Die „unio regni ad imperium“

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Autor: Hans von Kap-herr
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Titel: Die „unio regni ad imperium“
Untertitel: Ein Beitrag zur Geschichte der staufischen Politik
aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 1 (1889), S. 96–117, 331–345.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br
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Quelle: Scans auf Commons
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[96]
Die „unio regni ad imperium“.
Ein Beitrag zur Geschichte der staufischen Politik.
Von
Hans von Kap-herr.


I.

Kein Vorwurf ist häufiger und nachdrücklicher gegen Friedrich II. erhoben worden, als der Vorwurf hinterlistiger Treulosigkeit bei den Verhandlungen mit der Curie über die Trennung Siciliens vom Kaiserreiche. Hier legt Böhmer[1] den Massstab der „Ehre, Treue und Redlichkeit“ an das Verhalten Friedrichs, und da er ihn hier der Falschheit glaubt überführen zu können, so kommt er all’ seinen späteren Handlungen mit dem Verdacht unlauterer Absichten entgegen: auf dieser Grundlage hat er in grossen scharfen Zügen das Bild der Regierung Friedrichs als einer Kette von Lüge, Verrath und Bosheit gezeichnet.

Die Darstellung Böhmers ist trotz der apologetischen Versuche Schirrmachers und Winkelmanns für die historische Beurtheilung der Persönlichkeit Friedrichs massgebend geblieben; seine Auffassung bestimmt den besten neueren Kenner der Geschichte Friedrichs[2], der wie kein anderer redliches Streben darauf verwandt hat, Friedrich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sie beherrscht auch diejenigen Darsteller, deren politischer Standpunkt demjenigen Böhmers entgegengesetzt ist[3]; wenn [97] zwischen liberalen und ultramontanen Historikern Streit geführt wird über die Beurtheilung der Ziele Friedrichs, in der Verwerfung der Mittel, die er verwandt hat, um diese Ziele zu erreichen, stimmen sie heute mit Böhmer überein[4].

Die Verhandlungen über die unio regni ad imperium sind nun aber nicht bloss für die Beurtheilung des Characters Friedrichs von grundlegender Bedeutung. An sein Verhalten in dieser Frage knüpft sich derjenige Vorwurf, welcher auch die Ziele seiner Politik richtet: der Vorwurf der Vernachlässigung Deutschlands gegenüber dem sicilischen Königreich. Aus diesen Verhandlungen soll nach Böhmer hervorgehen[5], dass Friedrich von vornherein die Absicht gehabt habe, Sicilien zum Hauptsitz seiner Regierung, Deutschland zum Nebenland zu machen, seine königlichen Rechte in Deutschland habe er geopfert, um sich die Herrschaft in dem reichen und sonnigen Lande seiner Jugend zu erhalten. Und auch dieser Vorwurf ist an Friedrich haften geblieben.

Um so dringender mag eine genaue Prüfung der Frage erwünscht sein; erinnern wir uns kurz des Thatbestandes.

Mit schwerem Herzen hatte sich Innocenz III. entschlossen, den letzten Spross des staufischen Geschlechtes als Gegenkönig gegen den Welfen Otto aufzustellen, als dieser den Versuch machte, sich des sicilischen Königreiches zu bemächtigen. Früher hatte der Papst die Möglichkeit einer Throncandidatur Friedrichs weit von sich gewiesen, weil dieser die Ansprüche auf Sicilien und Deutschland in seiner Person vereinigte[6]; unterdessen hatte er an Otto eine bittere Enttäuschung erlebt; Friedrich war als Vasall der Curie, als Mündel des Papstes, als Schützling der Kirche aufgewachsen; schlimmer als Otto konnte er nicht sein, vielleicht durfte Innocenz auf die Dankbarkeit rechnen, die Friedrich gern öffentlich bekannte – unter allen Umständen konnte die Curie aus einer Erneuerung des Thronstreites in Deutschland nur Vortheil ziehen.

Auf die Aufforderung des Papstes wurde Friedrich in Deutschland zum König gewählt, in Rom holte er sich den Segen des [98] Papstes; als ein Pfaffenkönig, wie ihn sein Gegner Otto, als ein König von „Gottes und des Papstes Gnaden“, wie er sich selbst nannte, kam er nach Deutschland; hier hatte ihm die Autorität der Curie und die Macht des französischen Geldes, welches Innocenz in seinen Dienst zu stellen verstanden hatte, die Wege geebnet – er wurde feierlich gekrönt, die Schlacht von Bouvines entschied das Schicksal Kaiser Otto’s; bald darauf hören wir, dass das Verhältniss des Königreichs Sicilien zum Kaiserreich in den Verhandlungen zwischen Friedrich und der Curie eine Rolle spielt.

Mit Recht gehen die Darsteller der Geschichte Friedrichs von der Voraussetzung aus, dass Innocenz bei den Verhandlungen über die Wahl Friedrichs das Ziel verfolgt habe, der Vereinigung Siciliens mit Deutschland vorzubeugen.

In der Verbindung der Ansprüche auf beide Reiche hatte er früher das Hinderniss für die Candidatur Friedrichs gesehen; über diese Frage war es zum Conflict mit Otto gekommen; was wäre natürlicher gewesen, als dass Innocenz jetzt die Trennung Siciliens vom Kaiserreiche zur Bedingung für die Erhebung Friedrichs auf den deutschen Thron gemacht hätte?

Es fragt sich nur, in wie weit es ihm gelungen ist, in dieser Richtung Zugeständnisse von dem jungen König zu erlangen. Man nimmt an[7], dass die in Rom vollzogene Krönung von Friedrichs Sohn Heinrich zum König von Sicilien als ein Schritt zur Trennung der beiden Reiche zu betrachten sei; Friedrich habe dadurch die Absicht bekundet, seinem Sohne die Regierung Siciliens zu übergeben, während er sich die Herrschaft im Reiche, das heisst in Deutschland, Italien und Burgund vorbehielt.

Und diese Deutung findet in einer Urkunde Unterstützung, in welcher Friedrich am 1. Juli 1216[8] dem Papste verspricht, dass er sogleich nach seiner Krönung zum Kaiser seinem Sohne Heinrich das Königreich Sicilien als Lehen der Kirche überliefern werde. Er selbst wolle von diesem Zeitpunkt ab auf die Herrschaft in Sicilien verzichten, und auch den Namen eines Königs von Sicilien ablegen: bis zur Mündigkeit Heinrichs solle ein von der Curie abhängiger Reichsverweser die Geschäfte führen. Mit [99] dieser Massregel beabsichtige Friedrich der Meinung entgegenzutreten, aliquid unionis regnum ad imperium quovis tempore habere. Die ausdrückliche Anerkennung dieser Trennung Siciliens vom Kaiserreiche sei nicht bloss durch das Interesse der Curie, sondern auch durch das Interesse seiner eigenen Dynastie geboten.

Ich bemerke, dass die Urkunde vom 1. Juli 1216 ein Versprechen enthält, welches der König persönlich dem Papste Innocenz, nicht etwa der Curie gibt; es ist insofern kein feierliches Versprechen, als es nicht die Genehmigung der Reichsfürsten erhalten hat[9]; es ist wohl überhaupt nicht perfect geworden, da der Papst, wahrscheinlich bevor er die Urkunde zu Gesicht bekommen hat, am 16. Juli d. J. gestorben ist.

Aber man nimmt an, die Urkunde vom 1. Juli habe gewissermassen nur Ausführungsbestimmungen enthalten für die vorher erzielte principielle Vereinbarung über die Trennung Siciliens vom Kaiserreiche; sie setzt gewissermassen nur den Termin, da diese Trennung auch äusserlich zu Tage treten soll[10]. Die Hinterlist in dem Verhalten Friedrichs liegt darin, dass er der Trennung Siciliens vom Reiche heimlich entgegenarbeitete, während er sich öffentlich zu ihr bekannte. Nachdem er die Vereinigung Siciliens mit dem Reiche für seine Person ausgeschlossen hatte, erneuerte er dieselbe in seinem Sohne und Erben, da er die Wahl Heinrichs zum deutschen König veranlasste.

Diese Intrigue muss er schon bei Lebzeiten Innocenz III. eingeleitet haben: schon vor dem Versprechen vom 1. Juli 1216 hatte er den jungen König die Reise von Sicilien nach Deutschland antreten lassen, um hier seine Wahl zum deutschen König zu erwirken; ohne Vorwissen des Papstes, wie man annimmt, denn wozu hätte Heinrich den Seeweg von Sicilien nach Oberitalien einschlagen müssen (während seine Mutter, die Königin Constanze, zu Lande reiste), als um gegen etwaige päpstliche Nachstellungen gesichert zu sein? Bald nach seiner Ankunft in Deutschland wird Heinrich zum Herzog von Schwaben, dann zum Rector von Burgund erhoben: beide Maassregeln werden als Vorbereitungen [100] zur Königswahl gedeutet; schliesslich wird er zum deutschen König gewählt und die vorher verpönte unio regni ad imperium ist in der Person des Thronfolgers hergestellt.

Das Verhalten Friedrichs erscheint um so verwerflicher, als er, um sein Ziel zu erreichen, einerseits den Papst durch heuchlerische Zusicherungen für den Kreuzzug täuschte, andererseits die Wahl des jungen Heinrich bei den deutschen Fürsten nur mit Preisgebung der werthvollsten königlichen Rechte erkaufte: mit dem berühmten Privileg für die geistlichen Fürsten wurde die Erfüllung seines Lieblingswunsches bezahlt. Das schlechte Gewissen des Königs spricht deutlich genug aus dem „verlegenen und trügerischen“ Berichte an den Papst über die Königswahl Heinrichs[11]. Hier stellt er sich an, als ob er gar nicht begreifen könne, dass der Papst an der Wahl seines Sohnes Anstoss nehme; früher habe er allerdings sich um Heinrichs Erhebung bemüht, die jetzt erfolgte Wahl aber wäre ohne sein Zuthun durch freien Entschluss der Fürsten zu Stande gekommen. Er habe sogar seine Einwilligung geweigert, bis der Papst der Wahl zugestimmt hätte; sein Hofkanzler sollte nach Rom reisen, um dem Papste die Wahlacten vorzulegen, sei aber bisher durch Krankheit daran verhindert worden.

Diesen ganzen Bericht betrachtet man als eine lügnerische Entschuldigung an den leicht zu täuschenden päpstlichen Greis, dessen Gutmüthigkeit sich Friedrich zu Nutze gemacht habe, um ihm mit der vollendeten Thatsache entgegenzutreten[12].

Denn kurz vor der Königswahl Heinrichs hatte Friedrich das Versprechen, welches er am 1. Juli 1216 Innocenz gegeben hatte, Honorius gegenüber wiederholt, und zwar wiederum unter der ausdrücklichen Anerkennung, dass die vollständige Trennung Siciliens vom Kaiserreiche bestehen bleibe[13], ja in dem Berichte über die Wahl selbst giebt er die feierliche Zusicherung, an der Trennung Siciliens vom Kaiserreiche nach wie vor festzuhalten. Treibt Friedrich hier ein frivoles Spiel mit Worten[14]? Hat er [101] einen neuen Begriff von der Trennung der beiden Reiche herausgefunden, welcher ihm ermöglicht, seine früheren Versprechungen dem Wortlaut nach zu erfüllen, während er sie thatsächlich bricht? So sollte man glauben, wenn man die Urkunde betrachtet, welche Friedrich unmittelbar vor seiner Kaiserkrönung dem Papste ausstellte: sie versichert aufs feierlichste die Trennung Siciliens vom Kaiserreiche; diese Trennung soll darin ihren Ausdruck finden, dass für Sicilien besondere Beamte aus dem Königreiche selbst angestellt werden, und dass Sicilien ein eigenes Siegel führt. Damit also glaubte Friedrich die Zusicherung zu erfüllen, die er Innocenz und später Honorius gegeben hatte! Eine äusserliche Trennung der Verwaltung soll an die Stelle jener absoluten Trennung treten, von der die früheren Urkunden Friedrichs gesprochen hatten. Und wie verhielt es sich mit dem Versprechen, dass Heinrich nach erfolgter Kaiserkrönung seines Vaters in die selbständige Regierung von Sicilien eingesetzt werden sollte? Allerdings hatte Friedrich, als er dieses Versprechen Honorius gegenüber wiederholte, der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass er bei einer Zusammenkunft mit dem Papste für sich persönlich das Recht zur Regierung Siciliens erwirken werde. Hat Friedrich dieses Zugeständniss von Honorius erlangt? Wir hören nichts mehr von dem Plan einer Ueberlassung Siciliens an Heinrich, aber wir wissen auch nicht, dass die Curie jemals an dieses Versprechen gemahnt hätte, Honorius selbst nennt Friedrich bald nach der Kaiserkrönung „imperator et rex Siciliae“[15].

