Textdaten
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Autor: Ferdinand Mäurer
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Titel: Der Geiger-König
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aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 336–339
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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August Wilhelmj.
Nach einem Gemälde auf Holz übertragen von Adolf Neumann.

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Der Geiger-König.

Wer führt wohl ein unsteteres Wanderleben durch alle Welt, als das Völkchen der ausübenden Jünger der Tonkunst? Und wie Viele von ihnen haben nicht bei uns ihren Wanderstab in die Ecke gestellt, denen wir es – selbst den Hervorragendsten darunter – auf den ersten Blick ansehen, daß ihre Wiege nicht unter deutschen Eichen gestanden! Von ihm aber wissen wir es ganz genau, daß er ein Deutscher ist; ein König ist’s! Er kommt daher aus jenem wunderbaren Lande des Sanges, der Liebe und Freude, der Sehnsucht jedes deutschen Herzens, aus dem Lande, wo die Könige „Rhein“ und „Wein“ ihren Thron aufgeschlagen … es ist August Wilhelmj, der Geiger-König.

August Wilhelmj hat, als das jüngere von zwei Kindern [338] des weithin berühmten rheingauer Weinproducenten Dr. juris August Wilhelmj zu Hattenheim am 21. September 1845 zu Usingen im Regierungsbezirke Wiesbaden das Licht der Welt erblickt. Seine Mutter, Charlotte geborene Petry, war selbst eine gefeierte Künstlerin, Schülerin des bekannten Hofraths Anton André zu Offenbach, sowie von Frederic Chopin und Marco Bordogni zu Paris. Hierzu gesellte sich der für ein aufstrebendes Geigengenie günstige Umstand, daß auch der Vater ein großer Musikverständiger und namentlich hervorragender Dilettant auf der Violine ist.

Die Erziehung August’s in einem der ersten und dazu musikalischesten und gastfreiesten Häuser an der großen Verkehrsstraße des Rheinstromes, in einer Familie, in welcher von jeher die Kunst die höchste Rolle gespielt und welche den Größen der Kunst und Wissenschaft stets offen gestanden hat, konnte nur von günstigem Einflusse auf den Knaben sein. Der Vater erkannte früh das Talent und wählte als Lehrmeister des Knaben den herzoglich nassauischen Hofconcertmeister Conrad Fischer zu Wiesbaden, unter dessen rühmlicher Leitung sich die musikalischen Anlagen des Schülers entwickelten, ja überraschend bald eine gewisse Reife erlangten, sodaß Henriette Sontag, als sie Anfangs der fünfziger Jahre zum Besuche in dem Wilhelmj’schen Hause weilte und den Jungen hörte, von der bereits eigenthümlichen Tonbildung und auffallenden minutiösen Reinheit überrascht, begeistert ausrief: „Du wirst ’mal der deutsche Paganini werden!“

Des ersten öffentlichen Auftretens Wilhelmj’s darf sich die alte Lahn- und Bischofsstadt Limburg rühmen, wo derselbe am 8. Januar 1854 in einem Concerte zum Besten der Stadtarmen seine Hörer entzückte. Zwei Jahre später, am 17. März 1856, bestand der Knabe im Hoftheater zu Wiesbaden vor einer zahlreichen und kunstverständigen Zuhörerschaft die Feuerprobe, aus der er glänzend hervorging.

Besorgt, daß sein Sohn dem sehr häufigen Schicksale sogenannter musikalischer Wunderkinder verfallen möchte, bestimmte August’s Vater ihn für den Gelehrtenstand und ließ sich erst durch unablässiges Bitten und Drängen bewegen, die Berufsentscheidung von dem Urtheile eines competenten Richters abhängig zu machen. Kein Geringerer als Franz Liszt war hierzu ausersehen, und freudigen Herzens begab sich August, der Verwirklichung seiner heißesten Wünsche näher gerückt, mit Empfehlungen des Prinzen von Sayn-Wittgenstein versehen im Frühjahre 1861 zu dem Altmeister nach Weimar. Hier brachten die Vorträge von Louis Spohr’s „Gesangsscene“ und H. W. Ernst’s „Ungarische Weisen“ die Wagschale der Schicksalsbestimmung Wilhelmj’s zum Steigen und retteten dem deutschen Volke seinen ersten Geiger. Liszt, welcher den Examinanden auf dem Clavier begleitete, sprang auf und rief:

