Der deutsche Wohlthätigkeits-Verein in St. Petersburg

Textdaten
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Autor: Hermann Leopold Zunck
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Titel: Der deutsche Wohlthätigkeits-Verein in St. Petersburg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 496
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[496] Der deutsche Wohlthätigkeits-Verein in St. Petersburg. Der Leser weiß, daß in der russischen Hauptstadt Tausende von Deutschen leben und alljährlich in großer Zahl neu dort einwandern. Unter diesen letzteren namentlich besitzen gar manche nicht die nöthigen Existenzmittel und gerathen darum, trotz der vielen vorhandenen Wohlthätigkeitsanstalten und der Mildthätigkeit des russischen Volkes, bald in die bedrängteste Lage. In Erwägung dieser Umstände wurde nun hier vor zwanzig Jahren auf die besondere Anregung des damaligen sächsischen Gesandten am hiesigen Hofe, Baron Seebach, und unter Mitwirkung mehrerer hier ansässiger Ausländer ein Verein gegründet zu dem Zwecke, der Unterstützung bedürftigen und würdigen hiesigen Deutschen zu Hülfe zu kommen, sei es nun durch Nachweis von Beschäftigung, durch Geldunterstützung, Sicherung des Aufenthalts oder der Rückkehr, durch Aufnahme der Kranken und Altersschwachen in’s Armenhaus, oder durch Erziehung von Waisen und Sorge für ihre Zukunft. Der Verein hat im Laufe dieser zwanzig Jahre jährlich über tausend solcher hülfsbedürftiger Deutscher unterstützt, unendlich viel des Guten gewirkt, manche Thräne getrocknet und manchem tiefen Elende abgeholfen. Indessen in Folge der allgemein beengten finanziellen und kommerziellen Lage der letzten Jahre standen die dem Vereine zufließenden freien Beiträge in keinem Verhältnisse zu den jährlich wachsenden Anforderungen, die Ausgaben überstiegen so weit die Einnahmen, daß alle aus früheren Zeiten stammenden Reservesummen verbraucht wurden und Gefahr droht, der Verein werde, wenn diese Uebelstände fortdauern, seine Thätigkeit bedeutend beschränken, ja vielleicht zur Veräußerung seines Armenhauses schreiten müssen. – Der Vorstand des Vereins ist nun auf’s Eifrigste bestrebt, das Eintreten dieser Nothwendigkeit zu verhüten, er thut Alles, um das Interesse für den Verein bei den hier ansässigen wohlhabenden Deutschen rege zu machen und sie zu regelmäßigen Beiträgen zu bestimmen, aber er rechnet auch vertrauensvoll auf das große deutsche Vaterland und hofft, dieses werde zur Unterstützung seiner hier lebenden außerordentlich zahlreichen armen Glieder mitwirken. Es ergeht daher durch diese Zeilen an alle edlen Deutschen die Aufforderung, durch Baarbeiträge – und wären sie auch noch so klein – dem Verein zu Hülfe kommen zu wollen.

Gegenwärtig bietet sich noch eine besondere Gelegenheit dazu dar. Der Verein hat die Absicht hier eine Ausstellung deutscher Industrie- und Kunstgegenstände in’s Leben zu rufen, einmal im Interesse der Ausstellenden, dann aber auch zu dem Zwecke, die besten ausgestellten Gegenstände für eine Lotterie anzukaufen, deren Ertrag seinen Armen zu Gute kommen soll. Der Verein hat bereits durch die Zeitungen und specielle Circulare alle deutschen Industriellen und Künstler zur Betheiligung an dieser Ausstellung eingeladen und hofft bei ihnen rege Theilnahme für dieselbe nicht blos des eignen Interesses wegen, sondern auch um des damit verbundenen wohlthätigen Zweckes willen zu finden. Es gilt ja, armen deutschen Brüdern in der Fremde Unterhalt, Obdach, Schutz und Sicherheit gegen Mangel und Elend zu gewähren, Waisen zu erziehen, mit einem Worte, das deutsche Element auch in der Ferne nicht zu Schanden werden zu lassen.

St. Petersburg, 24. Juni 1864.
Dr. Zunck.