kirchen und Klöster legten deshalb in ihrem eigenen Interesse Honig- und Wachszinsen auf das von ihnen vertheilte Land, dessen Bebauer so auf die Bienenzucht hingewiesen wurden.

Der Schreiber dieses gehört zu der gewiß sehr zahlreichen Classe der Bienenväter, die sich nicht des materiellen Vortheiles wegen, sondern lediglich aus Freude an der Beobachtung eines wunderbaren Thierlebens, der Pflege der Bienen unterzieht. Er gönnt sich öfters Viertel- und halbe Stunden, um auf einem stillen Plätzchen seines Bienengartens sich von der Tagesarbeit auszuruhen und dem zuzuschauen, was die Bienen, von einem stetigen, zwingenden Naturtriebe geleitet, in fröhlicher und geschäftiger Emsigkeit vollbringen. Gewiß kennen mit ihm noch Tausende diese harmlosen Freuden der Naturbetrachtung, die mancher kostspieligen „noblen Passion“ gegenüber gar unbedeutend erscheinen mögen, und doch ihre Lichtseiten haben. Versuchen wir einmal einige Beobachtungen über unsere merkwürdigen und nützlichen Thierchen niederzuschreiben, um die freundlichen Leser dafür zu interessiren.

Es glänzt unser Liebling nicht durch die Schönheit der Gestalt oder die Pracht der Farben, denn sein graubraunes Habit ist mehr als bescheiden; aber seine inneren Eigenschaften, wonach er Schönes formt und planmäßig eine geordnete Gesellschaft unter der Weisheit eines Oberhauptes bildet, geben ihm um so mehr den Preis unter allen niederen Thieren, weil er in seinem wohlgeordneten Staatsleben gar viele Spuren von freier Intelligenz und Unterscheidungsgabe, von Temperament, Muth und Absichtlichkeit zeigt, die von den trefflich ausgebildeten Sinnen des Geruchs, Gehörs, Geschmacks und Gesichts unterstützt werden.

Unsere Leser wissen vielleicht schon, daß jeder Bienenstock je nach seiner Stärke zusammengesetzt ist aus etwa 5–30,000 Arbeitsbienen, zeitweilig aus 150–2000 Drohnen und einer Königin. – Die Königin hat schon in ihrer ausgezeichneten schlanken Gestalt mit hohen goldgelben Füßen, sowie in ihrer glänzenden kastanienbraunen Färbung etwas Auffallendes, und in ihren ganzen Bewegungen verräth sich etwas Gravitätisches, so daß man schon daraus auf ihre Würde und Bedeutung in der Bienencolonie schließen kann. Sie scheint nach der Art vornehmer Damen eine Freundin feiner Odeurs zu sein, denn sie verbreitet stets einen melissenartigen Geruch um sich, vielleicht um damit die übrigen Bienen an sich zu gewöhnen. Die Drohnen zeigen dagegen einen plumpen Körperbau, dicken Kopf und breiten Hinterleib; im Fliegen geben sie ein starktönendes Gesumm von sich und lassen bei ihrem schwankenden Fluge die Beine schlotterig herabhängen. Die Arbeitsbienen endlich sind der Gestalt und der äußeren Erscheinung nach die unscheinbarsten, ihrer Zahl und Thätigkeit nach aber die bedeutendsten Bürger dieses Insectenstaates. Ihr ganzer innerer und äußerer Körperbau entspricht ihrer Bestimmung vollständig. Die Arbeitsbiene ist am ganzen Körper behaart, theils zum Schutz, theils zum Einsammeln des Blüthenstaubes. Hat sie sich in einem Blüthenkelche freudetrunken umhergewälzt, so kommt sie häufig roth, gelb oder weiß bepudert nach Hause, wo sie von ihren Genossinnen fein säuberlich geputzt und wieder gereinigt wird. Ihr langer bürstenförmiger Rüssel liegt in einer hornartigen Scheide und wird daraus schnell aufgerollt, wenn es gilt, den Blüthenhonig aus den Kelchen aufzusaugen. Der Kopf der Arbeitsbienen zeigt außer den Augen und den beiden hornartigen Zähnen zwei hervorragende Fühlhörner, in denen sich alle Sinnesorgane zu concentriren scheinen, da sie damit hören, fühlen, riechen, Zorn, Freude und Furcht ausdrücken und sich gegenseitig Zeichen geben. Ganz merkwürdig sind die drei Fußpaare construirt. Die kurzen Vorderbeine sind in ihren Gelenken sehr beweglich und dienen offenbar als Hände beim Einsammeln des Blumenstaubes und zu anderen Arbeiten, während das etwas längere mittlere Fußpaar zum Festhalten gebraucht wird, wenn die Vorderbeine arbeiten. Am längsten sind die Hinterbeine, welche mit einer schaufelartigen und mit Riefen und Borsten besetzten Narbe versehen sind, damit der Blumenstaub in Gestalt kleiner Ballen, sogenannter „Höschen“, darauf gepackt werden kann.

Man hat die Bienen viel beobachtet, ohne ihr inneres Familienleben und ihre Verwandlungen im. Einzelnen vollständig zu begreifen. Die gewöhnliche Ansicht ist heutzutage die, daß die Königin weiblichen und die Drohnen männlichen Geschlechtes sind, während die Arbeitsbienen geschlechtslose Wesen bilden. Von der unauflösbaren Verbindung der männlichen, weiblichen und geschlechtslosen Bienen hängt die Existenz des Bienenstaates ab; jede dieser Bienengattungen muß zum erfolgreichen Zusammenwirken das Ihrige beitragen. In der That zeigen sie auch in ihrem Zusammenleben eine solche Menge Tugenden und gute Eigenschaften, daß man wünschen möchte, dieselben in jedem Hause, in jeder Gemeinde und in jedem Staate vorzufinden. Plato fand ihre Verfassung so musterhaft, daß er seine Republik darnach einzurichten wünschte. Von dem einträchtigen und harmonischen Zusammenleben, dem Fleiße, dem kunstgerechten Baue und von der Sparsamkeit der Bienen haben bekanntlich die Dichter mancherlei Bilder entlehnt, und die Theologen [441] haben daran Moral geübt, so daß es sich wohl der Mühe lohnt, wenn unsere Leser zur Beobachtung ihrer Lebensweise im Geiste mit uns einmal vor das Bienenhaus treten.

Hier gibt es natürlich nur in der schöneren Jahreszeit Etwas zu sehen, da die Bienen erst im März oder April durch die wärmeren Sonnenstrahlen aus ihrem Winterquartiere gelockt werden. Durch hochtönendes Freudengesumme und kreisendes Umherschwärmen geben sie ihr Wohlbefinden zu erkennen, wenn sie zum ersten Male ihrer engen Haft entflohen sind und die sonnige Freiheit genießen. Das erste Geschäft der Bienen ist dann die Reinigung, denn sie gehören zu den ordentlichsten und reinlichsten Thieren, weshalb sie Nichts in ihrer Wohnung dulden, was nicht dahin gehört. Keine Biene legt ihren Unrath in ihrem Stocke ab, und verschiebt das Geschäft des Reinigens während ihrer Winterrast bis zum ersten Ausfluge. Wenn es sich dann zufällig trifft, daß eine Hausfrau etwa weiße Wäsche in der Nähe des Bienenstockes zum Trocknen aufgehängt hat, so wird dieselbe sehr bald zum Leidwesen ihrer Besitzerin mit einem braunpunctirten Buntdrucke versehen sein, denn die Bienen lieben es, auf helle Gegenstände anzufliegen.

Bald geht es nun an ein Fegen und Ausputzen der Bienenwohnung selber. Die Leichname der im Winter zahlreich abgestorbenen Bienen (sie erreichen nur ein Lebensalter von sechs bis sieben Monaten) werden alsbald fortgeschafft, wobei sich die Bienen gegenseitig unterstützen, wenn die Kräfte der Einzelnen nicht ausreichen. Größere Gegenstände, welche in der Bienenwohnung störend sind, etwa einen üblen Geruch verbreiten, ohne daß die Bienen im Stande wären, ihn fortzuschaffen, überziehen sie mit einem harzartigen braunen Kitt, den sie immer in Bereitschaft haben, um etwaige Oeffnungen ihrer Wohnung damit zu schließen, wenn Luft, Licht, Regen oder andere ihnen feindliche Elemente dadurch eindringen.

Als einmal eine Maus in eine Bienencolonie eingedrungen war, wurde sie von den erbitterten Thierchen sofort todtgestochen, ihr Leichnam aber, weil er zum Fortschaffen zu schwer war, wie eine Mumie persischer Könige mit jenem Kitt überzogen, und so die Ausdünstung hermetisch abgeschlossen. Können die Bienem auf solche Weise einen penetranten Geruch nicht beseitigen, so räumen sie lieber das Feld und ziehen eines schönen Tages in pleno aus.

