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Autor: unbekannt
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Titel: Der Kanonenkönig
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aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 819–821
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Alfred Krupp
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Der Kanonenkönig.


Da wir jetzt so viel von der militärischen Größe und Vergrößerung Preußens hören, ist es natürlich, daß wir die Gründe derselben etwas genauer kennen zu lernen suchen. Sie stammt aus der Geschichte, noch mehr aus der Geographie, dem Klima, dem Königsgeschlechte und der Natur der alten Brandenburger und der späteren Preußen, Quellen, die wir aber hier nicht näher untersuchen wollen.

Wir haben das Zündnadelgewehr kennen gelernt und dessen Erfinder besucht und sehen darin, wie alle Welt, wenigstens eine Hauptquelle der neuesten Siegesthaten Preußens, dürfen indeß auch den Kanonenkönig Krupp in Essen nicht übersehen, obgleich die achttausend und einige Hundert Eisen- und Stahlmänner seiner größten Cyclopen-Schmiede für alle Welt und sogar für die Japanesen arbeiten. Die weltberühmte Anstalt liegt ungemein günstig, da sich um sie drei große Eisenbahnlinien des westlichen Deutschland kreuzen und zwar zwei Stunden Weges von Köln, in der Richtung nach Berlin. Hier in Essen erbte der vierzehnjährige Knabe, Alfred Krupp, eine kleine Werkstatt für die Fabrikation von Schneideinstrumenten. Durch Genie, Muth, Geschicklichkeit, Energie und Glück dehnte der Mann seine kleine Werkstatt allmählich so weit aus, daß er im Jahre 1865 mit Hülfe von hundertundsechszig Dampfmaschinen, neununddreißig Dampfhämmern und vierhundert Schmelz-, Glüh- und Cementöfen nicht weniger als eine Million Centner Gußstahl zu einem Drittel in Kanonen und das Uebrige in mächtige Barren für Dampfmaschinen, Achsen, Räder, Dampfmaschinenkessel und sonstige stählerne Werkzeuge und Bekleidungen verarbeitete.

Krupp’s erste Stahlkanonen wurden im Jahre 1849 gegossen und den hauptsächlichsten deutschen Mächten angeboten, aber von ihnen abgewiesen, da ihnen die Sache zu neu und kostspielig erschien. Merkwürdiger Weise war der Vicekönig von Aegypten der Erste, der Stahlkanonen bestellte. Seitdem haben wohl alle Großmächte der civilisirten Welt Krupp’sche Stahlkanonen gekauft und zum Theil bereits in ihre Artillerie eingeführt. Rußland entschied sich zuerst für vollständige Umwandelung seiner Kanonen in stählerne nach Krupp’schem Muster, welche jetzt in einer besonderen Fabrik zu Alexandrosssky ausgeführt werden. Preußen läßt nur allmählich Krupp’sche Stahlkanonen, die in Essen gegossen und in Spandau gereifelt werden, an die Stelle seiner bisherigen gußeisernen und bronzenen treten; es hat aber noch ein besonderes System von Hinterladung, das mit dem Krupp’schen nicht verwechselt werden darf. Belgien und einige kleinere Staaten haben das Krupp’sche Princip angenommen oder gebrauchen noch zum Theil die preußische Waffe. Die österreichische und holländische Flotte sind zum Theil mit Krupp’schen Stahlkanonen versehen worden. Die Italiener haben zunächst einige Sechszoll-Hinterladungskanonen von Krupp gekauft. Seine besten Kunden waren bisher die Türken, die ihm nicht weniger als zweihundert Sechspfünder abgekauft haben, und die Japanesen, welche vor zwei Jahren ihre interessante Reise durch Europa machten, bestellten bei ihm sofort sechszig Sechszoll-Kanonen, von denen dreißig im vorigen September abgeliefert wurden. Bis zum Herbste dieses Jahres hat die Krupp’sche Anstalt nicht weniger als zweitausend fünfhundert gußstählerne Feuerschlünde geliefert, größtentheils gezogene Hinterlader, von denen vierhundert ein Kaliber von acht Zoll und mehr, die andern drei bis vier und einen halben Zoll haben.

