Der 20. Februar
(1890.)
In diesem schönen neunz’ger Jahr darf man die Prophezeiung wagen:
Der zwanzigste des Februar wird einer von den „krit’schen Tagen.“
Gewiß ist er verhängnißvoll: es wird das Volk zur Urne wallen
Und auf fünf volle Jahre soll zum ersten Mal der Würfel fallen.
Der jugendlichsten Rüstigkeit ankränkeln des Gedankens Blässe;
Man kann in ihr „beherzt und fest,“ erhaben über „feige Schwächen,“
Der Kräfte letzten armen Rest in einem müden Volke brechen.
Zu Schaudern werden Trug und Witz vor einem klaren, kühlen Volke;
Und hält mit selbstbewußtem Blick für Stunden in den eignen Händen
Der Zukunft Loos und sein Geschick; weh, wenn sie wirr und feig es fänden!
Und einen Schleier schwer und dicht ums scharfe klare Auge wöbe!
Weh, wenn der letzte Bauernfang auch bei der nächsten Wahl gelänge!
Die Jahre seit der letzten Schlacht, die manche Hoffnung uns begraben,
Wir wissen, was sie uns gebracht und – was sie uns gekostet haben.
Drei Jahre waren’s diesmal nur, jedoch sie haben schwer gewogen
Und ränge unsern Widerstand auch diesmal man mit Arglist nieder –
Wie fänd’ ich dich, du deutsches Land, nach den fünf Schicksalsjahren wieder?
Ich muß, durchfröstelt, meinen Blick von diesem Zukunftsbilde lenken –
Es greift ans Herz, in ein Geschick, wie dieses, stumm sich zu versenken.
Es gab so oft im alten Reich den letzten Mann, den letzten Gulden,
Es gab den letzten Bissen Brot, den letzten Tropfen seines Blutes
Und murrte nicht in seiner Noth ob frevelhaften Uebermuthes –
Nein, wer sein Volk von Herzen liebt, bewahrt es gern vor solchem Ruhme;
In seine tapfern Hände giebt er nicht die blasse, blaue Blume,
Die Blume der Entsagung nicht, der müden, bleichen, hoffnungslosen –
Er giebt – und wenn es zehnmal sticht! – ihm frische, wilde, rothe Rosen.
Es wird das Volk mit gutem Witz das Recht der Wahl zu brauchen wissen.
Es fragt sich klar nach seiner Qual und seinem rechtverstandnen Wohle –
Ihr täuscht es nicht zum zweitenmal durch eine falsche Wahlparole!
In diesem schönen neunz’ger Jahr darf man die Prophezeiung wagen: