« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Wangen Kapitel B 5 »
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4. Gemeinde Deuchelried,

bestehend aus 31 (62) Parzellen auf 30 Markungen mit 699 kath. Einwohnern.

Das Terrain dieses auf dem Landrücken zwischen beiden Argen gelegenen Bezirks ist äußerst uneben und hügelig; eine Menge kleiner Tannenwälder wechselt mit Wiesen und Ackerland, welches letztere übrigens mehr zum Graswuchs und Futterbau als zum Getreidebau geeignet ist. Im Ganzen ist die Fruchtbarkeit nur mittelmäßig, das Klima ziemlich rauh. Außer den beiden Argen, an welche der Bezirk nördlich und südlich stößt, bewässern ihn der Gießenbach, der Epplingser und Offlingser Bach, und einige kleine Seen und Weiher. Die Hauptstraße von Wangen nach Leutkirch läuft in nördlicher Richtung durch die Gemeinde, in nordöstlicher und östlicher die Vicinalstraßen nach Ratzenried und Eisenharz. Die Vereinödung ist vollständig; vollendet wurde sie unter der k. bayerischen Regierung. Hinsichtlich des Wohlstandes gehören die Gemeindebewohner zu den| mittelmäßigen des Oberamtsbezirks. Eigene Fonds (825 fl. Kapitalvermögen abgerechnet) hat die Gemeinde nicht; den Gemeinde-Aufwand bestreitet sie durch Umlagen. Die Gewerbe sind höchst unbedeutend und genügen nicht einmal dem örtlichen Bedürfniß, indem die Nähe der Stadt Wangen das Aufkommen derselben verhindert. Zwei Sägmühlen liefern Schnittwaaren, die zum Theil nach Lindau gehen. – Der ganze Gemeindebezirk bildete bis zum Jahr 1803 einen Theil des Gebietes der Reichsstadt Wangen, und zwar den sogenannten „Gerichtsbezirk Deuchelried,“ über welchen die Stadt die hohe und niedere Gerichtsbarkeit besaß. So weit die Geschichte reicht, war derselbe Eigenthum des Stiftes St. Gallen und dem Maieramt in Wangen zugetheilt. 1307 hat das Kloster Leibeigene in Tichtlerriet, und 1318 schenken Egilolf und Marquard von Schellenberg dem Kloster alle ihre Besitzungen in Tychtelerrieth (Trad. S. Gall. Msc). Allein schon frühe wurden einzelne Weiler und Höfe theils der Stadt Wangen, theils einzelnen Bürgern, den Wermeistern, Guggern, Haldern, so wie auswärtigen Adeligen, zu Lehen gegeben, unter denen die Herren von Wolfatz, Haldenberg und Offlings waren. Auch die Herren von Praßberg und Ratzenried besaßen einzelne Güter und Höfe in dieser Gemeinde. Alle diese erwarb nach und nach sammt der niederen Gerichtsbarkeit die Stadt Wangen durch Tausch und Kauf; s. oben S. 137. Die hohe und forstliche Gerichtsbarkeit aber gehörte (den Weiler Deuchelried selbst und Wiesen ausgenommen) zur Herrschaft Eglofs. Erzherzog Maximilian, welcher im Anfang des 17. Jahrhunderts diese Herrschaft besaß, überließ 1608 die hohe Gerichtsbarkeit der Stadt Wangen pfandweise; als aber Eglofs im Jahr 1650 an die Grafen von Traun und Abensberg kam, wurde diese Pfandschaft wieder ausgelöst und die hohe und Forstgerichtsbarkeit von den genannten Grafen geübt, bis zum Jahr 1767, wo sie dieselbe mit Bewilligung des Kaisers Joseph um 12.000 fl. an die Stadt Wangen verkauften. Im Jahr 1806 kam die Gemeinde mit Wangen von Bayern an Württemberg. Somit ist der Staat Grundherr. Die Zehnten sind getheilt. Von dem Pfarrweiler Deuchelried selbst und den drei dazu gehörigen Parzellen wird der Großzehnten an den Hospital in Wangen nach Winterfuhren, deren 82 sind, in Geld (zu 1 fl. 26 kr. pr. W.) entrichtet, der kleine Zehnten hingegen von der Stadtpflege Wangen ebenso (zu 4 kr. pr. W.) erhoben. Die übrigen Orte geben zusammen von 777 Winterfuhren den großen und kleinen Zehnten an die Stadt Wangen, und zwar für ersteren 56 kr., für letzteren 4 kr. pr. W. Wiesen und Wolfatz endlich sind nur kleinzehntpflichtig und zahlen der Stadt pr. W. 4 kr. Heu- und Blutzehnten wird nicht erhoben. In der Gemeinde besteht eine Pfarrei mit Schule (1 Lehrer) in | Deuchelried; die Bewohner der Markungen Beutelsau, Epplings, Gießen, Grub und Offlings jedoch sind Filialisten von Wangen, wohin sie auch schulpflichtig sind. Die 30 Markungen ergeben sich aus folgender Aufzählung, wobei nur zu bemerken ist, daß Endesbach nicht eine eigene Markung ausmacht, sondern der Markung Bach zugetheilt ist.
  • 1) Deuchelried, kath. Pfarrweiler, eine starke Viertelstunde nordöstlich von Wangen an der Vicinalstraße nach Ratzenried und Eisenharz, mit 76 Einw. Auf der Markung liegen weiter die Parzellen: a) Gries, Hof mit 7 Einw., b) Geiger, Hof mit 7 Einw., c) Riedhof, Hof mit 5 Einw.

