Textdaten
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Autor: Friedrich Oetker
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Titel: Der Fisch der Gebirge
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aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 777–779
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Der Fisch der Gebirge.

Wenn der Bewohner des Niederlandes die höchsten Gegenden unseres Vaterlandes durchwandert und über dunkelbewaldete Höhen und zerrissene Felsenhänge hinabsteigt zu jenen schnellfüßigen Bächen, die ihre silberhellen Wasser, bald im schäumenden Sturze tobend, bald nur rauschend und murmelnd, den größern Flüssen zuführen: äußert er wohl oft: „Ach, wie schade, daß diesen reinen Gewässern die belebenden Fische fehlen!“ – und wenn ihm dann ein Gebirgsbewohner antwortet: „Das glauben Sie nicht! In jenem tischgroßen und kaum fußriefen Tümpel hinter dem Ellernstrauch liegen ganz gewiß ein halbes Dutzend der schönsten Speiseforellen“ – glaubt er’s nicht, bevor man ihn überzeugt. – Ich verdenke es ihm auch nicht, denn wenn er die Kunst „Forellen in der Freiheit zu sehen“ noch nicht versteht, wird sein Auge, vorzüglich in kleinen Gewässern, nur selten einen Fisch dieser Art erblicken.

Als ich vor sechszehn Jahren in’s Gebirge kam, bemühte ich mich anfangs selbst vergebens, auch nur eine Forelle zu sehen. Eines Tages, als ich in der Nähe der Wolfshöhle bei Annaberg in gleicher Absicht an der Sehma hinschlich, traf ich einen alten Jäger. Derselbe hatte mich wahrscheinlich zuvor aufmerksam beobachtet und trat mit der Frage auf mich zu: „Was suchen Sie denn, guter Freund?“ – „Man sagt“ entgegnete ich, „es gäbe in diesem Bache viel Forellen, und ich bemühe mich schon seit einer halben Stunde vergebens auch nur eine einzige zu erblicken.“ Er lächelte fein und mich gemüthlich auf die Achsel klopfend bemerkte er: „Der Herr ist gewiß aus dem Niederlande und hat’s noch nicht gelernt, die Fore zu schauen. – Jetzt passen’s auf, wenn Sie eine sehen wollen!“ Er legte sein Gewehr bei Seite, warf sich sofort auf alle Viere und kroch auf den Bach zu. In der Nähe des Ufers wurden seine Bewegungen so vorsichtig, wie die des schleichenden Fuchses. – Am Bach angekommen rief er: „Eine, zwei, drei, vier, fünf – sechs Foren, wenn Sie schauen wollen, aber gerade so müssen’s machen wie ich!“ – Ich marschirte vierfüßig hinterdrein, und richtig, ich zählte auch: „Eine – zwei – drei – vier – – Wo sind aber sechs? ich sehe ja nur vier.“ – „Ich glaub’s schon! – Sehens nur nach dem großen Stein mitten im Bach, stromaufwärts guckt ein tüchtiger Forenkopf drunter raus.“ – Es war so. „Doch wo ist die sechste?“ – „Die wird sich zeigen, sobald irgend ein Käfer, Grashüpfer oder dergleichen herabschwimmt. Jetzt – passen’s auf!“ – Etwas von dem angegebenen Raube bemerkte ich zwar nicht, hörte aber einen appetitlichen Schnapper und sah eine Forelle pfeilschnell unter das ausgewaschene Ufer fahren. – Wir sprachen ganz vernehmlich mit einander, und ich äußerte meine Verwunderung darüber, daß die Fische dadurch nicht verjagt würden. „Die Fore hört schlecht, aber sieht gut“, sagte er. langsam hob er seine Arme in die Höhe – die Fiscke standen noch still – jetzt machte er eine rasche Bewegung mit den Händen – und keiner war zu sehen. „Ach, das ist schade,“ bemerkte ich, „gern härte ich noch lange zugesehen, und nun wird es wohl eine Weile dauern, ehe die Fische wieder sichtbar werden?“ – „Heute hier nicht,“ entgegnete der Alte, „wir müßten uns denn zwei Stunden ganz entfernen und von einer andern Seite anschleichen; wenn Sie jedoch einige Schritte mit stromabwärts gehen wollen, will ich Ihnen mehrere zeigen.“ Meine freie Zeit war indeß abgelaufen. Ich dankte dem freundlichen Gebirgsmann und ging heim, war aber von Stund an ein großer Freund des Fisches der Gebirge, und die verehrten Leser dieses Blattes werden vielleicht einiges Interesse daran finden, die naturgeschichtlichen Erfahrungen über diesen meinen Lieblingsfisch, die ich seit einer Reihe von sechszehn Jahren machte, kennen zu lernen, und so gütig sein, dabei zu vergessen, daß meine Darstellung der anderer Schreiber dieses Blattes nicht ebenbürtig ist.