Die Werkstätten Krupp’s bedecken jetzt über fünfhundert Morgen Landes, verzehren täglich fünfzehntausend Centner Kohlen, arbeiten mit dem Dampfe aus einhundert und zwanzig Kesseln, werden durch siebentausend Gasflammen erleuchtet und beschäftigen, wie bereits erwähnt, mehr als achttausend Männer und Knaben, welche jährlich etwa zwei Millionen fünfmalhunderttausend Thaler Lohn beziehen und außerdem noch manche andere Vortheile genießen. Um nämlich einmal eingelernte Arbeiter durch ihr eigenes Interesse zu fesseln, ist eine Casse gegründet worden, für welche jeder Arbeiter einen halben bis einen ganzen Groschen von jedem Thaler seines Lohnes beitragen muß, wofür er im Krankheitsfällen Unterstützung für sein Alter eine ordentliche Pension bezieht. Herr Krupp selbst trägt zu dieser Casse die Hälfte der von den Arbeitern gezahlten Summe bei. Aus dieser Geldquelle bezieht jeder Arbeiter nach fünfundzwanzigjährigem Dienste eine anständige Pension, eine Wohlthat und eine Gerechtigkeit, wovon gar viele andere Arbeitgeber noch keine Ahnung haben, da sie sich bei uns nur noch auf Staatsdienste [820] beschränkt. Leute, welche bei der Arbeit zu Schaden kommen, erhalten während der ganzen Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit ihren vollen Lohn, und sonstige Erkrankte werden auf anständige Weise mit Mitteln und Medicin versehen, das Begräbniß der Todten endlich wird aus dieser Casse bestritten.

Außerdem genießen die Krupp’schen Arbeiter noch manche andere Vortheile. Um sie stets mit gutem und wohlfeilem Brod zu versorgen, ließ Herr Krupp besondere Bäckereien für sie einrichten, für welche er das Mehl im Großen von Rußland kauft. Aehnliche Einrichtungen sind getroffen worden, um ihnen immer gute und billige Kartoffeln zu verschaffen, und sollen demnächst auch auf das Fleisch ausgedehnt werden. Diese väterliche und

Alfred Krupp.
Nach einer im Privatbesitze befindlichen Originalphotographie.

wirthschaftliche Einrichtung erweist sich als sehr wohlthätig für die Interessen von Herrn und Arbeiter, wie man dies namentlich in England schon längst erkannt hat und immer mehr in großen Fabriken ein- und durchführt. Die Arbeitsstunden sind blos in zwei Theile getheilt – das Tagewerk von sechs Uhr früh bis sieben Uhr Abends, die Nachtarbeit von da an bis wieder zum Morgen.

Die Eisenerze für den ungeheuern Bedarf werden zum Theil aus Krupp’s eigenen Minen in Nassau und bei Coblenz bezogen, theils gekauft. Die erstern liefern das wohlbekannte Spiegeleisen. Die Verwandlung des Eisens in Stahl geschieht durch den bekannten Proceß des Puddelns, und nur Schmiedeeisen wird durch Anwendung des von dem Engländer Bessemer erfundenen Processes, mittels durchgeblasener Luft, hergestellt.

Das Spiegeleisen enthält viel schädliches Mangan, wird aber durch den Puddel-Proceß fast ganz davon gereinigt, so daß es zu mehr als achtundneunzig Theilen von hundert aus reinem Eisen besteht, die übrigen zwei fallen zu mehr als die Hälfte auf Kohlenstoff, dann auf Kiesel, Kobalt und Nickel, Kupfer und eine unbedeutende Kleinigkeit Phosphor. Auf eine Schilderung des Puddelprocesses können wir uns hier nicht einlassen und erwähnen für den Laien nur, daß er in nachhaltiger Umrührung des geschmolzenen Eisens, der heißesten und mühseligsten Riesenarbeit, besteht. Die Eisenmasse, die zu Kanonen verarbeitet werden soll, muß weicher werden, als sonstiger Stahl, um eine gewisse Elasticität gegen die plötzlichen Schläge beim Abfeuern zu erzielen. Diese Weichheit wird durch Beimischung eines Theils von Schmiedeeisen in die Stahlmasse erreicht. Eisen und Stahl werden in kleine Stangen etwa sechs Zoll lang zerschnitten und in Graphit-Schmelztiegel gelegt, die von je dreißig bis sechszig Pfund enthalten. Diese Krupp’schen Schmelztiegel waren lange ein kostbares Geheimniß, aber die von Ruel in London und der Patent-Schmelztiegel-Compagnie in Battersea gelten jetzt für fast gleich gut.

