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Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Das Bild der Andacht
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aus: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung) S. 312–314
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Erscheinungsdatum: 1797
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: Google und Commons
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[312]

 Das Bild der Andacht.

     Die höchste Liebe, wie die höchste Kunst
Ist Andacht. Dem zerstreueten Gemüth
Erscheint die Wahrheit und die Schönheit nie;
Sie, die aus Vielem nicht gesammlet wird,
Die, in sich Eins und Alles, jeden Theil

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Mit sich belebet und vergeistiget.


     Sophronius, der in dem Heidenthum
Den Musen einst geopfert, wollte jetzt
Der Mutter Gottes auch ihr Bidlniß weihn.

     Wie eine Biene flog er auf der Au’

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Der Kunstgestalten; Pallas, Cynthia

Stand ihm vor Augen; Aphrodite sollt’
In Einer Huldgestalt mit ihnen blühn.


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     Er überlegt’, und schlief ermattet ein;
Da stand im Schlaf Sie selbst vor Augen ihm,

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Die Benedeyte. „Sieh mich, wer ich bin,

Sprach sie, und gieb mir keinen fremden Reiz.
Nur Selbstvergessenheit ist meine Zier;
Nur Demuth, Zucht und Einfalt ist mein Schmuck.“

     Getroffen wie vom Pfeile wacht’ er auf.

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Und sah fortan auch wachend Sie, nur Sie!

Wie der, der in die Sonne schaut, das Bild
Der Sonne mit sich träget. Oefters stand
(So dünkt es ihm) sie sichtbar vor ihm da,
Das Kind auf ihrem Arm, und Engel ihr

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Zur Seite.


                    Als das Bild vollendet war,
Da trat ein Himmelsjüngling zu ihm hin,
Und sprach: „Gegrüßet sei, Holdselige!“
Zum Bilde. Viele Herzen werden Dein

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Sich am Altar erfreun und willig Dir
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Ihr Innres öfnen: denn was Andacht schuf,
„Erwecket Andacht. Dir, o Künstler, hat
Die Selige sich selber offenbahrt.“

 *     *     *

     Erschien, o Raphael, dir auch das Bild

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Der Göttinn, als die heilige Idee

Dir in der Dürftigkeit an Erdenschöne
Vorschwebete? Ich seh’ ihr Bild. Sie wars.[1]


  1. Essendo carestia e de buoni giudici e di belle donne, io mi serva di certa idea, que mi viene alla mente. Raffaello Sanzio.