Das Gespenst in Donaueschingen

Textdaten
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Autor: Karl Alois Fickler
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Titel: Das Gespenst in Donaueschingen
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 457–459
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[457]
2.
Das Gespenst in Donaueschingen.

Jeder Badener kennt es wohl, das freundliche Städtchen, welches sich so traulich um die junge Donau lagert, – Donaueschingen, mit seinen Schwänen und seiner Donauquelle und den Zaubertönen seines Mästro[1] und dem hellen Klange, den der Name seines edlen Fürsten in jeder biedern Seele erregt. – Doch wenn Einen in der heiligen Zeit, zwischen Advent und Weihnachten, Geschäfte dahin führten und er schritte etwa im schwarzen Regenmantel, oder vermummt in den weißen Lammpelz durch die dunkeln Straßen, – denn seit nicht langer Zeit erst brennen Laternen darin, wenn nicht etwa Mondschein im Kalender steht – dann könnte ihm wohl begegnen, daß ein Vorüberwandelnder, beim Scheine eines erleuchteten Hauses ihn erblickend, sich bekreuzte, daß eine Magd mit unterdrücktem Schrei an ihm vorüber flüchtete. Und des andern Tages erzählt man sich mit geheimem Flüstern in dem guten Städtchen, der Geist gehe wieder um. — Und wer ist er denn, dieser „Geist“? Es dürfte unter den ältesten Leuten nur Wenige geben, welche mehr über ihn wüßten, als, es sey ein alter Fürst von Fürstenberg gewesen, der die armen Leute gedrückt mit Frohnen und Tagwänen und ihnen sogar ihr Bischen Feld weggenommen. Darum müsse er geistweis gehen, von der Ziegelhütte beim Weiherhause [458] bis zur Kirche und rings um die alte Stadt herum, bis ihm einmal die Stunde der Erlösung schlage.

Und doch ist es eines der ältesten, vornehmsten und beglaubigtsten Gespenster Badens. Der Graf Wernherr von Zimmern nemlich sagt in seiner um 1560 geschriebenen Chronik, einer sehr reichhaltigen Quelle für schwäbische Geschichte, ganz deutlich, Graf Wolfgang von Fürstenberg, der um Mitternacht zwischen den Jahren 1509 und 1510 starb, sey dieses Gespenst. Er habe zwischen Dürrheim und Donaueschingen das sogenannte Weihergut angelegt und dabei des Eigenthums der Donaueschinger Bürger nicht sonderlich geschont, weßwegen er nach dem allgemeinen Glauben der Letztern gespenstweise umgehen müsse. – Betrachten wir die Sage vom Standpunkte der geschichtlichen Kritik, so ist es allerdings auffallend, daß der Volksglaube einem Manne, welchem das Haus Fürstenberg einen großen Theil seiner Herrlichkeit verdankte, welcher, der erste seines Geschlechtes, von Kaiser Maximilian, mit dem Orden des goldenen Vließes geschmückt ward und in seinem Rathe und bei seinen Herren keine unbedeutende Stelle bekleidete, eine solche Rolle zugetheilt hat.[2] – Allein außer seiner ungewöhnlichen Sterbestunde vereinigte sich noch Manches, ein geheimnißvolles Grauen um seine letzten Tage zu verbreiten. Er war im Feldlager von Padua von seiner letzten Krankheit befallen und auf einer „Roßbahre“ in’s Vaterland zurürkgebracht worden und allgemein ging die Sage, die Ursache seines Todes sei das Gift gewesen, welches er in Spanien von der Infantin Isabelle erhalten, welche ihn zugleich mit ihrem Gemahle in einem Anfalle von Eifersucht vergiftet habe. (Vergleiche meine Beilage zum Donaueschinger Gymnasial-Programm. 1845. S. 16–17.)

Die Verbindung seines ruhelosen Wanderns nach dem Tode mit dem Gerüchte von Uebervortheilung seiner Unterthanen läßt sich gleichfalls aus der Geschichte des Ortes Donaueschingen erklären. Eine Schenkung Königs Arnulf, war derselbe schon im 9. Jahrhundert an die mächtige Abtei Reichenau gekommen,[3] von dieser einem gleichnamigen Lehensadel übergeben, aber schon im 14. Jahrhundert durch Kauf und Heirath an die Herren [459] von Blumberg und Allmendshofen theilweise gediehen. So kam er aus wechselndem Besitz der Herren von Stein und Habsburg an das Haus Fürstenberg, und Wolfgang von Fürstenberg war der erste, der das um diese Zeit aufkommende Recht der Landesherrlichkeit auch hier zu üben anfing. Er dämmte, wie es scheint, die Seen, welche sich noch im 14. Jahrhundert zwischen Dürrheim und Donaueschingen urkundlich vorfinden, zu einem „Weiher“ ein. Wenn er das dadurch gewonnene Terrain für sich ansprach, mochte er theils die Ansprüche des Pfarrers, theils die der Allmend zurückgewiesen, auch andere wohlgelegene Güter von Bedrängten zu günstiger Zeit angekauft haben, wie er z. B. im Kinzigthale die Noth der Herren von Geroldseck zum Kaufe ihrer Herrschaften benützte.


  1. Kalliwoda.
  2. Eine ähnliche ungerechte Verwandlung in ein Sagengespenst mußte Herzog Berthold V. v. Zähringen sich gefallen lassen. S. „Der versteinerte Herzog,“ S. 358. dieses Bandes.
  3. [459] Jenes Esginga bei Dümge, Reg. Bad. S. 80, ist nicht Riedöschingen, sondern, nach den spätern Verkäufen zu schließen, sicher Donaueschingen. Die auf der verfälschten Urkunde eingetragenen Namen Sontheim und Uffheim sind ebenfalls nicht, wie D. meinte, im Elsaß, sondern Auffen und Sunthausen bei Donaueschingen. Jenes ist jetzt noch der Pfarre incorporirt; dieses hatte Reichenauischen Lehensadel, wie aus dessen Vergabungen zu Allensbach sich schließen läßt.