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Inhalt Parasche 5

Abschnitt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Auslegung von Dtn 16,16 - 17,14 - 20,10

Dazwischen Halachot: Halacha 15 - Halacha 16 - Halacha 17

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.סדר שׁופטים
Parascha V.

[1] Cap. XVI. V. 18. Richter und Vorsteher sollst du dir setzen in allen deinen Thoren, welche der Ewige, dein Gott, dir giebt nach deinen Stämmen, dass sie das Volk richten mit gerechtem Gericht.
Halacha. Darf der Verwandte eines Angeklagten Recht sprechen? Folgende Verwandte, so haben die Weisen gelehrt, dürfen nicht entscheiden: sein Vater, seine Brüder, und die Brüder seines Vaters und die Brüder seiner Mutter u. s. w. Warum? Sowie ein Verwandter untauglich ist, zu zeugen, so ist auch er untauglich, Recht zu sprechen (zu entscheiden). Warum? R. Simeon ben Jochai sagte: Es heisst Deut. 21, 5: „Es sollen die Priester, die Leviten, hintreten, denn sie hat der Ewige, dein Gott, erwählet, ihm zu dienen und zu segnen im Namen des Ewigen und nach ihrem Ausspruch wird jeder Rechtsstreit und jeder Schaden erledigt.“ Komm und sieh, er vergleicht die Schäden mit den Rechtsstreiten und die Rechtsstreite mit den Schäden. Sowie die Schäden nur bei Tage, so dürfen auch Rechtssachen nur bei Tage entschieden werden, und sowie bei Rechtssachen der Verwandte ausgeschlossen ist, so ist auch bei Schäden (Leibesschäden) der Verwandte ausgeschlossen. Rabban Simeon ben Gamliel sagte: Achte das Recht nicht für gering, denn es ist einer von den drei Füssen (Stützen) der Welt (der bürgerlichen Gesellschaft). Warum? Weil so die Weisen gelehrt haben: Auf drei Dingen steht die Welt: auf dem Rechte, der Wahrheit und dem Frieden.[1] Bedenke also, wenn du das Recht beugst, so erschütterst du die Welt, weil es einer von seinen Füssen (Stützen) ist. Die Rabbinen sagen: Schwer ist die Kraft des Rechts, denn es ist einer von den Füssen des Thrones der Herrlichkeit, wie es heisst Ps. 89, 15: „Gerechtigkeit und Recht ist deines Thrones Grundveste. Gnade und Wahrheit stehen vor deinem Angesicht.“ Gott sprach: Da die Strafe des Rechts so schwer ist, so seid behutsam. Woher lässt sich das beweisen? Aus dem, was wir hier lesen: „Richter und Vorsteher sollst du dir setzen.“ [2] So heisst es Prov. 6, 6. 7: „Gehe hin zur Ameise, du Fauler, betrachte ihre Weise und werde klug, sie hat nicht Fürsten, Vorsteher und Gebieter; dennoch bereitet sie im Sommer ihre Nahrung und sammelt in der [65] Ernte ihre Speise.“ Was fiel dem Salomo ein, den Trägen durch die Ameise zu unterweisen? Die Rabbinen sagen: Die Ameise hat drei Häuser (Gemächer), sie sammelt ihren Vorrath nicht in das oberste wegen der Dachtraufe, und nicht in das unterste wegen der Feuchtigkeit, sondern in das mittelste und sie lebt nur sechs Monate. Warum? Weil sie weder Adern noch Knochen hat, und sie lebt nur sechs Monate und ihre ganze Speise ist nur ein und ein halbes Waizenkorn. Sie geht und sammelt im Sommer alles, was sie findet, Waizen, Gerste und Linsen. R. Tanchuma sagte: Kein Thier beachtet ein ganzes und ein halbes Waizenkorn, sie aber sammelt es. Und warum thut sie das? Weil sie denkt, vielleicht schenkt mir Gott das Leben, so habe ich dann zu essen. R. Simeon ben Jochai erzählte: Einmal wurden 300 Cor in ihrer Grube gefunden, die sie vom Sommer bis zum Winter zusammengebracht hatte. Darum sagt Salomo: „Gehe hin zur Ameise, du Fauler, siehe ihre Weise und werde klug“ d. i. bereitet auch ihr euch gute Werke von dieser Welt für die künftige. Was heisst das: „Siehe ihre Weise und werde klug?“ Die Rabbinen sagen: Siehe ihre Lebensart, denn sie flieht den Raub. R. Simeon ben Chalaphtha erzählte: Eine Ameise hatte einmal ein Waizenkorn fallen lassen, da kamen alle und berochen es und nicht eine war darunter, die es genommen hätte, endlich kam diejenige, der es gehörte und sie nahm es, siehe die Weisheit an ihr! Und all das Löbliche, das an ihr ist, hat sie nicht von einem Geschöpfe gelernt, sie hat auch keinen Richter und keinen Vogt, wie es heisst Prov. 6, 6: „Sie hat nicht Fürsten, Vogt und Gebieter,“ euch aber habe ich Richter und Vogte gesetzt, um wie viel mehr, dass ihr ihnen gehorchet! Das wollen die Worte sagen: „Setze dir Richter und Vögte ein in allen deinen Thoren.“ [3] Das ist es, was die Schrift sagt Prov. 21, 3: „Recht und Gerechtigkeit üben ist dem Ewigen lieber als Opfer.“ Es heisst nicht כזבח wie Opfer, sondern מזבח als Opfer? Wie so? Die Opfer wurden nur gebracht, so lange der Tempel stand, aber Recht und Gerechtigkeit können auch ohne Tempel geübt werden. Oder die Opfer dienten nur zur Sühne der unvorsätzlich begangenen Sünden, Recht und Gerechtigkeit aber sühnen unvorsätzliche und vorsätzliche (muthwillige) Vergehen ohne Unterschied. Oder Opfer finden nur bei den unteren Geschöpfen (den Menschen) statt. Recht und Gerechtigkeit aber walten sowohl unter den höheren, wie unter den niederen Geschöpfen. Oder Opfer finden nur in dieser Welt statt. Recht und Gerechtigkeit aber finden in dieser und in jener Welt statt. R. Samuel bar Nachmani sagte: Als Gott zu dem Propheten Nathan sprach 1 Chron. 17, 4: „Geh’ und sage meinem Knechte David: So spricht der Ewige: Du sollst mir nicht ein Haus bauen zum Wohnen,“ denn ich habe in keinem Hause gewohnt seit dem Tage, da ich Israel heraufführte, bis auf diesen Tag, sondern ich werde wandern von Zelt zu Zelt und von Wohnung zu Wohnung, wer da David fluchen (schmähen) wollte, was that er? Er