Im Ganzen haben wir den Eindruck, dass Friedrich einen diplomatischen Sieg über die Curie nicht gerade lauteren Mitteln zu danken hatte.

Dies ist, abgesehen von geringen Abweichungen im Einzelnen, der Verlauf der Verhandlungen über die sicilische Frage nach der Auffassung von Böhmer, Huillard-Bréholles, Schirrmacher, Berthold, Nitzsch, Lorenz und Ficker.

Einen Grund zur Rechtfertigung Friedrichs finden Schirrmacher, Nitzsch[16] und Lorenz[17] darin, dass Friedrich die Curie [102] mit ihren eigenen Waffen geschlagen habe: gerade von Innocenz soll Friedrich die Künste einer verschlagenen Politik gelernt haben, die er dann gegen den Nachfolger seines Meisters verwandte.

Nur Winkelmann[18] hat den Versuch einer Rechtfertigung Friedrichs aus einer abweichenden Deutung der Intentionen der Betheiligten unternommen.

Er unterscheidet die Verbindung Siciliens mit dem Reiche durch Personal- und durch Realunion, eine Unterscheidung, die zwar nicht in den Quellen der Zeit begründet ist, die wir aber vorläufig verwenden dürfen, um den thatsächlichen Gegensatz zwischen der Trennung in der Person der Herrscher und der Trennung in der Verwaltung zu bezeichnen. Ueber die Beseitigung der Personalunion sollen vor dem 1. Juli 1216 Verabredungen nicht bestanden haben; die Realunion habe Friedrich vor seiner Reise nach Deutschland durch Leistung der Lehnseide für Sicilien ausgeschlossen; erst in der bekannten Urkunde vom 1. Juli 1216 habe er auch auf die Personalunion verzichtet und zwar nur für seine Person und erst für den Zeitpunkt der Kaiserkrönung.

Wenn ich Winkelmann[19] recht verstehe, so ist es der Curie auch bei Ausschliessung der Personalunion vornehmlich auf die Sicherung ihrer Lehnshoheit über Sicilien angekommen. Die vollständige Trennung Siciliens von Deutschland ist nach Winkelmanns Meinung dadurch ausgeschlossen gewesen, dass der Curie eine Einwirkung auf die Wahl der deutschen Fürsten nicht zustand: der Papst konnte nicht hindern, dass der König von Sicilien auch zum deutschen König gewählt wurde. Innocenz hat sich also begnügt, von Friedrich die Zusicherung zu erhalten, dass er für seine Person auf die Regierung Siciliens verzichten wolle, um dadurch der Lehnshoheit der Curie über Sicilien einen unzweifelhaften rechtlichen Ausdruck zu geben. Auch Honorius hat dann nichts anderes gefordert. Die Anerkennung der Lehnshoheit der Curie fand schliesslich durch gütliche Vereinbarung einen anderen Ausdruck, als ursprünglich verabredet war: an Stelle der Trennung in der Person der Herrscher trat die Trennung der Verwaltung, wie sie durch das Versprechen vor der Kaiserkrönung gewährleistet wurde.

[103] Wie gesagt, hat diese Deutung wenig Beifall gefunden, doch wohl desshalb, weil sie Innocenz eine allzu bescheidene Rolle zuschiebt, die mit der Politik dieses Papstes in dem Thronstreit zwischen Philipp und Otto schwer vereinbar scheint. Wir begreifen auch nicht, warum die Curie für die Anerkennung ihrer Lehnshoheit über Sicilien besorgt war, nachdem Friedrich und sein Sohn Heinrich ihr Huldigung geleistet hatten? Warum legte sie Werth darauf, dass die Beseitigung der Personalunion gerade nach der Kaiserkrönung stattfinden sollte?

Diese Fragen bleiben ohne Antwort. Trotzdem glaube ich, dass die Ansicht Winkelmanns nur einer schärferen Formulirung bedarf, um die Lösung der Schwierigkeiten zu geben[20].

Zuvörderst aber möchte ich betonen, dass auch die gegnerische Ansicht Zweifel genug übrig lässt. Auffallend ist schon die Unbefangenheit Friedrichs, mit der er Honorius gegenüber zugesteht, dass er sich um die Wahl Heinrichs zum deutschen König bemüht habe[21], und zwar in demselben angeblich „verlegenen“, lügnerischen Bericht, nach welchem die thatsächlich vollzogene Wahl ohne sein Zuthun erfolgt ist. Vor Allem aber bleibt es unerklärlich, warum die Curie, die bei dem späteren Streite mit Friedrich an Vorwürfen und Schmähungen gegen diesen nicht gespart hat, ihm niemals seine Treulosigkeit in dieser Angelegenheit vorgehalten hat.

Ich bemerkte schon, dass der Gegensatz der Personal- und Realunion, wie ihn Winkelmann eingeführt hat, den Quellen fremd ist. Er dürfte wohl überhaupt den Vorstellungen der Zeitgenossen Friedrichs nicht geläufig gewesen sein, jedenfalls nicht in der Anwendung auf das Verhältniss des Königreiches Sicilien zum Kaiserreich. Die Ausdrücke der Quellen setzen ein [104] Herrschaftsverhältniss des Reiches über Sicilien voraus, sagen wir gleich eine Lehnshoheit des Reiches über Sicilien: sie sprechen nicht sowohl von der Verbindung zweier selbständiger Reiche zu einer Gemeinschaft durch Realunion, als vielmehr von dem Anrecht des imperium an dem regnum, als einem Theile des grossen Ganzen. In der Urkunde vom 1. Juli 1216 sichert Friedrich dem Papste zu: ne forte pro eo, quod nos dignatione divina sumus ad imperii fastigium evocati, aliquid unionis regnum ad[22] imperium quovis tempore putaretur habere[23]. Deutlicher ist das Verhältniss in einem Briefe der Reichsfürsten an Honorius bezeichnet: sie bestätigen die Privilegien Friedrichs an die römische Kirche, und auch die Abmachungen tam super facto imperii, quam super facto regni Siciliae, ita quod imperium nihil cum dicto regno habeat unionis vel alicujus jurisdictionis in ipso[24].

In der Urkunde, welche Friedrich unmittelbar vor seiner Kaiserkrönung dem Papste ausstellt, bekennt er: imperium prorsus nihil juris habere in regno Siciliae, nec nos ratione imperii obtinere aliquid juris in ipso. Also das Reich habe kein Recht an Sicilien, und er wolle auch als Kaiser kein Recht über Sicilien in Anspruch nehmen. Auch als Kaiser nicht! Als ob ihm die Kaiserwürde ein besonderes Anrecht auf Sicilien hätte verschaffen können! Nur als Erbe seiner Mutter[25] und unter Anerkennung der Lehnshoheit der Curie will er in Sicilien die Herrschaft ausüben.

Wie verhielt es sich nun überhaupt mit dem Anrecht des Reiches an dem Königreich Sicilien?

Es ist bekannt, dass Heinrich III. für das Reich die Oberhoheit [105] über Unteritalien beansprucht hat[26], Robert Guiscard leistete dann für seine Länder der Curie Lehnshuldigung, aber die Rechtsbeständigkeit dieses Actes ist von den deutschen Kaisern nicht anerkannt worden: Lothar III. wahrte das Recht des Reiches bei der bekannten Doppelbelehnung Rainulfs, und Konrad III. bezeichnete Roger von Sicilien als invasor imperii nostri[27]; auch Friedrich I. betrachtete Sicilien als Bestandtheil des römischen Reiches. So wenigstens berichtet der officielle Darsteller seiner Thaten: ipse (Fridricus) volens imperii sui limites tyrannica Rogerii rabie usurpatos ab exteris eripi…[28]

Erst Heinrich VI., so nimmt man an, habe die Unabhängigkeit des sicilischen Königreichs vom Reiche dadurch zugestanden, dass er in den Urkunden nach seiner Krönung in Palermo den Titel eines Königs von Sicilien neben dem Titel eines Kaisers der Römer führte[29]. Aber dies war keineswegs die Auffassung seiner Zeitgenossen, welche daran festhielten, dass Heinrich dem Reiche eine entfremdete Provinz zurückerobert habe. So Ansbert[30]: Henricus, quia terrae illae Apulia Sicilia Calabria in jurisdictione tenebantur Romani imperii; – und Petrus von Ebulo[31]:

Non patitur falso laniari principe regnum
Quod sibi per patrios jura dedere gradus
Hoc avus, hoc proavus quandoque dedere tributis
Quae pater Siculis regibus ipse tulit.

[106]

Augustos imitare tuos, defende tuum jus
Conjugis et magni jura tuere patris
Nam tua, quam soceri limes conterminat unus
Nam jus consortis in tua jura cadit[32].

Und wenigstens ursprünglich scheint dies auch die Meinung Heinrichs VI. selbst gewesen zu sein: in einer Urkunde vom 21. Mai 1191 sagt er[33]:

„Nos pro obtinendo regno Siciliae et Apuliae, quod tum antiquo jure imperii, tum ex haereditate illustris concortis nostrae Constantiae – ad imperium deveniatur.“ Hiernach schreiben sowohl Petrus von Ebulo, als der Kaiser selbst sich ein doppeltes Recht auf Sicilien zu, einmal ein Recht kraft der Kaiserherrschaft, oder wie Petrus von Ebulo sagt, kraft väterlicher Erbschaft[34], sodann aber ein Erbrecht kraft der Verbindung mit der Erbin der Normannenkönige.

Und es ist doch keineswegs ausgemacht, dass Heinrich seinen kaiserlichen Anspruch auf Sicilien später aufgegeben habe. Wenigstens hat er die Lehnshoheit der Curie über Sicilien nicht anerkannt. Er weigert sich, dem Papste den Lehnseid für Sicilien zu leisten, „propter dignitatem imperii“, „weil er ihn unvereinbar mit seiner Kaiserwürde hielt“[35], das heisst doch wohl, weil er dadurch seinen kaiserlichen Rechten, zu welchen er die Lehnshoheit über Sicilien zählte[36], etwas zu vergeben glaubte.

Es scheint also, dass Heinrich ein Interesse daran hatte, die Frage der Zugehörigkeit Siciliens zum Kaiserreiche in der Schwebe zu lassen[37].

Wir werden diese Haltung sofort verstehen, [107] wenn wir uns erinnern, dass er mit Anerkennung der Oberhoheit des Reiches über Sicilien das Erbrecht seines Sohnes in Sicilien gefährdete. Deutschland war ein Wahlreich, der Kaiser hatte keine Gewähr dafür, dass seiner Dynastie die Nachfolge auf dem deutschen Throne erhalten blieb: ein deutscher Kaiser aus einem fremden Geschlechte konnte kraft kaiserlicher Oberlehnshoheit seinem Sohne die Herrschaft in Sicilien streitig machen[38]. Andererseits aber hatte Heinrich das lebhafteste Interesse, dass Sicilien mit dem Reiche in einer Hand vereinigt blieb: die Verbindung der beiden Reiche bildete die Voraussetzung der Weltherrschaft, die er erstrebte.