Haben die Bienen ihr Haus sammt den vielen Wachszellen sorgfältig gesäubert, so gehen sie auf Nahrung aus, die sie im ersten Frühjahr schon auf den Kätzchenblüthen der Haselnuß, der salix praecox oder frühen Weide, der Erle und anderer Cupuliferen finden. Wenn um diese Zeit die Nahrungsquellen in der Natur aber nur spärlich fließen, so geschieht es nicht selten, daß die Biene, durch ihren mächtigen Trieb zum Einsammeln von Vorräthen verleitet, ein Auge auf die Schätze ihrer Nachbarsleute wirft, die sie durch ihren scharfen Geruch bald aufgespürt hat. Sie fliegt keck vor die nachbarliche Thür, sucht sogleich einzudringen, wird aber meist mit blutigem Kopfe zurückgewiesen, denn jeder gesunde und starke Bienenstock stellt Wachen an dem Flugloche auf, die alle ihre Angehörigen durch den zarten Geruch erkennen, und jeden andringenden Fremdling abweisen, auch schnell ihre Signale geben, um nöthigenfalls Hülfstruppen in Masse heranzuziehen. Die wüthenden Thierchen fallen über den frechen Angreifer her, beißen und stechen ihn, so daß er fliehen muß oder todt auf dem Platze bleibt. Ein gleiches Geschick trifft auch die Hornissen, Wespen und Hummeln, die sich durch den Honiggeruch verleiten lassen, in die Bienenwohnung einzudringen. Gar häufig kann man diese Thiere, in einen Knäuel verbissener Bienen eingehüllt, vor dem Bienenstande niederfallen sehen, todt liegen bleibend oder die Flucht ergreifend. Ist ein Bienenstock aber so schwach, um keine oder zu wenig Wachtposten aufstellen zu können, so gelingt es wohl der naschhaften Biene, in die fremde Vorrathskammer einzudringen. Sie trägt dann eiligst das gestohlene Gut in ihren Stock zurück und meldet ihren Genossinnen die Gelegenheit zum Reichwerden ohne Mühe. Mit Verstärkung geht sie nun von Neuem auf Freibeuterei aus, die etwa noch wachsamen und sich vertheidigenden Gegner werden überwältigt und der Raubzug wird organisirt. Bemerkt der Bienenwirth diesen Unfug noch zur rechten Zeit, so kann er durch Wegstellen oder Verschließen des beraubten Stockes dem noch Einhalt thun. Außerdem wird dieser bald ein Opfer der Raubbienen, die nun die Vorrathe vollständig plündern, während die überwundenen Feinde sich auflösen, wohl gar mit in das feindliche Lager übergehen und sich zuletzt verfliegen. Diese garstige Erscheinung der Räuberei kommt im Bienenleben meist nur im ersten Frühjahr und im Herbste bei mangelnder Tracht vor, denn wenn es in Gärten, Wiesen und Feldern gute Ausbeute gibt, so fallen die Bienen gar nicht auf solche verbrecherische Gedanken.

Mit Eintritt der Stachelbeerblüthe etwa ist die Zeit gekommen, wo der Bienenwirth die Stärke zu untersuchen und zu verschneiden hat; dann gibt es wohl eine Honigsemmel, wenn nicht schon alter Sitte gemäß am grünen Donnerstage der Honigschnitt gemacht worden war. Die Bienen arbeiten um so emsiger und fröhlicher, wenn man ihnen die alten und während des Winters vielleicht angeschimmelten Wachsscheiben wegnimmt. Geht nun die Baumblüthe auf, so gibt es Arbeit in Hülle und Fülle. Die reichliche Tracht und das Wohlbefinden überhaupt verrathen die Bienen dadurch, daß immer mehrere am Flugloche Posto fassen, den Hinterleib in die Höhe recken und dazu ein schwirrendes Geräusch mit schnellem Flügelschlage verursachen. Diese Trommler scheinen ihre Genossen zu reger Arbeit anzuspornen.

Je milder die Luft wird und die Vegetation vorschreitet, desto mehr erweitert der Bienenstaat seine Thätigkeit nach außen und innen. Zur Zeit der Rapsblüthe haben die Bienen bei uns in Mittel- und Norddeutschland ihre Haupternte. Ein fortwährendes Gehen und Kommen ist dann am Flugloche wahrzunehmen. Mit einem offenbar fröhlichen Summen fliegen die fleißigen Arbeiter aus, um mit aller Freudigkeit und Virtuosität in der üppigen Flora der Wiesen, Felder und sonnigen Gärten zu handthieren, mit ihren dicken Staubhöschen von Blume zu Blume zu eilen und den Balsam aus tausend vollen, winkenden Kelchen zu saugen. Die meisten Bienen kehren von der Rapsblüthe mit schwefelgelben Höschen zurück; doch zeigt sich außerdem ein buntes Gemisch von hochrothen, weißen, hochgelben oder dunkleren Staubballen. Der Kundige sieht gleich aus der Farbe der Staubhöschen, von welchen Pflanzen oder Bäumen die Bienen gerade eintragen. Von der Linde höseln die Bienen weiß, von der Kornblume und vom Feldmohn schwarz, von der Roßkastanie carmoisinroth, vom Apfelbaum wachsgelb, vom Löwenzahn safrangelb, von der Akazie schmutzigweiß, vom Jelängerjelieber hochroth u. s. w. Viele der Bienen kommen ohne Höschen zurück; aber an ihrem schweren Fluge merkt man ihnen an, daß sie voll des süßen Nectars sind. Oft haben sie sich überladen, daß sie völlig ermattet zu Hause ankommen und nicht einmal ihr Standquartier erreichen, sondern daneben niedersinken. In Masse sieht man dann diese Schwerbeladenen am Boden vor dem Bienenhause sitzen und hastig athmend sich ausruhen, um endlich mit frischen Kräften ihrem Ziele zuzueilen.

Jetzt vermehrt sich die Bienencolonie durch das Ausschlüpfen des jungen Volkes. Zeitig im Frühjahr legt die Königin Eier in die Zellen, welche die Arbeitsbienen mit der erforderlichen Nahrung für die auskriechende Made versehen und dann mit einem Wachsdeckel verschließen. Schon nach zwanzig Tagen hat sich das junge Thierlein metamorphosirt, und wenn es gesund ist, beißt es selber die Wachsdecke durch; im andern Falle reißen die Arbeitsbienen die Decken ab, schleppen das krank- oder krüppelhafte Gebilde vor das Flugloch und überlassen es seinem Geschicke. Damit verrathen die Bienen eine gute Erziehungsmaxime; sie legen dem jungen Volke eine Kraftprobe auf, um es zeitig für seinen schweren Beruf zu ertüchtigen. Wie oft zeigt es sich im Leben, daß namentlich reiche Eltern ihre Kinder in einer Weise erziehen, die denselben Alles so angenehm und bequem wie möglich macht. Ihre Geisteskräfte werden möglichst geschont, denn sie möchten zu sehr angestrengt werden; ihre Leibeskräfte läßt man wenig gebrauchen, denn sie könnten Schaden daran nehmen. Dann treten sie, schwach an Körper und Geist, in’s Leben, und man braucht sich nicht zu wundern, wenn man so häufig Leuten begegnet, die bei sonst gesunden Gliedern und Sinnen doch Schwächlinge sind, deren Entschlüsse und Vorsätze gerade so unsicher und schwankend sind, wie ihre kraftlosen Arme und Beine. Wie Viele dagegen sind aber zu großen Männern erwachsen, weil sie in ihrer Jugend allerlei Mühseligkeiten zu überwinden hatten, sich „durchbeißen“ mußten, wie die jungen Bienen.

Die ausgekrochenen und arbeitsfähigen jungen Bienchen sieht man häufig am Flugbrette sitzen, wie sie von den älteren Schwestern gebürstet, geputzt und gesäubert, auch wohl mit vorgestrecktem Rüssel gefüttert werden; an dem jetzt noch gelb gefärbten Stirnschilde sind sie deutlich zu erkennen. Die Neulinge orientiren sich zunächst, indem sie vom Flugloche aus erst in kleineren und dann in immer größeren Kreisen auffliegen, dann auch den weiteren und [442] höheren Luftraum in allen Dimensionen durchkreuzen, bis sie ihre topographischen Kenntnisse so erweitert haben, daß sie auf zwei Stunden weit fortfliegen können, ihre Heimath aber stets wiederfinden.

Wenn die Morgensonne die Luft erwärmt, beginnt auch das geschäftige Treiben im Bienenstaate und dauert unausgesetzt bis Sonnenuntergang fort. Tritt am Tage Regen ein, oder verdunkelt schwarzes Gewölk etwa plötzlich die Sonne, so eilen die Bienen schleunigst ihrem Asyle zu. Oft ist dieses Flüchten so massenhaft, daß die Passage am engen Pförtchen des Bienenstockes gehemmt wird; die Bienen bedecken wie ein schwarzer Schleier die Vorderseite ihrer Wohnung, ängstlich und stark summend hin- und herlaufend, bis sich der wirre Haufen verliert und seinen geordneten Einzug hält.