[66] sagte zu ihm: Es wäre gut, wenn er schon das Haus baute (d. i. wenn er bald stürbe). Du kannst es daran erkennen, was David sagt Ps. 122, 1: „Ich freue mich, wenn man mir sagt: Zum Hause des Ewigen wollen wir gehen.“ Mit jenen Worten wollte man mir sagen: Du wirst es nicht bauen. Da sprach Gott zu ihm: Bei deinem Leben! ich will keine Stunde an deinem Leben fehlen lassen. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst 2 Sam. 7, 12: „Wenn deine Tage voll sind und du liegst bei deinen Vätern, so will ich deinen Samen nach dir erheben, welcher aus deinen Lenden gekommen und will sein Königthum bestätigen.“ Gott sprach zu ihm: Die Gerechtigkeit und die Rechte, die du übst, sind mir lieber als der Tempel. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst 2 Sam. 8, 15: „David übte Recht und Gerechtigkeit an seinem ganzen Volke.“ Was heisst das: „Recht und Gerechtigkeit an seinem ganzen Volke?“ Darüber sind R. Jehuda und R. Nachman verschiedener Meinung. Der eine sagte: Der Richter hat den Unschuldigen frei gesprochen und den Schuldigen verurtheilt und wenn der zu einer Zahlung Verurtheilte es nicht hatte, so gab es David von dem Seinigen. Das war Recht und Gerechtigkeit. Dagegen wandle R. Nachman ein: Wenn dem so ist, so hätte dieses Verfahren die Israeliten (die Armen) zu Betrügereien veranlassen können. Was war Recht und Gerechtigkeit? Dass der Richter den Unschuldigen frei sprach und den Schuldigen verurtheilte, das war Recht und Gerechtigkeit, weil er dadurch das Geraubte ihm entriss. Gott sprach zu den Israeliten: Meine Kinder! weil Recht und Gerechtigkeit vor mir so werth sind, darum seid darauf bedacht (sie zu üben).