Von diesem Gesichtspunkte aus gewinnt meines Erachtens der berühmte Reformplan Heinrichs das rechte Verständniss. Zweierlei hat Heinrich zu erreichen beabsichtigt, erstens die Erblichkeit der deutschen Krone, und zweitens die Verbindung Siciliens mit dem Kaiserreiche. Aus den bisherigen Darstellungen wird der Zusammenhang zwischen diesen beiden Plänen nicht ersichtlich. Nach dem Vorgange Fickers[39] pflegt man sie beide als Forderungen des Kaisers an die Fürsten zu deuten, während zweifellos die Anerkennung der Zugehörigkeit Siciliens zum Reiche das Zugeständniss ist, durch welches Heinrich von den Fürsten die Erblichkeit der Krone erkaufen will. Dies ist die Auffassung der Zeitgenossen: Ansbert[40] sagt, der Kaiser habe sich bemüht, die Anerkennung der Erblichkeit zu erlangen, die Sachsen aber hätten Widerspruch erhoben, und der Plan wäre gescheitert, obgleich Heinrich versprochen hätte, Sicilien dem Reiche hinzuzufügen. Heinrich macht also den Fürsten ein Zugeständniss, wenn er die Zugehörigkeit Siciliens zum Reiche anerkennt, die entgegengesetzte Vorstellung, dass er damit den Fürsten ein [108] Opfer auferlegt, stammt aus den theoretischen Erwägungen Fickers über die zweckmässige Abgrenzung des Kaiserreiches[41].

Es ist bekannt, dass den deutschen Fürsten ihr Wahlrecht werthvoller war, als die Verbindung Siciliens mit dem Kaiserreiche; nur so viel wusste Heinrich durchzusetzen, dass sein Sohn, das Kind Friedrich, zum deutschen König gewählt und gekrönt wurde. In seinem Testamente hat Heinrich die Lehnshuldigung für Sicilien, die er der Curie geweigert hatte, seiner Gemahlin und seinem Sohne zur Pflicht gemacht. Das Testament ist abgefasst, als der Kaiser bei durchaus unsicheren Zuständen im Reiche die gefahrvolle Reise nach dem Orient antrat; er steht unter dem Eindrucke des drohenden Zusammenbruches seiner Weltherrschaft, falls ein früher Tod ihn abberufen sollte: nur ein Bündniss mit der Curie konnte Rettung bringen. Daher galt es, diese mit allen Mitteln zu gewinnen: die Lehnshuldigung an den Papste sollte seinem Sohne die Nachfolge in Sicilien sichern; die Abtretung des matildischen Gutes und anderer mittelitalienischer Landschaften wurde als Preis für die Verleihung der Kaiserkrone ausgesetzt. Heinrich ging von der Ueberzeugung aus, dass sein Nachfolger, wenn er nur Deutschland und Sicilien in seiner Hand vereinigte, allen Feinden gewachsen sei, vor allen Dingen auch eine beherrschende Stellung gegenüber der Curie behaupten würde.

Die Entwicklung der Dinge in Deutschland und Italien nach dem Tode des Kaisers zeigte, wie richtig Heinrich die politische Lage beurtheilt hatte: die Nachfolge des jungen Friedrich wurde in Deutschland nicht anerkannt, nur der Curie hatte er es zu danken, dass ihm sein sicilisches Erbreich erhalten blieb.

In Deutschland stritten sich Philipp und Otto um die Thronfolge. Wie stellten sie sich zu der Frage der Zugehörigkeit Siciliens zum Reiche?[42]

Ich glaube, dass diese Frage in der Geschichte des Thronstreites eine grössere Rolle gespielt hat, als man anzunehmen pflegt.

[109] Philipp hat nicht nur die Lehnshoheit der Curie über Sicilien nicht anerkannt, und demgemäss die Vormundschaft des Papstes über Friedrich, die dieser als Lehnsherr übte[43], verworfen, er hat Sicilien als König kraft kaiserlichen Rechtes direct als Bestandtheil des Reiches in Anspruch genommen. Nur so ist es zu erklären, dass er Markward zum „procurator regni Siciliae“ zu seinem Stellvertreter in Sicilien ernennt[44]. Er handelt hierbei im Einverständniss mit den Fürsten, welche ihn gewählt hatten. Diese schreiben nach der Königswahl Philipps an den Papst, er solle nicht die Hand nach Rechten des Reiches ausstrecken, und demgemäss Markward dem Markgrafen von Ancona Herzog von Ravenna und procurator regni Siciliae Unterstützung gewähren[45]. So können sie nur schreiben, wenn sie das Königreich Sicilien als einen Bestandtheil des Reiches betrachten. Und der Papst versteht ihre Sprache, denn in seiner Antwort behauptet er, dass kein Zweifel darüber bestehen könne, dass das Königreich Sicilien ad jus et proprietatem apostolicae sedis gehöre[46].

Im Uebrigen hütet sich Innocenz auf diesen Streitpunkt gegenüber den deutschen Fürsten Gewicht zu legen. Schon in seiner Antwort auf den Brief der Fürsten erhebt er die Verdächtigung gegen Philipp, dass dieser die königlichen Rechte seines Neffen in Sicilien beeinträchtigen wolle[47], gleichsam [110] nur gelegentlich wahrt er hierbei den päpstlichen Anspruch. Später wurden andere Einwände gegen die Throncandidatur Philipps vorgebracht, die wir nur als Scheingründe gelten lassen können: die Behauptung, dass Philipp zur Zeit seiner Wahl sich im Banne befunden habe[48], die früheren Massregeln Philipps gegen die Kirche, der angebliche Eidbruch gegen Friedrich – deutlicher spricht sich Innocenz in solchen Actenstücken aus, welche nicht für die deutschen Fürsten bestimmt waren. In der deliberatio[49] werden zwar auch die oben erwähnten Vorwürfe wiederholt, zuletzt aber wird gegen Philipp eingewendet, dass er dem römischen Stuhle Sicilien abwendig machen wolle. Ebenso in einem Briefe an König Philipp von Frankreich[50]: falls Philipp die Krone erlangte, würde er sich Siciliens bemächtigen, und die Verbindung Siciliens mit dem Reiche lasse eine Erneuerung der Weltherrschaftspläne Heinrichs VI. erwarten[51].

Auch bei der späteren Versöhnung zwischen Philipp und Innocenz scheint es zu keiner Vereinbarung über Sicilien gekommen zu sein[52]. Charakteristisch ist es, wie Innocenz diese delicate Frage in einem Briefe an seinen Gesandten bei Philipp behandelt[53]. Er beklagt sich, dass dieser keine Mittheilung über den Stand der sicilischen Frage gemacht habe, der Papst wagt es nicht, darauf zurückzukommen – offenbar weil er fürchtet, sein Brief könnte in falsche Hände kommen – er schärft aber seinem Gesandten die genaueste und eifrigste Befolgung seiner Instruction ein. Innocenz legt das höchste Gewicht auf die Nachgiebigkeit Philipps in diesem Punkte, aber er zweifelt an dem Erfolg, weil er nicht bloss bei dem König, sondern auch bei den Fürsten auf Widerstand rechnet.

Dagegen hatte Otto die päpstlichen Rechte auf Sicilien schon [111] im Jahre 1201 anerkannt[54]. Er wiederholte diese Anerkennung nach dem Tode Philipps und bestätigte zugleich alle päpstlichen Erwerbungen seit dem Tode Heinrichs VI.[55]. Aber die Urkunde, welche diese Zusicherungen enthielt, mangelte der Unterschriften und des Consenses der Fürsten des Reiches[56]. Sie bildete einen geheimen Vertrag zwischen dem König und dem Papste, durch welchen jener nach der Anschauung der Zeit nicht rechtsgültig gebunden war. Sie enthielt nur eine persönliche Willenserklärung des Königs: er verspricht darauf hinzuwirken, dass der Inhalt der Urkunde zur Wahrheit würde, aber er übernimmt keine Garantie für die Erfüllung.

Bekanntlich hat nun Otto thatsächlich bald gegen den Inhalt der Urkunde verstossen, ohne dass es darüber zu einem Zerwürfniss mit dem Papste gekommen wäre: Otto war nach wie vor der „liebe Sohn der Kirche“[57]; auch bei den späteren Streitigkeiten zwischen Innocenz und Otto hat sich der Papst niemals auf diesen Vertrag berufen. Dagegen hat Innocenz allerdings behauptet, dass Otto mit der Occupation Siciliens einen Treubruch gegen die Curie begehe, und dieser Vorwurf hat bisher, so weit ich sehe, allgemeine Beistimmung gefunden. Abel[58] meint, „kein Eid diente da mehr dem Meineid, kein Recht und keine Pflicht mehr der Gewalt zum Deckmantel“, und auch Winkelmann ist[59] der Ansicht, dass das Recht der Curie an Sicilien auch nicht im Mindesten bezweifelt werden konnte.

In den uns erhaltenen Briefen von Innocenz wird der Eid, den Otto nach der Meinung des Papstes mit der Occupation Siciliens gebrochen haben soll, nicht genauer bezeichnet[60]. Dagegen wissen die Quellen, dass Otto speciell den Eid gebrochen habe, den er bei seiner Kaiserkrönung dem Papste geschworen [112] hatte[61], den Eid, der ihn verpflichtete, die Rechte des Patrimonium Petri zu bewahren.

Dem gegenüber findet sich nun in anderen Quellen die Auffassung vertreten, dass Otto gerade sein Kaiserrecht in Sicilien geltend gemacht habe, und sich zur Rechtfertigung auf die Verpflichtung berufen habe, welche ihm sein Kaisereid auferlegte.

Ich stelle zunächst diejenigen Stellen zusammen, welche den kaiserlichen Anspruch auf Sicilien betonen.

Die Kölner Chronik[62]: (Otto) „Apuleiam etiam imperio restituere volens, quam Siculus a papa in féado se tenere affirmabat, quam etiam quidam Rutgerus nomine quondam imperio vi ablatam invaserat, exercitum… in eam transiit.“

Ein indirectes, aber darum nicht minder gewichtiges Zeugniss für die Art, wie man den Zug Otto’s[WS 1] nach Sicilien in Deutschland beurtheilte, gibt Otto von St. Blasien. Seine Chronik reicht bis zum Jahre 1209, sie ist wahrscheinlich bald nach diesem Jahre abgefasst, und zum Jahre 1186[63] erzählt er bei Gelegenheit der sicilischen Heirath: Fridericus imperator… regnum Siciliae cum ducatu Apuliae principatuque Capuae… Romano imperio restituit, quod post mortem Lotharii quondam imperatoris a Rogerio imperio ablatum fuerat. Wenn Otto von St. Blasien die Zugehörigkeit Siciliens zum Reiche hier ausdrücklich anerkennt, so wird er auch das Recht Otto’s an Sicilien nicht bezweifelt haben[64].

Ein directes Zeugniss liefert eine den Zeitereignissen nahestehende [113] englische Quelle, die Fortsetzung des Roger von Hovenden[65]: imperator cito post coronationem quaedam occupante, quae apostolicus suae protectioni commendata asseruit, inhibitus est in jus alienum manus extendere. Cumque ille jus imperii Romani, ut sibi videbatur, juste ad imperium revocaret…

Der Bericht der Quellen wird bestätigt durch Briefe des Papstes, welche dieser nach dem Angriff Otto’s auf Sicilien an diesen selbst und an König Philipp von Frankreich richtet. In dem ersteren[66] macht er Otto zum Vorwurf, dass er sich nicht an den Grenzen des Kaiserreiches begnügen wolle, mit denen seine Vorgänger zufrieden gewesen wären. Philipp von Frankreich hält er vor, dass Otto, nachdem er Sicilien für sich beansprucht, nun an die volle Verwirklichung der imperialen Idee gehen, alle Könige der Welt seiner Herrschaft unterwerfen werde[67].

Die Beziehung auf den Kaisereid Otto’s finde ich in folgenden Stellen: Chronicon Montis Sereni[68]: Otto imp., cum in consecratione sua, ut fieri solet, jurasset se bona imperii conservare, et a quolibet detenta repetere etc. – Roger von Wendower[69] berichtet: Otto habe den päpstlichen Gesandten geantwortet: Si, inquit, summus pontifex imperii jura injuste possidere desiderat a sacramento, quod tempore consecrationis meae ad dignitatem imperialem me jurare compulit, absolvat, quod videlicet dispersa imperii jura revocarem, simul et habita conservarem… Denique cum papa imperatorem a praestito juramento, quod omnes imperatores in sua consecratione inspectis sacrosanctis evangeliis jurare tenentur, absolvere voluit etc. In den Otia imperialia sucht Gervasius von Tilbury den Kaiser darüber zu beruhigen, dass er durch seinen Verzicht auf Sicilien gegen seinen Kaisereid verstossen würde: „Si times conscientiam tuam, quasi injustitiam propter sacramentum augustale patiatur“[70]. In der „Disputatio inter Romam et papam entschuldigt die Roma[71] den [114] Kaiser damit, dass er geschworen habe integritatem imperii sui servare[72].