Die bevorzugten Brutplätze der Forelle sind die unbedeutendsten Waldbäche der Gebirge, wenn sie nur ausdauernd laufendes Wasser und hinreichend Steine haben; jedoch liebt sie besonders granitsandigen Boden und meidet kalkhaltige Gewässer. Wie der Lachs zur Brutzeit in die seichten Flüsse hinaufsteigt und dabei oft über 10 bis 12 Fuß hohe Hindernisse wegspringt, so zieht auch die Forelle Ende Septembers und Anfang Octobers stromaufwärts, und es ist unbegreiflich, mit welcher Geschicklichkeit sie die stärksten Stromschnellen und Stürze überwindet. Ich habe es zweimal gesehen, daß dieser Fisch über ein stehendes Mühlrad von Schaufel zu Schaufel sprang und endlich glücklich in’s hohe Wasser kam. Ist der Bach seicht genug, d. h. bei kleinem Wasserstande oft nicht stärker, als daß man ihn einen Augenblick mit dem Fuße aufhalten kann, so setzt sie hinter einem Steine ihren Laich an, der sofort durch den Milchner befruchtet wird. Nach diesem Geschäft ist sie sehr abgespannt, und ihr Fleisch hat alle Schmackhaftigkeit verloren, sobald das erste Hochwasser eintritt, läßt sie sich von demselben wieder in ihre Heimath führen. Nach einiger Zeit platzen die Eier, und es erscheint ein winziges Fischchen mit einem großen Magensacke, aus welchem es sich, ohne andere Nahrung zu sich zu nehmen, fast einen Monat lang erhält. Nach dieser Zeit erhält die Forelle ihre eigentliche Gestalt, nur ist der Kopf nach Proportion zu groß. Mag auch der Winter noch so streng sein, so hat sie doch schon im Frühjahr die Länge von 11/2 Zoll und darüber erlangt und wächst nun sehr schnell, so daß sie schon im nächsten Jahre eine Hand lang wird. Hierauf geht sie nach und nach den Bach abwärts, um tieferes Wasser aufzusuchen. Stundenlang habe ich oft die Brutplätze belauscht. Die jungen Forellen stehen stets einzeln, am liebsten an solchen Stellen, wo das Wasser mit gemäßigter Schnelle über feinen Sand fließt. Wenn man nicht genau Acht gibt, erkennt man sie gar nicht; denn wegen ihrer scheinbaren Unbeweglichkeit hält man sie für ein auf dem Grunde liegendes Stückchen Holz. Dabei bewegen sie Flossen und Schwanz genau nur so schnell, als nöthig ist, um auf dem Platze zu bleiben. Bringt jedoch der Strom irgend eine Beute, so fahren sie mit der Schnelligkeit des Blitzes darauf los, erhaschen sie und kehren ebenso schnell zurück zu der verlassenen Stelle, um ihre scheinbare Unbeweglichkeit fortzusetzen. Große Forellen (sie erreichen oft ein Gewicht von 4–6 Pfund und darüber) sieht man meist gar nicht. Sie liegen fast stets unter solchen Ufersteinen, die im tiefen Wasser stehen, und kommen bei hellem Wasser gewöhnlich nur des Nachts hervor, um ihre Nahrung zu suchen. Die besonderen Eigenthümlichkeiten des Fisches überhaupt erfährt man am besten bei seinem Fang, dessen verschiedene Arten hier folgen.

a. Das Greifen.

Unter Greifen ist das Fangen mit den Händen zu verstehen. Bei dem geringsten Wasserstande macht sich der Fischer an sein Geschäft. Er zieht sich dabei fast nackend aus und watet in solche Stellen der Bäche, die nicht über 11/2 Fuß Wasserstand halten. In tieferen ist sein Geschäft sehr undankbar. Mit Kennerblick prüft er die auf dem Grunde, aber doch hohl liegenden Steine, greift mit beiden Händen an den Seiten derselben herum und stopft alle unter den Stein führenden Höhlungen, außer einer, mit Steinen oder Rasen zu. Jetzt langt er vorsichtig zu dem noch offenen Loche hinein und fühlt die ganze Höhlung unter dem Steine aus. Spürt er den Fisch, so krabbelt er ihn leise an dem Bauche, bis er die ganze Hand unter denselben gebracht hat. Ein fester Griff um Kopf und halben Leib bringt ihn in seine Gewalt, wenn er nicht über 1/4 Pfund wiegt; ist er jedoch stärker, so muß er beide Hände zu Hülfe nehmen und hat dann oft noch das Unglück ihn entschlüpfen zu sehen, wenn er ihn nicht geradezu todt drücken will. Schwieriger ist das Geschäft, wenn die Forelle so weit unter den großen Ufersteinen liegt, daß der Arm des Fischers nicht zureicht, sie mit der Hand zu umfangen. Oft erreicht er den Fisch mit den Fingerspitzen und muß ihn doch in Ruhe lassen. Alles Stoßen mit Stöcken etc. vermag dann nicht, ihn von seinem Platze zu treiben: er läßt sich vielmehr, ohne zu weichen, todt stoßen und ist dann doch nicht herauszubringen. Eines Tages spürten wir unter einem über eine Elle breiten Ufersteine ein ziemlich großes Exemplar. Obgleich der langarmigste Greifer darunter griff, war es doch nicht möglich den Fisch zu fassen. Wir machten uns daher darüber, das Ufer hinter dem Steine zu durchbrechen, und kamen nach der Arbeit einer Viertelstunde auf die Forelle, die sich nun ganz ruhig herausnehmen ließ und sich als eine 3 Pfund schwere sogenannte Lachsforelle präsentirte. Wir wandten später die erwähnte Methode noch oft an, und sie wurde meistens mit glücklichem Erfolge gekrönt. Bequemer ist

b. der Fang mit Netzen.

Dies geschieht auf dreierlei Art. Entweder mit dem Streifhamen bei ganz trübem Wasser oder mit Leuchte, oder durch das [778] sogenannte Streichnetz. Nach einem starken Platzregen oder nach schnell eingetretenem Thauwetter nimmt das Wasser der Gebirgsbäche eine rahmkaffeeartige Farbe an. Der Streifer macht sich schnell auf, ehe sich diese Farbe wieder verliert, und nimmt seinen Streifhamen auf die Schulter. Dieser ist ein an einer langen Stange senkrecht befestigter Hamen. Seine halbmondförmige, unten 3–4 Fuß weite Oeffnung läuft in einen etwas längern Sack aus, dessen Ende an die äußerste Spitze der Stange befestigt ist. Er läßt das Netz an solchen Stellen, wo das Wasser ruhig steht, ein und zieht es langsam nach dem Ufer zu, worauf er es schnell emporhebt und die Gefangenen herausnimmt. Dasselbe Netz wendet man auch bei dem Leuchten an; nur wird dabei die Stange losgemacht. Zum Leuchten gehört außerdem eine hellscheinende Lampe, welche man dergestalt in einen großen umgekehrten Topf befestigt, daß man die ganze Vorrichtung an einer Stange über dem Bache tragen kann. Wenn dieses geschieht, bleiben die Forellen ganz ruhig auf der Seichte stehen und bemerken es nicht, wie ihnen durch den Fischer der Weg zur Tiefe gesperrt wird. Ist dieses geschehen, so jagen einige mit sogenannten Plumpstangen in’s Wasser geführte Stöße die Forellen dem aufgespannten Hamen zu, der von dem Fischer, der ihre Ankunft durch den auf den Netzsack gestellten Fuß sogleich bemerkt, schnell emporgezogen wird. Dieselbe Leuchte gebraucht man auch bei dem Streichnetz. Dieses ist ein viereckiges Netz mit sehr großen Maschen, vor dem ein anderes ganz feines hängt. Kommt die Forelle geschossen (schnell geschwommen), so fährt sie mit einem Theile des feinen Netzes durch eine Masche des größern und ist so wie in einem Sacke gefangen. Die bequemste und für den Kenner erfolgreichste Art des Forellenfanges ist

c. das Angeln.

Bei trübem Wasser ist nichts leichter als Forellen zu angeln. Man nimmt einen dicken oder dünnen Faden, bindet einen mittelmäßigen Angelhaken daran, etwas Blei und einen Kiel mit Kork. Zum Köder nimmt man Regenwürmer und geht dann am Bache hin, die Angel in jede ruhige Stelle einwerfend. Ist das Wasser nicht zu trübe, sodaß die Forelle den Fraß auch in der nächsten Nähe nicht sehen kann, so darf man sicher auf guten Fang rechnen. Bei trübem Wasser scheint dieser Fisch ein ganz anderer zu sein, als bei Hellem. Er schwimmt dann unermüdlich auf dem Grunde hin und her und frißt mit unermeßlicher Gier alles Genießbare, was ihm das Wasser entgegenschwemmt. Fängt man ihn unter solchen Umständen, so findet man den Leib strotzend voll Regenwürmer. Wirft man ihn wieder in’s Wasser, nachdem man ihn durch Abschneiden eines kleinen Theils einer Flosse kenntlich gemacht hat, so fängt er sich nach einer halben Stunde oft schon wieder. In der Gefangenschaft gibt er den Fraß meistens wieder von sich und fällt dabei in eine todähnliche Erstarrung. Große Kenntniß der Eigenheiten dieses Fisches und viel Gewandtheit erfordert dagegen der Fang mit der Angel bei hellem Wasser. Die Forelle ist dann so scheu und hat solchen wählerischen Appetit, daß man die äußerste Vorsicht aufwenden muß.

