Textdaten
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Autor: K. R.
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Titel: Chinesische Geheimmittel
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aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 560
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Blätter und Blüthen
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[560] Chinesische Geheimmittel. Einen so seltsamen Beitrag zu dem „Mundus vult decipi“, wie kürzlich die chemische Analyse entlarvt hat, kann es kaum zum zweiten Male geben. Vor noch nicht langer Zeit tauchte in allen Zeitungen die Ankündigung „Chinesischer“ Geheimmittel auf, welche sich Tsa-Tsin, Ying-kuei-tsum, Schen-Fu und Hienfong-Essenz nannten. Selbstverständlich machten diese Mittel nicht blos bei zahlreichen Leuten, denen kein „Doctus“ zuzusprechen ist, sondern auch bei recht vielen Doctoren großes Aufsehen. Der Verkäufer erzählte in den Annoncen, daß sein Freund Schmidt (warum nicht lieber Schulze?) in der Mandschurei, weit hinter den Buräten, jene unfehlbaren Heilmittel entdeckt und ihm zugeschickt habe. Alle vier, namentlich aber die Hienfong-Essenz, wurden gegen unzählige, äußerliche und innere Krankheiten und Leiden empfohlen; Nerven- und Faulfieber, Typhus und dergleichen sollten ohne Frage davon geheilt werden. Ja noch mehr, nicht blos die schwer leidenden, sondern auch die eiteln Menschenkinder sollten dadurch von ihren Uebeln befreit werden, denn auch Sommersprossen, Schinnen der Kopfhaut und dergleichen sollten sie vertreiben. Nun aber werden die chemischen und mikroskopischen Untersuchungen veröffentlicht, welche nachweisen, daß die Mittel allerdings sehr „chinesisch“ sind: Das Tsa-Tsin nämlich besteht aus sehr kleingeschnittenen und glattgestampften Blättern einer Gänsefußart; das Schen-Fu aus Beifußwurzel mit ein wenig Gelbwurzel vermengt; das Ying-kuei-tsum aus Blättern und Blüthen von römischer Kamille und Traubenkraut, verdeckt mit allerlei kleinen Zusätzen; die Hienfong-Tinctur schließlich, welche das namentlich wunderbar wirkende Hienfongin enthalten und ein ätherisch-weingeistiger Auszug der grünen Blätter des Hienfong-Kampherbaumes sein soll, ergab sich als ein sehr verdünnter Auszug von Lorbeerblättern und Lorbeerbeeren, versetzt mit etwa acht Procent Aether, 1½ Kampher-, 1 Krauseminz-, ½ Pfefferminz-, je ¼ Anis-, Fenchel-, Lavendel- und Rosmarinöl.

Der geniale Verfertiger dieser Mittel ist Dr. Schöpffer, jener wunderliche Kauz, der vor einigen Jahren herumreiste und in öffentlichen Vorträgen lehrte, daß die Erde still stehe und die Sonne sich um dieselbe drehe. Wie viele Leute ihm damals Glauben geschenkt haben, wissen wir nicht; doch das steht fest, daß diese Mittel, trotz ihrer fabelhaften Preise, massenhaft gekauft und, man staune! selbst von nicht wenigen Aerzten angewendet wurden. Mit vollem Recht fügen die „Berliner Industrie-Blätter“ hinzu, daß der Dr. Schöpffer ebenso, wie seine chinesischen, auch über Nacht Botokuden-Studien unternehmen könnte, um die Gesundheitsförderlichkeit der Knöpfe und Ringe in Nase und Lippe, sowie der an die Haut des Hinterkopfes genähten Pferdeschwänze zu begründen – und daß er auch dann wohl gute, gläubige und bezahlende Leute genug finden würde.
K. R.