Ich meine, die Uebereinstimmung einer Reihe von unabhängigen Zeugnissen aus ganz verschiedenartigen Quellen machten unzweifelhaft, dass Otto sich bei seinem Anspruch auf Sicilien auf sein kaiserliches Recht, speciell auf seinen Kaisereid berufen hat. Da wir nun wissen, dass die Frage der Zugehörigkeit Siciliens zum Kaiserreich unter den Vorgängern Otto’s keineswegs zu einer klaren Entscheidung gekommen war, so werden wir uns hüten, Otto des Treubruchs gegenüber der Curie zu zeihen. Otto nahm in Sicilien, wie überhaupt in Italien das volle Erbe der von den Staufern behaupteten Rechte für sich in Anspruch.

Neu ist es dagegen, dass sich Otto speciell auf seinen Krönungseid beruft, um seine kaiserlichen Rechte zu begründen: diese Berufung legt die Deutung nahe, dass er diese Rechte erst von der Kaiserkrönung ab beanspruchte, während bekanntlich Otto’s Vorgänger von jeher die volle kaiserliche Gewalt vor der Kaiserkrönung geübt haben.

Kehren wir mit den hier gewonnenen Resultaten zu dem Ausgangspunkt unserer Untersuchung, zu den Versprechungen Friedrichs an Innocenz über die unio regni ad imperium zurück, so werden wir im Allgemeinen die Deutung Winkelmanns bestätigt finden, aber wir werden anerkennen müssen, dass diese durch eine genauere Prüfung der Vorgeschichte erst ihre Erläuterung und Begründung findet.

Wir werden Winkelmann zugeben, dass es der Curie bei dem Versprechen Friedrichs vom 1. Juli 1216 – wenigstens officiell – auf die Sicherung ihrer Lehnshoheit über Sicilien ankam, aber wir wussten bisher nicht, warum die Curie Ursache [115] hatte, für die Anerkennung ihres Rechtes trotz der Lehnseide Friedrichs und Heinrichs besorgt zu sein. Wir verstehen erst jetzt, warum die Abtrennung Siciliens vom Reiche gerade auf den Zeitpunkt der Kaiserkrönung festgesetzt wird; offenbar befürchtete die Curie, dass Friedrich als Kaiser gerade so, wie es Otto gethan hatte, neue Rechte auf Sicilien geltend machen würde, zu deren Wahrung ihn sein Kaisereid verpflichtete[73].

Dem gegenüber betont Friedrich mehrfach, dass er seinen Anspruch auf Sicilien nur von seiner Mutter ableite, er verleugnet also den doppelten Ursprung seines Rechtes, den Heinrich geltend gemacht hatte. Wir begreifen, dass Friedrich eine Zugehörigkeit Siciliens zum Reiche weder dem Interesse der Curie noch dem Interesse seiner eigenen Dynastie entsprechend erachtete[74], nachdem der Welfe Otto, kraft kaiserlichen Rechtes, die staufische Herrschaft in Sicilien in Frage gestellt hatte.

Andererseits aber werden wir verstehen, dass, wenn Innocenz officiell nicht mehr forderte und nicht mehr fordern konnte, als die Anerkennung seiner Lehnshoheit über Sicilien, ihm doch thatsächlich mit diesem Zugeständniss wenig gedient war. Sein Ziel war die endgültige Trennung Siciliens vom Reiche, und er glaubte, die deutschen Fürsten und namentlich die deutschen Bischöfe gut genug in Zucht zu haben, um eine Wahl Heinrichs zum deutschen König zu hindern. Hatte er leider zugeben müssen, dass in der Person Friedrichs die Herrschaft über Deutschland und Sicilien vereinigt wurde, so hoffte er zuversichtlich bei einer Neuwahl in Deutschland einem Gegner der Staufer die Krone zu verschaffen. Der Tod des Papstes hat solchen Plänen ein [116] Ende gemacht, sein Nachfolger Honorius war nicht der Mann darnach, sie durchzuführen.

Allerdings hat Honorius gegen die Wahl Heinrichs zum deutschen König Einwendungen erhoben, aber doch nur schüchtern, wie einer, der etwas fordert, wozu er kein Recht hat[75]. Er hat seinen Widerspruch immer damit begründet, dass er durch die Wahl Heinrichs die Selbständigkeit Siciliens gegenüber dem Kaiserreiche bedroht sehe, und Friedrich hat sich immer nur gegen den Vorwurf vertheidigt, dass er Sicilien dem Kaiserreiche einverleiben wolle[76].

Betrachten wir jetzt noch einmal den viel erörterten Bericht Friedrichs über die Wahl Heinrichs an den Papst Honorius. Nach den vorstehenden Erörterungen lässt sich bei Friedrich ein Interesse an der verlogenen Entstellung der Thatsachen[77] nicht entdecken, wie es Böhmer und Ficker voraussetzen. Friedrich brauchte sich der Wahl seines Sohnes nicht zu schämen, sie verstiess weder formell noch materiell gegen ein Versprechen, welches er der Curie gegeben hatte[78]. Allerdings wusste Friedrich sehr gut, dass mit dieser Wahl der Curie kein Gefallen geschah, und [117] ich leugne nicht, dass das Bestreben dem Papste die Pille zu versüssen seine Darstellung beeinflusst haben mag. Aber diese Annahme berechtigt uns nicht, Friedrich einer groben Lüge für fähig zu halten.

Jederzeit hat man nun in dem unmittelbar nach der Wahl ausgefertigten Privileg für die geistlichen Fürsten die bündige Widerlegung der Wahrheit von Friedrichs Bericht gesehen. Dieses soll der Preis gewesen sein, mit dem er die Fürsten erkaufte. Aber dieses Argument ist doch keineswegs zwingend. Ebenso gut, wie Friedrich zu den Fürsten gesagt haben kann: „Wählt mir meinen Sohn, und ich gebe Euch das Privileg,“ können auch die Fürsten gesagt haben: „Gib uns das Privileg, und wir wählen Deinen Sohn.“ Es wäre ja auch möglich, dass Friedrich den Fürsten schon vorher die in dem Privileg enthaltenen Concessionen angeboten hätte, und dass sie jetzt selbständig darauf zurückgekommen wären. Jedenfalls lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Wahl und dieser Urkunde denken, bei welcher Friedrich behaupten konnte, dass er sich jetzt nicht für die Wahl Heinrichs bemüht habe – immerhin mit einer kleinen reservatio mentalis, wie sie den diplomatischen Gepflogenheiten dieser und aller Zeiten entsprach.

Durch die Königswahl Heinrichs hatte Friedrich einen diplomatischen Sieg über die Curie errungen, aber nicht mit den Waffen der Hinterlist und der Lüge, sondern auf ganz legalem Wege war die Absicht der Curie auf Beeinflussung der deutschen Königswahl durchkreuzt worden. Wenn wir die geheimen Pläne der Curie berücksichtigen, so begreifen wir es auch, warum es Friedrich später so leicht geworden ist, bei der Curie die Entbindung von dem Versprechen zu erhalten, nach welchem Friedrich nach der Kaiserkrönung die Regierung Siciliens an seinen Sohn Heinrich abtreten sollte. Offenbar hatte die Curie gar kein Interesse mehr an diesem Versprechen, nachdem durch die Wahl Heinrichs zum deutschen König ihr eigentlicher Plan, die Trennung Deutschlands von Sicilien herbeizuführen, hinfällig geworden war.



[331]
II.

Wenn es mir in meinem ersten Artikel gelungen sein sollte, das Verhalten Friedrich’s gegenüber der Curie in der sicilischen Frage moralisch zu rechtfertigen, so wird mir jetzt der Versuch gestattet sein, die Bemühungen um die Verbindung Siciliens mit dem Kaiserreiche von einem weiteren politischen Standpunkte zu würdigen.

Bekanntlich hat Ficker nicht bloss den Untergang des staufischen Geschlechts, sondern auch den Verfall der deutschen Königsgewalt von dem verhängnissvollen sicilischen Project hergeleitet.

Durch den Erwerb Siciliens scheinen ihm die natürlichen Grenzen des Kaiserreichs als einer mitteleuropäischen Frieden schützenden Grossmacht überschritten, das deutsche Kaiserthum wird jetzt unaufhaltsam in die Bahn der Welteroberung geleitet, in der es seinen Untergang findet[79].

Nicht bloss der deutsche Reformplan Heinrich’s VI. wird durch die sicilische Erbschaft gestört[80], der Sturz Otto’s IV. wird durch sein Streben nach Sicilien herbeigeführt[81] – am schwersten aber soll sich die Verbindung Siciliens mit Deutschland an dem Regimente Friedrich’s II. gerächt haben. Ficker [332] macht dem Kaiser den Vorwurf, dass er um Siciliens willen die letzte Gelegenheit zu einer Reorganisation Deutschland’s versäumt und damit den politischen Verfall Deutschlands verschuldet habe[82]. Freilich hätte er in Deutschland eine schwerere Aufgabe zu lösen gehabt als in Sicilien. Hier fand er einen fertigen, wohlgeschulten Beamtenstand, dort hatte er den Kampf aufzunehmen gegen die feudalen Gewalten, einen zwar mühevollen, aber lohnenden Kampf, dem die Hilfsmittel des deutschen Königthums wohl gewachsen gewesen wären[83]. Friedrich ist dieser nationalen und königlichen Pflicht aus dem Wege gegangen und zwar wesentlich durch egoistische Motive geleitet: er wollte sich nicht trennen von dem sonnigen Lande seiner Jugend und von den Genüssen einer reichen südlichen Natur, um ihretwillen ist er an seiner deutschen Nationalität zum Verräther geworden[84]. Wir wollen untersuchen, ob dieser Vorwurf berechtigt ist. Zunächst aber gilt es eine Voraussetzung zu erörtern, welche der Argumentation Ficker’s zur Grundlage dient.

Durch den Erwerb Siciliens soll der natürliche „zweckmässige“ Umfang des Kaiserreichs überschritten sein, von dessen Grenzen in dem Bewusstsein des Volkes ein deutliches Gefühl gelebt habe, da dieses das Königreich Sicilien als regnum von dem imperium schied, welches Deutschland, Burgund, Ober- und Mittelitalien umfasste[85].

Ich bezweifle, dass dieser Sprachgebrauch vor Friedrich II.[86] nachweisbar ist, und falls er nachweisbar sein sollte, zu irgend welchen Folgerungen berechtigt. Vor Allem vermisse ich ihn dort, wo man ihn am ehesten erwarten sollte: in der Correspondenz Innocenz’ III. Wir finden hier öfters regnum dem imperium gegenübergestellt, aber jedesmal so, dass der Zusammenhang oder die Adresse ergibt, ob das deutsche oder das sicilische Königreich gemeint ist.

So ist z. B. in der deliberatio[87] mehrfach regnum als deutsches [333] Königreich dem imperium gegenübergestellt, ebenso regelmässig in den Briefen des Papstes an die deutschen Fürsten[88].

Wenn das sicilische Königreich gemeint ist, so wird es als solches bezeichnet, so in der deliberatio[89], in einem Briefe an den König von Frankreich[90] und in Briefen an deutsche Fürsten[91].

In den Gesta Innocentii wird Sicilien öfters einfach als regnum bezeichnet[92], aber niemals im Gegensatz zu imperium[93]. Als regnum wird es den benachbarten Provinzen gegenübergestellt: und zwar finden wir diese häufig auch nicht mit ihren Namen, sondern gewissermassen mit ihrem Amtstitel als Markgrafschaft, Herzogthum benannt.

