Der kaiserliche Palast in Peking

Textdaten
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Titel: Der kaiserliche Palast in Peking
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aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 444-445
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Der kaiserliche Palast in Peking.


In der letzten Nummer unserer Zeitschrift lieferten wir unsern Lesern in den „Chinesischen Spiegelbildern“ eine Schilderung der jetzigen Zustände und Persönlichkeiten des „Himmlischen Reiches,“ das jetzt durch die Revolution wieder ein vielbesprochenes Land geworden. Wir vervollständigen diesen Bericht heute durch eine Abbildung des Kaiserlichen Palastes in Peking. Die Grundidee des Chinesischen Staates, die vollständigste Absonderung, macht sich auch in der Residenz des Beherrschers dieses Reiches geltend. Dieselbe ist mit keiner andern Fürstenwohnung zu vergleichen.

Man stelle sich einen viereckigen Raum von 23/4 Stunden im Umkreise (etwa so groß als Berlin) vor, der mitten in dem, den Treppen und den Beamten zur Wohnung angewiesenen Tartarenviertel Pekings liegt, welches selbst stundenweit von den Gebäuden der Hauptstadt eingeschlossen ist. Jenen Platz umgiebt eine 40 Fuß hohe Mauer, durch welche zwei geräumige Thore, welche zahlreiche Posten der Garden hüten, in die Vorhöfe führen. Nur speciell ermächtigte Personen und solche, welche unmittelbar zur kaiserlichen Hofhaltung gehören, oder Glieder der kaiserlichen Familie [445] sind, dürfen es wagen, in diese Pforten einzugehen. In den Vorhöfen stehen die Paläste der Verwandten des Kaisers, der Minister und anderer, mit dem Monarchen in direktem Verkehr stehenden vornehmen Mandarinen und Hofbeamten; sie liegen zerstreut und sind mit Gartenanlagen anmuthig umgeben. In der Mitte aber erhebt sich ein zweites Mauer-Viereck mit Thoren, eine Stunde im Umkreise. Das ist die „verbotene oder heilige Mauer,“ und sie birgt den eigentlichen Aufenthalt des Monarchen; die vielen Privatpaläste des Kaisers und der Kaiserin. An ihnen hat die chinesische Architectur und Bildnerei ihre höchste Pracht und ihr größtes Geschick verschwendet. Sie haben dabei ein heiteres Ansehen; nicht den zurückstoßenden Ernst der meisten Königschlösser in den europäischen Ländern. Hinter den Palästen strecken sich die kaiserlichen Lustgärten wohl eine Meile weit aus. Anlagen, die Alles übertreffen, was die englische Landschaftsgärtnerei Schönes hervorgebracht hat. Die reizendste Abwechselung von Berg und Thal, Schlucht und Felsen, Seen, fließenden und stürzenden Wässern, Stegen und Brücken, Wäldern, Obstpflanzungen und Wiesengründen bereiten dem Auge bei jedem Schritte ein anderes schöneres Landschaftsbild. Geschmackvolle Sommerschlößchen, an deren schimmernden, weit überspringenden Dächern sorgfältig gestimmte Glöckchen, vom Winde bewegt, liebliche Weisen in endloser Mannichfaltigkeit spielen, Tempel, Thürmchen von Porzellan, kleine Meiereien, Lauben und Schattengänge aller Formen,

Der kaiserliche Palast in Peking.

rauschende Springbrunnen und plätschernde Kaskaden, weidende Heerden und gezähmtes Wild bilden in diesem feenhaften Aufenthalte die passende Staffage. Aber zugänglich ist der Monarch Keinem der vielen Millionen, die seinem Scepter gehorchen. Nur die Weiber und eine kleine Zahl vertrauter Genossen der Lust sind sein Umgang; er erfährt von dem, was in seinem Reiche vorgeht, nur so viel, als die Minister für unumgänglich nöthig erachten, und dies Wenige ist nie die Wahrheit. Es scheint in der That auch überflüßig; denn wo, wie in China, die Regierungskunst nichts weiter ist, als eine Maschine, welcher die Nothwendigkeit die unveränderliche Bewegung verleiht, kann jede eigenwillige Kraftäußerung des Monarchen nur störend auf ihr Getriebe wirken. Daher spart man auch des Kaisers eignes Regierungswirken nur für außerordentliche Gelegenheiten und Fälle auf.

Wie lange werden alle diese Herrlichkeiten des jetzigen Kaisers bleiben? Wie lange werden Sr. himmlische Majestät mit dero hohen Gemahlin in den Gärten des Palastes noch „Haschens“ spielen? Schon jetzt, wo wir diese Zeilen schreiben, findet der Kaiser keine Generale mehr, die seine Truppen gegen die Rebellen zu führen wagen; wenn er ausreitet, lauern Meuchelmörder und vielleicht in der nächsten Nummer bereits können nur unsern Lesern die Nachricht mittheilen, daß sich die Thore des herrlichen Palastes in Peking dem zopflosen Gegenkaiser geöffnet haben.