Textdaten
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Autor: Knöner
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Titel: Der Buller-Siel
Untertitel:
aus: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden: Noch lebende Volkssagen und Legenden, S. 216–218
Herausgeber: Friedrich Köster
Auflage: 2. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: In Commision bei A. Pockwitz
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Erscheinungsort: Stade
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung: Aus dem Amte Lehe
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5. Der Buller-Siel.

Zwischen der Mündung der Weser und der Jahde liegt die nördlichste Spitze des Butjahdingerlandes, die sich in alten Zeiten viel weiter in das Meer erstreckte als jetzt. An der nördlichen Spitze hinter Feddewarden hinaus liegt in dem dortigen Deiche ein Siel, welcher der Buller-Siel heißt. Wenn das Meer vom Sturm bewegt seine Wogen gegen diesen Siel treibt, so hört man dort einen dumpfen, schauerlichen Schall, daher der Name Buller-Siel. Die Leute in jener Gegend deuten diesen Schall als eine warnende Erinnerung an das schreckliche Ereigniß, das Gott der Herr vor Alters über diese Gegend kommen ließ. Eine fruchtbare [217] Landstrecke lag nämlich vor vielen Jahrhunderten da, wo jetzt Seeschiffe segeln, und blühende Oerter voll Reichthum und Wohlleben prangten zwischen grünenden Fluren, wo jetzt die tückische Meereswelle dem Schiffer Verderben drohet. Land, Oerter, Menschen und Vieh liegen tief im Meere begraben

Die Bewohner dieses Landstrichs waren durch ihren Reichthum übermüthig und gottesvergessen geworden und gingen in ihrem gottlosen Wesen so weit, daß sie über göttliche Dinge spotteten und die heiligen Sacramente lästerlich entweiheten. Ihren Reichthum und Uebermuth zeigten sie auch darin, daß sie ihre Siel-Thüren von Erz machen ließen und sich dessen gegen ihre Nachtbarn rühmten und damit prahlten. Unter ihnen wohnte ein frommer Geistlicher, der sie in seinen Predigten zur Buße und Bekehrung ermahnte, sie aber lachten über ihn und seine Ermahnungen und trieben es nur desto ärger. Einstmals hatten sie sich einen gar argen Streich ausgedacht, durch den sie den Prediger recht empfindlich verhöhnen wollten. Sie kleideten eine Sau an und legten sie in einer Kammer in das Bett, schickten dann zum Prediger, daß er kommen möge und einem Sterbenden das heilige Abendmahl geben. Er kommt; sie erheucheln Mitleid mit dem Kranken und führen ihn in dessen Kammer und wenden sich dann wieder zurück. Als nun der fromme Mann diese Schandthat inne wird, brechen sie in ein lautes spöttisches Gelächter aus. Der Pfarrer aber drohet ihnen mit Gottes gerechter Strafe; doch hört er nicht auf, für ihre Bekehrung und Verschonung zu Gott zu beten. Einige Zeit nach diesem Vorfall kommt plötzlich seine Magd zu ihm herein und verkündigt mit Schrecken, daß aus den Rissen in dem Boden der Küche drei große Aale hervorkröchen. Hieran merkt der Prediger, daß der Untergang dieser Gegend nahe sei und Gottes Strafgericht die frechen und unbußfertigen Verächter seiner Wahrheit ereilen werde und Gott durch dieses Zeichen ihn selbst warnen und erretten wolle. Sogleich läßt er darum seinen Wagen anspannen, packt seine Habe, so viel er davon mitkriegen kann, darauf und verläßt von Stund an sein Haus und diese [218] Gegend in eilender Flucht. Aber die Zerstörung folgt schnell nach. Noch ehe er sie verlassen hat, sinkt ein Theil nach dem andern unter entsetzlichen Krachen in den Abgrund des Meeres. Endlich, als er nicht weit mehr von einer Anhöhe entfernt ist, bricht der Sticken in der Deichsel seines Wagens; er muß ihn stehen lassen und rettet nur sein nacktes Leben. Bis dahin dringt die Zerstörung, der Wagen aber bleibt im Wasser stehen, versinkt nicht in die Tiefe und hat noch lange Zeit nachher da gestanden. Jetzt zeigt ein Pfahl im Wasser die Stelle noch an, wo er soll gestanden haben, und nicht weit von dem Wasser entfernt ist später ein Dorf entstanden, das den Namen Stickhusen führt.