So z. B. c. IX p. 3, 1: Papa reliquit marchiam et regnum intravit; oder c. XX p. 5. Marchualdus accessit in marchiam, Conradus rediit in ducatum[94].

Die Benennung des Königreichs Sicilien als regnum steht auf einer Stufe mit der Benennung der Markgrafschaft Ancona als marchia und des Ducats von Spoleto als ducatus: das Königreich Sicilien ist in der Auffassung der Italiener das regnum κατ´ ἐξοχὴν; ebensowenig wie man bei der Mark oder dem Ducat aus dem Namen auf eine Nichtzugehörigkeit zum Reiche schliessen darf, ebensowenig hat diese Schlussfolgerung für Sicilien eine Berechtigung[95]. Aber vielleicht liesse es sich nachweisen, dass das deutsche Volk oder doch die deutschen Fürsten sich der Gegensätze zwischen Sicilien und dem Reiche bewusst gewesen wären. Haben sie gegen den Versuch der Erwerbung [334] Siciliens Widerstand geleistet, weil sie damit die Grenzen des imperium überschritten sahen?

Ich erwähnte schon[96], dass Ficker bei Beurtheilung des Reformplanes Heinrich’s VI. von dieser Annahme ausgegangen ist, dass aber das Zeugniss der zeitgenössischen Quellen ihm widerspricht. Wir sehen die deutschen Fürsten, welche Philipp gewählt haben, an dem Anspruche des Reiches auf Sicilien festhalten; wir sehen, dass der Papst diese Frage ihnen gegenüber mit besonderer Delicatesse behandelt; hätte Innocenz bei ihnen auf Beifall rechnen können, ich zweifele nicht, dass er die sicilische Angelegenheit in seiner Polemik gegen Philipp in den Vordergrund gestellt hätte.

Auch Otto fürchtete den Widerspruch der Fürsten, als er in dem geheimen Versprechen von Speier das päpstliche Recht auf Sicilien anerkannte. Ganz unbegründet würde die Meinung sein[97], dass die deutschen Fürsten an dem sicilischen Unternehmen Otto’s aus principiellen Gründen Anstoss genommen hätten, in diesem Falle würden sie wohl nicht gerade den sicilischen König als Gegencandidaten aufgestellt haben.

Als sie dann unter Friedrich II. die rechtliche Abtrennung Siciliens vom Reiche zugaben[98], zeigt die Thatsache, dass die Curie auf eine solche Anerkennung besonderen Werth legte, dass sie diese keineswegs als selbstverständlich betrachtete.

Die Fürsten werden sich für die rechtlichen Subtilitäten wenig interessirt haben, für sie konnte es nur von Bedeutung werden, ob sie Aussicht hatten, in Sicilien als Beamte verwendet zu werden oder nicht.

Es besteht demnach kein principieller Gegensatz zwischen dem Kaiserreich und dem Königreich Sicilien – weder in den Anschauungen der Italiener noch in den Anschauungen oder Wünschen der deutschen Fürsten. Sicilien ist ein Theil Italiens wie der Kirchenstaat ein Theil Italiens ist, und die Frage nach der Berechtigung der deutschen Herrschaft in Sicilien lässt sich von der Berechtigung der deutschen Herrschaft in Italien nicht trennen. Die letztere[WS 2] Frage ist aber die wichtigste der staufischen [335] Politik überhaupt, und von ihrer Beantwortung wird das Urtheil über die Staufer und speciell über Friedrich II. abhängen.

Der Zweifel an dem Recht der deutschen Herrschaft in Italien scheint mir zuerst unter Friedrich I. zu einem klaren Ausdruck gelangt zu sein. Als Friedrich versuchte, in Genua die roncalischen Beschlüsse durchzuführen, wurde ihm hier bedeutet, dass die Genuesen sich jeder Verpflichtung gegen das Reich für entbunden erachteten. Von dem Boden des Reiches besässen sie nicht so viel, um sich davon zu ernähren; das, was sie zu ihrem Unterhalt brauchten, müssten sie selbst mit Mühen und Gefahren von weither herbeischaffen; das Reich hätte nicht einmal eine Flotte, um sie zu beschützen.

Es spricht hier das stolze Bewusstsein der jungen Kaufmannschaft, die alles sich selbst verdankt, nichts dem Reiche. Das Reich erscheint als eine veraltete Institution, und ganz unbillig dünkt es ihnen, wenn es die Früchte ihres Fleisses und ihrer Thatkraft auf Grund von Rechten beansprucht, die längst durch den Gang der Dinge überholt sind.

So war es tatsächlich: in der Zeit, da die deutsche Herrschaft in Italien geruht hatte – wir können im Grossen sagen: in der Zeit vom Tode Heinrich’s III. bis zu Friedrich I. –, war hier eine neue Cultur erwachsen, zu der die alte Ordnung von Staat und Recht nicht mehr passte.

Dies war auch der Eindruck, der den Bischof Otto von Freising beherrschte, als er über den ersten Zug Friedrich’s nach Italien berichtete. Er konnte dem lebhaften, fleissigen Leben, das sich in den Städten regte, seine Bewunderung nicht versagen, ihm gefiel die feine Sitte und die elegante Rede der Italiener, aber höchst seltsam erschien dem würdigen Prälaten ihr seltsamer Drang nach Freiheit. Dass hier nicht die Bischöfe und Fürsten die Herrschaft in Händen hatten, sondern gewählte Vertreter aus den drei Ständen der Stadt, dass hier Leute aus der Hefe des Volkes zum edlen Kriegshandwerk zugelassen wurden, musste er mit missbilligender Verwunderung bemerken.

Man sieht wohl, es lag ein tiefer Gegensatz zwischen den Zuständen Deutschlands, an denen der Freisinger Bischof seine Begriffe von Ehre und Recht gebildet hatte, und dem jungen Italien.

Dieser Gegensatz erweckte den Zweifel, ob die Deutschen [336] zur Herrschaft in Italien befähigt und demnach berechtigt sein würden.

Die Einheit des mittelalterlichen Abendlandes hatte auf der Einförmigkeit seiner Cultur beruht; von der Vogelperspective aus betrachtet mochten die abendländischen Völker zur Zeit Karl’s des Grossen wie eine grosse Masse von bäuerlich arbeitenden Menschen erscheinen; die Gegensätze der Stämme verschwanden gegenüber dieser grossen gemeinschaftlichen Aufgabe; Papstthum und Kaiserthum arbeiteten im Bunde an der Erziehung der Germanen aus barbarischen Nomaden zu halbwegs gesitteten fleissigen Bauern: Recht, Glaube und Sitte des Abendlandes waren Recht, Glaube und Sitte eines Bauernvolkes.

Als diese Einheit der Cultur verschwand, wurde auch der Anspruch des Kaiserthums auf einheitliche Beherrschung des Abendlandes hinfällig. Allmählig entwickelten sich culturelle Gegensätze, die einzelnen Völker wandten sich verschiedenen Aufgaben zu, verschieden nach der Lage ihres Landes, nach ihrer individuellen Veranlagung, nach ihren historischen Schicksalen; nationale Gegensätze spalteten die einheitliche Masse; ein Oberhaupt konnte die divergirenden Stämme nicht mehr leiten.

Zuerst gingen die romanischen Völker gesonderte Wege. Die Einwirkung der erhaltenen Reste antiken Lebens, die Berührung mit den höher civilisirten Byzantinern und Arabern, der commercielle Austausch mit dem Orient zeitigten hier die frühe Entwicklung geldwirthschaftlicher Cultur. Nicht etwa als ob die grosse Masse der Bevölkerung bäuerlicher Arbeit entfremdet worden wäre; nur ein geringer Bestandtheil des Volkes braucht sich dem Handel und der Industrie zuzuwenden, um die Durchführung eines einheitlichen Tauschmittels zu ermöglichen: die entscheidende Wendung tritt dann ein, wenn der Staat sich des Geldes für die Befriedigung seiner Bedürfnisse bemächtigt. Dieser Umschwung nun vollzog sich bei den romanischen Völkern und im halbromanischen England im Laufe des 11. und 12. Jahrhunderts. Es wird zunächst ein engeres Gebiet, die königliche Domäne, geldwirthschaftlich organisirt und durch rechenschaftspflichtige Beamte oder durch Pächter verwaltet. In der Domäne liegt die finanzielle Macht des Königthums. Daneben steht ein feudales Kriegsheer: in den Contingenten der Barone, welche [337] mit Kronlehen ausgestattet sind, ruht die militärische Kraft des Staates. Den Handelsstädten ist ein grösserer oder geringerer Grad von Selbstverwaltung zugestanden, der sich manchmal zu vollständiger republikanischer Unabhängigkeit steigert. Das Königthum hat sich von dem Wahlrecht der Aristokratie emancipirt: die strenge Erblichkeit der Krone wird anerkannt. Es sind dieses die übereinstimmenden Züge der unteritalischen, spanischen, französischen und englischen Verfassungen des 12. Jahrhunderts.

Deutschland stand ausserhalb der culturellen und verfassungsrechtlichen Entwicklung, welche sich in den romanischen Ländern vollzog. Die deutsche Verfassung bewegte sich im Grossen und Ganzen noch in den Formen, welche ihr aus der karolingischen Zeit überliefert waren. Friedrich I. stand als ein Fremder der italienischen Cultur gegenüber. Aber er erkannte bald, dass er sich ihren Bedürfnissen anpassen müsse, wenn er in Italien herrschen wollte.

Er versuchte in Oberitalien die Staatsorganisation nachzuahmen, welche die Normannen in Unteritalien durchgeführt hatten: hier wollte er eine geldwirthschaftlich verwaltete Domäne erwerben, welche die Grundlage für eine moderne königliche Gewalt geben sollte, wie sie die castilische, aragonesische, sicilische, französische und englische Dynastie aufgerichtet hatte.

Der Versuch ist ihm nicht gelungen. Seine Pläne sind an dem Widerstand der oberitalienischen Republiken gescheitert, welche für ihre Freiheit kämpften.

Nicht etwa als ob sich dieser Widerstand von vornherein geltend gemacht hätte: als Friedrich nach Italien kam, wurde die Erneuerung der Kaiserherrschaft von einem grossen Theil der lombardischen Städte als eine Wohlthat begrüsst, alle Städte, welche unter dem Uebergewicht Mailands zu leiden hatten, sahen in ihm ihren Retter; sie hofften, von ihm die Abstellung der städtischen Fehden, sie hofften, nun unter dem Schutze kaiserlicher Ordnung in friedlicher Concurrenz miteinander wetteifern zu können.

Diese Erwartung hat sie getäuscht: nach Restauration der deutschen Herrschaft finden wir in kurzer Zeit auch diejenigen Städte, welche ihre Existenz dem Kaiser verdankten, mit ihren früheren Feinden gegen die Deutschen verbündet.

[338] Die Ursache ihres Abfalls lag darin, dass es Friedrich nicht gelungen war, ein Beamtenpersonal zu schaffen, wie das sicilische, welches ihm als Muster vorschwebte. Die normannischen Beamten waren, aus den Städten selbst rekrutirt, mit den Interessen der Bürgerschaft vertraut. Die deutschen Ministerialen dagegen, denen Friedrich die Verwaltung der lombardischen Städte anvertraute, mochten in der in Deutschland herrschenden Gutswirthschaft wohl bewandert sein, von den Bedürfnissen des Handels und der Industrie verstanden sie nichts: als rohe, ungeschlachte Gesellen mussten sie den verfeinerten Italienern erscheinen. Vor allem aber hat es Friedrich selbst versäumt, die intensive Arbeit auf die Aufgaben der neuen Cultur zu verwenden, wie es von dem Normannen Roger II. gerühmt wird, welcher die Technik seines Staates gleichsam wissenschaftlich studirte. Friedrich glaubte mit den ihm von Deutschland her geläufigen Begriffen auskommen zu können. Er betrachtete seine italienischen Beamten als seine Vertrauensleute, verliess sich auf ihre Treue, die Grundlage der älteren deutschen Amtspflicht, und glaubte daher specieller Instructionen entbehren zu können; er konnte sich nicht dazu entschliessen, sich zu ihnen auf einen gleichsam geschäftlichen Fuss zu stellen, wie es namentlich in den Normannenstaaten, in Sicilien und in England üblich geworden war. Eine solche peinliche Ueberwachung aber bildete bei den gesteigerten Versuchungen des geldwirthschaftlichen Betriebes die Voraussetzung der Brauchbarkeit des Beamtenthums.

