« Kapitel B 7 Beschreibung des Oberamts Weinsberg Kapitel B 9 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Eichelberg,


Gemeinde III. Cl. mit 1) Eichelberg, 426 Einwohner, 2) Friedrichshof, 7 Einwohner. Gesammt-Einwohner: 433. Filial 1) von Affaltrach, 2) von Weiler.
Auf einer Anhöhe, welche von einem westlich vorspringenden Ausläufer der Löwensteiner Berge, dem Eulenberg, sich zwischen den zwei leichten Thaleinschnitten des Schlierbachs und des Hundsbergsbaches (weiter unten bei Eschenau Wilhelmsbach benannt) gegen Norden nach Eschenau und Affaltrach hinabzieht, liegt das Dorf, im Osten und Süden von den Löwensteiner Bergen umschlossen, gegen Nord-West mit einem reizenden Überblick über das anmuthige Sulmthal fast bis zu dessen Ausmündung in’s Neckarthal. Auch die 23/4 Stunden entfernte Oberamtsstadt mit ihrer Weibertreue blickt zur Seite des Sulmthales gar freundlich aus Nord-Westen herauf. Die Entfernung vom Mutterort Affaltrach, mit welchem es durch ein Vicinalsträßchen über Weiler verbunden ist, beträgt 3/4 Stunden (geom.). Von Weiler aus ist eine kurze, aber ziemlich steile Höhe zu erklimmen. Der über 1/8 Std. sich ausstreckende, ziemlich| unregelmäßig gebaute Ort senkt sich gegen Süd-Ost in die Bachniederung hinab und zeigt neben wenigen ansehnlichen zweistockigen Gebäuden viele kleine, niedrige Wohnungen. Holzbau mit steinernen Unterstöcken oder leichten Sockeln kommt gewöhnlich vor.

Fast in der Mitte des Orts steht auf einem freien Platze das im Jahr 1833 von der Gemeinde erbaute Schul- und Rathhaus, in welchem zu ebener Erde Holz- und Vorrathskammern, im ersten Stock das geräumige, helle Lehrzimmer für dermalen 60 Kinder, und im zweiten Stock das geräumige Rathszimmer mit Zubehör enthalten ist. Unter Dach ist das heizbare Ortsgefängniß. Auf dem First ist ein Thürmchen mit Glocke.

Die Ortskelter mit zwei Bäumen und zwei englischen Pressen, früher Eigenthum der v. Weiler’schen Gutsherrschaft, jetzt in’s Eigenthum der Gemeinde übergegangen, steht am Fuße des Hundsberges zwischen hier und Eschenau.

Sehr gutes, reines Trinkwasser erhält der Ort von den über ihm liegenden Löwensteiner Bergen in zwei laufenden und zwei Pumpbrunnen, welche selbst in den heißesten Sommern nicht versiegen.

Für Feuersgefahr ist eine kleine Wette vorhanden, durch welche das kleine Ortsbächlein lauft. Auch ein kleiner Weiher liegt auf der östlichen Seite des Dorfs. Sonstige Quellen, namentlich auch periodisch fließende (sog. Hungerbrunnen), kommen nicht vor.

Die Einwohner zeichnen sich vor denen des Mutterorts als Bergbewohner auffallend aus, wie durch größeren, kräftigeren Körperbau, bei welchem von dem dort so häufig vorkommenden Cretinismus keine Spur zu finden ist, so auch durch größere Lebendigkeit des Geistes. Ihre Vermögensverhältnisse sind im Allgemeinen besser, und man findet nicht so viele Arme, wie dort. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 33 Morgen, der mittlere und gewöhnliche 4–5 Morgen, der geringste 1/2–1 Morgen. Ganz Besitzlose, welche nur mit Taglohn sich nähren können oder der öffentlichen Fürsorge anheimfallen, gibt es wenige.

Die nur 728 Morgen große Markung, welche einen fruchtbaren Diluviallehm- und Mergel-Boden hat, enthält. 45 Morgen Gärten und Länder, 176 Morgen willkührlich gebaute Äcker, 161 Morgen Weinberge, wovon zwei zu andern Culturen verwendet sind, 131 Morgen zweimähdige und 2 Morgen einmähdige Wiesen, 1561/2 Morgen Laub- und 111/2 Morgen gemischte Waldungen, 21/2 Morgen Waiden, 8 Morgen Öden, 1 kleinen Weiher.