[4] Oder: „Richter und Vögte sollst du dir setzen“ in Verbindung mit Deut. 32, 41: „Wenn ich schärfe den Blitz meines Schwertes und meine Hand nach Recht greift, so übe ich Rache an meinen Widersachern und vergelte meinen Hassern; meine Pfeile berausch’ ich mit ihrem Blut und mein Schwert verzehrt Fleisch vom Blute der Erschlagenen und Gefangenen, vom Haupte der Fürsten des Feindes.“ Was heisst diese Schriftstelle? R. Jehuda und R. Nachman sind darüber verschiedener Meinung. R. Jehuda sagte: Gott sprach: Wenn ich mein Schwert wie den Blitz schärfen wollte, so würde ich meine Welt zerstören, was soll ich thun? Meine Hand greift nach dem Recht (erfasst das Recht). R. Nachman sagte: Gott sprach: Wenn ich das Strafmass änderte und nur einen Blitz ausgehen liesse, so würde ich meine Welt vernichten. Was soll ich thun? Meine Hand greift nach dem Recht. R. Jizchak sagte: Zwei Dinge befinden sich in der Rechten Gottes: Gerechtigkeit und Thora; Gerechtigkeit, wie es heisst Ps. 48, 11: „Gerechtigkeit füllt deine Rechte,“ und Thora, wie es heisst Deut. 33, 2: „Aus seiner Rechten Feuergesetz ihnen.“ Oder zwei Dinge befinden sich noch in seiner Hand, es sind die Seele und das Recht; die Seele, wie es heisst Hi. 12, 10: „In seiner Hand ist die Seele alles Lebenden,“ und das Recht, wie es heisst Deut. 32, 41: „Und es greift nach dem Rechte [67] meine Hand.“ Gott sprach: Da die Seele und das Recht in meiner Hand sich befinden, so beobachtet das Recht und ich werde eure Seelen bewahren. Das wollen die Worte sagen: „Richter und Vögte.“ [5] Was heisst das (d. i. wie kommen Richter und Vögte zusammen)? Das soll lehren, sagen die Rabbinen, dass der Vogt wie der Richter sei. Wenn nämlich Thaten vorliegen gegenüber Stock und Geissel (d. i. solche, die beides verdienen), so dass er nicht zu schlagen braucht.[2] Oder R. Elieser sagt: An dem Orte, wo Recht ist, da ist kein Recht, und an dem Orte, wo kein Recht ist, da ist Recht. Wie ist das möglich? Allein R. Eleasar hat damit gesagt: Wird das Recht hier unten (auf Erden) geübt, so wird es oben (im Himmel) nicht geübt, wird dagegen das Recht hier unten nicht geübt, so wird es oben geübt. [6] Oder: „Richter und Vögte.“ R. Acha sagte: Komm und sieh! sechs Stufen hatte Salomos Thron. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst 1 Reg. 10, 19: „Sechs Stufen waren an dem Throne“ und hier in diesem Abschnitt (Deut. 16, 19-17,1) sind sechs Verbote (דברים בלא תעשׂה) verzeichnet, nämlich 1) „du sollst das Recht nicht beugen, 2) du sollst das Ansehen der Person nicht achten, 3) du sollst nicht Bestechung nehmen, 4) du sollst dir keine Aschera pflanzen, 5) du sollst dir keine Standsäule errichten und 6) du sollst dem Ewigen, deinem Gott, nicht opfern Ochs oder Lamm.“ Siehe, das sind sechs. Siehe, ein Herold stand vor Salomos Thron, wenn er die erste Stufe erstieg, rief er ihm (das erste Verbot) zu: Du sollst das Recht nicht beugen, erstieg er die zweite Stufe, so rief er ihm zu: Du sollst das Ansehen der Person nicht achten, erstieg er die dritte, so rief er ihm zu: Du sollst nicht Bestechung nehmen, bei der vierten rief er ihm zu: Du sollst dir keine Aschera pflanzen, bei der fünften rief er ihm zu: Du sollst dir keine Standsäule errichten und bei der sechsten rief er ihm zu: Du sollst dem Ewigen, deinem Gott, nicht opfern Ochs oder Lamm. R. Chija bar Abba sagte: Die Gerichtsverhandlung soll auf diese Weise geschehen: Der Kläger trage seine Klagen vor, der Angeklagte antworte und der Richter gebe die Entscheidung. R. Sina sagte: Aber der Richter muss ihre Rechtsansprüche (d. i. die von den Processführenden vorgebrachte Klage und Einwand) noch einmal wiederholen. Von wem kannst du das lernen? Von Salomo, wie es heisst 1 Reg. 3, 23; „Da sprach der König: Diese spricht: Das ist mein Sohn, der lebendige und dein Sohn ist der todte, und jene spricht: Nein! sondern dein Sohn ist der todte und mein Sohn ist der lebendige.“[3] R. Jehuda bar Ilai sagte: Ich habe gehört, wenn der Richter den Gegner sich setzen lassen will, so kann er es thun, was darf er aber nicht thun?

[68] Es ist nicht gestattet, den einen sitzen und den andern stehen zu lassen, denn R. Ismael hat gesagt: Wenn zwei Personen vor dem Richter erscheinen, von denen einer ein Reicher und der andere ein Armer ist, so spreche der Richter zu jenem: Ziehe dich so an, wie dieser angezogen ist, oder er lasse ihn so anziehen, wie dieser angezogen ist. Du sollst nicht auf das Ansehen der Person achten. R. Eleasar und R. Samuel bar Nachman sind darüber verschiedener Meinung. R. Eleasar sagte: Wenn du gleich weisst, dass er Recht hat, so zeige ihm kein freundliches Gesicht, damit er nicht denke: vom Anfang an wollte er (mich) freisprechen. R. Samuel bar Nachman sagte: Wenn du weisst, dass er Unrecht hat, so zeige ihm keine unfreundliche Miene, damit er nicht denke: vom Anfang an wollte er mich für schuldig erklären. R. Chanina sagte: Einmal heisst es Deut. 1, 16; „Ihr sollt nach Gerechtigkeit richten,“ und dann heisst es wieder Deut. 13, 14: „Du sollst forschen und untersuchen und wohl fragen,“ wie es war d. i. wenn du siehst, dass das Recht unklar ist, so erforsche ihn, und wenn du siehst, dass das Recht klar ist, so sprich ihn frei (gerecht).