Auch im Innern des Bienenstockes zeigt sich ein geschäftiges Treiben mit Ordnen und Verarbeiten der eingesammelten Materialien. Kein Baumeister und Meßkünstler ist im Stande, sein Material sorgsamer zu vertheilen, die Räume weiser zu benutzen, seinem Baue eine künstlichere Grundlage und eine regelmäßigere Zurichtung zu geben, wie es die Bienen thun. Wie sie ihr kunstvolles Wachsschloß aufbauen, und wie sie namentlich ohne Richtscheit und Winkelmaß ihre sechseckigen Zellen construiren, ist freilich ein Geheimniß; die Bienen lassen sich bei ihrer Arbeit nicht zuschauen und bewahren ihre Kunstfertigkeit als ein privilegirtes Geheimniß, auch ohne daß sie ein Patent darauf nehmen. Was sich von ihrer Arbeit wahrnehmen läßt, bezieht sich blos auf die äußere Gruppirung. In Gestalt einer großen Traube hängen die Bienen da, unter sich in Kettenreihen verbunden, indem sich die zweite auf den Hinterleib der ersten klammert, die dritte an die zweite und so fort. Unbeweglich und unter forttönendem Gebrause verharren sie nach reicher Tracht in dieser Stellung; oft über Nacht sind schon die weißen blitzenden Wachsscheiben entstanden, die man zu sehen bekommt, wenn am anderen Morgen die meisten das Gewirke verlassen und zu neuer Arbeit ausfliegen. Man sagt, daß diese Wachsbereitung mittelst Ausschwitzens von Wachsblättchen zwischen den Bauchsegmenten des Hinterleibes zuwege gebracht würde.

Die Construction der Bienenzellen selbst ist eine vierfache, je nachdem sie zum Aufbewahren des Honigs, oder zum Ausbrüten der drei Bienenarten bestimmt sind. Nur die Zellen für junge Königinnen sind rund, in Gestalt und Größe dem Cocon einer Seidenraupe ähnlich; die übrigen sind sechseckig, für Drohnen oder Arbeitsbienen von der Größe derselben, für den Honig allein sind sie etwas tiefer.

Es ist wunderbar, daß alle drei Bienenarten aus einem und demselben Ei entstehen können, wenn sie in den betreffenden Zellen mit besonderem Futterbrei versehen werden. – Schon im Bau der palastähnlichen Königszelle nehmen die Bienen Rücksicht auf den Rang des darin zu bildenden Wesens, das durch sorgfältige Erziehungspflege und feinere Nahrung vor allen übrigen Genossen des Bienenvolkes ausgezeichnet wird. Denn die Königin nimmt in jedem Stocke die wichtigste Stelle ein; nur durch ihr Leben und ihre Gesundheit ist der Organismus des kleinen Staates gesichert. Wie die treibende Feder im Uhrwerk, gibt sie den Impuls dafür, daß jedes Glied an seinem Platze bleibt, und mit Ordnung und in Friede und Eintracht emsig seine Arbeit verrichtet. Die Bienen sind ihr mit aufopfernder Treue und Anhänglichkeit zugethan; ihrer Pflege und Beschützung widmen sie alle ihre Zeit und Kraft.




Zwickau und seine Kohlen.
Nr. 1.

Es nimmt uns Wunder, wenn wir hören, daß im fernen Westen in zehn und zwanzig Jahren Städte mit Tausenden von Bewohnern aus Wildnissen emporwachsen, und dabei übersehen wir, daß sich in unserer unmittelbaren Nähe Erscheinungen wenn auch nicht gleicher, so doch ähnlicher Art zutragen, die aber um so mehr geeignet sein dürften, unser Interesse zu erregen, als sie mächtig mit in den Strom des Lebens eingreifen, dessen Fluthen wir alle mehr oder minder anheimgegeben sind. Zwar können wir nicht Städte ausweisen, die binnen wenigen Jahren aus den ersten Anfängen bis zu einer ansehnlichen Bedeutung aufstiegen, wohl aber solche, die vor wenigen Jahrzehenden wie müde Greise ein armseliges Dasein hinschleppten, und heute wie thatkräftige Jünglinge nach wohlgeführtem Laufe sich anschicken, noch ruhmvollere Bahn zu betreten. Welche Stadt wir hier namentlich im Sinne haben, lehrt schon die Ueberschrift.

Zwickau in Sachsen hat seit einer Reihe von Jahren einen so mächtigen Aufschwung genommen, daß es der, welcher es zwanzig bis dreißig Jahre nicht gesehen hat, kaum wieder erkennen kann, und es arbeitet in industrieller Hinsicht mit solcher Kraft und mit so bedeutenden Mitteln, daß seine Thätigkeit weithin fühlbar wird und für die Entwickelung des industriellen Lebens in seiner näheren und ferneren Umgebung maßgebend geworden ist.

Und doch war es vor etwa dreißig Jahren noch eine todte armselige Stadt, von so wenigem Interesse, wie es nur ein von dem großen Markte des Lebens abgeschnittenes Landstädtchen haben kann. Auf seinen Straßen zeigte sich nicht die geringste Spur von einem regeren gewerblichen Leben; fast unheimliche Stille herrschte, wenn sie nicht etwa durch den Marsch einer kleineren oder größeren Truppe von Soldaten unterbrochen wurde oder die liebe Schuljugend nach der Entlassung aus ihren Käfigen die Straßen zu ihren Tummelplätzen machte.

Daß die Stadt mit einer sehr starken Garnison belegt war, war für sie ein wahres Glück, und ihr Verbleiben beinahe eine Lebensfrage: durch sie wurde doch einige Bewegung in das matt hinschleichende Leben der Stadt gebracht; aus ihrer Bekleidung und Verpflegung zog das gewerbliche Leben doch einige Nahrung und ihre Einquartierung in die Wohnungen der Bürger ließ die weitläufigen Räume der Häuser doch nicht ganz leer erscheinen.

An Größe fehlte es den Häusern nicht, und viele zeigten durch ihre architektonische Schönheit, daß Zwickau in vergangenen Jahrhunderten auch einmal ruhmvollere Tage gesehen haben müsse; aber jetzt standen sie da vernachlässigt und traurig über den Verfall aller irdischer Größe, und setzten die Armseligkeit der Gegenwart nur in um so grelleres Licht. Auf den Straßen wuchs Gras, an den einsameren Stellen so reichlich und so hoch, daß es abgehauen werden konnte, und in den unteren Theilen der Stadt wurde durch das aus der Mulde in die Stadt geleitete in offenen Bächen fließende Wasser so viel Unrath und Schlamm zusammengeführt, daß förmliche Sümpfe entstanden. Diese verschwanden nur dann einmal, wenn es diesem oder jenem Feldbesitzer beikam, den in ihnen lagernden Düngestoff für seine Felder zu benutzen. Vor der Stadt dehnten sich als Zeugen dafür, daß Grund und Boden noch wenig Werth hatten, große mit Weiden und Pfützen wohlausgestattete Anger hin, den Schweinen und Gänsen der Bürger angenehmen Aufenthalt zu gewähren, und der Baum, der die Sümpfe liebt, die Erle gedieh in der Umgebung von Zwickau am üppigsten. Für 10,000 Thlr. hätte man ganze Straßen von Zwickau kaufen können und wer 20 bis 30 Thlr. Miethzins gab und geben konnte, mußte sich in guten Verhältnissen befinden und ganze Häuser zu seinen Wohnungs- oder Arbeitszwecken brauchen.

Und jetzt? In den günstig gelegenen Straßen drängen sich fast die Menschen in geschäftiger Eile vom frühen Morgen bis zum späten Abend und nicht einmal die Ruhe der Nacht läßt sie ganz leer werden; aus 6000 Menschen sind 16,000 geworden. Schwere Lastwagen rasseln fortwährend, zuweilen in langen, ununterbrochenen Zügen über das Pflaster, die meisten mit Steinkohlen und Coak, doch viele auch mit anderen Gütern beladen. Das Pflaster, dessen Erneuerung und Ausbesserung die möglichste Sorgfalt gewidmet wird, will doch niemals in rechten Stand kommen. Es vergeht keine halbe Stunde, in der nicht das gellende Pfeifen des Dampfwagens daran erinnert, daß Zwickau mit den Hauptlebensadern der Zeit, den Eisenbahnen, in lebhafter Verbindung steht, und nicht lange mehr wird es dauern, so werden von hier aus die Locomotiven [443] lange Kohlenzüge nach dem gewerblichen Chemnitz fahren und bis in das Herz des Erzgebirges dringen, um zu zeigen, daß der jetzt so arme Landstrich noch reiche Schätze birgt, wenn man nur die rechten Mittel anwendet, sie zu heben.

