« Kapitel B 8 Beschreibung des Oberamts Weinsberg Kapitel B 10 »
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Ellhofen,


Gemeinde III. Cl. mit Brückenmühle. 730 Einw., worunter 11 Katholiken, welche nach Wimmenthal eingepfarrt sind, und 5 Dissent. Evang. Pfarrei. Der evang. Pfarrer ist der Diaconus in Weinsberg.

Der Ort (alt Ellenhoven 1037, Elnhoven) liegt, 5/8 geom. Std. von der Oberamtsstadt entfernt und mit dieser durch die an seinen ersten Häusern vorbeiziehende Heilbronn-Löwensteiner Post- und Landstraße verbunden, um 72′ württ. tiefer (Erdfläche an der Kirche 636′ württ. über der Meeresfläche), als die mittlere Straße von Weinsberg, in einem Seitenthälchen, das der hier bei der sogenannten Brückenmühle in die Sulm ausmündende Ellbach bildet, nachdem er das Dorf in der Mitte durchschnitten hat. Von der gedachten Land- und Poststraße aus führt rechts eine ziemlich gute Vicinalstraße mitten durch das Dorf und theilweise auf einem Steindamme des Ellbaches nach dem 1/2 Stunde südlich gelegenen Lehrensteinsfeld, und von da über den vom Wartberg bis Löwenstein etc. hinziehenden Bergrücken hinüber in das Schotzach- und Bottwarthal. Links von der Poststraße zieht sich diese Vicinalstraße nördlich über die Sulmbrücke hinüber nach dem 1/4 Stunde entfernten Grantschen. An der Spitze des Dorfes, da, wo sich diese Vicinal- mit der Landstraße kreuzt, lagern zwei Wirthshäuser, welche durch das frequente Holz-, Pfahl- und Salzfuhrwerk als Nachtstation reiche Einkehr haben, um so mehr, als die gegen die Amtsstadt ansteigende Landstraße Vorspann nöthig macht. Die Eisenbahn Heilbronn-Hall zieht links von vorgedachten zwei Wirthshäusern vorüber und durchschneidet die Vicinalstraße von Ellhofen nach Grantschen.

Die auf beiden Ufern des Ellbachs und längs der gedachten Vicinalstraße von Norden nach Süden hinziehende, theilweise durch Gärtchen unterbrochene gedoppelte Häuserreihe mit einigen Ausläufern gegen Westen enthält nicht unansehnliche, theilweise mit steinernen Unterstöcken versehene Wohnungen, neben einstöckigen unansehnlichen. Im letzten Drittel des unteren Dorfes führt eine steinerne, hochgewölbte Brücke über den Ellbach hinüber auf einen freien, längs des Baches ummauerten, mit Linden und einem Rohrbrunnen| besetzten Platz, ohne Zweifel den früheren Kirchhof, auf welchem die Kirche steht. Sie soll ehemals Wallfahrtskirche gewesen seyn und trägt noch jetzt in ihrem spitzbogigen Portal mit Hohlkehlen, das an der westlichen Giebelseite zwischen zwei Strebepfeilern von 13–18′ Höhe ist, so wie in den zwei spitzbogigen Fenstern der Nordseite Spuren germanischer Bauweise.

Die Jahrszahl 1733, welche sich über der Thüre der auf der Nordseite angebauten Sacristei findet, weist offenbar nur auf Erbauung der Sacristei hin. Da die Kirche für die wachsende Bevölkerung zu klein wurde, so erhielt sie im Jahr 1837 eine styllose Erweiterung auf der Südseite, wodurch jetzt der vom Langhaus in den Chor führende, spitzig zulaufende Triumphbogen aus der Mitte gegen die Nordseite verschoben ist. Der Chor hat ein Kreuzgewölbe mit Rosetten, gegen Osten und Süden je ein spitzbogiges Fenster ohne Füllung, gegen Norden sichtbare Spuren von einem, dem südlichen correspondirenden, jetzt vermauerten Fenster, da hier die Sacristei angebaut ist. Bemerkenswerth ist der das östliche Fenster verdeckende Hochaltar mit gut erhaltenem Holzschnitzwerk, darstellend Maria mit dem Jesuskind und die drei Weisen aus Morgenland. An der rechten Flügelthüre: Ankündigung und Geburt Jesu; an der linken: Maria und Elisabeth, Beschneidung. Die Draperie des Jesuskindleins wird immer wieder von andächtigen Weibern – wenn auch auf minder geschmackvolle Weise mit Hemdchen und Bändern – erneuert.