So ist aus dem Gegensatz der deutschen und der italienischen Cultur der nationale Gegensatz erwachsen, auf die Herrschaft Friedrich’s in Italien fiel der Fluch der Fremdherrschaft.

Im Konstanzer Frieden blieb nur noch eine nominelle Hoheit über den Lombardenbund, welcher in Tributzahlungen der Städte zum Ausdruck kam.

Was Friedrich in Italien vergeblich erstrebt hatte, hoffte er in Deutschland zu erreichen. Als er aber hier mit italienischem Gelde ein königliches Domanialgebiet zu erwerben versuchte, musste er sich mit den Mitteln begnügen, welche ihm die deutsche Cultur darbot: an die Organisation eines geldwirthschaftlichen Beamtenstaates konnte er nicht denken; er musste seine Herrschaften [339] durch Ministerialen verwalten lassen, denen er Burgen und Güter zu ihrer Besoldung anwies. Bei dem Streben nun nach Erwerb und nach Arrondirung seines Hausbesitzes kam er bald in Conflict mit den Fürsten: er trat hierbei als Concurrent ihrer eigenen Wünsche nach Erweiterung und Abschliessung ihrer Territorien auf: seine treuesten Anhänger verfeindete er sich durch sein Streben nach Landerwerb.

Dem romanischen Vorbild entsprachen auch seine Bemühungen um die Erblichkeit der Königskrone. Ihm gelang nur, die Nachfolge seines Sohnes zu sichern, und als sich ihm am Ende seiner Tage durch die Vermählung Heinrich’s mit der sicilischen Erbin die Aussicht auf das reiche normannische Königreich darbot, mochte er hoffen, dass seiner Dynastie jetzt endlich die geldwirthschaftlich organisirte Domäne zufallen würde, welche die Voraussetzung für diejenige Königsherrschaft bildete, die ihm als Ziel vorschwebte.

Er hatte dafür gesorgt, dass sein Sohn Heinrich sich in Toscana eine gründliche Schulung in der Verwaltung eines hoch cultivirten Landes aneignete; in der That schien Heinrich seinem ganzen Charakter nach viel mehr geeignet zur Schöpfung eines Beamtenstaates als sein ritterlicher Vater. Mit voller Energie nahm er dessen Pläne auf. Seine Bemühungen um die Erblichkeit der Krone und um die Vereinigung Siciliens mit dem Reiche habe ich schon erörtert. Für die Beseitigung des fürstlichen Wahlrechts war er zu wichtigen Zugeständnissen bereit: er bot den weltlichen Fürsten die unbedingte Erblichkeit ihrer Lehen, den Prälaten die Beseitigung des Spolienrechtes. Beides hatte auch das französische Königthum seinen Lehensträgern zugestanden. Heinrich hatte das Beispiel Philipp’s II. vor Augen, welcher, auf seine Hausmacht gestützt, solche Concessionen illusorisch gemacht hatte. Er mochte darauf rechnen, dass er im Besitz Siciliens und unter Anerkennung der Erblichkeit der Krone jedes Widerstandes Meister sein werde.

Sicilien wurde unterworfen, und die Nachfolge seines Sohnes in Deutschland schien gesichert, da glaubte sich Heinrich stark genug, über die Ziele seines Vaters hinaus die Begründung einer Weltherrschaft erstreben zu können. Gegen diesen Plan trat nach dem frühen Tode des Kaisers unter Innocenz III. die Reaction ein: Innocenz hat zuerst den Gedanken einer nationalen [340] Einigung Italiens ausgesprochen; er löste die Verbindung zwischen Deutschland und Sicilien, auf dem Boden des alten Reiches begründete er in Mittelitalien eine päpstliche Herrschaft: er ging weiter, indem er das deutsche Königthum in Deutschland selbst angriff. Es gelang ihm, gleichsam die Wurzeln der deutschen Königsgewalt abzugraben, da er den Episcopat dem Königthum entfremdete.

Um die Bedeutung dieser Thatsache zu würdigen, müssen wir einen Blick auf die finanzielle Grundlage der deutschen Königsgewalt werfen.

Die finanzielle Macht des englischen, französischen, sicilischen Königthums beruhte auf der Centralisation der Einkünfte der königlichen Domäne in der Hand eines direct vom Könige abhängigen Beamtenthums. Dem deutschen Könige mangelte beides: das abhängige Beamtenthum und die Centralisation der Finanzverwaltung. Die weltlichen Beamten des Reiches, die Herzoge und Grafen, hatten ihr Amt in erblichen Besitz verwandelt, regelmässige Einnahmen aus der Gesammtheit des Reiches bezog der König nicht: die Einkünfte der Grafschaften, Herzogthümer flossen in die Taschen der früheren königlichen Beamten.

Nur dort vermochte das Königthum von seinen Rechten Gebrauch zu machen, wo er gerade verweilte. Da fielen ihm alle Rechte und Einkünfte zu, und ausserdem ruhte auf den Beamten die Pflicht, den König mit seinem Gefolge zu verpflegen; so zog der deutsche König von Provinz zu Provinz, er war ein theurer Gast; wir hören Klagen, wenn er zu lange verweilt. Allerdings war der König nicht bloss auf diese erzwungene Gastfreundschaft angewiesen, er hatte Güter in den verschiedenen Gebieten des Reiches, deren Einkünfte er auf seinen Reisen verzehrte. Der deutsche König, der die Kaiserkrone trug, machte doch den Eindruck eines Grossgrundbesitzers, der in verschiedenen Gegenden begütert ist und von einer Domäne zur anderen reist.

Mit Vorliebe aber wählte er die Bischofssitze zu seinem Aufenthalt, namentlich diejenigen des westlichen Deutschlands, weil in ihnen an den Stätten alter Cultur der Handel und das Handwerk am frühesten Fuss gefasst hatten, und daher hier am besten für die materiellen Bedürfnisse des königlichen Hofes gesorgt werden konnte. Auch desswegen verweilte er hier am liebsten, weil er sich auf den guten Willen seiner bischöflichen [341] Gastgeber verlassen konnte. Das Bisthum war vermöge der kirchlichen Natur des Amtes nicht zum erblichen Besitz geworden, wie das Laienamt; die Bischöfe verdankten ihren Sitz dem Könige, sie waren wirkliche königliche Beamte geblieben. Auf ihren Leistungen ruhte wesentlich die finanzielle Kraft des Reiches, sie hatten auch den grössten Beitrag zum Reichsheere zu stellen: mit Recht konnten die Bischöfe als die Säulen des Reiches bezeichnet werden.

Es ist bekannt, dass dieses Verhältniss dem Investiturstreite in Deutschland seine eigentliche Schärfe gegeben hat. Es war ein Streit mit Rom um die Beamten des Reiches. Friedrich I. hatte es verstanden, dem Königthum den massgebenden Einfluss auf die Besetzung der Bischofsstühle zu sichern: die deutschen Bischöfe waren seine treuesten Verbündeten in seinem Kampfe mit dem Papstthum. Während er die Entwicklung der Territorialität auf den Gebieten der Laienfürsten förderte, hielt er streng an den königlichen Rechten auf den geistlichen Herrschaften fest.

In der Zeit des deutschen Thronstreites nun benutzte Innocenz das Streben der Bischöfe nach territorialer Emancipation, um mit ihnen ein Bündniss gegen das Königthum einzugehen. Ganz in der Stille wurde hier der Investiturstreit zu Gunsten der Curie entschieden[99]: der Papst besetzte die deutschen Bischofsstühle, die Bischöfe ordneten sich der Curie unter, von der sie keine Beeinträchtigung ihrer territorialen Bestrebungen zu fürchten hatten; und die Macht, welche Rom hierdurch in Deutschland gewann, zeigte sich an dem Schicksal Kaiser Otto’s, den ein Wort der Curie hinwegfegte.

So war das Königthum geschwächt und erniedrigt, dessen Erbschaft Friedrich II. antrat: die Grundlagen der alten deutschen Königsgewalt waren morsch geworden, und die neuen Grundlagen, auf denen sein Vater und Grossvater die Königsgewalt aufzubauen versucht hatten, hatten nicht Stand gehalten: das Hausgut der Staufer war während des Thronstreites vergeudet worden, der Schatz war geleert; Friedrich mochte erkennen, dass ein Kampf gegen die von Rom geleiteten Fürsten [342] vergeblich sein würde, und er scheute sich nicht, die Reste der alten Königsgewalt in Deutschland aufzugeben, um sich des Beistandes der Fürsten für seine italienischen Pläne zu versichern.

Unter diesem Gesichtspunkte ist Friedrich’s deutsche Politik, ist vor allen Dingen das viel getadelte Privileg an die geistlichen Fürsten zu verstehen. Es zeigt mit den späteren Edicten von Worms und von Ravenna die gemeinschaftliche Tendenz, die Concurrenz der königlichen Gewalt auf fürstlichem, speciell auf geistlichem Gebiete auszuschliessen, die Staatsgewalt als eine einheitliche Gewalt in die Hand der Fürsten zu legen. Daher wird das königliche Herbergsrecht und das Recht der Privilegienertheilung beschränkt, zum Theil aufgehoben.

Im Ganzen enthält die Urkunde von 1220 den legalen Ausdruck für die thatsächliche Entfremdung zwischen dem Königthum und dem Episcopat, wie sie sich unter Innocenz vollzogen hatte: die deutschen geistlichen Fürsten stellten sich als Landesherren auf eigene Füsse.

Wir werden zweifeln können, ob das, was Friedrich hier aufgab, wirklich so viel Werth hatte, als man anzunehmen pflegt. Auch hier ist der Vergleich mit Frankreich lehrreich. Die Rechte, auf welche Friedrich jetzt in Deutschland verzichtete, hatte das französische Königthum ausserhalb der königlichen Domäne viel früher aufgegeben, und doch ist in Frankreich die Restauration der königlichen Gewalt gelungen, die in Deutschland verfehlt worden ist. Das französische Königthum hat nicht etwa die alten Rechte wieder erobert, seine Macht ist auf ganz neuer Grundlage aufgebaut worden: durch allmählige Vereinigung der Vasallenstaaten mit der königlichen Domäne zu einem einheitlichen Beamtenstaate. Thatsächlich war die alte Form der deutschen Verfassung, die auf einer Theilung der Staatsgewalt zwischen dem König und seinen Beamten beruhte, überlebt: der Zug der Zeit ging auf eine Zusammenfassung der Staatsgewalt in einheitlicher Leitung.

Man darf sich daher nicht wundern, wenn Friedrich in Sicilien und Deutschland eine scheinbar entgegengesetzte Politik verfolgte; es entspricht durchaus dem modernen Bewusstsein Friedrich’s, dass er die veralteten Königsrechte in Deutschland aufgab, während er in Sicilien der Begründer der absoluten Königsgewalt geworden ist.

[343] Zugleich aber verzichtete Friedrich in den genannten Privilegien darauf, die Versuche zu einer Neubegründung des Königthums fortzuführen, wie sie sein Vater und Grossvater mit dem Erwerb einer Hausmacht in Deutschland unternommen hatten. Diese Bemühungen hatten sich als verfehlt erwiesen; die Ministerialität, in welcher Friedrich I. und Heinrich VI. ihre Stütze gesucht hatten, war mit dem Adel zu einem einheitlichen Stande verschmolzen, sie hatte die strenge Pflicht der Dienstrechte abgeschüttelt. Auf dem Wege, den seine Vorgänger eingeschlagen, liess sich ein grosses arrondirtes Territorium nicht erwerben, ohne mit den concurrirenden Bestrebungen der Fürsten einen erbitterten Kampf aufzunehmen.

Einem solchen Kampfe aber konnte sich Friedrich nicht gewachsen fühlen; die finanzielle Grundlage, welche das Königthum mehr und mehr bedurfte, da der Strom geldwirthschaftlicher Cultur jetzt auch nach Deutschland zu fluthen begann, war für Friedrich nur in Italien, zunächst in Sicilien zu finden. Darum musste es ihm vor allen Dingen daran gelegen sein, die Verbindung des Reiches mit Sicilien zu sichern.