Die alten rußigen Häuser haben auch geglaubt, es sei nun an der Zeit, ein freundlicheres Gewand anzuziehen, ihr Inneres wohnlicher und besser herzurichten und die hundert Jahre wenig oder gar nicht benutzten Räume zum Wohnen für Menschen dienstbar zu machen. Früher hatten sie Mangel an Bewohnern, jetzt droht ihnen Ueberfüllung. Diesem Uebelstande suchen zwar zahlreiche Neubauten vorzubeugen; aber sie stehen mit dem starken Zufluß von Wohnung suchenden Menschen noch lange nicht in richtigem Verhältniß. Daher kommt es, daß bereits ein großer Mangel an Wohnungen fühlbar wird und es der Arbeitsmann und kleine Handwerker, hauptsächlich wenn er mit Kindern gesegnet ist, für ein Unglück halten muß, wenn ihm sein Hauswirth die Wohnung kündigt. Denn es ist sehr zweifelhaft, ob er wieder Wohnung findet und ob er nicht die Stadt, die ihm und seiner Familie doch manche Annehmlichkeit bietet, mit dem Dorfe vertauschen muß, wo er zwar dieselben hohen Preise wie in der Stadt zahlen muß, aber ohne die von der Stadt gebotenen Vortheile haben zu können: Dieser Wohnungsmangel erregt schon allgemeine Aufmerksamkeit und bei den Berg- und Fabrikherren, die nur dann den höchsten Gewinn erzielen können, wenn ihnen gute Arbeitskräfte in ausreichender Weise zu Gebote stehen, beinahe Besorgniß. Es wird auch diesem Mangel durch die Privatbauten nur sehr wenig abgeholfen, weil dabei auf die Herrichtung von kleineren Wohnungen, wie sie der Arbeiter braucht und bezahlen kann, nur sehr wenig Rücksicht genommen wird. Die einzige Abhülfe besteht darin, daß von den großen Etablissements Arbeitercolonieen gegründet werden, wie es schon der umsichtige und vorsorgliche hiesige Fabrikant Herr Fickentscher bei seiner Glashütte gethan hat. Wie verlautet, ist der Beschluß zur Errichtung von Arbeiterwohnungen bereits auch bei zwei der größten Kohlenwerken gefaßt worden, und andere ziehen diese Frage in ernsteste Erwägung.

Die Stadt Zwickau aber wird, wenn auch ein kleiner Theil der Arbeiter aus ihrer Mitte wandern sollte, wohl schwerlich wieder Gras auf seinen Straßen wachsen sehen; denn es ist und bleibt doch der Mittelpunkt für die ganze Umgegend und auch die etwa auswandernden Arbeiter werden, wenn sie in die Stadt kommen, um ihre Lebensbedürfnisse einzukaufen, jedes Grashälmchen, das sich mühsam durch die Steine zwängen wollte, mit niedertreten helfen. Nur in der Nähe der Kirchen will das Gras nicht ganz verschwinden und es muß zeitweilig die absichtlich raufende Hand dem zufällig zertretenden Fuße zu Hülfe kommen. Ob der Grund dieser Erscheinung darin zu finden ist, daß sich das weltliche Treiben von der Heiligkeit jener Orte ehrerbietig zurückzieht, oder daß die Zwickauer ihre Gotteshäuser nicht so fleißig besuchen, wie sie wohl sollten, mag hier unentschieden bleiben.

Noch mehr in die Augen fallen die Veränderungen, welche die Umgebung von Zwickau erlitten hat. Die Sümpfe des Stadtgrabens haben sich in schöne Gärten verwandelt; aus den Erlenwäldern sind theilweise prächtige Wiesen geworden und von allen den Sümpfen und Teichen, welche namentlich an der Westseite der Stadt sich hinzogen, ist außer einem kleinen unbeachtbaren nur der große durch seine Sagen altberühmte Schwanenteich mit seinem klaren Wasser und glänzenden Spiegel übrig geblieben. Um ihn herum ziehen sich geschmackvoll angelegte Parkanlagen, zwar noch jung an Jahren, aber schon stattlich herangewachsen in dem trefflichen Schlammboden.

Wendest du aber deinen Blick weiter, namentlich südwärts, so findest du da, wo früher die Sense, der Pflug und die Axt die Herrschaft führten, die Scholle gefangen genommen von der umfriedigenden Mauer; ganz neue Stadttheile sind angelegt und gewinnen mit jedem Jahre an Ausdehnung. Das bauliche Wesen ist so im Schwunge, daß alle die Ziegeleien, welche in großer Menge in der überaus lehmreichen Umgebung von Zwickau im Gange sind, nicht genug Backsteine liefern können. Ueber die Wohnhäuser aber ragen empor die mächtigen Dampfessen, hier viereckig, dort achteckig und dort rund, aber alle stets umqualmt von dickem Rauch und zum größten Verdruß für die Hausfrauen ganze Wolken von Ruß ausstreuend.

Man kann sich denken, daß die Luft im Zwickauer Thale empfindlichen Nasen nicht recht zusagen will, wenn der Wind den Qualm aus 50, 60 und noch mehr Dampfessen, der unzähligen anderen Rauchgelegenheiten jetzt gar nicht zu gedenken, zur Erde niederdrückt und dem Menschen zum Einathmen aufzwingt. Die Nase der Einheimischen ist etwas abgehärtet und muß stark angesprochen werden, ehe sie etwas einzuwenden hat; der Lunge aber mag solche rauchgeschwängerte Luft keinen erheblichen Schaden zufügen, sonst könnte die Zwickauer Gegend keine sogar für Schwachbrüstige doch so gesunde sein.

Unter den Essen, von denen die höchste und schönste, die der Bockwaer Wasserhaltungs-Maschine, bis zu 90 Ellen aufsteigt, keucht es aus ehernen Lungen und arbeitet es, hier nur mit einigen Pferdekräften, dort mit 20, noch anderswo mit 30 und 50, 150, ja 200 Pferdekräften, bei Tag und bei Nacht, über der Erde und unter der Erde. Daß bei solcher tausendpferdigen Arbeit, zumal wenn Tausende von kräftigen Menschenhänden rüstig mit zugreifen, den Tag lang etwas Ordentliches fertig wird, wird wohl ohne weitere Versicherung Glauben finden. Wer es aber nicht glaubt, der stelle sich nur einen Tag lang an die Kohlenbahn und zähle die langen Reihen von je mit 80 Centnern beladenen Lowrys, welche die Dampfer stärkster Art vom frühen Morgen bis in die späteste Nacht den Berg hinauf zur Höhe des Bahnhofes schleppen, und zähle die Lastwagen, welche an einem Tage die von Zwickau nach Bockwa führende Straße passiren.

Will er aber noch etwas sehr Schönes, den Unkundigen Ueberraschendes, wohl auch auf den ersten Augenblick Erschreckendes sehen, so lasse er sich am finstern Abend von kundiger Hand in’s Freie führen. Bald werden ihm an vielen Stellen die leckenden und züngelnden Flammen aus ganzen Colonieen von Gluthöfen in die Augen fallen, die den bewölkten Himmel über und über mit Feuerschein überziehen. Er kann nicht anders glauben, als daß bedeutende Feuersbrünste die ganze Gegend heimsuchen und die Werke der Menschen verzehren. Aber das Feuer ist gebannt in wohlverwahrte Oefen, steht im Dienste der Menschen und muß die Steinkohlen zu Coak brennen. Daneben überzieht von Süden her eine in kurzen Pausen hochauffahrende weißblaue Flamme die Gegend weithin mit einem falben Lichte. Das ist die Gichtflamme aus den Hohöfen der Königin-Marienhütte in Cainsdorf, einem Werke, das mit eben so großer Anstrengung, als glücklichem Erfolge nach der Ehre aufstrebt, unter den großartigsten Hüttenwerken Deutschlands genannt zu werden. Von Zeit zu Zeit dringen auch dumpfe Schläge durch die Nacht, wie ferner Kanonendonner: sie[WS 4] kommen aus dem Walzwerke derselben Marienhütte, deren Walzen speiend und schießend sich sträuben, wenn sie die kurzen weißglühenden Eisenpaquete zu langgestreckten, kunstvoll ausgekehlten Eisenbahnschienen pressen sollen. Von allen Seiten aber haucht und ächzt und stöhnt und keucht es in langathmigen Zügen aus den Abzugsröhren der Dampfmaschinen; bei Tage verliert sich ihr Blasen unter dem Lärm der vielseitigen Tagesarbeit, aber in der Stille der Nacht dringt ihr Keuchen weithin durch die Luft, klagend, daß nur ihnen niemals eine Stunde der Ruhe vergönnt ist.

Die ganze Nacht hindurch geht das Schaffen und Arbeiten, und wenn am frühen Morgen der müde Nachtarbeiter zur Ruhe geht, ist die von ihm verlassene Arbeit für den Tag von seinem Nachfolger schon wieder aufgenommen und es beginnen auch Tausende von Händen mit neuer Kraft die Thätigkeit, die Berge abträgt, Thäler ebnet, Flüsse verlegt, Sümpfe in feste Straßen verwandelt, kurz es entwickelt sich ein Leben der Arbeit, wie es so großartig und vielseitig in keiner anderen Gegend des gewerbfleißigen Sachsens zu finden ist.