Deuchelried liegt etwas hoch, von kleinen Hügeln und Tannenwäldchen umgeben, und bietet mit seinem spitzen Kirchthurm eine freundliche Ansicht. Eine ergiebige Quelle liefert dem Ort und der nahen Stadt Wangen vorzügliches Trinkwasser. Die Pfarrkirche zum heil. Petrus ist ungefähr 200 Jahre alt und fällt gut ins Auge. Die alte Kirche, welche an ihrer Stelle stand und von welcher der Thurm noch vorhanden ist, scheint im Jahr 1265 erbaut worden zu seyn, wie aus dieser an der Sakristeithüre eingehauenen Jahrzahl geschlossen werden will. Einen eigenen Pfarrer hatte übrigens die Gemeinde in früheren Zeiten nicht, wenigstens war sie seit dem Jahre 1506, wo die Kirchenstelle von dem Stift St. Gallen an Wangen kam, der Stadtpfarrei als Filial zugetheilt. Im J. 1728 aber wurde in Deuchelried ein eigener Pfarrvikar aufgestellt, und endlich im J. 1823 das Pfarrvikariat von der Pfarrei gänzlich getrennt und zu einer selbstständigen Pfarrei erhoben. Als Filialien sind ihr von der Gemeinde Wangen der Durrenberg, und von der Gemeinde Eglofs Geradsreute und Goldbach zugewiesen. Das Patronat ist königlich. Die vereinigte St. Peter- und U. L. F. Pfarrkirchenpflege hat an Vermögen 17.979 fl. Aktivkapitalien, 6312 fl. 20 kr. Grundzinskapitalien, 2607 fl. 45 kr. Gülthaberkapitalien, zusammen 26.299 fl. 5 kr.; auch 231/2 Morgen Nadelwald, was an Einkünften zusammen abwirft 1128 fl. Dafür liegt ihr die Baulast der Pfarrkirche, und des Pfarr-, Schul- und Meßnerhauses ob.

  • 2) Ahegg, Hof mit 8 Einw., nebst a) Aheggberg, Hof mit 8 Einw., und b) Brenner, Hof mit 5 Einw., links von der Straße nach Leutkirch.
  • 3) Ausleute, Weiler mit 13 Einw.
  • 4) Bach, Weiler mit 11 Einw., gehörte früher zu Ratzenried, und kam im J. 1589 durch Tausch an Wangen. Eine kleine Feldkapelle zur Privatandacht wird von den Umwohnern erhalten.
  • 5) Beutelsau, Hof mit 11 Einw., nebst a) Schwarzerhasen, Hof mit 10 Einw., b) Sägmühle mit 1 Einw., und| c) Trollenhof, Hof mit 2 Einw. Diese Markung liegt an der untern Argen, von Deuchelried getrennt und von den Bezirken Wangen und Praßberg eingeschlossen. Die Bewohner sind Filialisten von Wangen.
  • 6) Büchel, Hof mit 14 Einw,
  • 7) Bimisdorf, Weiler mit 16 Einw., nebst Holzacker, Hof mit 5 Einw.
  • 8) Breiten, Weiler mit 24 Einw., nebst a) Gulisberg, Hof mit 6 Einw., und b) Gordisbauer, Hof mit 6 Einw. 1589 überläßt Johann Ludwig von Ratzenried einige Güter, und 1590 Hans Jakob und Georg von Ratzenried zwei Höfe zu Breiten an die Stadt Wangen.
  • 9) Endesbach, Hof mit 2 Einw., gehört zur Markung Bach.
  • 10) Epplings, Weiler mit 17 Einw., nebst a) Ebenhochberg, Hof mit 7 Einw., und b) Schneiders an der obern Argen, Hof mit 7 Einw., Filialisten von Wangen. Über den Epplingser Bach und seine starke Quelle s. oben S. 15. Ludwig von Ratzenried verkaufte diese Höfe im Jahr 1584 um 4250 fl. an die Stadt Wangen.
  • 11) Gießen, Hof mit 8 Einw., unweit der Mündung des Gießenbachs in die obere Argen.
  • 12) Götzenberg, Hof mit 8 Einw., in einer waldigen Gegend.
  • 13) Grub, Weiler mit 9 Einw., nebst Tobel, Hof mit 5 Einw.
  • 14) Haag, Hof mit 4 Einw., kam 1590 durch Tausch von Ratzenried an Wangen.
  • 15) Halden (auf der Halden), Weiler mit 7 Einw., gehörte ehedem zu dem Schloß Haldenberg.
  • 16) Haldenberg, Hof mit 6 Einw., ein Sennhof. Ungefähr 100 Schritte von diesem liegen die Überreste des alten Schlosses Haldenberg auf einem mit Wald bewachsenen Hügel. Noch sind die Grundmauern und der starke Wall und Graben sichtbar, welcher den runden, nicht sehr hohen Hügel umgibt. Auf der alten Wangenschen Landtafel ist die thurmähnliche Gestalt des Schlößchens noch zu sehen. In alten Zeiten schrieb sich eine adelige Familie nach demselben. Es war mit den dazu gehörigen Gütern ein Lehen des Klosters St. Gallen. Abt Hermann gestattete 1355 dem Ritter Rudolph von Haldenberg, seine Güter an seine fünf Schwestern zu vererben. Das Schloß selbst wurde 1419 von St. Gallen an Andreas Wermeister, Bürgermeister von Wangen, zu Lehen gegeben, von dessen Nachkommen es an die Reichlin von Meldegg kam, die es 1467 an die Stadt Wangen verkauften. Das Schloß wurde im| dreißigjährigen Krieg zerstört. Einige Güter daselbst gehörten denen von Ratzenried und wurden 1589 von Johann Ludwig von Ratzenried durch Tausch an Wangen überlassen.
  • 17) Käferhofen, Weiler mit 22 Einw., nebst a) Goldberg, Hof mit 12 Einw., b) Goldbach, Hof mit 2 Einw., und c) Wannen, Hof mit 6 Einw. Auch hier kamen durch Tausch 1589 Güter von Ratzenried an Wangen.
  • 18) Köhlberg, Hof mit 7 Einw., nebst Köhlbergwies, Hof mit 5 Einw.
  • 19) Laudorf, Hof mit 8 Einw., in älteren Zeiten Lurdorf geschrieben.
  • 20) Oberau, Weiler mit 34 Einw., im Thal der unteren Argen gelegen.
  • 21) Offlings, Weiler mit 82 Einw., nebst a) Brönnele, Hof mit 7 Einw., b) Enzerberg, Hof mit 20 Einw., c) Gaisstieg, Hof mit 13 Einw., d) Giesenberg, Hof mit 5 Einw., e) Hasenhalden, Hof mit 6 Einw., f) Mellberg, Hof mit 12 Einw., g) Wittschwanden, Hof mit 7 Einw.