Dies gelang ihm, als er die Wahl Heinrich’s zum deutschen König im Jahre 1220 durchsetzte. Aber hierbei blieb Friedrich nicht stehen; er verwendete das nächste Jahrzehnt, um in Sicilien seine Autorität fest zu begründen; der Kaiser ist in dieser Zeit zu jedem Zugestandniss gegenüber den Fürsten und gegenüber der Curie bereit, welches seine sicilischen Pläne nicht stört. Als ihm die Consolidation des sicilischen Reiches gelungen war, schritt er zur zweiten Aufgabe, welche die Voraussetzung einer Erneuerung der deutschen Königsgewalt bildete. Er konnte den Besitz von Oberitalien nicht entbehren. Die Geschichte der Reichstage von Cremona und Ravenna hatte gezeigt, wie leicht der Weg nach Deutschland gesperrt werden konnte; in der zweiten Periode seiner Regierung ist er wiederum zu jedem Zugeständniss gegenüber den deutschen Fürsten und gegenüber der Curie bereit, soweit es ihm nicht bei der Unterwerfung der Lombardei hinderlich ist. Ficker[100] wundert sich über die Zähigkeit, mit welcher der Kaiser diesen Plan verfolgt hat; sie scheint ihm nicht wohl vereinbar mit der von Böhmer und auch von [344] ihm selbst vorausgesetzten Unaufrichtigkeit der kaiserlichen Politik. Friedrich hätte so leicht Frieden haben können, wenn er in diesem einen Punkte hätte nachgeben wollen.

Seine Politik ist nicht von bequemem Egoismus, wohl aber von einem wohlbedachten System beherrscht. Er ist ein moderner Mensch; ihm fehlt die impulsive Leidenschaftlichkeit, die sich sofort in Worten und Thaten äussert; dieser, wenn ich so sagen darf, kindliche Charakterzug, der uns bei mittelalterlichen Menschen oft so sympathisch berührt. Keine Vorstellung ist irriger, als wenn wir uns Friedrich von einem glühenden, leidenschaftlichen Kaiserstolz geleitet denken (wie er sich bei seinem Vater und Grossvater findet); Friedrich stand in der Defensive den gewaltig vordringenden Mächten der Hierarchie und des Fürstenthums gegenüber; er hatte in trauriger Jugend sich fügen, hatte warten gelernt, Schritt für Schritt musste er sich den Boden erobern. Wie mächtig auch das staufische Blut in ihm wallen mochte, er wusste seine Gluth zu dämpfen; er hatte ein viel zu lebhaftes Gefühl für das, was möglich war, als dass er sich je zu Masslosigkeit und Ueberstürzung hinreissen liess; er war der erste Diplomat auf einem deutschen Throne. Als solcher durfte er sein letztes Ziel nicht verrathen, wenn er es erreichen wollte.

Ich zweifle nicht, dass dieses Ziel eben die Restauration der deutschen Königsgewalt war[101], deren Versäumniss man ihm zum Vorwurf macht. Er unterlag in dem Kampf um die Unterwerfung Oberitaliens, welche die Voraussetzung für die Verwirklichung seines Planes bildete.

Vom nationalen deutschen Standpunkte aus darf also kein Vorwurf gegen Friedrich’s italienische Politik erhoben werden; eine andere Frage aber ist es, ob der Kampf, den Friedrich hier gegen das Papstthum und die italienischen Städte aufnahm, Erfolg versprechen konnte.

Unzweifelhaft war mit der Vereinigung Siciliens mit Deutschland der Kampf mit der Curie gegeben. Seitdem Papstthum und Kaiserthum nicht mehr in einträchtiger Gemeinschaft ihre Ziele verfolgten, hatte der Friede von Venedig eine Auseinandersetzung zwischen den beiden Gewalten auf der Basis des Gleichgewichts [345] versucht. Dieses Gleichgewicht aber war durch den Erwerb Siciliens zu Gunsten des Kaiserthums zerstört worden. Das Papstthum war von beiden Seiten von kaiserlichen Ländern umgeben; es war in Gefahr, wieder in die Stellung zurückzusinken, welche es unter Heinrich III. eingenommen und die noch kürzlich Reinald von Dassel ihm vorgeschrieben hatte; der Papst wäre wieder der erste Bischof des Kaiserreichs geworden. Es war kein Zweifel: die Stellung, welche Gregor VII. der Hierarchie erobert hatte, die Freiheit der Kirche, wie der Klerikale zu sagen pflegt, war in Frage gestellt, wenn der deutsche Kaiser ganz Italien unter seiner Herrschaft vereinigte.

Wie sehr Friedrich sich bemüht hat, den Kampf mit der Curie zu verhindern, es war eine welthistorische Nothwendigkeit, welche die beiden Mächte in den Kampf trieb: das Kaiserthum konnte Italien nicht entbehren, das Papstthum konnte die deutsche Herrschaft in Italien nicht dulden.

Wie schwer ist es doch, die Menschen der Vergangenheit einem historischen Urtheil zu unterwerfen! Hätte Friedrich den Kampf mit der Curie unter allen Umständen vermeiden sollen? Hätte er auf seine italienischen Pläne verzichten sollen, um einen höchst wahrscheinlich aussichtslosen Kampf gegen die Fürstenmacht Deutschlands zu kämpfen?

Friedrich war durchdrungen von dem providentiellen Beruf der Kaiserherrschaft, welche ihm von seinen Ahnen überliefert war; diese Kaiserherrschaft war ebenso göttlicher Herkunft und jedenfalls älteren Rechts als der hierarchische Anspruch des Papstthums. Das Ideal der Königsherrschaft, wie er es in seinem süditalienischen Reiche durchgeführt hatte, stand in directem Widerspruch mit den päpstlichen Ansprüchen: er kämpfte hier den Kampf des modernen Staates gegen Rom, nicht als ein Nachfolger der Salier, sondern als ein Nachfolger Heinrich’s II. von England und als ein Vorläufer Philipp’s des Schönen und Ludwig’s des Baiern.

Ich meine, wir thun besser, uns des Urtheiles zu enthalten und uns auf den Versuch zu beschränken, die Motive der miteinander ringenden Mächte zu begreifen.