„Und da konnte man noch über Ihren Beruf schwanken?! … Die Musik ist Ihnen angeboren! … Sie sind so sehr für die Geige prädestinirt, daß dieselbe für Sie hätte erfunden werden müssen, wäre sie noch nicht dagewesen! Arbeiten Sie fleißig weiter, die Welt wird von Ihnen reden, junger Mann!“

Diese classischen Worte zerstreuten natürlich alle Wolken des Zweifels, und ein sonniges Land der Zukunft lag vor Wilhelmj ausgebreitet, als er einige Tage darnach mit Liszt nach Leipzig fuhr, wo dieser ihn dem berühmten Ferdinand David zur weiteren Ausbildung mit den Worten anvertraute:

„Hier bringe ich Ihnen den zukünftigen zweiten Paganini – sorgen Sie für ihn!“

So studirte nun Wilhelmj von 1861 bis 1864 auf dem Leipziger Conservatorium der Musik, dessen Zierde und Stolz er fortan bildete und unter dessen übrigen Schülern er eine ähnliche Rolle spielte, wie weiland Schiller unter den Karlsschülern. Moritz Hauptmann und Ernst Friedrich Richter waren seine Lehrer in der Theorie der Musik, welche später, als Wilhelmj wieder in Wiesbaden lebte, in dem Symphoniker Joachim Raff ihren Nachfolger fanden.

Seine Cameraden aber in Leipzig staunten ihn als ein Wunder an, und oft ward er in seiner Wohnung um Extraproben seiner Virtuosität bestürmt. Bei einer solchen Gelegenheit spielte er einmal die berühmte Ernst’sche Transcription des „Erlkönig“ von Fr. Schubert mit solch technischer Makellosigkeit und zugleich mit derartig dramatischem Accente, daß der alte David freudestrahlend ausrief:

„Nein, Schwierigkeiten giebt’s für ihn nicht mehr – er ist ein wahres Phänomen!“

Nachdem Wilhelmj in der Folge, während seiner Studienzeit, auch schon in der Oeffentlichkeit gelegentlich einer Prüfung des Conservatoriums (9. April 1862), mit dem Vortrage des Concerto Pathetique (Fis-moll) von Ernst Sensation gemacht hatte, erregte er am 24. November desselben Jahres – noch ein Conservatorist! – bereits in einem Gewandhausconcerte mit dem Vortrage des „Concertes in ungarischer Weise“ von Joseph Joachim unbeschreiblichen Enthusiasmus und legte so auf diesem classischen Boden der Tonkunst den Grundstein seines Weltrufes.

Ferdinand David faßte die freundschaftlichste Zuneigung zu seinem Schüler und zog ihn immermehr in seine Nähe. Im Hause David’s verkehrte damals dessen kunstsinnige Nichte, die Freiin Sophie von Liphart, welche später (29. Mai 1866) Wilhelmj’s Gattin wurde.

Wilhelmj’s erste Kunstreisen (1865 bis 1866) galten der Schweiz und Holland; von da ging er nach London. Dank dem Einflusse Jenny Lind’s trat er am 17. September 1866 in einem der großen Concerte Alfred Mellon’s im königlichen Coventgarden-Theater auf. Sein Spiel versetzte das Publicum in die Zeit des ersten Auftretens Nicolo Paganici’s zuruck. Von der Themse eilte der junge Kunsttriumphator an das Ufer der Seine. In einem der berühmten Concerts populaires von Pasdeloup in Paris (am 20. Januar 1867) erregte der deutsche Geiger bei den verwöhnten Franzosen – acht Tage nach Joachim’s Auftreten – derartiges Entzücken, daß sie ihn „le nouveau Paganini“ nannten. Niemals aber hat thatsächlich in Paris ein Künstler oder eine Künstlerin solches Aufsehen erregt, wie damals unser Landsmann.