Der Thurm trägt ein spitzes, achteckiges, mit Schiefer gedecktes Dach. Als sog. Schalllöcher für die Glocken hat er zwei breite, spitzbogige Fensteröffnungen mit steinerner Füllung. Von den zwei darauf hängenden Glocken ist die größere von C. Neubert 1822 gegossen. Die kleinere, offenbar ältere, hat keine Inschrift.

Die Unterhaltung der Kirche liegt der Stiftungspflege des Orts ob.

Der Kirchhof ist seit 1595 (in welchem Jahre die Filial-Pfarrei Ellhofen mit dem Diaconat Weinsberg verbunden wurde) vor den Ort hinaus verlegt und liegt jetzt auf einer kleinen Anhöhe der östlichen Seite des unteren Dorfes.

Am unteren Ende des obgedachten freien Kirchenplatzes, über dem rechten Ufer des Ellbaches und in seinen Grundmauern von diesem Bache bespült, liegt auf der Area des abgebrochenen alten Schulhauses das im Jahr 1859 von Grund auf neuerbaute stattliche Schulgebäude, mit zwei Lehrzimmern im ersten, steinernen Stock, zugleich Wohnung für den Lehrer und Lehrgehülfen, im zweiten Stock auch Absteigequartier für den jeweiligen Pfarrer (resp. Wohnung für den künftigen Pfarrverweser). Die Baulast liegt der Gemeinde ob.

| Auf der andern oberen Seite des Kirchplatzes liegt die Ortskelter mit vier großen Bäumen und einer kleinen Presse, und über derselben das größere und kleinere Rathszimmer mit Ortsgefängniß.

Sonstiges Gemeindeeigenthum: Ein massives Gemeindebackhaus ist seit 1858 in der Mitte des Orts gegenüber dem Rathhaus erbaut; ein Armenhaus, mittelgroß, steht im obern Theile des Dorfs.

Gutes Trinkwasser liefern zwei öffentliche, laufende und drei Schöpfbrunnen, wie auch 3–4 Privatpumpbrunnen.

Brücken hat die Gemeinde zu unterhalten: im Ort: die obgedachte steinerne, zu Kirche und Schul- und Rathhaus führende, weiter oben eine hölzerne über den Ellbach; außerhalb des Dorfes: zwei steinerne gegen Lehrensteinsfeld gemeinschaftlich mit Steinsfeld, drei kleinere auf Feldwegen.

Die Einwohner sind größtentheils gesund und kräftig, von vielem Fleiß, Sparsamkeit und kirchlichem Sinn. Dr. Rösch fand dort 7 ältere Personen und 3 Kinder mit Kropf und Cretinismus behaftet. Auch Geisteskranke kamen in den letzten Jahren mehrere vor. Die Vermögensumstände der Mehrzahl sind gut, weil sie nicht blos vom Weinbau, sondern auch vom Ackerbau und der Viehzucht leben. Der größte Güterbesitz in Einer Hand beträgt ca. 30 Morgen, der häufigste 12–15 Morgen; ganz Besitzlose, höchstens mit 1/4 Land, sind es gegen 15 Haushaltungen. Bettler und die öffentliche Unterstützung in Anspruch Nehmende – insbesondere uneheliche Kostkinder – mögen es 10–12 Köpfe seyn.

Die ziemlich ausgedehnte, 1864 Morgen große Markung enthält 351 Morgen Gärten und Länder, 1064 Mrg. Ackerfeld, 215 Mrg. Wiesen, 205 Morgen Weinberge, wovon 11 Morgen zu andern Culturen verwendet sind, und 235 Morgen Waldungen.

Vorherrschend ist also die Landwirthschaft, welche mit Anwendung verbesserter Ackergeräthschaften gut betrieben wird. Das Ackerfeld ist theils wellenförmig von der Thalsohle ansteigend, theils im Thalgrunde eben und hat einen fruchtbaren Boden aus Diluviallehm. Die besten Felder liegen zwischen Weinsberg und Ellhofen, Steinsfeld und Ellhofen.

Auf dem Ackerfeld kommen zum Anbau: Dinkel, Gerste, Haber, Einkorn, in geringerem Maaße Roggen, wobei der durchschnittliche Ertrag pr. Morg. an Dinkel auf 8–9 Scheff., Gerste 4–5 Scheff., Haber 4–5, Roggen ca. 3 Scheffel geschätzt wird.