Will man sie dann fangen, so gehört erstens dazu ein leichter 7–8 Ellen langer Stab, versehen mit einer wenigstens ebenso langen möglichst feinen Schnur. Diese fertigt man am besten von weißem Pferdehaar, 8 bis 10 Haare stark, und dreht sie gut zusammen. Da die Haare nicht sehr lang sind, muß man kleinere Schnürchen nach der Haarlänge machen und diese dann verknüpfen. Dieses geschieht durch einen besonderen Knoten, da die Pferdehaare, zu sehr umgebogen, leicht springen. Um dieses zu vermeiden, nimmt man die beiden Enden der zu verbindenden Schnürchen und legt sie 11/2 bis 2 Zoll über einander, sodaß man rechts und links ein Schnürchen und die beiden Enden in der Mitte hat. Jetzt macht man einen gewöhnlichen Knoten, indem man das Ende der linken Schnur und die ganze rechte zweimal durch die gebildete Schlinge steckt und dann zusammenzieht. Ein solcher Knoten zieht sich nie auf, und die Angel springt sehr selten bei demselben. An das untere Ende der Schnur befestiget man einen mittelmäßigen Haken, vielleicht von der Rundung einer kleinen Haselnuß. Der Haken muß vor dem Gebrauche ganz spitzig geschliffen werden, und seine Spitze muß ziemlich weit auswärts stehen. 11/2 bis 2 Fuß über dem Haken bringt man einen ganz leichten Angelkiel einer schwachen weißen Gänsefeder, zu 11/2 Zoll Länge verstutzt und ohne Kork, an. Nur bei starker Strömung ist zur Beschwerung der Angel ein wenig Blei nöthig. Sehr gut ist es auch, wenn man zum untern Ende der Schnur (Anbiß) den Stoff nimmt, der jetzt von den meisten Anglern von Fach benutzt wird. Es besteht dieser aus 12 bis 16 Zoll langen feinen Fäden, ähnlich starken Pferdehaaren, aber von ungemeiner Festigkeit. Leider ist es mir noch nicht möglich gewesen, den wahren Namen und die Abkunft desselben zu erfahren. Als Köder nimmt man am liebsten Regenwürmer und zwar solche, die eine hellrothe Farbe und langen dünnen Körper haben. Diese Art besitzt neben großer Lebendigkeit mehr Zusammenhang als andere Arten und wird deswegen nicht so leicht abgerissen. Hat der Angler sein Zeug im Stande, so geht er zum Bache. Er bleibt so weit vom Wasser, daß die Forelle höchstens seinen Kopf sehen kann, und wirft dann vermittelst einer kunstgerechten Schwenkung die Angel in’s Wasser; läßt sie von dem Strome abwärts treiben und geht ihr ohne Aufenthalt immer nach, indem er sich stets so weit als nur thunlich vom Wasser entfernt hält. Das Verharren auf einem Orte ist durchaus vergeblich, denn die Forelle, die nicht augenblicklich beißt, beißt nach einer Stunde auch dann nicht, wenn man ihr den Köder unmittelbar vor das Maul bringt. Ebenso unnütz ist es, die Angel da hineinzuwerfen, wo man eine Forelle hat schießen sehen, denn durch ihre Flucht zeigt sie allen in ihrer Nähe befindlichen an, daß Gefahr droht.

Hat die Forelle angebissen, so wartet man höchstens zwei Pulsschläge, haut sie durch einen kleinen Schneller mit dem schwanken Stabe an und zieht sie sobald als möglich heraus, denn dieselbe besitzt eine solche Kunstfertigkeit, sich vom Haken loszumachen, daß eine an irgend einem Orte ihres Maules angehakte Forelle, ins freie Wasser gelassen, oft nur wenige Secunden braucht, um sich los zu machen. Man rede mir nicht ein, man dürfe sie ja nur länger beißen lassen, so käme der Haken in die Gedärme, und dann könne sie unmöglich entfliehen; denn die Forelle ist klug genug, den Fraß wieder fahren zu lassen, sobald sie bemerkt, daß er auf unnatürliche Weise mit irgend Etwas zusammenhängt.