[7] Oder: „Richter und Vögte.“ R. Levi sagte: Womit ist das zu vergleichen? Mit einem Könige, welcher viele Söhne hatte und das kleinste von allen am meisten liebte. Er hatte auch einen Lustgarten, welchen er am meisten von allem, was er besass, liebte. Da dachte der König: Ich gebe diesen Lustgarten dem, welchen ich von allem, was ich besitze, liebe, meinem jüngsten Sohne, den ich von allen meinen Söhnen liebe. So sprach auch Gott: Von allen Völkern, die ich erschaffen habe, liebe ich nur Israel, wie es heisst Hos. 11, 1: „Da Israel jung war, liebte ich es,“ und von allem, was ich erschaffen habe, liebe ich nur das Recht, wie es heisst Jes. 61, 8: „Denn ich, der Ewige, liebe das Recht.“ Gott sprach: So gebe ich das, was ich so sehr liebe, dem Volke, was ich liebe. Das wollen die Worte sagen: „Richter und Vögte.“ Gott sprach nämlich zu den Israeliten: Meine Kinder, bei eurem Leben! dafür (eig. im Verdienste), dass ihr das Recht beobachtet (handhabt), werde ich erhaben. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Jes. 5, 16: „Der Ewige Zebaoth wird erhaben durch das Recht,“ und dadurch, dass ihr mich mit dem Rechte erhebt, übe auch ich Gerechtigkeit und lasse meine Heiligkeit unter euch ruhen. Woher lässt sich das beweisen? Aus Jes. das.: „Und der heilige Gott wird geheiligt durch Gerechtigkeit.“ Und wenn ihr beide, die Gerechtigkeit und das Recht beobachtet, so erlöse ich euch auf die vollkommenste Weise. Woher lässt sich das beweisen? Aus Jes. 56, 1: „So spricht der Ewige: Beobachtet das Recht und übet Gerechtigkeit! denn nah ist meines Heils Kommen und meine Gerechtigkeit, zu offenbaren.“ [8] Cap. XVII V. 14. Wenn du in das Land kommst.
Halacha. Wenn ein israelitischer König eine Rechtssache hat, darf er vor dem Gerichte richten? Die Weisen haben so gelehrt:

[69] Der König darf nicht richten und darf auch nicht gerichtet werden; er darf nicht zeugen und es darf auch nicht gegen ihn gezeugt werden. Unsere Rabbinen haben gelehrt: Warum darf der König nicht gerichtet werden? R. Jeremja sagte: Es heisst vom König David Ps. 17, 2: „Von dir gehe mein Recht aus.“ Daraus ergiebt sich, dass kein Geschöpf den König richten kann, sondern nur Gott. Die Rabbinen sagen: Gott sprach zu den Israeliten: Meine Kinder! ich hatte gedacht, dass ihr frei (unabhängig) von der Königsherrschaft sein solltet, wie es heisst Jerem. 2, 24: „Eine an die Wüste gewöhnte Waldeselin.“ Sowie der Waldesel in der Wüste heranwächst und frei von Furcht des Menschen ist, so dachte auch ich, dass über euch die Furcht vor dem Königthum nicht kommen werde, allein ihr habt es anders gewollt s. das.: „Die in ihrer Brunst nach Wind schnappt.“ Unter רוח Wind ist nichts anderes als das Königthum zu verstehen. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Dan. 7, 2: „Siehe, die vier Winde brachen los auf dem grossen Meer.“ Gott sprach: Wenn ihr denkt, dass ich nicht gewusst hätte, ihr würdet mich einst verlassen, so habe ich euch schon durch Mose gewarnt und ihm gesagt: Weil sie einst einen König von Fleisch und Blut verlangen und selbst über sich setzen werden, so soll es wenigstens kein Fremder sein. Woher lässt sich das beweisen? Aus dem, was wir hier lesen: „Und du sprichst: Ich will einen König über mich setzen .... so sollst du den zum König über dich setzen, welchen der Ewige, dein Gott, erwählen wird; aus der Mitte von deinen Brüdern sollst du einen König über dich setzen.“ Das ist es, was die Schrift sagt Hi. 34, 30: „so dass heuchlerische Menschen nicht mehr herrschen, nicht mehr des Volkes Verderben sind.“ R. Jochanan und Resch Lakisch sind darüber verschiedener Meinung. R. Jochanan sagte: Wenn du einen Heuchler und einen Ruchlosen das Geschlecht leiten siehst, so wäre es für das Geschlecht besser, zu fliehen und nicht von ihm bedient zu werden. Unter den Worten: ממוקשי עם ist nichts anderes als לפרוח fliehen zu verstehen vgl. Am. 3, 5: „Fällt wohl der Vogel in den Sprenkel am Boden, wenn keine Schlinge ihm gelegt ist?“

Oder: „so dass heuchlerische Menschen nicht mehr herrschen.“ Die Rabbinen sagen: Als Könige über Israel erstanden und anfingen, sie sclavisch zu behandeln, sprach Gott: Habt ihr nicht mich verlassen, indem ihr euch Könige gefordert? Das wollen die Worte sagen: „Ich will einen König über mich setzen.“ [9] Das sagt auch die Schrift Ps. 146, 3: „Vertrauet nicht auf Edle (Fürsten)“ u. s. w. R. Simon sagte im Namen des R. Josua ben Levi: Jeder der Gott vertraut, verdient einst zu werden wie er. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Jerem. 17, 7: „Gesegnet ist der Mann, der auf den Ewigen vertraut und dessen Vertrauen der Ewige ist,“ wer aber sein Vertrauen auf einen Abgott setzt, der verschuldet (hat es sich zuzuschreiben), wenn er so wird wie dieser (sein Gott). Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Ps. 115, 8: „Wie sie (die