Anmerkungen

  1. Regesta imperii p. XXIV ff., p. 109 zu dem Briefe vom 13. Juli 1220.
  2. Ficker in Böhmer-Ficker, Regesta Nr. 866, 922, 1092, 1143.
  3. Lorenz, Friedrich II., Histor. Zeitschrift XI, p. 324 ff. – In gewissem Sinne auch Schirrmacher, Friedrich II., I, p. 79 ff. II, p. 442 ff. Auch Nitzsch, Stauff. Studien, Histor. Zeitschrift III, p. 378 acceptirt im Wesentlichen Böhmers Resultate.
  4. Ueber die abweichende Ansicht Winkelmanns vergl. unten.
  5. Reg. p. XXV.
  6. Deliberatio Innocentii Registrum Nr. 29 in der Ausgabe der epp. Innocentii von Baluzius Bd. I, p. 698: Quod non expediat ipsum imperium obtinere patet ex eo, quod per hoc regnum Siciliae uniretur imperio, et ex ipsa unione confunderetur ecclesia.
  7. Böhmer, Reg. p. XXV; Schirrmacher I, p. 79; Lorenz p. 327; Nitzsch, D. G., p. 48.
  8. Böhmer-Ficker 866; Huillard-Bréholles I, 469.
  9. Auf die Bedeutung dieses Unterschiedes komme ich später zurück.
  10. Am deutlichsten findet sich diese Auffassung bei Berthold, Entwicklung der Landeshoheit p. 80 n. ausgesprochen.
  11. Böhmer-Ficker 1143.
  12. Vergl. Böhmer, Regesta cap. XXVI und zu Nr. 359. Ficker in Böhmer-Ficker 1143 acceptirt das Urtheil Böhmers; vergl. auch Berthold, Die Entwicklung der Landeshoheit p. 79 ff.
  13. Böhmer-Ficker 1201.
  14. Dies scheint die Meinung von Berthold (S.84) zu sein; vergl. aber auch Schirrmacher I, p. 119, der zweifelhaft ist, ob er in dem Schreiben Friedrichs „kalte Ironie“ finden soll.
  15. Am 11. December 1220 Potthast 6434 (Huillard-Bréholles II,80).
  16. Stauff. Studien. Histor. Zeitschr. III, p. 377.
  17. Histor. Zeitschr. XI, p. 328.
  18. Forschungen z. d. Gesch. I, p. 14 ff.
  19. Forschungen z. d. Gesch. I, p. 18; Friedrich II. p. 116.
  20. Die Gründe, welche Lorenz p. 327 ff. und Berthold p. 75 ff. gegen Winkelmann anführen, sind nur unter der Voraussetzung von Bedeutung, dass die Erklärung Winkelmanns eine befriedigende Lösung nicht zu geben vermag. Ich erwähne nur, dass die Krönung des jungen Heinrich zum König von Sicilien offenbar den Zweck hatte, die staufische Dynastie in Sicilien zu sichern, für den Fall, dass Friedrich bei seinem Zuge nach Deutschland den Tod fände. Ueber die viel erörterte Seereise kann ich wohl schweigen; vielleicht hatte Frau Constanze gute Gründe, die Seereise zu meiden.
  21. Böhmer-Ficker 1014. Theiner Cod. sacri dominii I, 50; Böhmer-Ficker 1143; Winkelmann, Acta I, p. 156.
  22. Nicht etwa: et.
  23. Huillard-Bréholles I, 469; Böhmer-Ficker 866.
  24. Huillard-Bréholles I, 2, p. 763; Böhmer-Ficker 1112. Diese Anerkennung kommt auch in dem Briefe Friedrichs vom 13. Juli 1220 (Böhmer-Ficker 1143; Winkelmann, Acta imp. Nr. 180, p. 157) zum Ausdruck: nam etsi in regno jus aliquod ecclesia non haberet, et nos sine herede legitimo decedere legitimo eveniret, prius ipso Romanam ecclesiam, quam imperium dotaremus. Er will Sicilien also dem Reiche schenken, nicht Sicilien mit dem Reiche vereinigen!
  25. Cum ad nos non ratione patris aut praedecessorum ipius, sed ex matris tantum successione pervenerit, quae a regum Siciliae stirpe descendit. Böhmer-Ficker 1201.
  26. Leo Ostiensis II, 78, p. 683, universam quam tunc tenebant terram imperiali investitura firmavit.
  27. Wibaldi ep. 243, p. 365.
  28. Gesta II, 49 ed. Waitz p. 126. Auch Otto von St. Blasien, welcher nach dem Jahre 1209 schreibt, hat noch dieselbe Auffassung (ed. Wilmanns Schulausgabe p. 453): Fridericus… regnum Siciliae cum ducatu Apuliae principatuque Capuae… Romano imperio restituit, quod post mortem Lotharii quondam imperatoris a Rogerio imperio ablatum fuerat. Dieselbe Bemerkung findet sich bei Gervasius von Tilbury. Otia imperialia p. 381: „Haec indigne possessa indignanter sustinens magnanimus imp. Fridericus quibus potuit modis imperio Romano terras illas reddendas vendicat.“
  29. Zuerst wohl bei Ficker, de Henrici VI. imp. conatu etc. p. 47.
  30. Fontes rer. Austriacarum Scriptores V, p. 89.
  31. Liber ad honorem Augusti I, 308 ed. Winkelmann; vergl. Töche, Heinrich VI. p. 4.
  32. I, 330.
  33. Gattula, Ad. hist. abb. Cassinensis accessiones I, p. 270.
  34. Ueber die Auffassung von der Erblichkeit des Kaiserthums vergl. Waitz VI, S. 174–177.
  35. Innocentii registr. 29, p. 698.
  36. Nicht wie Ficker, Heerschild S. 23, und nach ihm Töche S. 436 annehmen, weil die kaiserliche Würde an und für sich für unvereinbar mit einem Lehnsverhältniss zum Papste gehalten wurde. Nahmen doch die Kaiser von ihren eigenen Bischöfen Lehen – und nahm doch Friedrich II. thatsächlich als Kaiser Sicilien vom Papste zu Lehn.
  37. Ich glaube, man muss sich hüten, aus dem Doppeltitel weitgehende Consequenzen zu ziehen; thatsächlich war Heinrichs Herrschaft in Sicilien und im Reiche verschiedener rechtlicher Natur: die allodiale Herrschaft in Sicilien dankte er dem Erbrecht seiner Frau, die Kaiserwürde leitete er von der Wahl der deutschen Fürsten ab, sie konnte ihm nur die Lehnshoheit über Sicilien verschaffen; wenn er beide Rechte festhalten wollte, warum sollte er sie nicht beide in seinem Titel zum Ausdruck bringen? Ganz anders verhielt es sich mit dem Königthum in Deutschland, Italien und Burgund, welches er von demselben Rechtsact, wie die Kaiserwürde, nämlich von der Wahl der Fürsten ableitete.
  38. Wie es thatsächlich Otto später gethan hatte.
  39. De Henrici VI. imp. conatu p. 49.
  40. Fontes Austriacae V, p. 89.
  41. Ficker, Das deutsche Kaiserreich S. 76. Auf diese Ansicht Fickers komme ich noch zurück.
  42. Dass sie durch das Testament Heinrichs in dieser Frage keineswegs gebunden waren, brauche ich kaum zu berühren. Das Testament Heinrichs war kein gesetzlicher Act, da es der Unterschriften der Fürsten mangelte; es ist wohl überhaupt nicht publicirt worden.
  43. So sagt Innocenz selbst; vergl. Winkelmann, Philipp p. 125 u. 126.
  44. Chronica regia Coloniensis ed. Waitz p. 167; vergl. Winkelmann, Philipp p. 110, 176, 358; Winkelmann p. 486 scheint es sich nicht klar gemacht zu haben, dass Philipp mit seinem Anspruch auf die Vormundschaft über Friedrich für das Königreich Sicilien zugleich das päpstliche Recht an Sicilien bestritt. Auch bei Ficker, Forschungen II, p. 387, vermisse ich die Scheidung der kaiserlichen Rechte auf Sicilien, welche Philipp in Anspruch nahm, und der königlichen Rechte Friedrichs. Dass Philipp König von Sicilien zu werden beabsichtigt habe, ist allerdings eine Verdächtigung des Papstes, an die er selbst nicht glaubte. In einem Briefe an König Philipp von Frankreich (Innocentii registr. 64, p. 718) schreibt Innocenz selbst, dass Philipp Sicilien für seinen Neffen in Anspruch nähme (vergl. auch die Cölner Chronik: Markward habe Sicilien occupirt, ut fertur, servandum puero). Nichtsdestoweniger konnte die Curie mit Recht behaupten, dass Philipp ihr Sicilien streitig mache.
  45. Innocentii registr. 14, p. 691.
  46. Innocentii registr. 15, p. 691.
  47. Ein Vorwurf, den er selbst nicht ernst meinte. Vergl. oben Note 2.
  48. Winkelmann, Philipp p. 81.
  49. Registr. 29, p. 700.
  50. Registr. 64, p. 718.
  51. Ebenso in einem Briefe von Honorius III., Mai 1226, bei Huillard-Bréholles II, 593. Philippus non jam de jure dubitabat imperii, sed spem ad occupationem regni Siciliae prorogabat.
  52. Wie Ficker, Forschungen II, p. 389 und nach ihm Winkelmann p. 455 annahmen.
  53. Registr. 148, p. 751.
  54. Böhmer-Ficker 217, Innoc. reg. p. 723. Adjutor etiam ero ad retinendum et defendendum ecclesiae Romanae regnum Siciliae.
  55. Böhmer-Ficker 274.
  56. Ficker, Forschungen II, 394; Winkelmann, Otto p. 144.
  57. Winkelmann, Otto p. 192.
  58. Otto IV., p. 94.
  59. Otto IV., p. 491.
  60. Der Vorwurf der Eidbrüchigkeit findet sich schon in dem Briefe an Otto. Huillard-Bréholles II, 555. Gegen Winkelmann, Otto p. 490.
  61. Und zwar findet sich diese Meldung sowohl in italienischen, französischen als deutschen Quellen. Vergl. Winkelmann, Otto p. 491, 492, 493. Ich führe an: Riccardus de St. Germano a. 1209, Robert von Auxerre M. G. SS. XXVI, p. 273. Otto wird gekrönt, quibusdam ab eo praestitis juramentis super fidelitate Rom. ecclesiae et super regno Siculo nullatenus impugnando, quae tamen illico violat. Willelmus Britto M. G. SS.XXVI, p. 302. Diese und die deutschen Quellen sind bei Winkelmann angeführt. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass Innocenz thatsächlich diese Verpflichtung geltend gemacht hat: die Stelle in dem Briefe an Otto, Huillard-Bréholles II, 555 lässt sich sehr wohl mit dieser Auffassung vereinigen: damus firmiter in mandatis, quatenus Apostolicae sedis jura de cetero nullatenus inquietes, et quae nobis jurasti servare studeas.
  62. Ed. Waitz p. 230.
  63. Ed. Wilmanns p. 453 der Schulausgabe.
  64. Ich bemerke, dass mir die theilweise wörtliche Uebereinstimmung der beiden zuletzt angeführten Stellen nicht entgangen ist.
  65. M. G. SS. XXVII, p. 186 u. 187.
  66. Huillard-Bréholles II, 553.
  67. Notices et extraits II, 282; Acta imp. Nr. 920.
  68. M. G. SS. XXIII, p. 179.
  69. M. G. SS. XXVIII, p. 43.
  70. M. G. SS. XXVII, p. 382.
  71. Leibnitz SS. rer. Brunsvicarum II, 528; vergl. Winkelmann, Otto p. 497.
  72. Bei anderen Kaiserkrönungen wird uns meines Wissens nichts von einem solchen Eide berichtet. Nur bei Friedrich II. kann ich eine Erwähnung nachweisen und zwar bei Matthaeus Paris i. J. 1239 M. G. SS. XXVIII, p. 148. Friedrich II. soll Sardinien für das Reich in Anspruch genommen haben mit den Worten: „Ego vero juravi, ait, ut jam novit mundus, dispersa imperii revocare, quod non segniter adimplere procurabo.“ Friedrich hätte also dieselben Worte gebraucht, welche Otto nach Roger von Wendover auf Sicilien angewandt hat. Nur schade, dass Matthaeus Paris den Roger von Wendover gekannt und für die Geschichte Otto’s ausgeschrieben hat. Bei dem bekannten Charakter dieses Autors verliert sein Zeugniss dadurch an Gewicht.
  73. Vergl. den Brief von Honorius M. G. L. II, 242 (bei Rodenberg Epp. pont. p. 103). Honorius hat Misstrauen gegen Friedrich, weil dieser die Magnaten Siciliens nach Rom zu seiner Kaiserkrönung berufen hat. Es widerspreche den Privilegien der Kirche, dass Friedrich „et prelatos et magnates regni ad coronam vocarit imperii et ab eis de novo fidelitatis exegerit et exigat juramenta, per quae in sedis apostolicae nec non posteritatis suae dispendium videtur prefata unio procurari“. – Auch in der Urkunde vom 1. Juli 1216 (Böhmer-Ficker 866) ist dieser Gedanke deutlich genug ausgesprochen: ne pro eo, quod nos dignatione divina sumus ad imperii fastigium evocati (nämlich durch die Kaiserkrönung) aliquid unionis regnum et imperium quovis tempore putaretur habere.
  74. Huillard-Bréholles I, 469; Böhmer-Ficker 866; vergl. auch Böhmer-Ficker 1201.
  75. Vergl. die Instruction an seinen Gesandten M. G. L. II, 242 und Rodenberg Epp. 103, Nr. 144. Expresse auribus regiis inculcantes, quod videtur contra promissa et privilegia sua manifeste venire, cum filium suum coronatum in regem Siciliae in Romanorum regem eligi procuravit.
  76. So im Mai 1219, Böhmer-Ficker 1014. Theiner Codex Scri dominii I, 50. Ebenso in dem p. 115 Note 1 citirten Briefe; vielleicht ist auch hier statt super vitanda regni atque imperii unione (Rodenberg schreibt irrthümlich et imperii) ad imperium unione zu lesen.
  77. Der Vorwurf der Lügenhaftigkeit würde übrigens in gleichem Masse Friedrichs Kanzler, den Bischof von Metz treffen, dessen Bericht in allen Punkten die Darstellung des Kaisers bestätigt, vergl. Rodenberg, Epp. selectae p. 92, Nr. 127.
  78. Ich habe schon erwähnt, dass Friedrich in diesem Briefe zugibt, sich früher thatsächlich für die Wahl seines Sohnes bemüht zu haben. Man wäre fast versucht anzunehmen, dass Friedrich nachher dem Papste versprochen habe, keine weiteren Bemühungen (ampliorem curam) auf die Wahl Heinrichs zu verwenden. Aber dann würde sich der Papst auf solche specielle Versprechungen berufen haben, und nicht auf die ihm selbst zweifelhafte Behauptung zurückgekommen sein, dass die Erhebung Heinrichs zum König von Sicilien an und für sich seine Wahl zum deutschen König ausgeschlossen habe. – Auf die Quellen, welche von den Bemühungen Friedrichs um die Wahl Heinrichs berichten, ist kein Werth zu legen. Sie unterscheiden nicht die verschiedenen Stadien des Vorganges.
  79. Kaiserreich p. 76–77. Deutsches Königthum u. Kaiserthum p. 59.
  80. Kaiserreich p. 122. Deutsches Königthum u. Kaiserthum p. 101–102.
  81. Kaiserreich p. 112.
  82. Böhmer-Ficker, Regesta p. XVI.
  83. Böhmer-Ficker, Regesta p. XVII.
  84. Böhmer-Ficker p. XVII.
  85. Ficker, Kaiserreich p. 76 und 86.
  86. Dass dieser Sprachgebrauch unter Friedrich II. Platz greifen konnte, kann nicht Wunder nehmen; hatte doch Friedrich die Nichtzugehörigkeit zum Kaiserreiche ausdrücklich anerkannt.
  87. p. 699, 1 u. 2.
  88. z. B. p. 702, 1, p. 704, 1. Ebenso im Briefe Otto’s p. 694, 2.
  89. p. 700. regnum Siciliae nobis auferre conatur.
  90. p. 718, 1. Nosti, quod si Philippus… imperium obtineat, regnum Siciliae occuparet, … cum imperium ei virorum vires, regnum autem divitiarum copiam ministraret.
  91. p. 691, 2, p. 725, 2. Ebenso in dem Briefe an seinen Gesandten, den Bischof von Ostia, p. 751, 2.
  92. Aber durchaus nicht immer, vergl. p. 2, 2, p. 3, 1, p. 5, 2, p. 11, 2 und sonst mehrfach: regnum Siciliae.
  93. Vielmehr wird dann Siciliae hinzugefügt; p. 4: ex divisione imperii et turbatione regni Siciliae.
  94. Vergl. überhaupt p. 2, 3, 4, 5.
  95. Otto IV. scheint Apulien geradezu zum imperium zu rechnen, vergl. Innocentii registr. ep. 20, p. 694: qualiter enim conversatus fuerit in Apulia, Tuscia ceterisque partibus imperii.
  96. Heft 1 p. 105 ff.
  97. Sollte dieses die Ansicht Winkelmann’s (Otto p. 237, 250) sein?
  98. Böhmer-Ficker, Regesta 1112. Huillard-Bréholles I, 2 p. 763. 23. April 1220.
  99. Vergl. Schwemer, Innocenz III. und die deutsche Kirche. Strassburg 1882.
  100. Böhmer-Ficker, Regesta p. XIV.
  101. Vergl. Rodenberg, Kaiser Friedrich II. und die deutsche Kirche in „Historische Aufsätze, dem Andenken von G. Waitz gewidmet“, p. 228 ff.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Otto
  2. Vorlage: letzere