Und wer hat solch reiches Leben in der noch vor wenig Jahrzehenden so todten Gegend geschaffen? Das ist ein Geschenk des schwarzen Goldes, welches die Tiefe der Zwickauer Gegend in reichen Ablagerungen unter dem Namen der Steinkohle birgt. Ueber diese, ihre Lagerstätten, ihre Gewinnung, die Größe ihres Reichthums, über den Betrieb u. s. w. werden wir in unserem nächsten Artikel das Weitere berichten und in Zahlen und Schilderungen unseren Lesern ein anschauliches Bild der dortigen großartigen Industrie zu geben suchen.



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Zwickau und seine Kohlenwerke,
aus der Vogelschau dargestellt von A. Eltzner. Erklärung der Ziffern:
1. Königin Marienhütte. – 2. Eisenbahn von Zwickau nach Schwarzenberg. – 3. Kohlenschacht von Kraft und Lücke. – 4. Nieder–Cainsdorf. – 5. Straße nach Planitz. – 6. Planitzer Kunstschacht. – 7. Planitzer Himmelfahrtschacht. – 8. Planitzer schiefe Ebene und neuer Schacht. – 9. Planitzer Coaksöfen. – 10. Hinter–Neudörfel (Dorf). – 11. Himmelsfürst, Steinkohlenbauverein zu Nieder–Planitz und Vorder–Neudörfel. – 12. Vorder–Neudörfel (Dorf). – 13. Vereinsglückschacht (Zwickauer Steinkohlenbauverein). – 14. Auroraschacht (Zwickauer Steinkohlenbauverein). – 15. Sarfertschacht. – 16. Hoffnungschacht (Erzgebirg. Actienverein). – 17. Spinnerei von Petrikowsky. – 18. Schedewitz (Dorf). – 19. Vertrauenschacht (Erzgebirg. Actienverein). – 20. Orleansfabrik. – 21. Chemische Fabrik. – 22. Stadt Zwickau. – 23. Eisengießerei. – 24. Porzellanfabrik. – 25. Bürgergewerkschacht. – 26. Glas– und chemische Fabrik v. F. C. Fikentscher. – 27. Segen Gottesschacht (Erzgebirg. Actienverein). – 28. Hülfegottesschacht (Neuer Bürgergewerkschacht). – 29. Bahnhof. – 30. Paradiesbrücke. – 31. Röhrensteg. – 32. Hering’s Brauerei. – 33. Coaksöfen des Baron v. Milkau. – 34. Oberhohndorfer Forst–Steinkohlenbauverein. – 35. 36. Oberhohndorf–Schader Steinkohlenbauverein. – 37. Frisch Glück Schacht. – 38. Stölzel Schacht. – 39. Bescheer Glück Schacht. – 40. Oberhohndorf, Freistein Schacht. – 41. Kästner Schacht. – 42. Vereinigt Feld Schacht. – 43. Kästner u. Stephan Schacht. – 44. Ehrler Schacht. – 45. Winterschacht. – 46. Rauschacht. – 47. Reinsdorf. – 48. Martinschacht. – 49. Jung Wolfgangschacht. – 50. Fünfnachbargruben. – 51. Alter Consortschaftl. Maschinenschacht. – 52. Kästner’s Erben. – 53. 54. Heringsschächte. – 55. Kästner’s Erben. – 56. Wasserhaltungsmaschine. – 57. Dorf Bockwa. – 58. Hering Schacht. – 59. Coaksöfen von Hering u. Comp. – 60. Eisenbrücke. – 61. List Erben Schacht. – 62. Straße nach Schneeberg.

[445] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt.

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Ostindisches Jagdleben.[3]

Es gibt gewiß keine angenehmere Lustpartieen, als diejenigen sind, welche von der gebildeten, englischen Gesellschaft in Bengalen zum Zwecke der Jagd veranstaltet werden. Namentlich war von jeher die angenehme Gegend, welche in einiger Entfernung vom Fort William liegt, besonders reich an Wild jeder Gattung, und es wurde deshalb vorzugsweise von Jagdliebhabern heimgesucht. Man pflegt dazu die Zeit zwischen den Monaten November und März zu wählen, denn gerade in dieser Jahreszeit ist das Klima am günstigsten, die Temperatur höchst angenehm, die Luft ruhig und klar, der Himmel fast ununterbrochen wolkenleer. Eine größere Jagdgesellschaft richtet sich aber zu einer Partie gehörig ein und hat die umständlichsten Vorbereitungen nöthig. –

Man bestimmt zunächst einen auserwählten, hübschen und einladenden grünen Platz, der im Schatten des Waldes und nahe bei einem Gewässer liegt, um hier das Jagdlager einzurichten. Zu diesem Zwecke borgt oder miethet sich die Gesellschaft Elephanten und Kameele, kleine Karren, Tragochsen und Coolie’s, d. h. Träger, welche man jeder Zeit für sehr mäßige Preise haben kann, um die Zelte, wie andere Jagd- und Bequemlichkeitsbedürfnisse nach dem ausgewählten Platze zu transportiren. Irgend einer der befehligenden Officiere dieser Gegend wird dann angesprochen, eine militairische Wache oder Escorte von Seapoy’s herzugeben, was immer mit Bereitwilligkeit erfüllt wird, da die Gesellschaft sich dieses bewaffneten Schutzes bedient, um im Falle des Hereinbrechens reißender Thiere gesichert zu sein, denn in allen Districten, wo der Wildstand bedeutend ist, findet man auch immer die Raubthiere zahlreicher versammelt. Vor fünfzig Jahren hatten die Jagdgesellschaften diese Seapoy’s namentlich auch zum Schutze gegen Räuberbanden nöthig, die in Bengalen umherstreiften und manche ungeschützte Jagdgesellschaft ausgeplündert haben.

Die Jagdgesellschaft bezieht förmlich ein Lager; die großen von derselben bewohnten Zelte werden gewöhnlich in einem Kreise aufgeschlagen, während diejenigen Zelte, welche für die Dienerschaft und die Bewachung bestimmt sind, rings um diesen Kreis gestellt werden und denselben einschließen. Jedes Zelt, das für eine Dame eingerichtet ist, hat drei Abtheilungen, einen Bettraum, einen Toilettenraum und ein Boudoir; der Boden wird mit Teppichen oder Rohrmatten belegt und, damit der Regen, der eintreten könnte, nicht in das Zelt dringen kann und die Sonnenstrahlen abgehalten werden und eine größere Kühlung erhalten wird, besteht jedes Zelt aus einer doppelten Bedeckung. Die Oeffnungen, welche demselben als Thüren und Fenster dienen, werden mit Matten behängt, die aus einem wohlriechenden Grase geflochten sind, und bei heißer Witterung beständig an ihrer Außenseite mit Wasser begossen werden. Es ist dieses Kühlungsmittel indessen selten erforderlich, da um diese Jahreszeit die Temperatur gewöhnlich eine gemäßigte, angenehme Wärme inne hält. – Mit dem Nutzen verbindet die englische vornehme Welt aber auch den Luxus, denn jedes Zelt ist in seinem Innern mit den schönsten Zitzstoffen, oft sehr kostbar gefüttert.

Für Lieferung der nöthigen Lebensmittel tragen die Mitglieder einer solchen Jagdgesellschaft nicht weniger Sorge. Ist der ausgewählte Lagerplatz gerade nicht in der Nähe eines Dorfes gelegen, so sorgen die einzelnen Familien, die zur Partie gehören, für ihren Bedarf; sie miethen zu diesem Zwecke „Banyanen,“ d. i. Haushofmeister, welche größtentheils Gemüsekrämer sind, und die Gesellschaft begleiten müssen. Diese Leute ergreifen gern eine solche Gelegenheit, um einen kleinen Nebengewinn zu verdienen, und liefern alle nöthigen Lebensmittel, während die Familien ihre Weine und verschiedenen Getränke selbst mitzubringen pflegen.