[70] Götzen) werden auch ihre Verfertiger sein.“ Die Rabbinen sagen: Jeder der sich auf Fleisch und Blut (ein menschliches Wesen) stützt, geht vorüber und auch seine Herrschaft geht vorüber, wie es heisst Ps. 146, 3: „Vertrauet nicht auf ein Menschenkind, bei dem keine Hilfe ist.“ Was folgt darauf? V. 4. „Sein Geist gehet aus, es kehrt wieder zur Erde zurück.“ Gott sprach: Sie wissen, dass Fleisch und Blut nichts ist, sie verlassen meine Ehre und sprechen: Setze uns einen König! Wozu fordert ihr einen König? Bei eurem Leben! ihr werdet einmal empfinden, was von eurem König euch widerfahren wird. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Hos. 7, 7: „Alle ihre Könige fallen und keiner unter ihnen ruft mich an.“

[10] Oder: Du sprichst: „Ich will über mich einen König setzen.“ R. Jehuda bar R. Ilai sagte: Drei Gebote sind den Israeliten beim Einzüge in das Land befohlen worden, nämlich das Andenken Amaleks zu vertilgen, sich einen König einzusetzen und sich ein Heiligthum zu bauen. Sie setzten sich einen König ein und vertilgten das Andenken Amaleks, warum aber haben sie sich nicht ein Heiligthum gebaut? Weil es Verräther unter ihnen gab. Du kannst es daran erkennen, denn R. Samuel bar Nachman hat gesagt: Das Geschlecht Achabs trieb Götzendienst, es zog in den Krieg und siegte. Warum siegte es? Weil es keine Verräther unter ihnen gab, deshalb zogen sie in den Krieg und siegten. Du kannst es daran sehen, als Isebel die Propheten des Ewigen umbringen liess, was that da Obadja? Er verbarg sie in Höhlen, wie es heisst 1 Reg. 18, 13: „Und ich verbarg von den Propheten des Ewigen je fünfzig Mann in einer Höhle.“ und es war niemand, der es dem Achab ansagte: So und so hat Obadja gethan. Aber das Geschlecht Sauls bestand nur aus Verräthern. Du kannst es daran erkennen, als Saul den David verfolgte, sprachen alle auf Saul übel (verleumdeten sie ihn), wie es heisst Ps. 52, 2: „Als Doeg, der Edomiter, kam“ u. s. w. Ferner heisst es das. 54, 2: „Als die Siphiter kamen und zu Saul sprachen.“ Deshalb fielen sie auch im Kampfe.

Oder R. Muna sagte: Wer verleumdet, bewirkt, dass die Schechina von unten nach oben steigt. Du kannst es daran erkennen, was David sagt Ps. 57, 5: „Mitten unter Löwen ist meine Seele, unter Flammensprühenden lieg’ ich; unter Menschen, deren Zähne Lanzen und Pfeile und deren Zunge scharfes Schwert ist.“ Was steht nachher? V. 6: „Erhebe dich über den Himmel, o Gott“ u. s. w. David sprach: Herr der Welt! was thut die Schechina unten, lasse die Schechina zum Himmel aufsteigen!

Oder R. Samuel bar Nachman sagte. Warum wird die verleumderische Zunge שׁלישׁי eine dritte genannt? Weil sie drei tödtet, den, welcher sie spricht (von dem sie ausgeht), den, welcher sie annimmt und den, über welchen sie gesprochen wird. Woher lässt sich das beweisen? Von Doeg, der sie sprach, von Saul, der sie annahm und von Nob, der Priesterstadt, über welche sie gesprochen wurde. [71] Oder R. Samuel bar Nachman sagte: Die Schlange wurde gefragt: Warum wirst du zwischen den Zäunen gefunden? Sie sprach: Weil ich den Zaun der Welt eingerissen habe. Warum kriechst du auf der Erde, fragte man sie weiter, und deine Zunge züngelt auf der Erde? Sie sprach: Weil sie es mir verursacht hat, dass ich meinen Schöpfer verleumdet habe. Und worin bestand die Verleumdung? Die erste Schlange, sagte R. Josua von Sichnin im Namen des R. Levi, redete gleich den Menschen und als Adam und Eva nicht von dem Baume essen wollten, fing sie an ihren Schöpfer zu verleumden. Sie sagte nämlich: Von diesem Baume hat der Schöpfer gegessen und dadurch seine Welt erschaffen und er hat euch befohlen, ihr sollt nicht davon essen, weil ihr sonst eine andere Welt erschaffen könntet. Und was hat ihr Gott gethan? Er hieb ihr die Füsse ab und schnitt ihr die Zunge aus, dass sie nicht mehr sprechen konnte.

Oder die Schlange wurde gefragt: Was für einen Genuss hast du, wenn du beissest? Bevor ihr das mich fragt, antwortete sie, warum fragt ihr nicht die Verleumder? wie es heisst Koh. 10, 11: „Wenn die Schlange sticht ohne Beschwörung, so ist ohne Nutzen der Beschwörer.“ Was hat der Verleumder für einen Genuss von der Verleumdung!

