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Titel: Der letzte Lützower
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aus: Die Gartenlaube, Heft 46, S. 787
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Zacharias Werny, der letzte Lützower.
Nach einer Photographie des Instituts Fath in Halberstadt.

Der letzte Lützower. (Mit Bildniß.) In den Tagen des Körnerjubiläums ist auch des Lützower Freicorps wieder viel gedacht worden. Die wenigsten aber werden dabei gewußt haben, daß von jener berühmten Schar einer – der letzte – noch lebt! Es ist der Veteran Zacharias Werny zu Halberstadt, heute ein hundertjähriger Greis, denn sein Geburtstag ist der 12. Oktober 1791. Werny war von Hause aus Gärtner. Wie er nun in den Frühjahrstagen 1813 als wandernder Handwerksgeselle auf dem Wege nach Wien durch Breslau kam, da ergriffen auch ihn die mächtigen Wogen der vaterländischen Bewegung und er trat in das Lützowsche Freicorps ein. Schon nach drei Tagen – zu längerer Ausbildung war keine Zeit – rückte Werny gegen den Feind mit aus. Freilich sollte sein Dienst in der tapferen Freischar nicht allzu lange dauern. Bei einem Gefechte im Mecklenburgischen geschah es ihm nämlich, daß er gefangen genommen wurde; es gelang ihm zwar, während der nächsten Nacht auf dem Transport wieder zu entkommen, aber seine Lützower fand er nicht wieder. Er schloß sich der nächsten befreundeten Truppe an, die er traf, und das war die „russisch-deutsche Legion“, in deren Verband er die weiteren Kämpfe mitmachte und mit welcher er auch später nach dem Friedensschluß von 1814 in das neugebildete 30. Regiment überging. Mit diesem überschritt er den Rhein, als der Krieg gegen Napoleon abermals losbrach, blieb in dem Gefecht bei Wabern (Wawre) am 17. Juni 1815 wie durch ein Wunder unverwundet, zog mit in Paris ein und mußte noch einige Monate bei der Besatzungsarmee in der Normandie aushalten, um dann endlich in das Vaterland zurückzukehren. Von seiner Garnison Thorn wurde er im Herbste 1816 nach seiner Heimath Halberstadt entlassen.

Hier erregte sein Erscheinen kein geringes Aufsehen. Nach jenem verhängnißvollen Gefechte nämlich, welches Werny von seiner Truppe getrennt und in die „russisch-deutsche Legion“ geführt hatte, war er, da er nicht zurückkehrte, in den Listen der Lützower als „tot“ vermerkt worden, und so rechnete man ihn auch daheim nicht mehr unter die Lebenden. Welches Erstaunen nun, als er trotzdem auf einmal gesund und frisch wieder auftauchte! Aber es bewahrheitete sich an ihm wieder einmal der alte Satz, daß die Totgeglaubten am längsten leben. Er fing seine Gärtnerei wieder an, zog sich dann nach Jahren, das Geschäft dem Sohne übergebend, ins Privatleben zurück und genoß in ungetrübter Frische die Freuden eines rüstigen Alters. Eine Reihe von Ehrenzeichen schmückt seine Brust, und wenn der Halberstadter Kriegerverein einen Umzug hielt, – stets war der alte Werny mit dabei. Und als sein hundertster Geburtstag am 12. Oktober dieses Jahres herangekommen war, da ließen es sich seine Mitbürger nicht nehmen, diesen fast wunderbar zu nennenden Ehrentag mit ihm zu begehen, mit dem lebendigen Zeugen einer längst vergangenen großen Zeit – mit dem „letzten Lützower“.