Bei solchen Jagdauszügen erscheinen die Herren zu Pferde, um in der galantesten Form die Damen nach dem Versammlungsorte zu begleiten. Die Damen nebst ihren Zofen reisen dabei gemächlich in zierlichen Palankeens (indischen Tragsesseln) und, wo der Weg es gestattet, in offenen englischen Wagen. Hat nun die Gesellschaft von ihren Zelten Besitz genommen, und ist die Jagdbelustigung eröffnet, so fängt sie mit Tagesanbruch an und vertreibt den Morgen damit, Eber, Wölfe, Antilopen, Moschusthiere, Damhirsche, rothe und andere Rehe, Hasen, Füchse und Schakals zu jagen. Außer dem gemeinen rothen, dem gefleckten und dem mäusefarbenen Rehe gibt es noch zehn bis zwölf andere Gattungen; wilde Schweine werden gewöhnlich in den neu angebauten Landstrichen und in den Zuckerrohrpflanzungen gefunden, und ihr Fleisch ist hier gerade am schmackhaftesten. Wölfe und Schakals sieht man bei Tagesanbruch um die einsamen oder entlegenen Dörfer herumschleichen, von wo sie sich dann in die Wälder, in ihre Höhlen oder in die Ebenen, in Gruben und Schluchten zurückziehen. Die Hasen lagern sich ebenso, wie in Europa. Das kleine Reh, das Moschus- oder Bisamthier und das gewöhnliche Reh verstecken sich in das dickste und höchste Gras, die Antilope und der Hirsch durchstreifen die Ebene.

Alle diese Thiere begeben sich jedoch in die „Jungle“ (so nennt man nämlich das sieben bis acht Fuß hohe, dicht verschlungene und fast undurchdringliche Gras, das überall auf unbebauten Landstrecken wächst), um zu weiden oder um Beute zu machen.

Aber einem so wildreichen Lande, wie Indien, kann es auch an reißenden Thieren nicht fehlen. Die hauptsächlichsten und gemeinsten Raubthiere, denen man hier begegnet, sind der große bengalische oder königliche Tiger, der Leopard, der in mehreren Gattungen vertreten ist, der Panther, die Tigerkatze, der Bär, der Wolf, der Schakal, der Fuchs, die Hyäne; außerdem gibt es hier das Rhinoceros, das aber nicht den Menschen gefährlich ist. – Wildpret und Raubthiere werden auf der Jagd vorgenommen; die Jäger schießen aber auch reichlich Geflügel, welches das Land in großer Auswahl darbietet; namentlich macht man Jagd auf Rebhühner, Felsen-Rebhühner, Hurrials oder grüne Tauben, Wachteln, Brachvögel, wilde Hähne und Hühner, Kibitze, schwarze, weiße und graue Pfauen, Florekins, Störche von verschiedenen Gattungen und Farben, Wasserhühner, braminische Gänse, Kraniche, wilde Gänse und Enten, Kriech-Enten, Pfeif-Enten, Wasserschnepfen und anderes Wassergeflügel in großer Zahl, von den seltsamsten Gestalten und glänzendsten Farben, wovon oft die Oberflächen des Wassers ganz bedeckt erscheinen und die im Auffliegen oft die Luft verfinstern.

Die Füchse sind klein, von zartem Gliederbau, mit feinen, braunen Haaren bedeckt, und haben keinen starken Geruch, da sie sich größtentheils von Getreide, Früchten, überhaupt Vegetabilien ernähren. Sie sind äußerst geschwind und gewandt, aber nicht stark und dauerhaft. Die Schakals sind etwas größer als die europäischen Füchse, aber von brauner Farbe und schwerfälligem Bau, auch ist ihre Nase stumpf; sie gleichen dem Wolfe mehr als dem Fuchse, und werden deshalb auch Goldwölfe genannt. Sie sind in großen Horden vorhanden.

Von den Rebhühnern gibt es verschiedene Gattungen, eine mit weißem Unterleibe, eine andere, die dem Haselhuhn gleicht, aber mehr gesprenkelt ist. Auch von den Kibitzen gibt es hier mehrere Arten. Wenn die Witterung recht warm ist, sieht man große Schwärme von Ortolanen über die Ebenen streichen. Fasanen findet man in Bengalens Wäldern fast nur an den Grenzen von Assam, bei Chittagong, so wie in den Bergen, welche Hindostan von Nepaul und Tibet trennen. Dort aber, besonders in der Umgebung von Moorung, sowie in Betiah sind sie groß und schön, man trifft dort den Gold- und den Silberfasan, den gefleckten, azurblauen, braunen und pfauenäugigen; dagegen gibt es Pfauen überall in vielen Arten und in erstaunlicher Menge.

Aus den Wäldern von Hindostan stammt sicherlich das gemeine, zahme Haushuhn her, das in Europa allgemein ist, denn man trifft sie hier in den indischen Wäldern und Landstrichen fast in jedem Gebüsche. Sie unterscheiden sich aber von ihrer zahmen Generation Europa’s dadurch, daß das Fleisch an ihrem Körper braun, das der Schenkel aber weiß ist, also umgekehrt wie beim zahmen Huhne. Die Hähne sind immer von einerlei Farbe, nämlich dunkelroth, sie haben einen sehr stolzen Gang und viel Kampflust; die Hühner sind alle braun. Es ist sehr unterhaltend, wenn man frühmorgens durch die Wälder reiset, die große Zahl Hähne krähen zu hören, ihren stolzen Spaziergang und ihre Gefechte anzusehen, während die Hennen mit ihren Küchlein zwischen Bäumen und Gebüschen umherschleichen. Sie werden aber wenig gejagt und gegessen, da ihr Fleisch weder so zart, noch schmackhaft ist, wie das [447] der zahmen Hühner. – Die Florekins halten sich in hohem Grase auf natürlichen Wiesen, am Rande von Seen und Teichen auf; deshalb hat ihr Fleisch Aehnlichkeit mit dem der wilden Ente und des Fasans; das Fleisch von Brust und Flügeln ist braun, das der Schenkel weiß, das gesammte Fleisch aber in hohem Grade zart, saftig und schmackhaft, wie man es selten bei anderem Geflügel findet, weshalb man auch gern Jagd darauf macht. Die Höhe des männlichen, bengalischen Florekin ist, wenn er steht, vom Boden bis auf den Rücken vierzehn Zoll und bis zum Kopfe, wenn er ihn aufrecht hält, siebenundzwanzig Zoll.

Waldschnepfen gibt es im südlichen Asien nirgends. Unter den Wasserschnepfen, von denen viele verschiedene Gattungen vorkommen, gibt es namentlich eine Art, welche man die „bemalte“ nennt und welche größer ist, als alle übrigen, und die Waldschnepfe völlig ersetzt. –

Derjenige Theil der Jagdgesellschaft, welcher nicht auf Wildpret schießen oder sich erholen will, vertreibt sich die Zeit mit Fischen, sowohl mit der Angel wie verschiedenen Arten von Netzen; viele Mitglieder der Partie begnügen sich aus Liebhaberei mit der Nachstellung von Hasen, Reihern, Kranichen, Störchen mittelst abgerichteter Falken. Für die Rebhühner und das kleinere Geflügel gebraucht man den Finkenfalken, oder andere kleinere Falkenarten. Einige Damen schließen sich immer der frühen Jagd an, und wenn es gilt, einer beabsichtigten Falkenjagd beizuwohnen, so besteigen sie kleine, äußerst gut abgerichtete Elephanten, die auf ihrem Rücken bequeme, mit Vorhängen und Dach versehene Sitze tragen; manche englische Damen besteigen auch selbst ein Pferd, die größere Zahl der Damen folgt in ihren Palankeen’s, unter deren Dachzelte und Vorhängen die aufgejagten Vögel und kleinen Füchse, gleichwie unter den Bäuchen der Elephanten und Pferde, Schutz und Rettung suchen, wenn sie von Falken oder Hunden gehetzt oder verfolgt werden. Im Allgemeinen aber stehen die Damen nicht so früh auf, um die Jäger schon bei Tagesanbruch zu begleiten, und sie zeigen sich in der Regel erst der Gesellschaft, wenn es Zeit zum Spazierenfahren oder Reiten ist.

Die Waffen, welche bei diesen Jagdpartien gewöhnlich gebraucht werden, sind mehr und mehr die der europäischen, namentlich englischen Jagd geworden. Während vor funfzig Jahren die Spieße und Flinten alter Construction, sowie Reiterpistolen gewöhnlich waren, bediente man sich allmählich der verbesserten Waffen. Man versieht sich mit Jagdflinten, Kugelbüchsen, Sattelpistolen, daneben aber auch noch mit leichten Lanzen, schweren Speeren und Wurfspießen. Jeder Jäger wird von einem Bedienten begleitet, der einen Säbel und einen Karabiner mit Bajonnett trägt, woraus vierlöthige Kugeln geschossen werden, für den Fall, daß man etwa Tigern, Hyänen, Bären oder wilden Büffeln begegnen sollte. Einige der Jagd beiwohnende Damen tragen wie Thalestris oder Hippolyta, im Dianenstyle Bögen und leichte Köcher, um damit kleines Wild zu erlegen.

Die Hunde, welche man zu der Jagd benutzt, sind Wachtel- oder Hühnerhunde, sowie persische und englische Windhunde und grimmige, starke Saufänger.