Davon gehören dem Staate: 111 Morgen Laubwald; der| Grundherrschaft von Weiler (selbstadministrirt): 1 Morgen Acker, über 71/2 Morgen Weinberg, 3 Morgen Wiesen, 13 Morgen Laubwald, etwas Öde; der Gemeinde: 3 Morgen Äcker, etwas Öde.

Das Klima ist günstig – Frühlingsfröste und Hagelschlag sind selten (seit 1857 nicht mehr vorgekommen).

Die Äcker betragen nur etwas über den vierten Theil der Markung und werden, wie in der oberen Region des Oberamtsbezirkes, nicht flürlich, sondern willkührlich gebaut, weil der Grundbesitz zu sehr getheilt ist und weil die Güter von allen Seiten befahren werden können.

Man verwendet übrigens großen Fleiß auf den Betrieb der Landwirthschaft und wendet zu Besserung des Bodens außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch Gyps und Asche an. Auf Güllesammlung wird sorgfältig Bedacht genommen.

Verbesserte Ackergeräthe, wie namentlich der Brabanter Pflug, haben häufigen Eingang gefunden.

Da keine Brache besteht, so werden die sog. Brachgewächse, Kartoffeln, Futterkräuter, dreiblättriger Klee – ewiger wenig, Angersen, Ackerbohnen, Erbsen und Hanf vermischt mit den gewöhnlichen Getreidearten, Dinkel, Gerste und Haber gebaut. Roggen und Weizen kommt nicht wenig vor. Die ergiebigsten Felder liegen gegen Eschenau.

Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird zu 4–5 Scheffeln Dinkel, 2–21/2 Scheffeln Gerste und 4 Scheffeln Haber angeschlagen. Da kaum das eigene Bedürfniß gebaut wird, so findet keine Ausfuhr nach außen Statt.

Die Wiesen, welche nur etwas über den fünften Theil der Markung ausmachen und wenig bewässert werden können, liefern ein gutes Futter, und zwar durchschnittlich pr. Morgen 18–20 Ctr. Heu und 5–6 Ctr. Öhmd. Die Preise eines Morgens bewegen sich zwischen 250 fl. und 500 fl.

Die Weinberge betragen zwischen dem vierten und fünften Theil der Markung und haben bei meist gutem Boden eine geschützte, gegen Süd-Westen geneigte Lage. Sie werden mit Fleiß gebaut, sind vornehmlich mit Silvanern, Elblingen, Gutedeln, auch Trollingern und Muskatellern bestockt und liefern ein Erzeugniß, das bei der Classification von 1809 in die zweite, an die erste annähernde Classe gesetzt wurde (s. Weiler). Der Ertrag eines Morgens wird in günstigen Jahren zu 6–7 Eimern geschätzt und die Preise eines Morgens Weinberg bewegen sich zwischen 350 fl. und 800 fl.

| Die Weinpreise betrugen pr. Eimer im Jahr 1846 56 fl., 1847 31 fl., 1850 18 fl., 1852 32 fl., 1854 51 fl., 1857 56 fl.

Der Absatz geht gewöhnlich nach dem nahen Mainhardter Wald, nach Gaildorf, Gmünd, Welzheim – auch Heilbronn und Stuttgart.

Die Obstzucht ist hier von Belang. Man fand 1854 auf der Markung 2200 Kern- und gegen 1100 Steinobstbäume mit einem Ertrag von 5800 und 450 Simri. Außer den gewöhnlichen Mostsorten kommen auch feinere, wie Reinetten, Lederäpfel, Rosenäpfel – und außer Zwetschgen- auch viele Kirschen- und Nußbäume vor. Das Obst wird größtentheils zu häuslichem Gebrauch verwendet, aber auch zum Theil in den Handel gebracht.

Waldungen besitzt die Gemeinde nicht. Das Holz kann in den nahen Staats- und gutsherrschaftlichen Waldungen leicht angekauft werden.

Pferde waren bei der neuesten Aufnahme nur 4 im ganzen Orte vorhanden.

Die vorzüglich mit einem braunrothen Neckarschlag sich beschäftigende Rindviehzucht ist in gutem Zustand. Es fanden sich bei der letzten Aufnahme 153 Stücke vor, worunter 2 Farren, 11 Ochsen und Stiere, 94 Kühe, 44 Stück Schmalvieh, 2 Kälber. Die Farrenhaltung besorgt ein Ortsbürger gegen Nutznießung des sogenannten Hummelsguts, bestehend in 10 Viertel Wiesen und etwas Geld.