Doch Europa ist groß, größer die Welt, aber noch größer die Wanderlust und der künstlerische Thatendrang in der Brust eines Jünglings, welchen bereits die ersten Lorbeeren zum vollen Bewußtsein seiner Mission gebracht haben. Schon im Herbste 1867 sehen wir Wilhelmj in Italien, wo ihm seine unvergleichbaren Leistungen in der classischen Musik die Ernennung zum Professor der „Società di quartetto“ in Florenz eintrugen. Einige Monate später (Januar 1868) finden wir ihn in St. Petersburg wieder, wohin er einer Einladung der kunstverständigen Großfürstin Helena Pawlowna gefolgt war. Hier wohnte er im „Palais Michel“ mit anderen Berühmtheiten zusammen, darunter Hector Berlioz, dem „französischen Beethoven“, welcher damals jenen denkwürdigen Ausspruch that:

„Niemals habe ich einen Geiger mit einem solch eminenten, bezaubernden und edeln Ton gehört, als August Wilhelmj – ich gestehe, seine ganze Art und Weise hat etwas Phänomenales!“

Daß Wilhelmj’s erstes öffentliches Auftreten (am 27./15. Januar 1868) die Czarenstadt in förmliche Ekstase versetzte, läßt sich leicht denken. Nun folgen die Concertreisen in fast ununterbrochener Reihe: die Schweiz, Frankreich und Belgien, England, Schottland, Irland, Holland, Schweden, Norwegen und Dänemark bildeten den Schauplatz seiner Triumphe. In Stockholm ward er Ehrenmitglied der königlich schwedischen Akademie, ferner feierte man ihn durch Orden, durch die Ueberreichung eines Ehrendegens etc. Der Winter 1872 auf 1873 führte unsern Meister zum ersten Male auf eine größere Reise durch Deutschland und Oesterreich. Dieselbe gestaltete sich für Wilhelmj um so glänzender, als mit ihr seine Debüts zu Berlin (in der Singakademie 22. October 1872) und Wien (23. März 1873 im großen Musikvereinssaale) verbunden waren. Die Erfolge in diesen Metropolen waren geradezu epochemachend. 1874 bis 1877 weilte Wilhelmj meist in England und seine künstlerische Vielseitigkeit brach sich hier auf einem anderen musikalischen Felde durchschlagende Bahn. Wir finden ihn, der Virtuosenlaufbahn etwas abseits, in der rührigsten Progaganda für Richard Wagner. Er brachte die Wagner-Concerte in London zu Stande und veranlaßte sogar (Mai 1877) den Meister, hinüberzukommen, unter dessen Oberleitung er bei den vielbesprochenen „Wagner-Festen“ in der königlichen Albert-Halle das aus zweihundert Mitgliedern bestehende Orchester führte.

Besonders zu betonen bleibt noch, daß diesem Wirken jenseits des Kanals die Thätigkeit bei den Bühnenfestspielen zu Bayreuth vorausging, bei welchen August Wilhelmj bekanntlich des schwierigen Concertmeisteramtes mit einem seltenen Fleiße und verständnißvollen Aufgehen in dem Wagner’schen Genius waltete. Aus dieser Zeit [339] stammen auch jene oft citirten Verse Richard Wagner’s, mit welchen dieser seinen treuen Freund, „seinen Nibelungen-Musikmeister“, den „Siegfried unter den Geigern“ besang: „Volker der Fiedler ward nun neu!“ etc.

