Die Fächerausstellung in Karlsruhe (Luthmer)

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Autor: F. Luthmer
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Titel: Die Fächerausstellung in Karlsruhe
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aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die Fächerausstellung in Karlsruhe.

Von F. Luthmer. Mit Zeichnungen von Franz Hein.

Der lose Zephyr raubte Psychen, die er schlafend fand, einen Kuß. Von Amor, dem zürnenden Gatten, ergriffen und mit dem Tode bedroht, entrang er sich der rächenden Hand, in der er doch einen seiner Flügel beim Ringen zurücklassen mußte. Nun saß Zephyr, klagend ob seiner Wunde, im Rosengebüsch verborgen, und kein Lüftchen regte sich in der weiten Flur, um Psyche, die erschreckt vom Streite bewußtlos in des Gatten Arm gesunken war, zum Leben zurückzurufen. Nathlos blicke Amor um sich – nirgends Wasser, nirgends ein kühlender Lufthauch! Da gedachte er des Zephyrflügels in seiner Hand und bewegte ihn fächelnd gegen die Geliebte: der erste Fächer war geschaffen! –

Diese zierliche Mythe, die sich auf einem alten Fächer spanischer Herkunft fand, gab Frau von Freydorf den Gedanken zu einem sinnigen Gedichte, das wir auf den Speichen eines von ihr gemalten Fächers der Karlsruher Ausstellung sehen. Es wäre nun, offengestanden, dem Verfasser sehr erwünscht, wenn sich die liebenswürdige Leserin mit dieser poetischen Andeutung vom Ursprung des Fächers begnügen wollte. Denn um diesem geschichtlich auf den Grund zu gehen, müßten mir sehr weit ausholen – so weit, bis sich unser Blick in die Dämmerung der Urzeit verliert.

Sicher ist, daß die tropischen Länder die Heimath des Fächers sind, sicher auch, daß sein erstes Vorbild das Palmblatt war. Jene Bilder, welche uns von den Thaten der uralten Herrscher Aegyptens erzählen, nicht minder Relieftafeln von Ninive und Babylon verrathen uns schon den Gebrauch des Fächers. Freilich hat der Pharao das Kühlung bringende Geräth ebensowenig selbst geschwungen wie der indische Rajah unserer Tage. Vielmehr sehen wir den Triumphwagen oder das Prunklager des Herrschers von Dienern umgeben, welche mächtige Fächer an langen Stangen bewegen. Nach den Abbildungen scheinen dies Vorrichtungen gewesen zu sein, die aus großen, nach Art eines Pfauenrades zusammengesteckten Federn gebildet waren; daneben gab es aber wohl auch kleinere Wedel, die nur aus einem Büschel schwanker Reiherfedern in einem kostbaren Griff bestanden. Daß die Frauen von Athen neben Sonnenschirm und Handspiegel den Fächer als unentbehrlichen Toilettegegenstand aufgenommen hatten, lehren uns zahlreiche Vasenbilder, welche uns eine antike Dame mit dem „Skepasma“ so anmuthig spielend darstellen, als wäre sie eine Französin oder Spanierin von heute. Die Palmblattform, durch die Kunst zu jener Ornamentform verschönt, welche man heute „Palmette“ nennt, wiegt dabei allgemein vor. Durch die Zeit der Römerkultur hindurch, wo der Fächer sich auch wohl in die Hände der durch die Bäderanlagen schlendernden Lebemänner der späteren Kaiserzeit verirrte, im frühen und späten Mittelalter bleibt der Fächer ein notwendiges Geräth der weiblichen Toilette; aber immer nur der Fächer mit festem Stiel. Der so naheliegende Schritt zum Klappfächer mit beweglichen Speichen wird nirgends getan. Dem Bedürfniß, das Fächerblatt zu bewegen, dient im späteren Mittelalter eine Anordnung, der wir bei den Fächern der

Venezianerinnen begegnen: das Blatt, meist reich in Seide gestickt oder bemalt, sitzt als kleine Fahne seitwärts an einem Stock, um welchen es sich herumschwingen läßt.

Fächer aus Samoa, China, Tunis.

Daß Venedig für Europa der Ausgangspunkt dieser Form gewesen ist, läßt uns ihren eigentlichen Ursprung im Orient suchen, und thatsächlich liefert uns Indien noch heute Fächer ähnlicher Gestalt, bei denen nur die Fahne, reich aus Federn gebildet, mehr wie die Klinge eines Beils gestaltet ist, während die Kühlung ebenso wie bei den Venezianern durch Drehung erzielt wird. Auch die von indischer Kultur stark beeinflußte Insel Sansibar kennt ähnliche Gebilde.