Viehmastung kommt wenig vor, nicht einmal auf dem Friedrichshof. Viehhandel, besonders mit Kühen und Rindern, wird auf den benachbarten Märkten getrieben.

Schafzucht wird nur vom Pächter des Friedrichshofs getrieben. Es waren bei der jüngsten Aufnahme 344 Bastardschafe, worunter über 60 Mutterschafe, vorhanden, welche aber nur auf den Gütern des Hofes laufen. Auf Eichelberger Markung hat der fürstl. Löwensteinische Hof Breitenau mit 100 Stücken das Übertriebsrecht an zwei Tagen der Woche, das er von Martini bis gegen Georgii auf den Wiesen übt. Wolle und Schafvieh werden auf dem Heilbronner Wollen- und Schafmarkt abgesetzt.

Eigentliche Schweinezucht kommt nicht vor. Es waren bei der letzten Aufnahme weder Eber noch Mutterschweine vorhanden; dagegen 39 Mast- und 12 Milchschweine und Läufer, welche von außen her angekauft und theils zu eigenem Bedarf, theils zum Verkaufe gemästet werden.

Ziegen waren bei der jüngsten Zählung 17 im Dorfe vorhanden.

| Die Bienenzucht ist nicht von Belang. Im Ganzen fanden sich jüngst nur 27 Stöcke.

Geflügel wird mehr zum eigenen Bedarf als zum Handel gehalten.

Außer den wenigen Handwerkern, welche für den örtlichen Bedarf arbeiten, befinden sich von Gewerben eine Schildwirthschaft, eine Gassenwirthschaft und zwei Krämereien im Ort.

Der kleine Steinbruch liefert Keupersandsteine zum Bauen.

Ein Gemeindebackhaus ist vorhanden.

Als Filial hat Eichelberg eine eigene Stiftung.

Der kleine, erst mit Errichtung einer eigenen Schule gegründete Ortsschulfonds hat ein unbedeutendes Vermögen.

2) Der Friedrichshof, ein Hof mit nur 7 Einwohnern, liegt 3/16 Stunden nordöstlich von Eichelberg, auf einer das Dorf bedeutend überragenden Anhöhe, welche von den Löwensteiner Bergen und den des sog. Burgfriedens gegen das Sulmthal vorspringt und einen trefflichen Ausblick über das Sulmthal bis zu dessen Ausmündung in’s Neckarthal gewährt.

Er ist Eigenthum der Freiherren von Weiler, von welchen Friedrich von Weiler, kaiserlicher Rath und Ritterrath, im J. 1799 hier ein Maiereigut auf Wald- und Seegründen errichtete und nach seinem Namen benannte.

Ein stattliches Wohngebäude, mit zwei Ökonomiegebäuden, Hof und Garten umgeben, dient dem Pächter (und dem gutsherrl. Förster) zum Wohnsitz, der das ca. 180–90 Morgen große Gut rationell bewirthschaftet und die Dreifelderwirthschaft einhält. Reps und Obst gedeihen hier vorzüglich.

Der Hof ist Filial von Weiler. Seine Schulkinder aber sind seit 1841 – außer dem Confirmations-Unterricht – der näheren Schule Eichelberg zugetheilt.

Von dem ehemaligen, den Freiherren von Weiler gehörigen Schloß sieht man nur noch im Wald an der östlichen Spitze der Markung Eichelberg Spuren des alten Burgraumes und Grabens mit vielen zerbröckelten Steinen ohne Mauer-Ruinen. Der Platz aber trägt noch jetzt den Namen „im alten Schloß“. (S. Weiler.)

Eichelberg gehört seit ältester Zeit den Herren von Weiler und wurde von dieser Familie als Mannlehen, welches von den jeweiligen Besitzern der Herrschaft Weinsberg rührt, besessen. Im Dezbr. 1504 wurde z. B. Dietrich von Weiler durch Herzog Ulrich von Württemberg mit „Aichelberg dem Dörflin“ belehnt (Sattler Herz. 1 Beil. Nr. 40). Allodificirt i. J. 1853 (s. Weiler).

| Gefällberechtigt waren hier bei den Ablösungsgesetzen von 1848/49: a) Freiherr von Weiler, b) von Hügel, c) der Staat, d) die Stiftungspflege von Affaltrach, e) Fürst von Löwenstein, f) Gemeinde Weiler.


« Kapitel B 7 Beschreibung des Oberamts Weinsberg Kapitel B 9 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).