Oder die Schlange wurde gefragt: Warum beissest du in ein Glied und dein Gift verbreitet sich in alle übrigen Glieder? Bevor ihr das mich fragt, antwortete sie, warum fragt ihr nicht den Verleumder, der in Rom steht und in Syrien tödtet, oder umgekehrt, der in Syrien steht und in Rom tödtet. Siehe, wie schwer ist die Kraft einer verleumderischen Zunge, dass den Israeliten der Tempelbau verboten wurde! Weil das Geschlecht aus Verleumdern bestand, so sollte es zu seiner Zeit nicht gebaut werden.

[11] Oder: „Ich will über mich einen König setzen.“ Die Rabbinen sagen: Gott sprach: In dieser Welt habt ihr Könige verlangt, es sind auch solche aufgetreten und sie haben euch in’s Schwert gestürzt. Saul stürzten sie auf dem Gebirge Gilboa, wie es heisst 1 Sam. 31, 1: „Und die Männer von Israel flohen vor den Philistern“ u. s. w. David verursachte eine Plage, wie es heisst 2 Sam. 24, 15: „Und der Ewige liess eine Pest kommen über Israel.“ Achab verschloss ihnen den Regen, wie es heisst 1 Reg. 17, 1; „In diesen Jahren soll weder Thau noch Regen fallen.“ Zedekia hat den Tempel zerstört. Als die Israeliten sahen, was alles durch ihre Könige ihnen widerfahren sollte, fingen sie an zu schreien: Wir verlangen keinen König, wir wollen unsern ersten König wieder haben s. Jes. 33, 22: „Denn der Ewige ist unser Richter, der Ewige ist unser Gesetzgeber, der Ewige ist unser König, der uns hilft.“ Da sprach Gott zu ihnen: Bei eurem Leben! ich werde so thun, wie es heisst Sach. 14, 9: „Der Ewige wird König über die ganze Erde sein.“
[72] [12] Cap. XX. V. 10. Wenn du dich einer Stadt nahst.
Halacha. Das sind die Dinge, welche die Erhaltung des Friedens zum Zweck haben. Die Weisen haben so gelehrt: Das sind die Dinge, welche die Erhaltung des Friedens zum Zweck haben, erst wird der Priester, dann der Levite und zuletzt der Israelit vor die Thora gerufen. Sieh, wie gross die Kraft des Friedens ist! R. Jochanan sagte: Nie hat die Sonne die Mangelhaftigkeit des Mondes gesehen. Warum? Zur Erhaltung des Friedens, wie es heisst Hi. 23, 2: „Herrschaft und Schrecken ist bei ihm; er macht Frieden in seinen Höhen.“ R. Levi sagte: Nicht eins von den Gestirnen, die am Himmel wandeln, sieht dasjenige, was vor ihm, sondern nur das, was hinter ihm ist, wie ein Mensch, welcher von einer Leiter herabsteigt und sein Gesicht rückwärts gekehrt ist, damit jedes Gestirn sagen könne: ich bin das erste. Das wollen die Worte sagen: „Er macht Frieden in seinen Höhen.“ Oder: „Er macht Frieden in seinen Höhen.“ Resch Lakisch sagte: Michael ist ganz Schnee, Gabriel ist ganz Feuer und sie stehen nebeneinander, ohne sich gegenseitig zu schaden. Bar Kapra sagte: Wenn schon die Höheren (Wesen), unter welchen weder Eifersucht, noch Hass, noch Streit stattfinden, des Friedens bedürfen, um wie viel mehr bedürfen seiner die Unteren, unter welchen es Hass, Streit und Eifersucht giebt! Die Rabbinen sagen: Du kannst es daran erkennen, wie gross die Kraft des Friedens ist, dass selbst betreffs des Krieges, in welchen der Mensch nur mit Schwertern und Lanzen auszieht, Gott sprach: Wenn ihr in den Krieg zieht, so sollt ihr erst mit Frieden anfangen, wie es hier heisst: „Wenn du dich einer Stadt nahest“ u. s. w. [13] Oder: „Wenn du dich einer Stadt nahest“ in Verbindung mit Hi. 22, 28: „Wenn du etwas beschliessest, so wird es dir gelingen“ u. s. w. Die Rabbinen sagen: Diese Schriftstelle handelt von der Zeit, wo Gott gegen die Israeliten wegen des Kalbes zürnte. Gott sprach zu Mose Num. 14, 12: „Ich will es durch das Wort[4] schlagen, und es vertreiben.“ Was heisst das: „Ich will es durch das Wort schlagen und vertreiben?“ Gott sprach: Sie sollen nicht glauben, dass ich Schwerter und Lanzen brauche, um sie zu tödten, sowie ich meine Welt durch das Wort erschaffen habe, wie es heisst Ps. 33, 6: „Durch des Ewigen Wort ist der Himmel gemacht und durch den Hauch seines Mundes all sein Heer,“ so will ich ihnen thun, ich will ein Wort aus meinem Munde hervorgehen lassen und sie tödten. Das wollen die Worte sagen: „Ich will es durch das Wort schlagen und es vertreiben,“ Was heisst das: „Ich will sie vertreiben (ואורישנו)?“ Gott sprach zu Mose: Ich vererbe sie dir und lasse andere von dir hervorgehen, wie es heisst das.: „ich will dich zu einem grossen Volke machen.“ Als Mose dies hörte, fing er