Die Gießerei ist ein ungeheures Gebäude mit so vielen Oefen, daß zu gleicher Zeit darin in zwölfhundert Schmelztiegeln für Güsse der größten Art die nöthigen Eisen- und Stahlmassen in Fluß gebracht werden können. In jedem Ofen haben oft bis zehn Tiegel Platz und zwar so, daß sie auf losen Eisenbarren ruhen, welche herausgenommen werden können. Die Hitze in den Oefen erreicht eine solche Höhe, daß die besten schottischen feuerfesten Steine, womit sie umgeben sind, und die Tiegel selbst zu schmelzen anfangen, so daß letztere auch immer nur einmal gebraucht werden können. Um den Inhalt der verschiedenen Tiegel gleichzeitig in ein Reservoir und von da in die Form zu gießen, die sich unterhalb befindet, sind die Arbeiter ganz militärisch eingetheilt und folgen mit der größten Präcision militärischen Commandos. Im rechten Augenblicke giebt der commandirende Ingenieur vom Reservoir aus das Wort, welches sofort von den Vorstehern der verschiedenen Abtheilungen laut wiederholt wird. Jetzt ziehen einige die losen Eisenbarren aus den Oefen und andere stoßen die an dem Tiegel hängenden Feuermassen ab. Der „Auszieher“ stößt nun seine Eisenzange hinab, faßt damit den Tiegel und hebt ihn mit Hülfe Anderer auf den Flur; dann fassen ihn zwei andere Arbeiter mit einer Doppeltrage und bringen ihn nach dem nächsten Troge, in welchen sie die geschmolzene Masse schütten, woraus sie den Tiegel durch eine Oeffnung in einen Raum unter der Gießerei werfen, da er jetzt unbrauchbar ist und die Gießerei selbst nicht durch Anhäufung in der Räumlichkeit beeinträchtigen soll. Nun giebt der commandirende Ingenieur das Wort für die nächsten Abtheilungen, die ebenso schnell ihre Tiegel durch die Tröge in das Reservoir gießen, von wo es in die Form darunter fließt.

So geht es fort, bis alle Tiegel geleert sind. Hierauf läßt man dem Gusse so viel Zeit, bis er zu einer festen Masse zusammengelaufen und so weit abgekühlt ist, daß er aus der Form herausgenommen werden kann. Dann wird er mit heißer Asche umgeben und in einer rothen Gluth erhalten, bis er zum Schmieden kommt. Da dies nur in kühlem Wetter geschehen kann, liegen die größten Stücke der Art manchmal zwei, drei Monate in ihren heißen Betten, deren Decken durch immer neue Zufuhr von glühender Asche für Erhaltung der nöthigen Temperatur sorgen. Nichts kann malerischer und dämonischer aussehen, als dieses Leben und die Arbeit bei einem solchen großen Gusse. Ringsum nach allen Seiten die feurigen Oefen, aus denen unzählige, unabsehbare Arbeitermassen mit größter Geschwindigkeit und scheinbarer Leichtigkeit die großen glühenden Tiegel mit den geschmolzenen Stahlmassen herausreißen, um sie massenweise in die Tröge zu entleeren, bis die oft unersättlich erscheinende Form endlich gefüllt ist. Da dies nicht selten bei zwanzig bis fünfundzwanzig Grad Réaumur im Schatten draußen geschieht und im Innern jeder Ofen und jeder der tausend Schmelztiegel zu einer neuen glühenden Sonne wird, kann man sich wohl denken, daß diese Krupp’schen Männer oft in einer Temperatur arbeiten wie die drei Männer im feurigen Ofen und ungefähr ebenso unverbrennbar sein müssen, wie Sadrach, Mesach und Abednego. Allerdings sind dabei nicht selten einige in Ohnmacht gefallen.