Ungeachtet seiner kräftigen Constitution konnte er jedoch den Ueberanstrengungen, die ihm seine neue Thätigkeit brachte, nicht Trotz bieten: er erkrankte lebensgefährlich, was die längere Entsagung von der Ausübung seiner Kunst zur Folge hatte. Nach der Genesung ging er wieder nach London, diesmal die großen Krystallpalastconcerte von A. Manns verherrlichend. Eine schmeichelhafte Einladung lockte ihn dann auf’s Neue in das Land des ewig blauen Himmels. Thatkräftig trat er für die deutsche Kunst ein, und eine Reihe von Abenden für deutsche Kammermusik (März 1878) zog ihm die seltene Auszeichnung der Ernennung zum Ehrenmitglied der berühmten Società di Quartetto der alten Lombardenstadt Mailand zu. Das Vaterland Paganini’s erklärte ihn für den ersten Geiger der Welt!

Nachdem Wilhelmj so in Europa als rühriger und berufenster Apostel deutscher Kunst sich überall bewährt, entschloß er sich zu jener großen Fahrt über den Ocean, um in Amerika die Weltreise, für die er von Jugend auf geschwärmt, zu beginnen. Ende September 1878 spielte er zum ersten Male in der „Steinway-Hall“ zu New-York – mit geradezu fabelhaftem Erfolge! Von Stadt zu Stadt aber vermehrten sich auf seinem Zuge durch den Norden und Süden der neuen Welt die Triumphe.

Mit Ehren überhäuft, begab er sich dann nach Neuseelaud und Australien, woselbst ihm gleichfalls Ovationen zu Theil wurden, die jeglicher Beschreibung spotten. In einzelnen Städten wurde er sogar zum Ehrenbürger ernannt! Darauf reiste August Wilhelmj nach Asien. Alexandrien und Kairo konnte er der ägyptischen Wirren halber nicht besuchen, sodaß er sie nur passirte, um direct nach London zu gehen, von wo er im Juli 1882 in seine Heimath an den Rhein zurückkehrte. Die zahlreichen und werthvollen Sammlungen, die er auf seiner großen Wanderung um die Erde erworben, sind in seiner Villa bei Mosbach-Bibrich am Rhein aufgestellt.

Mit dieser Reise um die Welt aber hat Wilhelmj den Traum seiner Jugend verwirklicht, das Ziel seiner Wünsche erreicht: in allen Zonen der Erde hat derselbe gestanden als treuer Priester deutscher Kunst zum Ruhme und zur Zierde deutscher Cultur. Der kunstsinnige Großherzog von Baden war der erste Regent Deutschlands, welcher „in Anerkennung der unvergänglichen Verdienste um die deutsche Kunst im Auslande“, dem Künstler die seltene Decoration des Comthurkreuzes des Verdienstordens vom Zähringer Löwen verlieh. Durch diese Weltreise ist Wilhelmj’s Name in eminentestem Sinne „weltberühmt“ geworden![1]

Sein erstes Wiederauftreten in Europa fand am 15. December 1882 im Cursaale zu Wiesbaden statt. Das Publicum begrüßte den sieggekrönten Meister stehend, und das Orchester intonirte unter allgemeinem Jubel eine Fanfare. Gegenwärtig befindet sich Wilhelmj auf einer Kunstreise in Deutschland, überall Triumphe feiernd, wie sich ähnlicher wohl nur Liszt und Paganini zu rühmen haben.

Wir vermögen unseren Aufsatz nicht zu schließen, ohne das Gebiet von Wilhelmj’s musikalischer Bedeutung flüchtig gestreift zu haben.

Anerkannt steht derselbe als Kammermusiker auf gleich hoher Stufe, wie als Solist. Die letzten Quartette Beethoven’s namentlich, auch die Werke der neuen Tondichter, gehören zu seinen hervorragenderen Leistungen. Altmeister Johann Sebastian Bach aber hat in Wilhelmj den mächtigsten Interpreten gefunden. Nach dem Vortrage der „Chaconne“ sagt einst Richard Wagner, zu Thränen gerührt, zu ihm:

„Reden kann ich nicht, lieber Wilhelmj, aber Sie müssen fühlen, welchen Eindruck Sie auf mich gemacht haben. Es ist das Erhabenste, was mir in der reproductiven Kunst noch vorgekommen ist!“

Wilhelmj’s Compositionen für sein Instrument, für Gesang etc., sowie seine zahlreichen Transscriptionen sind sehr geschätzt; in dieser Beziehung verspricht er noch Bedeutendes.