[73] an für sie um Erbarmen zu beten. Was sagte Mose in dieser Stunde? Das.: „Sie haben gehört, dass du, Ewiger, unter diesem Volke bist, der Auge in Auge sich sehen lässet, du Ewiger.“ Was heisst das: „Auge in Auge?“ R. Acha sagte im Namen des R. Simeon ben Lakisch: Mose sprach: Herr der Welt! Siehe das Strafmass liegt in der Wagschaale genau untersucht (streng geprüft), du sagst: „ich will es mit dem Worte schlagen,“ ich sage aber: „vergieb doch!“ (V. 19). Darauf sprach Gott zu ihm: Die Sache wird entschieden werden, wir wollen sehen, wer siegen wird, du, Ewiger, oder ich. R. Berachja sagte: Gott sprach zu ihm: Bei deinem Leben! mein Wort wird aufgehoben werden, dein Wort aber wird bestehen, wie es heisst Num. 14, 20: „Und der Ewige sprach: Ich vergebe, wie du sagst.“ Das wollen die Worte sagen: „Wenn du etwas beschliessest, so wird es dir gelingen.“

Oder: „Wenn du etwas beschliessest.“ R. Josua von Sichnin sagte im Namen des R. Levi: Alles, was Mose beschlossen hat, damit stimmte Gott mit ihm überein. Wie so? Gott hiess ihn nicht die Bundestafeln zerbrechen, sondern Mose ging und zerbrach sie von selbst. Und woher lässt sich beweisen, dass Gott ihm beistimmte? Es heisst Ex, 34, 1: „Die du zerbrochen“ d. i. du hast Recht gethan, dass du sie zerbrochen hast. Gott hiess ihn nämlich mit Sichon Krieg führen, wie es heisst Deut. 2, 24: „Und führe mit ihm Krieg,“ er aber that nicht so, sondern V. 26: „ich sandte Boten.“ Da sprach Gott zu ihm: Ich habe dich geheissen, mit ihm Krieg zu führen, und du bietest ihm den Frieden an (eig. und du hängst mit Frieden an), bei deinem Leben! ich werde deinen Entschluss bestätigen. Bei jedem Kriege, den sie nun führen werden, sollen sie zuvor ihr den Frieden anbieten (mit Frieden beginnen), wie es heisst: „Wenn du dich einer Stadt nahest“ u. s. w. [14] Wer hat diesen Abschnitt (diese Vorschrift) gehalten? Josua ben Nun. R. Samuel bar Nachman sagte: Was that Josua? Er verbreitete den Befehl (das Edict) überall, wo er Eroberungen machen wollte, worin geschrieben war: Wer gehen will, gehe zu ihm, und wer Frieden schliessen will, thue es, und wer Krieg führen will, thue es. Was that Girgasi? Er wandte sich und kam ihnen freundlich entgegen, und Gott gab ihm ein schönes Land, wie das seinige, nämlich Afrika. Mit den Gibeoniten, die friedlich gesinnt waren, machte Josua Frieden, aber die 31 Könige, welche kamen, um mit ihm Krieg zu führen, warf Gott in seine Gewalt. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Jos. 11, 8: „Und sie schlugen sie, bis keiner von ihnen übrig blieb. [15] Oder es heisst: „So rufe sie zum Frieden auf.“ Sieh, wie gross die Kraft des Friedens ist! Komm und sieh, hat Fleisch und Blut (ein Mensch) einen Feind, so sinnt er nach, was er ihm thun kann. Was macht er? Er geht und ehrt einen grösseren Mann mehr als ihn, damit er ihn zu einem bösen Feind mache, aber Gott verhält sich nicht so, sondern alle Völker der Welt erzürnen ihn und während