Erst die Beziehungen zu Ostasien, welche unter Mazarins Herrschaft durch die „Compagnie des Indes“ und andere Handelsgesellschaften eröffnet wurden, brachten neben anderen Erzeugnissen Chinas und Japans auch den Fächer, an welchen wir heute zunächst denken, wenn wir das Wort

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  Altindischer Fächer.

 Japan.   China.
Aus dem heutigen Indien.  

aussprechen: jenes bewegliche Gerüst strahlenförmig verbundener Stäbe, welche entweder nach oben verbreitert selbst die Windfläche bilden oder als dünne Stäbe gestaltet einem Blatt von Seide, Pergament, Papier u. s. w. zur Stütze dienen. Eine solche Vorrichtung mußte natürlich in ganz anderer Weise der Aufgabe des Windmachens entsprechen, als das steife Palmblatt, und dieses daher in kurzer Zeit verdrängen. Einen Rest davon hat indessen die Mode unserer Tage wieder ans Licht gezogen, indem sie als leichten Sommerfächer das natürliche Blatt der Fächerpalme benutzt, welches bei jedem Gebrauch mit frischen Blumen besteckt wird. Auch der Kaminfächer (écran) erinnert noch an sein ursprüngliches Vorbild; weniger zum Fächeln bestimmt, als um beim Plaudern am Kamin das Gesicht gegen die Wärmestrahlen zu schützen, wird er sein Dasein wohl überall da weiter führen, wo es Kamine und – anmuthige Plaudermäulchen giebt.

Kaminfächer (Spät-Rokoko).

Fächer aus China. Centralafrika.  Indien.
Fidji-Inseln.  Sansibar. 

Entsprechend dem Gebrauch im Lande ihrer Herkunft geriethen auch in Frankreich die Faltfächer zuerst in die Hände der Männer; es hat für unsere Vorstellung etwas Komisches, uns die großen Herren vom Hofe Ludwigs des Vierzehnten mit koketter Bewegung den Fächer schwingend zu denken. Doch wurde dieser Mißgriff bald berichtigt und der Fächer blieb von nun an unbestrittener Besitz der Frauenhand. Als solcher trat er natürlich unter die Herrschaft der Mode, und wie die Kleidung und der Schmuck war er verurtheilt, jede Laune dieser Herrscherin mitzumachen. Hier nur ganz kurz die Hauptzüge dieser Wandlungen: Die ersten in Europa erzeugten Fächer entsprachen ganz ihren chinesischen Vorbildern, sie waren klein, ganz aus Elfenbein geschnitten und mit Lack bemalt, zuerst wohl in treuer Anlehnung an asiatische Muster, später in eigenartiger kostbarer Ausführung.

Fächer von G. Schönleber.

Nach und nach [574] vergrößert sich der Umfang und als eigentlich windgebender Theil wird das gefältelte Blatt eingefügt. Aber das Gestell behält noch die ursprüngliche geschlossene Form; seine Verzierung kümmert sich nicht um die einzelnen Speichen und zieht sich als geschlossenes Bild über die ganze untere Fläche des Fächers. Herrliche Werke dieser Art, aus Perlmutter geschnitten und mit verschiedenfarbigem Golde belegt, erzeugte das Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts unter der Regentschaft des Herzogs Philipp von Orleans und der Regierung Ludwigs XV. Allmählich aber verlangte die Mode in diesen Verzierungen größere Durchbrechungen, eine luftigere Komposition, und diese Entwickung endete damit, daß man die einzelnen Speichen selbständig behandelte. Hat die Zeit Ludwigs XVI. auch in dieser Form noch äußerst geschmackvolle Erfindungen aufzuweisen, so wird in den Tagen des ersten Kaiserreichs die einzelne Speiche am Ende so dünn, das Fächerblatt schrumpft zugleich so zusammen, daß die Fächer einen entschieden mageren, dünnbeinigen Eindruck machen. Ueberaus reich an schönen, mit höchstem Geschmack durchgeführten Fächern war in Frankreich die Zeit Louis Philipps und des zweiten Kaiserreichs. Die besten Gestelle aus alter Zeit wurden von gewandten Händen nachgebildet, für die Bemalung der Blätter die ersten Künstler herangezogen.