Die Treibjagd ist immer eine der hervorragendsten Vergnügungen solcher Jagdpartien. Alle Jäger zu Pferde, die Elephanten, die Bedienten, die militairischen Wachen (Seapoys), sowie alle möglichen Bauern, die man aufbieten oder miethen kann, werden in eine große, gerade Linie aufgestellt; in dieser Linie werden in abgemessenen Entfernungen weiße, auf sehr hohen Stangen flatternde Flaggen getragen, als Richt- und Gesichtspunkte, damit kein Theil der Jagdlinie rascher vorschreite, als der andere, und dadurch die gerade Richtung verloren gehe; alsdann rückt die ganze Linie in gleichmäßigem Schritte vorwärts und treibt alles Wild, das sich in diesem Bezirke befindet, vor sich her.

Wenn die Jungle (das hohe Gras) oder das Buschrevier, wodurch der Marsch geht, sich auf eine freie Ebene öffnet, wie es sein soll und vorher wohl ausgemittelt ist, dann gibt es ein äußerst interessantes und lebhaftes Schauspiel, indem man die Menge und die Verschiedenheit der Thiere beobachtet, die nun aufgescheucht aus ihren Verstecken hervorbrechen; einige werden wider ihren Willen herausgetrieben, andere kehren mit Gewalt in das Gebüsch zurück. Während dieser Scene von Unordnung, Flucht und Verwirrung des verschiedenen Wildes wird ein bedeutendes Gemetzel unter ihm durch Jäger und Falconiers gemacht, und die Bauern nebst ihren Kindern fangen die jungen Rebhühner, Hasen, Frischlinge und anderes junges Wild, das sich in das Gebüsch zurückgeflüchtet hat, entweder lebendig, oder schlagen sie mit Stöcken und Zaunpfählen todt.

Es ereignet sich auch wohl, daß die Einwohner eines Dorfes die Herren einer größeren Jagdgesellschaft dringend bitten, einen Tiger zu tödten, der vielleicht schon längere Zeit ihren Bezirk verheert, ihre Heerden und Hirten zerrissen und sie selbst in fortwährender Angst erhalten hat. Obgleich ein solches Unternehmen immer ein kühnes und gefährliches Wagestück ist, das die Zager bei ruhigem Blute ablehnen würden, so schlagen sie es doch bei solchen Gelegenheiten und in der muthigen Stimmung des einmal begonnenen Jagdlebens selten ab. Der Wunsch, sich in Gegenwart des schönen Geschlechts auszuzeichnen, war überhaupt den Engländern stets eigen; die Aufmunterung des Augenblicks und die Gefühle des Mitleids, welche die geängstigten Dorfbewohner anregen, bestimmen gewöhnlich den raschen Entschluß; man rüstet sich zum Kampfe gegen das blutgierige Raubthier, während die zitternden Dorfbewohner sich ferne von der Gefahr halten.

Wenn eine solche Tigerjagd mit Ueberlegung und Vorsicht geführt wird, namentlich von den Seapoy’s eine militairische Unterstützung findet, so wird dieselbe gewöhnlich schnell und glücklich beendigt und die Jäger bringen das erlegte Thier, unter dem Beifalle der Damen und den Dankäußerungen der befreieten Landleute, nach den Zelten, wo es als Trophäe dient; wenn die Jäger aber ihre Geistesgegenwart verlieren, den Kampf übereilen oder unnöthiger Weise verlängern, oder wenn sie mit Unvorsichtigkeit handeln, das erbitterte Thier in Unordnung oder mit Tnmult angreifen, so endet die Begebenheit nicht selten sehr unglücklich, indem der Tiger den Einen oder den Andern ergreift und zerfleischt, und seine Wuth an den Verfolgern nicht eher endigt, bis er entweder erlegt oder in die Flucht gejagt ist. Ich werde nachher noch einige Tigerjagden näher beschreiben. –

Es kommt auch vor, daß die Einwohner eines Dorfes eine in ihrer Nähe lagernde Jagdgesellschaft aufrufen, sie und die Gegend von wilden Büffeln zu befreien, die ihre Felder verwüsten, oder sie bitten, die großen Teiche und Landseen der Gegend von Krokodilen zu reinigen, die ihre Fische verschlingen und auch auf dem Lande Schaden und Schrecken anrichten. Solche Unternehmungen sind bei Weitem nicht so gefährlich, wie die Jagden auf Tiger und werden gewöhnlich von der Jagdgesellschaft gern und glücklich ausgeführt.

Auf solchen Jagdpartien gibt eine Trommel und eine über dem Speisezelte aufgezogene Flagge das Versammlungszeichen für die Gesellschaft, daß die Zeit des Speisens gekommen sei. Ein höchst angenehmes und fröhliches Mahl ist das Frühstück. Die Jäger kehren zurück, frisch, muthig und mit gutem Appetite. Der Anblick der Damen in einfachem und leichtem Morgenanzuge, im weißen, feinsten Mousselingewande mit fliegenden Bändern, und in leicht geordneten Haaren, erfreuet das Auge des heimkehrenden Jägers ebenso sehr, wie alle Arten kalter Speisen nach englischer, französischer, italienischer und holländischer Küche, Fleisch und Fisch, Salate und Früchte, Milch, Kaffee, Thee und Chocolade den Gaumen erfrischen, und eine allgemeine heitere Laune das Mahl und die Stunde angenehm würzt.

Nach eingenommenem Frühstücke werden Fuhrwerke jeder Art vorgeführt, um eine Spazierfahrt zu machen, aber das geschieht nicht nur allein in der Absicht, frische Luft zu genießen, sondern um gemeinschaftlich irgend eine nahe gelegene Natur- oder Kunstmerkwürdigkeit, oder eine Manufactur in Augenschein zu nehmen; gewöhnlich ist das Ziel solcher Lustfahrten eine merkwürdige Stadt in der Nachbarschaft, eine berühmte Pagode oder Moschee, oder Dirga, oder ein Mausoleum, oder irgend ein heiliger Wald, der Aufenthaltsort von Fakiren, oder die Spitze rauher Klippen, die über See oder Fluß hängen und eine reizende Aussicht gewähren.

Nach Beendigung solcher Lustfahrten werden die noch übrigen Stunden bis zu einem frühen Mittagessen auf verschiedene Weise, nach Laune und Belieben angewandt; Einige von der Gesellschaft spielen Fangball, Andere zielen nach Wurfscheiben, wieder Andere üben sich im Springen oder Fechten, lassen ihre Pferde wettrennen, schießen nach vorgesteckten Zielen, oder schwimmen in nahen, von Wald und Feld versteckten Gewässern. Wieder andere der Gesellschaft suchen eine große Freude darin, kleinere Thiere, namentlich Vögel, Fische, Schlangen etc. lebendig zu fangen, zu welchem Zwecke sie eine große Mannichfaltigkeit von Geräthschaften bei sich führen, [448] und an der Spitze der in Wäldern und Bergen umziehenden Thierfänger, die gern in der Nähe solcher Jagdgesellschaften erscheinen und sich von den Herren anführen lassen, ausziehen. Dazu führen sie dann, außer ihren Flinten, Speeren, Pfeilen etc. auch Blasrohre, aus denen mit Früchtchen und Lehmkugeln geschossen wird, Vögelsprenkel und dergleichen bekannte Geräthe zur kleinen Jagd mit sich.

Unterdessen lesen die Damen oder gehen im Schatten des Waldes spazieren, oder sie lassen sich schaukeln, üben sich im Bogenschießen, spielen Gesellschaftsspiele und treiben Musik in ihren Zelten, oder machen Handarbeiten, wobei vorgelesen wird. Später, gewöhnlich um ein Uhr, findet dann zum Beschluß eines fröhlichen Vormittags eine zweite Mahlzeit statt; darauf hält die Gesellschaft, wenn sie sehr ermüdet, oder das Wetter sehr warm ist, eine Siesta, die überhaupt in Indien allgemeine Sitte ist, und wenn dann gegen Spätnachmittag die Sonne zu sinken beginnt, werden wieder Pferde und Wagen bestiegen, um eine Lustfahrt oder einen Ritt zu machen, oder, wo ein Gewässer in der Nähe sich befindet, werden Kähne in Bereitschaft gehalten, um eine Wasserfahrt in kühler Abendluft zu unternehmen. Da die Dämmerung in den Wendekreisen sehr kurz ist, so folgt die Nacht sehr bald auf den Untergang der Sonne. Man eilt nun in das Jagdlager zurück, wo man sich mit Karten-, Würfel-, Schach- und Gesellschaftsspielen, Tanz, Possenspielen, sowie der Darstellung indischer Taschenspieler, Seiltänzer und Bajaderen, die sich gern bei solchen Gesellschaften einfinden, die Zeit angenehm vertreibt. Um neun Uhr wird dann das eigentliche Mittagsessen, das aber mit besserem Rechte Nachtessen heißt, eingenommen, das in Genuß und Heiterkeit den angenehmen Tag beschließt.

In solcher Weise und Abwechselung verlebt eine Jagdgesellschaft gewöhnlich fünfzehn bis zwanzig Tage, wonach sie dann das Lager verläßt und nach Hause zurückkehrt.