[821] Die Güsse bestehen zunächst aus mehr oder weniger großen, runden oder viereckigen Formen und werden erst hernach in die erforderliche bestimmte Gestalt geschmiedet, gehämmert und gedrechselt. Durch die regelmäßige Form des Gusses wird eine gleichmäßige und von Luftblasen freie Masse erzielt; der Dampfhammer giebt dann der rothglühenden Masse die nöthige Dichtigkeit, Kraft und Elasticität und drängt sie in der Regel zu einer zwei bis drei Zehntel Procent größeren Dichtigkeit zusammen, und die Widerstandskraft steigt von siebenhundertundsechszig bis eintausenddreihundertundzwanzig Centner auf den Quadratzoll. Die letzte Masse für die Kanonen ist ziemlich weich und hat eine Widerstandskraft von acht- bis neunhundert Centnern.

Die kleineren Kanonen bestehen aus einem einzigen soliden Stück, die über acht Zoll im Kaliber sind zusammengesetzt und durch Ringe befestigt. Die bis jetzt fabricirte größte Stahlkanone von elf Zoll Kaliber wurde zunächst als Cylinder siebenhundertundfünfzig Centner schwer und sieben Fuß im Durchmesser gegossen und dann zuerst geschmiedet, worauf sie mit Schildzapfenringen von Gußstahl und durch mehrere Reifen befestigt ward. Zwei solche Ungeheuer, jede fünfhundertundvierzig Centner schwer und im Werthe von beinahe vierzehntausend Thalern, sind für die russische Regierung verfertigt worden. Es sind Hinterlader, werfen mit fünfzig Pfund Pulver eine Kugel von fünfhundertundvierzig Pfund und sind zur Vertheidigung von Kronstadt bestimmt. Ein noch größeres Ungeheuer von fünfzehn Zoll Kaliber, ebenfalls für die russische Regierung bestimmt und Kugeln von neunhundert Pfund werfend, wird zunächst auf der großen Pariser Ausstellung prangen.

Eine Hauptrolle in der Krupp’schen Anstalt spielen die Dampf-Eisenhämmer von der Schwere eines Centners bis zu tausend Centnern. Der größte dieser Art hat einen Fall von zehn Fuß und kostet gegen siebenmalhunderttausend Thaler, wovon zwei Drittel allein für den Bau der Unterlage oder des Bettes verwendet wurden, welches denn auch so fest gerathen ist, daß, obgleich er schon fünf Jahre lang Tag und Nacht gedonnert und die Erde ringsum erschüttert hat, bis jetzt kaum eine Senkung zu bemerken ist. Man sollte glauben, daß nichts der Gewalt dieser Schläge widerstehen könnte, aber die großen Massen rothglühenden Stahls, die er oft zurecht zu schmieden hat, ertragen diese Schläge mit so viel Widerstandskraft, daß sie nur durch lange Wiederholung nach immer erneuerter Glühung sich etwas fügen und schicken lernen. Deshalb hat sich Herr Krupp auch bereits entschlossen, eine dreifach größere Gewalt gegen seinen störrischen Stahl anzuwenden und einen Hammer von zweitausendvierhundert Centnern mit einem Falle von dreizehn Fuß zu schmieden. Die Kosten dafür sind auf mehr als 1,300,000 Thaler berechnet worden.