So kommt es, daß noch heute Paris fast die ausschließliche Geburtsstadt aller Fächer ist, die auf künstlerische Form Anspruch machen. Allerdings traten die großen Wiener Fabrikanten nicht ganz ohne Erfolg in den Wettbewerb mit Paris ein, und es giebt in der That einen besonderen Wiener Stil, der sich durch reizvolle Erfindungen verräth. Außerdem erzeugt Oesterreich köstliche Stoffe für die Fächerindustrie, unter anderem Hölzer von überaus feiner Art, und so erlangten die österreichischen Fächer ganz wie die spanischen Heimathrecht auf den größeren europäischen Märkten. Auch Deutschland ist neuerdings, wie wir nachher sehen werden, in gutem Fortschritt begriffen, aber die erste Stelle kommt doch nach wie vor den Erzeugnissen der französischen Kunsthandwerker zu.

Diese letztere, wohl von keinem unbefangenen Sachverständigen geleugnete Thatsache ist vielleicht ein Hauptbeweggrund gewesen, daß der Vorstand des Badischen Kunstgewerbe-Vereins durch eine Fächer-Ausstellung, verbunden mit einem Wettbewerb für deutsche Künstler und Industrielle, unser Vaterland von der Alleinherrschaft der Pariser Industrie unabhängig zu machen suchte. Ob dies schwierige und weitgesteckte Ziel erreicht wird, diese Frage kann heute wohl noch niemand beantworten; daß aber auf dem angedeuteten Wege der erste Schritt mit Glück gethan worden ist, glauben wir mit dem Blick auf die glänzend gelungene „deutsche Fächerausstellung in Karlsruhe“ freudig bestätigen zu können. Wie aus dem Vorausgeschickten hervorgeht, hat diese Ausstellung neben der künstlerischen und kunstgeschichtlichen Seite auch eine volkswirtschaftliche von weittragender Bedeutung, – eine Seite, die unsere volle Aufmerksamkeit und Theilnahme in Anspruch nimmt. Man weiß, daß die tief in unser wirthschaftliches Leben einschneidende Frage der Frauenarbeit eine unermüdliche Beschützerin in der Großherzogin von Baden hat, daß eine Lösung dieser Frage nach der künstlerischen und kunstgewerblichen Richtung eine Hauptaufgabe des von ihr gegründeten Badischen Frauenvereins bildet. Bekannt sind auch die Schwierigkeiten, welche sich diesen Bestrebungen entgegenstellen; der schwerste Einwand, die ganze Frauenarbeitsfrage sei nur aufgeworfen, um den Arbeitslohn der Männer herabzudrücken, wird am leichtesten da widerlegt werden, wo es sich um zarte leichte Arbeiten, um einen gefälligen Geschmack handelt. So wird die Domäne der Putzmacherei, der künstlichen Blumen den Frauenhänden wohl unbestritten bleiben. Und die Fächermalerei, dieses spielende liebliche Kind der Mode, gehört unzweifelhaft auch in diese Reihe. Thatsächlich finden wir an dem Hauptsitz dieser Industrie, in Paris, weibliche Arbeiter nicht nur für Marktware beschäftigt, sondern auch für die vornehm ausgestatteten Erzeugnisse namhafte Künstlerinnen, welche das Bemalen von Fächerblättern als Besonderheit betreiben.

In italienischem Barockstil.

Daß auch unsere deutsche Künstlerschaft sowohl in ihren weiblichen wie in ihren männlichen Vertretern die Ausschmückung des Fächers mit Erfolg versucht hat, das beweisen deutlich die ausgestellten Arbeiten. Daß das Publikum, welches dieses schöne Luxusgeräth kauft und bestellt, sich mehr wie bisher den deutschen Künstlern zuwendet, wird die segensreiche Folge sein, welche die Veranstalter für viele Mühe und Anstrengung entschädigen muß. Ehe wir dem Leser eine kurze Blumenlese aus der Karlsruher Ausstellung vorführen, sollen aber in wenigen Worten die Grundsätze, nach welchen die Verzierung des Fächers vorgenommen wird, berührt werden.