[74] sie schlafen, steigen alle Seelen zu ihm empor. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Hi. 12, 10: „In seiner Hand ist die Seele alles Lebenden,“ und am Morgen giebt er einem jeden seine Seele wieder. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Jes. 42, 5: „Er giebt Seele dem Volk auf ihr.“ Oder widerfährt Fleisch und Blut etwas Böses von seinem Genossen, so weicht es nie aus seinem Herzen; aber Gott ist nicht so, sondern die Israeliten waren in Aegypten und die Aegypter behandelten sie sclavisch mit Lehm und Ziegeln und nach allen diesen Uebelthaten, welche sie den Israeliten zugefügt hatten, steht doch darüber geschrieben Deut. 23, 7: „Verabscheue nicht den Aegypter, denn du bist ein Fremdling in seinem Lande gewesen,“ sondern jage dem Frieden nach (sei friedlich gegen ihn gesinnt), wie es heisst Ps. 34, 15: „Suche den Frieden und strebe ihm nach.“ Was heissen diese Worte? R. Meïr sass und hielt einen Vortrag u. s. w.[5] Als jene Frau nach Hause ging, es war am Vorabend des Sabbaths, fand sie das Licht ausgelöscht. Wo bist du bis jetzt gewesen? fragte sie ihr Mann. Sie antwortete: Ich habe einen Vortrag von R. Meïr gehört. Der Mann aber war ein Spötter, er sprach zu ihr: Dem sei wie ihm wolle (eig. es mag so oder so sein), du darfst mir nicht eher wieder in mein Haus kommen, bis du gehst und den R. Meïr in’s Gesicht speist. Sie verliess darauf sein Haus, der Prophet Elia, sel. Andenkens, aber offenbarte sich dem R. Meïr und sprach zu ihm: Siehe, um deinetwillen (durch deine Schuld) hat das Weib ihr Haus verlassen, und er meldete ihm, wie sich die Geschichte zugetragen. Was that R. Meïr? Er begab sich in das grosse Lehrhaus, wohin auch dasselbe Weib kam, um zu beten. Als er sie erblickte, stellte er sich krank. Er fragte: Wer versteht einen Geheimspruch wegen des Auges zu flüstern? Da sprach das Weib: Ich komme, um ihn zu flüstern und spie ihm dabei in’s Gesicht. Sage deinem Mann, sprach er zu ihr, ich habe dem R. Meïr in’s Gesicht gespien, gehe und versöhne dich mit deinem Manne.[6] Sieh, wie gross die Kraft des Friedens ist! Oder R. Akiba sagte: Du kannst es auch daran erkennen, wie gross die Kraft des Friedens ist, weil Gott in der Stunde, wo ein Mann auf sein Weib eifersüchtig ist, gestattet hat, dass der Name des Heiligen, welcher in Heiligkeit geschrieben ist, mit Wasser ausgelöscht werden darf, um den Frieden zwischen dem untreuen (verdächtigen) Weibe und ihrem Manne herzustellen. Resch Lakisch hat gesagt:[7] So gross ist der Friede, dass die Schrift sogar sich erdichteter Worte bedient, um Frieden zwischen Joseph und seinen Brüdern zu machen. Als ihr Vater gestorben war, fürchteten sie sich, er möchte Rache an ihnen nehmen und was [75] liessen sie ihm sagen? Gen. 50, 16. 17: „Dein Vater hat vor seinem Tode befohlen und gesagt: So sollt ihr zu Joseph sprechen“ u. s. w., und wir finden nicht, dass unser Vater Jacob es befohlen hätte. Aber die Schrift bedient sich hier erdichteter Worte wegen des Friedens.

Oder: Geliebt ist der Friede, denn Gott hat ihn Zion verliehen, wie es heisst Ps. 12, 26: „Wünschet Jerusalem Frieden.“

Oder: Geliebt ist der Friede, denn Gott hat ihn in den Himmel versetzt, wie es heisst Hi. 25, 2: „Er macht Frieden in seinen Höhen.“

Oder: Geliebt ist der Friede, denn Gott hat ihn sowohl den Nahen wie den Fernen verliehen, wie es heisst Jes. 57, 19: „Friede, Friede dem Fernen und dem Nahen.“

Oder: Geliebt ist der Friede, denn Gott hat ihn nicht den Frevlern verliehen, wie es heisst das. 48, 22: „Kein Friede, spricht der Ewige, für die Frevler.“

Oder: Geliebt ist der Friede, denn Gott hat ihn dem Pinchas als Belohnung gegeben, wie es heisst Num. 25, 12: „Siehe, ich mache mit ihm meinen Bund des Friedens.“

Oder: Gross ist der Friede, denn Gott hat den Israeliten die Erlösung nur durch den Frieden verkündet, wie es heisst Jes. 52, 7: „Der Frieden verkündet.“

Oder R. Levi hat gesagt: Der Friede ist geliebt, denn alle Segnungen (Lobpreisungen) schliessen nur mit Frieden. Das Schema schliesst mit Frieden: Er breitet aus die Hütte des Friedens; das tägliche Gebet schliesst mit Frieden; der Priestersegen schliesst mit den Worten: „Er gebe dir Frieden.“

Oder: Geliebt ist der Friede, denn Gott tröstet Jerusalem nur mit Frieden. Woher lässt sich das beweisen? Aus Jes. 66, 12: „Siebe, ich leite ihr wie einen Strom den Frieden zu.“ David sprach: Ich wollte das Gespräch Gottes mit Israel hören und ich vernahm, dass er mit ihrem Frieden beschäftigt war, wie es heisst Ps. 85, 9: „Ich wollte hören, was Gott, der Ewige, reden wird; Frieden verspricht er seinem Volke und seinen Frommen.“ R. Simeon ben Chalaphtha sagte: Siehe, wie geliebt der Friede ist, als Gott die Israeliten segnen wollte, fand er kein anderes Gefäss, das alle Segnungen, womit er sie segnen wollte, fasste, als den Frieden. Woher lässt sich das beweisen? Es heisst Ps. 29, 11: „Der Ewige verleiht seinem Volke Schutz, der Ewige segnet es mit Frieden.“


  1. Abot I, 18.
  2. M. K. Der Richter soll sich selbst ermahnen und seine Thaten prüfen, dass wird ihm soviel sein wie Stack und Geissel, so dass er beides nicht braucht.
  3. Vgl. Midr. Kohelet in c. XII.
  4. Der Midr. liest בַדָבָר anstatt בַדֶּבר.
  5. S. Midr. Wajikra r. Par. 9.
  6. Vergl. Jerusch. Sota I, 16, wo die Erzählung mit manchen Abweichungen ausführlicher vorgetragen ist.
  7. S. Jebamot fol. 65.
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