Offlings liegt an der Landstraße nach Leutkirch, hat eine ansehnliche Schildwirthschaft, eine Mahlmühle, und ist, wiewohl nur Weiler, doch der bedeutendste Ort des Gemeindebezirks. In früheren Zeiten findet man den Namen des Orts auch Wofflings, Wolflitz, Wufflitz geschrieben. Wenige Schritte rechts von der Straße nach Leutkirch befindet sich auf einer kaum einige Fuß betragenden Erhöhung und von einem kaum noch bemerkbaren Graben umgeben ein alter Thurm mit einem zu einer Wohnung eingerichteten Aufsatz aus Riegeln und Backsteinen. Gewiß mit Unrecht wollte man in seinem massiven untern Theile römisches Werk erkennen. Er ist roh aus großen Argenkieseln ganz wie die Stadtmauer in Wangen und andere mittelalterliche Mauerwerke aufgeführt. Vielmehr ist er nichts anders als ein Überbleibsel der alten Burg derer von Offlings oder Wolflings, die noch im Anfang des 16. Jahrhunderts bestanden hat. Von Pfingsten 1510 datirt sich ein Lehenbrief des Abts zu St. Gallen für die Stadt Wangen, über die dem Dr. Benedikt zu Essendorf abgekaufte Veste zum Wolflitz mit Burg, Graben und Garten, auch Fischenz, Gräben und Wasser daselbst nebst dem Viertel des Bauhofs.

  • 22) Röckenberg, Hof mit 10 Einw., gehörte zu den 1589 von Ratzenried an Wangen durch Tausch überlassenen Gütern.
  • 23) Schwaderberg, Hof mit 4 Einw., nebst Unterschwaderberg, Hof mit 7 Einw.
  • 24) Sorreite, Hof mit 7 Einw., früher Sonreiten geschrieben.
  • 25) Steibisberg, Hof mit 5 Einw. |
  • 26) Watt (zum Wath), Weiler mit 12 Einw., nebst Stockerberg, Hof mit 6 Einw.
  • 27) Wiesen, Weiler mit 12 Einw., an der Straße nach Leutkirch.
  • 28) Windhäusern, Weiler mit 14 Einw., nebst Schächeler, Hof mit 7 Einw.
  • 29) Wohnried, Weiler mit 15 Einw., an der Vicinalstraße nach Eisenharz.
  • 30) Wolfatz (Wohlfahrts), Weiler mit 12 Einw., nebst a) Hubersberg, Hof mit 9 Einw., b) Knobel, Hof mit 3 Einw., c) Schattenbauer, Hof mit 7 Einw. Wolfatz hatte in älteren Zeiten seinen eigenen Adel, der unter diesem Namen in den Urkunden des 14. Jahrhunderts vorkommt, wenn anders nicht das Wolfatz der Gemeinde Niederwangen darunter zu verstehen ist, was richtiger scheint.
  • 31) Zurwies, Hof mit 6 Einw.