Sehr beliebt bei dieser Kunstübung wie bei den meisten unserer Tage ist das Zurückgreifen auf klassische Muster, und auch hierin hat die Ausstellung dem Bedürfniß Rechnung getragen, indem sie nach vielen Hunderten die Fächer aus dem 18. Jahrhundert vereinigt hat, geschmückt mit jenen Meisterwerken der Kleinmalerei, für welche die Namen der französischen Künstler Watteau, Boucher etc. in Anspruch genommen werden. Dies „Watteau-Genre“ findet auch heute noch seine Verehrer. Jene galanten Spiele im Freien, seien sie im Schäfer- und Schäferinnenkostüm, seien sie von weltlichen oder geistlichen Vertretern der Hofgesellschaft veranstaltet; jene zierlichen Allegorien, in welchen der lose Liebesgott oder der Hirt Paris eine Hauptrolle spielt, begeistern auch noch die heutigen Künstler. Das überaus schöne Blatt, welches Prof. Eugen Klimsch in Frankfurt gemalt hat, bietet neben den Werken von Wittig, Schrödl, Rößler (Wien) ein besonders sprechendes Beispiel für diese Richtung. Weit mehr jedoch als dieses Zurückgreifen auf alte Vorbilder zeigt sich der Einfluß von Japan in der neuzeitlichen Fächermalerei. Es ist gewiß ein berechtigter Gedanke, da in die Schule zu gehen, wo die Faltfächer ihren Ursprung genommen haben; und dank der Hinneigung zu der Kunstweise Japans, welche seit mehr als einem Jahrzehnt unser gesammtes Kunstgewerbe zeigt, fehlt es nicht an vorzüglichen Mustern. Dazu kommt, daß die Eigenthümlichkeit der japanischen Kunst: das zwanglose, anscheinend an keine Kompositionsregeln gebundene Ueberstreuen der Fläche mit einzelnen Darstellungen, sowie die liebevolle naturwahre Wiedergabe der Wirklichkeit unserm modernsten Kunstempfinden allen Vorschub leistet. Und thatsächlich giebt die Karlsruher Ausstellung zu lehrreichen Betrachtungen über die Vermischung dieser beiden geistesverwandten Kunstweisen, oder wenn man lieber will, über die Uebersetzung des Japanismus ins Modern-Europäische vielfach Anlaß.

Wo diese völlig freie Dekorationsweise Beifall findet, kann man für die strengere Art, welche das Speichengerüste des Fächers zum Ausgang nimmt und den Drehpunkt desselben als idealen Mittelpunkt der Komposition betrachtet, wenig Vorliebe erwarten. So haben denn auch nur wenige Künstler sich in dieser Art versucht. Koberstein nimmt mit seinen Motiven aus dem Sommernachtstraum hier wohl die erste Stelle ein. Auch der Flötenspieler von Dannenberg und der schöne Fächer, welchen Max Koch in einer Sauerwaldschen Montierung ausstellt – beides glänzende Zeugnisse für die Berliner Fächerfabrikation – müssen hier an hervorragender Stelle genannt werden. Dem gleichen System, wenn auch in freierer Auffassung, gehört dann auch der Fächer an, welcher von vielen für die Perle der Ausstellung erklärt wird, eine Komposition von Prof. Eyth in Karlsruhe, die „Musik“ darstellend, mit einer prächtigen, von Rothmüller in München ausgeführten Fassung. [575] Es ist leicht erklärlich, daß die oben geschilderte modern japanische Richtung der Fächermalerei nicht nur weitaus die zahlreichsten, sondern auch die merkwürdigsten Beispiele der Ausstellung umfaßt. Legt sie doch dem Maler, dem vielleicht schon die Technik der Aquarellmalerei auf Seide, Pergament oder Schwanenhaut nicht ganz bequem liegt, wenigstens nach der Seite der Erfindung nicht die geringsten Hemmnisse in den Weg. So sehen wir denn auch die seltsamsten, oft überraschenden Motive verwerthet. Namentlich sind es die Künstler, welche Jacques Rosenberg, einer der thätigsten Veranstalter der Ausstellung und selbst wohl der erste Fächersammler Deutschlands, seit mehr als Jahresfrist mit der Anfertigung von Fächerblättern beauftragt hat, die sich ein wenig sorglos über die Zweckbestimmung ihrer Kunstwerke hinweggesetzt haben; ihre Werke bilden eine wundervolle Galerie von Aquarellen unserer ersten Meister, von Schönleber, Baisch, Koppay, Keller, Meckel, Bergmann, Kanoldt, Kallmorgen, Schmutzler, Papperitz, allein man fragt sich manchmal verwundert, warum der Maler diese sonnigen Flußlandschaften, diese Marinen, diese Fiakergruppe gerade in einen fächerförmig ausgeschnittenen Rahmen gesetzt habe. Verständlicher sind uns noch diejenigen Künstler, deren Kompositionen von den mannigfaltigen

Mit Fensterchen versehener Rokokofächer in chinesischem Geschmack.