Hauptsache für die Angler bleibt es außerdem, den Standpunkt eines Fisches zu kennen und die Angel so zu werfen, daß der Fraß 2 bis 3 Fuß vor diesem in’s Wasser einfällt, denn der Fisch verfolgt selten die Angel rückwärts, weil er dadurch, daß er dann die ganze Schnur über und neben sich sieht, zurückgeschreckt wird. Bei geringem Wasserstande beißen die Forellen im tiefen Wasser fast nie; man muß sich deswegen fast ausschließlich an die Strömungen halten. Bei hellem mittlen Wasserstande wirft man an solchen tiefen Stellen ein, wo die Strömung allmählich in Stauwasser übergeht. Bei starkem und etwas trübem Wasser muß man viel Blei anhängen, damit die Lockspeise auf dem Grunde hinstreicht. Auf die Witterung kommt beim Angeln weit weniger an als auf die Wasserfarbe; doch sind stilles warmes Wetter und mittelhohes Wasser mit der sogenannten Bierfarbe die günstigsten Umstände dabei, und ich selbst habe dann oft so schnell gefangen, daß zwei Drittheile der Zeit auf’s Anködern und Loshaken und nur ein Drittheil auf das Angeln selbst kam. – Schon oben habe ich bemerkt, daß der beschriebene Fisch bisweilen besonderen Appetit habe. Dieses ist namentlich bei ganz geringem Wasserstande der Fall, und er geht dann oft lieber auf Grashüpfer, Käfer, Raupen etc., als auf Würmer. Oeffnet man den Magen der Forelle in solcher Zeit, so findet man ihn fast leer, woraus man erkennt, daß sie bei hellem Wasser 3 oder 4 mal weniger Nahrung zu sich nimmt als bei trübem. Um große Forellen zu fangen, wendet man am besten die Nachtangel an. Sie besteht aus einem gewöhnlichen Bindfaden, am untern Ende mit einem derben, sehr spitzigen Haken versehen, an welchen als Köder ein kleiner lebender Fisch gesteckt wird. Damit der Köder an der Stelle bleibt, befestigt man 2 Fuß vom Haken einen ein halbes Pfund schweren Stein. In den Monaten Mai, Juni und Juli Abends gegen 10 Uhr wirft man die Angel in tiefe Tümpel ein und sieht so früh als möglich nach. Ist das Wasser trübe, so kann man mit Sicherheit auf guten Fang rechnen.

So kräftig sich die Forelle im freien Wasser bewegt, eben so leicht ermattet sie in enger Gefangenschaft, und man muß dann besonders bei warmem Wetter das Gefäß, in welchem man sie transportirt, oft mit frischem Flußwasser auffüllen, wenn man sie am Leben erhalten will. Ohne fließendes Wasser kann sie durchaus nicht leben, und ist ein Teich auch noch so groß, so sterben alle [779] Forellen darin, wenn er auch nur drei Tage keinen frischen Zugang hat. Liegt der Teich nahe an einem fließenden Wasser, so wandern die Forellen aus; d. h. sie springen in thaureichen Nächten heraus auf den Damm und zappeln so lange, bis sie in’s fließende Wasser kommen. Nach dem Tode wechselt dieser Fisch die Farbe und bekommt große lichte Flecken. Auch im Leben ändert sich sein Aussehen nach den Eigenschaften seines Aufenthaltes. In engen dichtbeschatteten Waldbächen erscheint er fast ganz schwarz, während er in weiten sonnigen Wassern eine ganz lichte Farbe annimmt; jedoch geschieht dadurch seiner Schmackhaftigkeit kein Abbruch. Es ist sehr zu beklagen, daß in neuerer Zeit die Menge dieser herrlichen Fische sehr abnimmt. Die Ursachen davon sind weniger darin zu suchen, daß man ihnen zu sehr nachstrebt, als darin, daß durch die Entwässerung der Wälder und Sümpfe und die Bewässerung der Wiesen den besten Brutplätzen oft so viel Wasser entzogen wird, daß kaum noch ein Drittheil der Forellenbrut fortkommen kann. Da das erwähnte Uebel wohl schwerlich zu heben ist, sich vielmehr alljährlich vergrößert, so steht in Erwartung, daß der Forellenbestand nach und nach immer mehr abnimmt; darum ist, schließlich bemerkt, zu wünschen, daß die künstliche Zucht dieses Fisches in unserer Zeit immer mehr Anerkennung finde.

Hpl.