Textdaten
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Titel: Das Aufspringen der Blüthen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 340
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
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[340] Das Aufspringen der Blüthen. Das Wachsthum der Pflanzen geht allmählich vor sich; man kann nicht das Gras wachsen sehen. Rascher vollzieht sich der Uebergang aus der Blumenknospe zur vollen Blüthe, obwohl auch dieser Vorgang für unser raschlebiges Geschlecht viel zu lange dauert, so daß die wenigsten vor einer aufspringenden Knospe so lange stehen bleiben, bis sich die Blume ganz entfaltet hat.

Nun giebt es Pflanzen, die selbst den Ungeduldigsten befriedigen dürften, und sie fehlen nicht in unseren Gärten. Wer kennt nicht das Geißblatt oder „Jelängerjelieber“, den Schlingstrauch mit blaugrüner Belaubung, der um unsere Lauben rankt und sich mit anfangs röthlichen und später gelblichen Blumen schmückt, die einen starken Wohlgeruch aushauchen? Die Knospen des Geißblattes pflegen gegen sechs Uhr abends aufzuspringen und die Blüthe dauert drei Tage, allerlei Kerbthiere zur süßen Tafel einladend. Ihre Zeit fällt in die Monate Mai und Juni. Wenn wir also an einem schönen Frühsommerabend uns an eine, von Geißblatt umrankte Laube begeben, so finden wir an ihr oft Blüthenknospen, die jeden Augenblick aufspringen müssen, und es wird uns nicht schwer fallen, den wichtigen Vorgang im Pflanzenleben, die Eröffnung des Zugangs zum Blüthengrund, zu beobachten.

Mit einem Mal kommt Leben in die Knospe. Ihr Oeffnen beginnt mit dem Herabschlagen des unteren Blattes der Blumenkrone; unmittelbar darauf biegen sich die seitlichen und oberen Blumenblätter zurück und die Träger der Staubgefäße spreizen sich wie die Finger einer Hand auseinander. Alle diese Bewegungen können wir deutlich sehen, denn von dem ersten Aufspringen der Knospe bis zu der vollen Entfaltung der Blüthe vergeht nur die kurze Zeit von zwei Minuten!

Aus der Neuen Welt sind zu uns viele Arten der Nachtkerze eingewandert, von denen einige als Ziergewächse von Juni bis Oktober unsere Gärten schmücken. Eine derselben, die Osnotkers, Zrunckillors, eignet sich vielleicht noch besser als das Geißblatt zur Beobachtung des Erblühens. Ihre Blumen öffnen sich gleichfalls des Abends, um nach einem kurzen, kaum 24 Stunden langen Dasein dahinzuwelken. Bei dieser Pflanze „springen“ die Knospen in des Wortes vollster Bedeutung auf; denn die Blumenblätter schieben sich ganz plötzlich auseinander und breiten sich binnen einer halben Minute zur völlig entfalteten Blume aus!

Man kann dieses schöne Schauspiel auch an einigen anderen Pflanzen beobachten; wir haben jedoch nur die beiden genannten hervorgehoben, da sie in den meisten Gärten anzutreffen sind oder sich leicht anpflanzen lassen. *