Der böse Graf von Neufürstenberg und der Esel im Wappen der Stadt Vöhrenbach

Textdaten
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Autor: Karl Alois Fickler
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Titel: Der böse Graf von Neufürstenberg und der Esel im Wappen der Stadt Vöhrenbach
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 459–461
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[459]
3.
Der böse Graf von Neufürstenberg und der Esel im Wappen der Stadt Vöhrenbach.

Wenn du von dem zertrümmerten Thurm von Zindelstein, oder Sindoltstein, wie es in alten Urkunden heißt, hinabsteigst in’s Bregthal und auf seinem sattgrünen Teppiche am Ufer des rauschenden Baches gegen Westen wanderst, so erblickst du an der Einmündung des Eisenbacher- und Urach-Thales, auf einem steilen Hügel über dem Hammerwerke von Eisenbach und seiner alten Kapelle, die Trümmer einer Burg. Ihr Name ist Neufürstenberg und wenn gleich ein gegenüberliegender Berg dem Neugierigen als Altfürstenberg bezeichnet wird, bleibt ihr Daseyn dennoch bis zum Ende des 14. Jahrhunderts der Geschichtsforschung unbekannt.

Die Volkssage aber bewahrt eine blutige Geschichte, welche wie ein Gespenst an diesen Mauertrümmern haftet.

Einst lebte auf der Burg ein wilder Herr, ein Schrecken der Bauern, der ihnen kaum das Bischen Leben und das schwarze [460] harte Brod gönnte, welches sie von den Haferfeldern gewannen, die sie den rauhen Bergen abgetrotzt hatten. So weit hatte sein Uebermuth und seine Bedrückungslust sich gesteigert, daß sie beschlossen, ihm an’s Leben zu gehen. Wie der Graf durch eine mitleidige Seele von dem wider ihn gefaßten Anschlag Kunde erhielt, suchte er durch List zu entrinnen. Er ging hinab in den Marstall und sattelte und zäumte den kräftigsten Hengst, schlug ihm die Hufeisen verkehrt an die Füße, damit keine Spur seine Flucht verrathe und ritt um Mitternacht die Burghalde hinab, in einen Reitermantel gehüllt und die Filzkappe tief in’s Gesicht gezogen, als wär’ er ein reisiger Knecht. Und schon war er über die Ura gekommen, da hielt ein Trupp Bauern ihn an und ein Mann vom Ruedenberg zog ihm den Filz vom Kopf herab und sagte: „Seht, das ist der böse Graf!“ Fielen alsbald die Bürger von Vöhrenbach, denn diese waren die lautesten Schreier dabei, über ihn her, rissen ihn vom Pferd herunter, schlugen ihn und gruben ihre Spieße in seine Brust. – Aber die andern Grafen von Fürstenberg wurden Meister im Lande und wollten Vöhrenbach von Grund aus vertilgen. Wie es aber eine alte Stadt ist, die schon zu der Heiden Zeit viel Ungemach ausgestanden, und, nach einer Weissagung der sieben Frauen, schon mehrmals abgebrannt war, erbarmten sie sich derselben wieder. Zur Strafe aber mußten sie einen Esel in das Stadtwappen aufnehmen und erst spät erkauften sie sich die Erlaubniß, diese Schmach wieder aus ihrem Wappen ätzen zu dürfen.

So weit die Sage. Ihr historischer Grund knüpft sich wohl an die Zerstörung von Neufürstenberg, welche zugleich mit der von Zindelstein im Bauernkriege 1525 erfolgte, als die Schwarzwälder Haufen mit denen aus der Baar und dem Klettgau sich vereinigten. Damals wurde der Obervogt von Neufürstenberg unter den Rauchsäulen der brennenden Veste durch die Spieße gejagt. Merkwürdig ist es, daß Vöhrenbach, welches durch seine (auch von Spindler schon dargestellte) Legende von den sieben Schwestern von Vöhrenbach in die Hunnenzeit hinauf reicht (wiewohl es urkundlich erwiesen im 13. Jahrhundert mit Schönenbach nur ein Filial von Herzogenweiler war) auch in diese Sage gezogen wurde. Wahrscheinlich ist es allerdings, daß seine [461] Bürger an jenen Unruhen Theil nahmen, und auf einer Tischtitel-Urkunde vom Ende des 16. Jahrhunderts findet sich auch wirklich zum Erstenmale der Esel in dem Wappen der Vogtei. Genauerer Aufschluß ist mit auf dem Wege geschichtlicher Forschung noch nicht geworden.