Das alte Paar
Zwei Alte sitzen in Einsamkeit
Zusammen in fröhlicher Weihnachtszeit. –
Sie schmücken keinen Tannenbaum,
Kein Kinderjubel füllt den Raum.
Zwei Bäume stehen vor dem Haus.
Was wohl die Alten bewegen mag?
Sie pflanzten die Bäume am Hochzeitstag.
Vor vielen Jahren ist das gescheh’n. –
Der Greis zur Greisin leise spricht:
„Freust Du Dich unsrer Bäume nicht?
Als schlaflos war ich in der Nacht,
Hab’ ich davon ein Lied erdacht.
Ich geb’ es Dir heut’ zum Christgeschenk!“
* * *
Zwei Bäume standen vereint im Hag
Am leuchtenden, duftenden Maientag.
Sie waren jung und trugen stolz
Da pfiff der Fink den hellen Reim,
Da war der Nachtigall Daheim.
Der Sommer kam, und der Mai verstrich –
Wer waren die Bäume? Du und ich!
In flammender, glühender Sommerzeit,
Daß nicht zu heiß die Sonne schoß
Die Strahlen auf den Wurzelsproß,
Daß nicht der Regen fiel zu dicht
So deckten wir unsre Sprößlein zu,
Wir beiden Bäume, ich und Du.
Der Herbst ist kommen, es fällt das Laub;
Die Blumen, sie werden des Frostes Raub.
Denn Wurzel wuchs in Wurzel fest,
Und eins läßt von dem andern nicht,
Ob Zweig an Zweig der Sturm auch bricht.
Sie heben noch zum Himmel sich,
Wie lang’ die Bäume noch halten Stand,
Steht in des ewigen Vaters Hand.
Ob ich, ob Du zuerst verdorrt –
Wir fügen still uns seinem Wort
Der harte Tod, er trennt uns nicht!
Wir sprossen auf aus des Sarges Truh’
Zu ew’gem Leben, ich und Du!
Und kommt der Winter und heißt’s: „Ade!“ –
Dann sei’s der Trost der Herzenswund’:
Bald kommt des Wiedersehens Stund’,
Und nichts mehr giebt's, kein Leiden, kein’s,
für die, die so tiefinnen eins! – –
Dem altgeword’nen Baumespaar!
Emil Rittershaus.