Bisher waren Stahlkanonen die Hauptwunderwerke der Krupp’schen Anstalt; neuerdings fabricirt er aber auch viele Kugeln und Bomben dazu, zunächst für die russische Regierung, welcher er viele Tausende von länglichen, Acht- und Neun-Zoll-Kaliber-Bomben, alle von dem feinsten Stahl, geliefert hat. Die kleinere Art davon enthält acht Pfund Pulver und ist im Stande, vierundeinenhalben Zoll dicke Eisenplatten zu zerschmettern, ohne selbst beschädigt zu werden; aber jede dieser Pillen kostet mehr als hundert Thaler, da sie alle gehämmert und geschmiedet sind. Aehnliche, etwas kleinere Bomben sind für die italienische Regierung bestimmt und zum Theil schon geliefert worden.

Auch die Engländer, die seit Jahren mit den ungeheuersten Mitteln in dieser Sphäre arbeiten und probiren, leisten in gewaltigen Zerstörungswerkzeugen Bedeutendes, wie neuerdings die Schießübungen auf der berühmten Land- und Sandzunge von Shoeburyneß an der Mündung der Themse bewiesen haben sollen. Hier haben sie seit Jahren eine Art Concurrenzkrieg zwischen Bomben und künstlichen Schiffseisenwänden geführt und erstere immer größer und zerstörender, letztere immer dicker und undurchdringlicher gemacht, bis diese endlich eine Stärke erreichten, die nicht mehr vergrößert werden kann, wenn überhaupt die betreffenden Schiffe noch schwimmen sollen. Aber die Whitworth-Kanonen und deren Bomben schlugen schließlich durch die dicksten, sehr dick gefütterten Eisenplatten hindurch. Den größten Triumph feierten zuletzt die Bomben des Major Palliser von gekühltem Eisen, d. h. solchem, welches in Rothglühhitze schnell und auf einige Augenblicke in’s Wasser geworfen ward. Sie schlugen sofort durch die allerdicksten Eisenplatten hindurch und barsten erst hinterher, was bei sämmtlichen früher versuchten Bomben nur ausnahmsweise der Fall war. Eine Hauptsache dabei ist noch, daß sie selbst viel billiger sind, als alle früher versuchten Bomben, und viel weniger Pulver erfordern. Da nun die Dicke und Stärke der Schiffswände nicht mehr vergrößert werden und diese den Palliser’schen Bomben nicht mehr widerstehen können, haben die Engländer wieder etwas Ruhe bekommen und hoffen, daß sie in einem nächsten Seekriege ihre alte Ueberlegenheit behaupten werden. Was inzwischen aus der Krupp’schen Werkstatt und aus dem immer noch erfinderischen Kopfe des Zündnadelgewehr-Helden in Sömmerda hervorgehen wird, das kann man freilich nicht wissen. Jedenfalls dürfte England noch lange Zeit brauchen, ehe es den Einen und den Anderen erreicht.

Zwischen den beiden Halbgöttern der militärischen Production, Krupp und Dreyse, scheint eine Art Gegensatz zu bestehen, da Letzterer darauf hin arbeitet, es nicht nur der Infanterie, sondern auch der Artillerie im massenhaften Zerstörungswerke immer leichter zu machen, während Ersterer darauf hinarbeitet, Kanonen und Kugeln zu furchtbarer Größe anzuschwellen. Sie Beide arbeiten auch nach geschlossenem Frieden mit ungeschwächten Dampf- und Menschenkräften an immer größerer Vervollkommnung und Vermehrung der furchtbarsten Zerstörungsinstrumente des Krieges und haben in der ganzen civilisirten Welt alle Collegen, alle Großmächte zu der fieberhaftesten Thätigkeit und Production angefeuert, so daß wir leider noch auf keinen dauernden Frieden rechnen können, wohl aber befürchten müssen, daß der nächste Krieg alle andern an Furchtbarkeit und großartiger Zerstörungskraft übertreffen werde. Der einzige Trost ist auch hier wieder, daß die Herren über Krieg und Frieden im Bewußtsein dieses Entsetzens mehr als bisher ihre Kräfte aufbieten werden, dem Frieden Opfer zu bringen, statt die Blüthe ihrer Landeskinder und die heiteren Werke der Cultur dem Schlachtengotte preiszugeben.