Es ist bereits der Tigerjagd erwähnt worden – die intessanten aber auch gefährlichen Umstände dabei dürften noch nähere Mittheilungen gestatten.

Ganz eigenthümlich ist es und von Niemandem, der je einmal Gelegenheit gehabt hat, Tiger in freiem Zustande zu beobachten, kann es bezweifelt werden, daß der Tiger, wie überhaupt alle zum Katzengeschlecht gehörigen Raubthiere, eine seltsam bannende Kraft über andere, namentlich Beutethiere, ausübt. Wenn zum Beispiel Rehe einen Tiger erblicken, so bleiben sie auf einmal still stehen, als würden sie von einem Zauber festgehalten, während der Tiger seine Blicke nicht von der Beute abwendet und, ehe die Rehe ihn gesehen haben, ruhig ihre Annäherung im Verstecke abwartet. Erst wenn sie ihm nahe genug gekommen sind, um sie mit einigen Sprüngen zu erreichen, dann bricht er auf die Festgebannten ein, denn der große, königliche Tiger vermag weder schnell noch anhaltend zu laufen und würde, wenn er der Beute den Weg durch größere Geschwindigkeit abgewinnen wollte, manches Thier schwerlich einholen können. Das Glänzen und Funkeln seiner feurigen Augen ist furchtbar und grimmig; ich sah einmal selbst in der Nacht, in einem Gehölze, durch welches ich reisete, einen königlichen Tiger, indem mir das Funkeln seiner Augen schon eine Strecke weit bemerklich wurde. Das Licht der Fackeln, die meine Leute trugen und die man Nachts immer bei sich führt, sowie der Lärm eines Tamtam (einer kleinen Trommel), die man in solcher Gefahr sogleich anschlägt, verhinderte den Tiger, sich uns zu nähern.

Da, wo sich ein Tiger aufhält, oder wo er vorübersteicht, versammeln sich immer eine Menge Vögel, die ihn umschwärmen, umhüpfen und über ihm seines Weges fliegen, und dabei so stark schreien und pfeifen, als wollten sie die ganze Gegend warnen. – Der Pfau scheint ganz besonders von ihm angezogen zu werden, denn sobald ein Tiger von einer Truppe Pfauen erblickt wird, so nähern sie sich ihm auf der Stelle, spazieren um ihn herum mit aufgerichteten Federn, ausgespanntem Schwanze und schlagenden Flügeln.

Es wurde einst gemeldet, daß in Seringapatam ein großer Tiger, der auf der Insel eingedrungen war, viel Vieh getödtet und sogar mehrere Einwohner zerfleischt habe. – Die anwesenden Engländer beschlossen, sogleich eine große Tigerjagd zu veranstalten, wozu die jagdlustigen Officiere und mehrere Fremde und Einheimische sich verbanden und zwanzig Soldaten nebst einem Unterofficier zur Hülfe mitbekamen. Ein Eingeborener der Insel führte die Jagdgenossen und ihr militairisches Detachement an, um den Platz anzugeben, wo der Tiger lagerte.

Nachdem wir uns ungefähr eine englische Meile weit von der Stadt entfernt hatten, gelangten wir in Zuckerrohrfelder, die von einander durch dicke und hohe Bambushecken getrennt waren, welche auf jeder Seite einen trockenen Graben hatten.

Der Führer erklärte, daß der Tiger unter dieser Hecke sein Lager habe, aber nicht angegeben werden könne, auf welcher Seite derselbe sich befinde. Die Jagdgesellschaft und das Militair trennte sich in zwei Abtheilungen, von denen jede eine Seite der Hecke vornahm und so mit Aufmerksamkeit dem wilden Feinde entgegenrückte.

Auf der linken Seite, wo sich das Thier wirklich befand, ging der Führer und neben ihm ein junger Mann, der mit mir gereiset war und als guter Jäger sich mit hervorragender Kampflust der Gesellschaft angeschlossen hatte, sowie ein junger Schweizer, welcher in englischen Diensten stand, – diese drei Muthigsten schritten der ganzen übrigen Gesellschaft voraus. Sie hatten ungefähr dreißig Schritte in tiefster Stille und gespanntester Erwartung vorwärts gemacht, als der Führer plötzlich seine beiden Begleiter zurückhielt und mit lautlosen, schwachen Geberden zu verstehen gab, daß das Thier etwa fünf Schritte von ihnen im Schatten der Hecke im Graben liege und schlafe.

Der junge Schweizer, welcher gern den ersten Schuß haben wollte, schlug sogleich auf den Tiger an, mein Reisegefährte, der auf diese Ehre eifersüchtig war, verhinderte ihn am Feuern und meinte, der Tiger müsse zuvor geweckt werden, um im ehrlichen Kampfe zu unterliegen, und ehe man diese Kühnheit des auf seine Jagdgeschicklichkeit trotzenden Jünglings abwenden konnte, hatte derselbe bereits einen Stein ergriffen und denselben auf den Tiger geschleudert.

So wie derselbe den Stein empfangen hatte, knurrte er, sprang auf, streckte sich, setzte sich in die Position des Sprunges, um sich auf seine vor ihm stehenden Gegner zu stürzen, zu gleicher Zeit hatte aber mein Reisegefährte angeschlagen und feuerte im Augenblicke, wo der Tiger den Angriffssprung machte, so glücklich seine nur gewöhnliche Musketenkugel ab, daß diese dem Tiger durch das linke Auge in das Gehirn eindrang und ihn auf der Stelle tödtete. –

Da schon Fälle vorgekommen sind, daß ein Tiger 50 Kugeln erhalten hatte, ohne zu fallen, so nahm dieser Meisterschuß zwar der Jagd die möglichen Abenteuer, aber er schützte vor vielen unberechenbaren Zufälligkeiten und Gefahren. Sowie der Tiger den Schuß bekam, stieß er einen einzigen, aber furchtbaren und weit durch die Gegend dröhnender Schrei aus und stürzte auf dieselbe Stelle nieder, die soeben der glückliche Schütze durch einen Seitensprung verlassen hatte, da der Tiger ihn zum Ziele ausersehen haben mußte. In dem Jubel der glücklichen That stürzte sich der junge Mann auf den in den heftigsten Todeszuckungen liegenden Tiger, dessen krampfhafte Bewegungen noch immer einen Menschen hätten umbringen können, schloß ihn in seine Arme und rief: „er ist mein, er ist meine rechtmäßige Beute!“ – dann stieß er ihm das Bajonnett einige Male in das Herz und tödtete ihn vollends.

Dieser Tiger war eins der schönsten Exemplare seiner Gattung; er war weiblichen Geschlechts, nicht völlig zwei Jahre alt, also noch nicht ganz ausgewachsen, und maß doch schon von der Spitze der Nase bis an das Schweifende zehn Fuß. Er war so schwer, daß zwölf Mann der militairischen Begleitung nöthig waren, um ihn nach der Stadt zu tragen. Die Behörde schenkte den Tiger meinem Reisegefährten, und wollte ihm auch noch ein Geldgeschenk machen, was er aber ablehnte. Er verkaufte denselben später an einen englischen Kaufmann für 10 Pfund Sterling.




Mappen zur Gartenlaube.
Zur besseren Erhaltung der einzelnen Nummern der „Gartenlaube“ haben wir
elegante Mappen mit Goldverzierung
anfertigen lassen, die wir namentlich Familien angelegentlich empfehlen. Der Preis ist nur 13 Ngr.
Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

  1. Die Denkwürdigkeiten Ludwig Storch’s, die wir bei Gelegenheit des daraus mitgetheilten Auszugs seiner Biographie (Nr. 15. 1856) besprachen, haben durch eine nicht kleine Anzahl einzelner Aufsätze und Besprechungen von interessanten Persönlichkeiten, mit welchen der Dichter in irgend welcher Beziehung gestanden hat, einen ganz eigenthümlichen Reiz. Der Verfasser hat diese kleinen Bilder, die er dem großen Bilde beigegeben, „Medaillons“ genannt. Wir werden einige davon mittheilen, da an den Druck des ganzen Werks vor der Hand nicht zu denken ist.
    D. Redact.
  2. Das war der Grund wohl nicht; er lag vielmehr in Goethe’s Charakter. Kirms schrieb einmal an Ifland: „Sie vermissen vielleicht eine Herzlichkeit an ihm (Goethe); das kann sein. Von dieser Seite zeigt er sich nicht oft und alsdann nur, wenn er einen Menschen lange geprüft und bewährt gefunden hat.“
    D.
  3. Mit Genehmigung des Herrn Verlegers aus dem erst vor einigen Tagen in Leipzig ausgegebenen interessanten Werke: Ostindien, seine Geschichte, Cultur und seine Bewohner von Ph. v. Mökern. 2 Bde., über den wir in einer der nächsten Nummern ein Näheres berichten werden. D. Red.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Hirnententzündung
  2. Vorlage: hahen
  3. Vorlage: verheitrathet
  4. Vorlage: siie