Der Amerikaner in Gesellschaft

Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Amerikaner in Gesellschaft
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 550
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[550] Der Amerikaner in Gesellschaft. Ein europäischer Reisender erklärte, daß nichts intessanter sei in Amerika, als die Stellungen und Attituden der Herren in Gesellschaft zu studiren. Jede Attitude ist ein gymnastisches Kunststück, eine Reihenfolge der phantastischsten Stellungen. Das übliche Kunststück ist, die Beine auf den Kaminsims zu legen oder gegen eine Ofenröhre, aber allemal höher, als der Kopf. Auf einem Mississippi-Dampfer hatte er Gelegenheit, wahrhafte Wunderkünste von Attituden zu beobachten. Angezogen von den „schollernden“ und „pickernden“ Tönen eines Piano’s in einer Damen-Kajüte, stolperten eine große Menge Herren direkt hinein, wo eine äußerst magere, dünne Dame mit einer äußerst heiseren und rissigen Stimme versuchte, „Heil Columbia“ zu singen. Vier Herren bemächtigten sich sofort der Säule, welche in der Mitte die Decke stützte, und stämmten ihre acht Beine, mehrere Zoll hoch über ihren Köpfen, gegen dieselbe, so daß die Köpfe an den Stuhllehnen einsanken. Ein anderer Herr setzte sich neben die Sängerin und legte seine langen Beine quer über das Piano, so dass die Sängerin schwärmerisch auf dessen Stiefelsohlen blicken konnte. Ein Sechster lag auf dem Sopha, die Beine über die Lehne geschlagen und außerhalb damit bis unter die Nase der Sängerin baumelnd. Der Siebente war der Held Aller. Er stellte seinen Stuhl gegen die Wand, machte den Sitz zum Fußschemel und nahm auf der schmalen Lehne Platz, sich mit Lebensgefahr an der Wand balancirend. Ein Achter, der erst gar keinen Platz für seine Beine finden konnte, als den Boden unten, legte sie endlich auf die Schultern des Herrn, der seine Spazierhölzer über das Piano gestreckt hatte, ohne dem geringsten Widerstand zu begegnen. So wie die Dame aufhörte zu singen, begannen alle Herren zusammen einen wahren Höllenlärm von Beifall, indem sie mit Fäusten und Stöcken überall aufschlugen, wo ein Ton zu erwarten war. Dabei fiel der Herr von der scharfen Kante seiner Stuhllehne, ohne sich deshalb weiter zu geniren oder Gelächter zu erregen. Er raffte sich auf und trommelte sogleich auf's Neue enthusiastischen Beifall. Noch feinere Herren holen in Gesellschaft gar ihre Schnippelmesser heraus und splittern von Meubles und sonstigem zugänglichen Holz kleine Späne ab, die sie dann in kleinern Splittern überall in der Stube umherspringen lassen. Die Damen feiner Haushaltungen setzen, um die Gefahr abzulenken, jeder Gesellschaft verschiedene Stücke von Holz und Spänen vor, aus denen sich dann die Herren bedienen, weil sie vermuthen, daß darin ein Wink durch die Blume liege, man solle nichts von Mahagoni-Meubles abschnippeln.