In der ganz angebauten Brache werden Klee, Kartoffeln, Ackerbohnen, etwas Reps, Wicken und Erbsen, Runkelrüben, Flachs und| Hanf, und Kraut in den Ländern gebaut. Der Absatz des über eigenen Bedarf Gebauten geht vorzüglich nach Heilbronn auf die Schranne.

Den durchgängig zweimähdigen Wiesen kommt wenig Bewässerung aus dem Ellbach und der Sulm zu. Für Drainirung der Feldgüter, wo es nöthig schien, ist Etwas geschehen. Der Morgen Wiesen erträgt an gutem, nahrhaftem Futter ca. 25–28 Ctr. Heu und 12–14 Ctr. Öhmd.

Der höchste Preis eines Morgen Ackers beträgt 1000 fl., der mittlere 600 und der niederste 100 fl.; der höchste eines Morgens Wiese 800 fl., der mittlere 6–700 fl. und der niederste 300 fl.

Der Weinbau ist minder beträchtlich; er umfaßt nur den neunten Theil der Markung.

Gezogen werden Silvaner, Elblinge, auch Klevner, Trollinger und Portugieser.

Der Morgen erträgt durchschnittlich ca. 5 Eimer. Die Herbstpreise waren im J. 1846 46–48 fl., 1847 ca. 20 fl, 1848 16 fl., 1849 15–16 fl., 1850 8–10 fl., 1852 19 fl., 1857 37–38 fl.

Die Preise von einem Morgen Weinberg bewegen sich zwischen 300 und 500 fl.

Der Absatz des gewonnenen Weines geht vorzugsweise nach Heilbronn, mitunter in’s Roththal, in den oberen Bezirk und nach Hall.

Die Obstzucht ist in den Gärten um das Dorf herum und an der mit Obstbäumen bepflanzten Land- und Vicinalstraße beträchtlich. Es kommen ungefähr dieselben Sorten von Birnen und Äpfeln vor, wie in der Oberamtsstadt, daneben auch viele Zwetschgen.

Was nicht zu Most für den Hausbrauch verwendet oder im Keller aufbewahrt wird, findet seinen Absatz in Heilbronn.

Jungstämme werden in Privatbaumschulen und Weinbergen nachgezogen.

An Waldung hat die Gemeinde auf dem sog. Ketzersberge 109 Morgen Laubwald, wovon ca. 9 Morgen ausgerodet sind; daneben zwischen Sülzbach und Wimmenthal etliche und 30 Morgen. Die ausgerodeten 9 Morgen sind für Rechnung der Gemeinde verpachtet. Der größere Theil ist in neuerer Zeit zu einem Schälwald angelegt, welcher in der nächsten Zeit einen nicht unbedeutenden Ertrag an Gerberrinde gewähren wird.

Die Waide wird den Sommer über mit 100, von der Erndte an über den Winter mit 200 Stücken betrieben, was der Gemeinde eine Revenue von ca. 160 fl. erträgt, woneben die Pförchnutzung ca. 125 fl. abwirft.

| Die Rindviehzucht ist bedeutend. Man zählte am 1. Jan. 1859 einen Farren, 34 Ochsen und Stiere, 178 Kühe, 116 Stück Schmalvieh, 6 Kälber. Im Ganzen 335 Stücke.

Der gewöhnlichste ist der sog. Neckarschlag.

Die Nachzucht geschieht durch einen tüchtigen Farren der Landrace oder Kreuzung der Simmenthaler- und Landrace, dessen Haltung der Gemeinde obliegt, welche ihn einem Ortsbürger gegen jährlich 70–80 fl. in Verpflegung gibt.

Pferdezucht wird nicht betrieben. Pferdehaltung ist nicht bedeutend. Nach der Aufnahme vom 1. Januar 1859 waren nur 14 vorhanden.

Schafe waren am 1. Jan. 1859 vorhanden: 234 St. Bastard- und 9 Landschafe.

Die Schweinezucht ist unbedeutend. Ein Eber ist nicht vorhanden. Mastschweine 83 St., im Ganzen 95 Schweine.

Die Mastung geschieht größtentheils nur für den eigenen Bedarf, kleineren Theils auf den Handel.

Bienenzucht wird nur von Einzelnen betrieben. Doch waren am 1. Januar 1859 57 Bienenstöcke vorhanden.

Ziegen kamen am 1. Januar 1859 nur 15 vor.

Die Gewerbe beschränken sich auf die gewöhnlichen, dem Landmann unentbehrlichen Handwerker. Doch sind zu nennen: zwei Mahlmühlen mit zwei Mahl- und einem Gerbgang, zwei Schild- und eine beständige Schenkwirthschaft, und zwei Krämereien.