Seiten des Fächers die eine oder andere, sei es die Kühlung, den Wind, oder auch das Neckische zum Motiv gewählt haben. So erinnert F. A. Kaulbachs reizende Skizze an den Windhauch in seinen verschiedenen Wirkungen; andere Künstler, wie namentlich Dettmann, gestalten Schmetterlinge oder leichte Vogelzüge, die vom Wind getrieben werden. Erfrischend kühl wirkt P. Meyerheims auf eine Eisscholle ausgestreckter Polarbär, oder Ritters jugendliches Mädchen, das seine reizenden Glieder in den Zotten eines Eisbärfells vergräbt.

Neben diesen, einen augenblicklichen Einfall des Künstlers festhaltenden Bildern fesseln uns wieder andere, in deren Inhalt wir uns erst vertiefen müssen. Aus der Reihe derselben sei Lüthis eigenartige „Gartenscene aus der Biedermeierzeit“ und Simms reizende Komposition hervorgehoben: ein Steinbild, ein von Amor mit Rosenketten gefesselter Löwe, bildet den Gegenstand der sehr verschiedenen Kritik zweier Pärchen, eines alten, noch im Rokokokostüm, das entschieden abfällig urtheilt, und einer anmuthig jugendlichen Frauengestalt im Incroyablekostüm, die ihrem Begleiter die Nothwendigkeit dieser Fesselung klar zu machen sucht.

Wenn irgendwo die leichte Vortragsweise der Japaner und ihre liebevolle Naturbeobachtung würdig ist, als Vorbild zu dienen, so ist es bei der Blumenmalerei der Fall, die wir in erdrückender Fülle auf der Karlsruher Ausstellung vertreten finden. Sie tritt uns entgegen bei denjenigen Ausstellern, die wir als die Pioniere einer deutschen Fächerindustrie bezeichnen dürfen, bei den Firmen F. Blos in Karlsruhe und Reichardt u. Co., Sauerwald und Donath in Berlin; besonders zahlreich aber in den Arbeiten der Malerinnen, für deren Zukunft diese Ausstellung zu sorgen hoffentlich berufen ist. Man darf es mit Befriedigung aussprechen, daß eine Fülle von Geschmack, eine Summe tüchtigen, über den Dilettantismus hinausgehenden Könnens sich hier offenbart. Wünschen wir, daß die mit dem Unternehmen verknüpften Absichten sich verwirklichen und daß so manche kunstgeübte Frauenhand, die bisher nur zur eigenen Freude oder zu Hochzeitsgeschenken für Freundinnen den Pinsel führte, künftig in lohnender Berufsarbeit ihre Geschicklichkeit verwerthen könne! –

Es erübrigt noch, derjenigen Fächer kurz zu gedenken, die in das Gebiet der Bijouteriearbeit hinübergreifen und die glanzvollsten Stücke der Ausstellung bilden. Hier ist meist das Fächerblatt vornehm bescheiden aus echter Spitze gebildet, und es ist die Schale, welche den Gegenstand edelster Gold- und Juwelentechnik bildet. In erster Linie steht hier ein Fächer aus „blondem“ Schildpatt mit Goldarabesken, die ganz mit Brillanten besetzt sind, aus der Werkstätte von Hessenberg in Frankfurt. Eine zweite Firma der reichen Mainstadt, A. Schürmann u. Co., hat ähnliche Arbeiten ausgestellt, bei welchen Perlmutter und Emailplättchen zu vornehmster Wirkung herangezogen sind. Auch Elymeyer in Dresden bleibt hinter diesen nicht zurück, ebenso wie auch Paar in Karlsruhe und Heimerdinger in Wiesbaden würdig vertreten sind. Von der Dekoration des Fächers durch Stickerei und Spitzenarbeit liefern die Stickereischule des Frauenvereins Karlsruhe, Claus in Schneeberg und mehrere andere ansprechende Beispiele.

Ueber dreitausend Kunstwerke umfaßt die Ausstellung; sie im einzelnen zu betrachten, ist unmöglich und man muß sich damit begnügen, eine allgemeine Uebersicht zu geben. Aber einem Wunsche sei zum Schluß noch Ausdruck verliehen: es gilt, eine uns großenteils verlorene Gruppe von Kunsterzeugnissen zurückzuerobern und der deutschen Frau ein neues künstlerisches Gebiet für ihre Arbeit zu eröffnen. Möge die Karlsruher Ausstellung das Ihrige beitragen zur Erreichung dieses patriotischen Zieles!