Hinsichtlich des Repertoires sei bemerkt, daß er das gesammte Gebiet der Violinliteratur beherrscht, wie eben vielleicht Keiner und zwar der klassischen sowohl wie der modernen, romantischen Richtung: in welch letzterer Beziehung häufig Compositionen von Anton Rubinstein, Saint-Saëns, Raff, Johannes Brahms, Max Bruch, Svendsen, Goldmark, August Reißmann, Ferd. Hiller etc. seine Programme zieren. Er ist eben universell in seiner Kunst, Meister in sämmtlichen Stilarten, in den Künsten der Phrasirung, wie in Dingen des Geschmackes vielleicht ohne Rivalen. Neben diesem seltenen Gestaltungsvermögen Wllhelmj’s ist eine andere seiner unerreichten Tugenden als Geiger, seine Technik, diese unbeschränkte, beispiellose Herrschaft über das gesammte Ausdrucksmaterial, nicht stark genug hervorzuheben. Sein wunderbarer, ganz einziger Ton, die Reinheit und Schallkraft ohne Gleichen seiner fabelhaften Terzen-, Sexten-, Octaven- und Decimendoppelgänge, der Oktaventriller etc. – Alles das ist sprüchwörtlich geworden.

„In dem specifisch Violinistisch-Technischen dürfte Wilhelmj vielleicht selbst nicht von Paganini erreicht werden,“ meinte ein gelehrter französischer Geiger – und er hat Recht!

Als Mensch ist Wilhelmj der liebenswürdigste und interessanteste Gesellschafter, der sich denken läßt; „er sprudelt von Geist und Witz,“ sagt Max Schlesinger von ihm – wer je mit ihm zusammengewesen, wird Dem gewißlich zustimmen! Seinen Freunden ist er der treueste Freund. Man muß ihn jedoch näher kennen: denn sein Sarkasmus und seine Ironie haben ihn bei dem oberflächlichen Kritiker zuweilen einer schiefen Beurtheilung ausgesetzt. Aber eine Tugend besitzt er, derentwegen er Allen zum Muster dienen darf und die Alle an ihm rühmen: die ungemachte natürliche Bescheidenheit und Einfachheit. Alle Ehren und Triumphe haben ihm diese nicht rauben können! Man hört ihn niemals von sich selber reden, und im Urtheile über Andere ist er anerkennend und milde.

„Wir thun ja Alle soviel wir vermögen, jeder nach seinen Kräften, und Alle bleiben wir doch hinter unseren Idealen zurück. Wie kann man da von besonderem Verdienste sprechen?“ pflegt er zu sagen.

So tritt August Wilhelmj als eine ritterliche, echt-deutsche Gestalt, ausgestattet mit einer imponirenden Erscheinung, dem genialen Beethoven-Kopfe, dem reichen Gefühls- und Geistesleben, ein vollbegünstigter Liebling der Musen, aus dem Relief der ausübenden Tonkünstler Deutschlands hervor. Er ist der Künstler, in dessen Lorbeerkränze deutsches Eichen- und rheinisches Rebenlaub hineingewunden sind –: ein würdiger College ist der „Geiger-König“ den Königen „Rhein“ und „Wein“, mit welchen er seit seiner ersten Jugend in inniger Vertrautheit lebte.
Ferdinand Mäurer.     

  1. Es ist bekannt, daß eine Correspondenzkarte, welche in Wiesbaden von einer lustigen Gesellschaft zur Post aufgegeben wurde, „um Wilhelmj’s Berühmtheit zu prüfen“, mit der einfachen Adresse: „An August Wilhelmj, Amerika“, den Künstler nach mancherlei Irrfahrten im Süden Amerikas wirklich traf, sodaß er sie an die Wiesbadener Adressaten wie gewünscht, zurücksenden konnte.