Über das Gemeinde- und Stiftungs-Vermögen siehe Tabelle III.

Armenstiftungen sind einige vorhanden, jedoch nicht von Bedeutung.

Im Jahr 1037 kam „halb Ellenhoven“ durch den Bischof Gebhard von Regensburg und seine Verwandte an das von ihm gestiftete Chorhernstift zu Öhringen, woher die bis auf neuere Zeiten dauernden Zehntverhältnisse zur Öhringer Stiftsverwaltung rühren. 1/4 von Ellhofen verkaufte im J. 1356 Wolf von Stein an Engelhard von Weinsberg (Wibel 4, 93), und im Jahr 1396 bewidmete Wolf von Wunnenstein, genannt der „Glissende Wolf“, mit hiesigen Gütern die von ihm gestiftete Frühmesse zu Beilstein. Antheile am Frucht- und Weinzehnten hatten das Stift Comburg und das Kloster Schönthal.

Die Oberhoheit gehörte den Herren von Weinsberg und kam mit deren Herrschaft überhaupt 1412 und 1450 an Kurpfalz, 1504| an Württemberg. Dieses hatte die jurisdictio ecclesiastica allein, an der jurisdictio civilis (Vogtei) 1/4, wogegen das Stift Öhringen 3/4 an letzterer besaß.

Im April 1700 verglich sich Herzog Friedrich August von Württemberg-Neuenstadt mit den Grafen von Hohenlohe in der Art, daß Letztere drei Jahre lang, Württemberg ein Jahr lang das Directorium bei den Ruggerichten haben, die Einwohner nach dem Vergleich von 1698 Accise zahlen, Württemberg als Landesherrn, Malefizherrn und Mitvogtherrn, Hohenlohe als Mitvogtherrn geloben (Sattler Herz. 12, 231).

Das Verhältniß löste sich mit der Mediatisirung von Hohenlohe 1806 und dem Übergang der Öhringer Stiftseinkünfte an die württembergische Staatsfinanzverwaltung.

Vor der Reformation stand der ohnehin noch unbedeutendere Ort mit seiner Capelle zum h. Kreuz und h. Petrus als Filial im Pfarrverband mit dem benachbarten Sülzbach. Egeno, rector ecclesiae in Sulzbach, thut 1303 dem Bischof von Würzburg kund, in dem zu seiner Parochie gehörigen Ellenhofen seye eine Capelle mit einem Priester, Gütern und Einkünften; dieselbe habe aus Weingärten bei Affaltrach und Sülzbach 20 Pfd. Heller. Er bittet nun, die Übertragung derselben an den Priester Heinrich von Wüstenroth, der dazu den kleinen Zehnten in Ellhofen gab, zu bestätigen. Die Pfründe wird bestätigt 1304 von Konrad von Weinsberg, 1307 von Bischof Andreas von Würzburg, 1310 von Pabst Clemens V.

Der Parochial-Verband mit Sülzbach blieb auch nach der mit Weinsberg gleichzeitig erfahrenen Reformation, ohne eigenen Cultus in der alten Ortskirche. Die Taufen von Ellhofen finden sich vom Jahr 1558 an noch alle im Sülzbacher Taufregister. Erst im Jahr 1592 wurde die Pfarrei als Filialpfarrei von Sülzbach gestiftet und an Joh. Baptistä d. J. der erste förmliche Gottesdienst in loco durch den Pfarrer von Sülzbach gehalten. Hievon rührt es her, daß der Pfarrer von Sülzbach noch jetzt alle Neujahr Nachmittags gegen eine besondere Remuneration eine Neujahrspredigt zu halten hat. Im Jahr 1595 wurde die Pfarrei als Filialpfarrei mit dem Diaconat Weinsberg verbunden, so daß jetzt der in Weinsberg wohnende Diaconus alle Fest-, Sonn- und Feiertagsgottesdienste, – seit neuerer Zeit gegen besondere Remuneration alle 14 Tage auch Nachmittags Kinderlehren, – alle Casualien, Hochzeiten, Leichen, Taufen und alle Donnerstag eine Kinderlehre in der Filialkirche zu| halten hat. Die gewünschte Errichtung einer ständigen Pfarrverweserei ist vorläufig abgelehnt worden.

Bei der Ablösung der Gefälle und Zehnten nach dem Gesetz von 1848/49 waren gefällberechtigt: die Staatsfinanzverwaltung, der Fürst von Löwenstein, die Stiftungspflege Weinsberg, die Stiftungspflege Ellhofen.


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