Das Ehrenthal bei Saarbrücken

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Titel: Das Ehrenthal bei Saarbrücken
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aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 323–324
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Das Ehrenthal bei Saarbrücken.
Nach der Natur aufgenommen von G. Arnould.

[323] Das Ehrenthal bei Saarbrücken. (Mit Abbildung.) Den Einwohnern von Saarbrücken war es mit beschieden, die größten Schrecknisse des Krieges auszustehen. Wir haben in Nr. 36 des vorigen Jahrgangs unter dem Titel „Die Franzosen drei Tage auf deutscher Erde“ eingehend davon erzählt und geschildert, wie der Kampf unter den Mauern von Saarbrücken in den ersten Tagen des Krieges getobt, wie heldenmüthig Oberstlieutenant Pessel mit seiner kleinen Schaar sich vertheidigt, wie die Uebermacht der Franzosen endlich doch in die Stadt drängte und dieselbe bis zum Abend des 5. August besetzt hielt, um schon am nächsten Tage die fürchterliche Niederlage auf den Höhen von Spichern zu erfahren. Die Einwohner von Saarbrücken waren Augenzeugen jenes schrecklichen Kampfes, der sich bei der Erstürmung der berühmten Höhen entspann; mit jubelndem Herzen sahen sie die deutschen Truppen todesmuthig Schritt vor Schritt vorwärts dringen – was Wunder, daß die braven Leute bald der gleiche Heldenmuth begeisterte. Ohne an die Gefahr für das eigene Leben zu denken, folgten sie den Kämpfenden nach, nicht einzeln, nein, in Massen strömte die Bevölkerung auf das Schlachtfeld, um beim Einholen der verwundeten Brüder thätig zu sein: Jeder wollte einen Tapferen haben und ihn pflegen.

Aber auch der Todten gedachten sie. In dem Thale, das hinter dem für Saarbrücken so verhängnißvollen Exercirplatz und vor dem eigentlichen Spichererberg liegt, haben sie den für das Vaterland Gefallenen einen gemeinsamen Grabhügel gestiftet und der melancholischen Stätte, die fortan jedem Deutschen heilig sein wird, den schönen Namen „Ehrenthal“ gegeben. Ja, es ist ein Thal der Ehren, in welchem die Helden ruhen, die so treu und brav bis zum letzten Athemzuge die Wacht am Rhein gehalten [324] haben. Wohl an vierhundert Todte schlummern hier, in Wahrheit unter Blumen gebettet; denn die Liebe und die Dankbarkeit haben so viele Kränze um die Kreuze geschlungen und so viele Sträucher und Buschwerk hingepflanzt, daß man von Erde nicht die leiseste Spur sieht. Von den Vielen, welche im „Ehrenthal“ die letzte Ruhestätte gefunden haben, nennen wir: General von François und dessen Neffen, den Premierlieutenant Hermann von François, vom zweiten brandenburgischen Grenadierregiment Nr. 12, Graf Reventlow, vom zweiten brandenburgischen Landwehrregiment Nr. 12, Major Jahow, vom zweiten brandenburgischen Grenadierregiment, Major von Wichmann, vom Infanterieregiment Nr. 39, u. A. Auch einige französische Officiere sind hier gebettet; die sich im Leben so schonungslos bekämpft, ruhen friedlich neben einander, – und mit Recht, denn der Tod löscht alle Leidenschaften aus und versöhnt Alles.