Die Dynamitexplosion in Santander

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Titel: Die Dynamitexplosion in Santander
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 809, 819
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Explosion des mit Sprengstoff beladenen Schiffes Cabo Machichaco im Hafen von Santander
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[809]

Der Hafen von Santander.
Nach einer Photographie von Hauser y Menet in Madrid.

[819] Die Dynamitexplosion in Santander. (Zu dem Bilde S. 809.) Der wichtigste Hafenplatz an der Nordküste Spaniens ist Santander, die Hauptstadt der Provinz gleichen Namens. An einer prächtigen Meeresbucht erhebt sie sich, malerisch zwischen Rebenhügel gebettet; um den geräumigen sicheren Hafen her hat sich ein reiches industrielles Leben mit seinen Ansiedlungen entwickelt. Dieser ganze Stadttheil ist nun in den ersten Morgenstunden des 4. Novembers durch eine grauenvolle Dynamitexplosion fast vernichtet worden. In der Nacht vom 3. auf den 4. November war an Bord des im Hafen ankernden Transportdampfers „Cabo Machichaco“ Feuer ausgebrochen; ein heftiger Wind trug die Flammen hinüber auf die benachbarten Lagerhäuser, und im Verlauf von einigen Stunden brannte die ganze Umgebung. Mit äußerster Kraftanstrengung versuchte man, des Feuers Herr zu werden und namentlich das dicht am Quai verankerte Schiff frei zu machen, um es in die offene See hinauszuführen. Allein alle Versuche scheiterten. Und doch wäre gerade die Entfernung des Dampfers das einzige Mittel gewesen, um die eigentliche Katastrophe abzuwenden. An Bord des „Cabo Machichaco“ befanden sich nämlich große Mengen Dynamit, die jeden Augenblick explodieren und die ganze Umgebung in die Luft sprengen mußten.

In der Frühe des 4. Novembers, kurz nach vier Uhr, trat das Furchtbare ein. Die ganze Stadt und die Dörfer auf mehrere Meilen im Umkreis erzitterten wie von einem Erdbeben, Häuser und Mauern wurden niedergerissen, Dächer abgedeckt, Thüren und Fenster zertrümmert, und der Hafenstadttheil selbst bildete im nächsten Augenblick eine einzige große Ruine, aus der ein Flammenmeer in die Lüfte stieg. Das Schiff war verschwunden, in Millionen Atome zerschlagen, mit ihm eine Dampfbarkasse und mehr als hundert kleinere Fahrzeuge. Der schwere Anker des „Cabo Machichaco“ wurde 800 Meter weit geschleudert, fiel auf den Balkon eines Hauses, zerstörte ihn vollständig und schlug dann tief in den Boden der Straße. Noch in einer Entfernung von 2 Kilometern wurde ein Mann durch herunterfallende Trümmer ge[t]ötet. In dem Augenblick, als die Explosion erfolgte, lief der Madrider Eilzug in den Nordbahnhof ein, und ehe noch die Reisenden die Wagen verlassen konnten, fing der Zug samt dem Bahnhof Feuer, so daß viele den Flammentod fanden, während andere sich aus den Fenstern des noch in vollem Gange befindlichen Zuges stürzten. Weit zahlreicher aber waren die Opfer des Unglücks im Hafen selbst. Unter den dort mit den Rettungsarbeiten Beschäftigten, unter den Zuschauern, die sich um die Quais drängten, ohne die Dynamitgefahr zu kennen, forderte die Explosion die zahlreichsten Opfer. Gegen 3000 Getötete sollen es sein, darunter der Gouverneur der Stadt, der Kommandant der Garnison samt 40 Of[fi]zieren, der Polizeipräfekt, die höheren Beamten überhaupt. Die Bestürzung war ungeheuer, man dachte nicht mehr daran, die Löscharbeiten for[t]zusetzen, den Verwundeten, deren jammervolle Rufe aus den Flammen drangen, Hilfe zu bringen. Erst als aus den benachbarten Städten Viktoria und San Sebastian Truppen und Feuerwehr in Sonderzügen eintrafen, ging man daran, dem verheerenden Brande Einhalt zu thun. Unser Bild zeigt den Hafenstadttheil von Santander vor dem verhängnißvollen Ereigniß. Mögen die Spuren des Unglücks bald vertilgt sein, mögen die Wunden, die da geschlagen wurden, nach Möglichkeit gelindert werden! Die spanische Regierung ist mit gutem Beispiel vorangegangen und hat sofort einen unbegrenzten außerordentlichen Kredit bewilligt für die Rettungsarbeiten und die Unterstützung der Hilfsbedürftigen.