Der einsame See
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Der einsame See.
Wo Gletscherhöhen starren ohne Bahn
Dem Firmament des Himmels schroff entgegen,
Da hat ein See, wildeinsam hochgelegen,
Sein schwarzes Auge traurig aufgethan.
Der dunkeln Wasserfläche naht kein Schwan,
Und nichts Lebend’ges will das Ufer hegen;
Doch kommt die Nacht mit ihrem Sternensegen,
Dann gleitet durch die Fluth des Mondes Kahn.
So weiß ich auch ein Herz, umringt von Schrecken,
Der blüh’nden Welt, dem frohen Leben ferne,
In Traurigkeit unnahbar und allein;
Zwar vor den Menschen kann es sich verstecken,
Doch wachen über ihm die ew’gen Sterne,
Und der barmherz’ge Himmel blickt hinein.
Max Kalbeck.