« Kapitel B 2 Beschreibung des Oberamts Wangen Kapitel B 4 »
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3. Gemeinde Christatzhofen,
bestehend aus 12 (36) Parzellen auf 9 Markungen mit 793 katholischen Einwohnern, liegt zum größten Theile auf dem linken Ufer der untern Argen und auf dem Bergrücken, der dasselbe begleitet;| ein kleinerer Theil liegt auf der rechten Argenseite und ist von dem Tobelbach durchschnitten, der aus dem Haldensee tritt. Im Ganzen gehört dieser Bezirk gleich dem vorhergehenden zu den hochgelegenen und unebenen; die Luft ist ziemlich rauh, aber rein und gesund, der Boden im Ganzen wie bei der vorhergehenden Gemeinde. Gutes Trinkwasser ist in den höheren Strichen nicht im Überfluß vorhanden; Christatzhofen selbst hat nur Pumpbrunnen. Das Klima begünstigt mehr den Bau der Sommerfrüchte (vorzüglich des Habers), den Flachsbau und die Viehzucht, als den Bau der Winterfrüchte, welche wegen des lange liegenden Schnees und der rauhen Winde im Frühjahr leicht mißrathen. Namentlich ist die Gegend von Enkenhofen mehr für Futterkräuter als für Getreidebau geeignet. So überwiegt im Ganzen auch hier die Viehzucht den Ackerbau. Der Obstbau findet theilweise mehr Anklang als früher. Die Gewerbsthätigkeit ist unbedeutend, kein Handwerker arbeitet für auswärtige Bedürfnisse, auch finden sich nur die gewöhnlichen ländlichen Gewerbe. Bemerkenswerth ist allein ein Eisenhammer. Im Winter wird das Spinnen, selbst auch von dem männlichen Geschlechte, fleißig betrieben; auch beschäftigt das Sticken der Schweizer Musselintücher nebenbei manche Hände. Die Einwohner sind sparsam und thätig und leben in einem mittleren Wohlstande; auch gibt es einzelne sehr wohlhabende Bauern. Nur die Bewohner des Enkenhofer Kirchspiels gehören im Durchschnitt zu den minder Bemittelten. An eigenen Fonds hat die Gemeinde nur 400 fl. verzinsliches Kapital. Die Vereinödung datirt sich zum Theil aus früheren Zeiten, in Christatzhofen selbst erfolgte sie im Jahr 1736, das Jahr zuvor in Enkenhofen, in Bliederatzhofen schon 1711, in den übrigen Markungen von 1767 bis 1780. Die Gemeinde theilte alle Schicksale mit der Grafschaft Trauchburg, zu welcher sie seit alten Zeiten gehörte und mit der sie im Jahr 1806 unter die Oberhoheit Württembergs kam. Grundherr ist sonach der Fürst von Waldburg-Zeil und Trauchburg. Der Graf Quadt besitzt mehrere Lehen- und Söldgüter, und in Baldenhofen der Fürst von Windisch-Grätz zwei Lehenhöfe. Ein Gut ist dem Hospital Bärenweiler lehenbar. Die Zehnten entrichten sämmtliche Markungen an ihre betreffenden Pfarreien in Geldsurrogaten, worüber unten das Nähere. Die Novalzehnten stehen dem Grundherrn zu. In dem Bezirke bestehen zwei Pfarreien, Christatzhofen (mit Bliederatzhofen, Ober- und Unter-Harprechts, Ried und den in diese Markungen fallenden Parzellen) und Enkenhofen (mit Gaisau, Gottratshofen, Neideck, Seehalden und Tobelmühle). Baldenhofen mit seinen Parzellen ist nach Meratzhofen, Oberamts Leutkirch, eingepfarrt. Nach den genannten Pfarrsitzen sind die betreffenden Parzellen auch schulpflichtig. Die | neun Markungen heißen: Baldenhofen, Bliederatzhofen, Christatzhofen, Enkenhofen (mit Gaisau, Seehalden und Tobelmühle), Gottratshofen, Neideck, Oberharprechts, Ried, Unterharprechts.
  • 1) Christatzhofen, katholischer Pfarrweiler mit 87 Einwohnern. Auf der Markung liegen noch die Parzellen: a) Fuchsloch, Weiler mit 12 Einw., b) Halden, Weiler mit 18 Einw., c) Hofbrand, Hof mit 7 Einw., d) Schachen, Weiler mit 7 Einw., e) Steinacker, Weiler mit 15 Einw.
Christatzhofen ist sehr hoch und frei gelegen, 3 Stunden ostnordöstlich von Wangen, an der Vicinalstraße von Friesenhofen und Beuren nach der Oberamtsstadt. Der Ort ist ausgezeichnet durch die im Jahr 1829 neu erbaute und eingeweihte Pfarrkirche zum heil. Mauritius, wobei besonders zu bemerken ist, daß die Kosten des Baues (mit Ausnahme eines Zuschusses von 1800 fl. aus einer Bruderschaftspflege) durch freiwillige Beiträge der Kirchengenossen auf Anregung des von der Gemeinde sehr verehrten Ortsgeistlichen, des Pfarrers Wocher, bestritten worden sind. Es ist ein einfacher, heiterer Tempel, dessen Hauptschmuck in drei geschmackvollen Altären mit Gemälden besteht, welche die drei Hauptmomente im Cyclus der heiligen Geschichte, Christi Geburt, Christi Kreuzigung und die Ausgießung des heil. Geistes darstellen. Das vortreffliche Altarblatt des mittleren oder Hochaltars, die Kreuzigung, ist ein Werk des berühmten königl. württ. Hofmalers Gegenbauer (s. oben S. 122). Die Seitenaltarblätter sind von Keller aus Pfrunden in Tyrol gemalt. Von der alten Kirche ist nur der Thurm stehen geblieben, an welchen die jetzige angebaut ist. Aus der Jahrszahl 1441, welche sich an dem alten Taufstein befand, will man schließen, daß die Kirche in diesem Jahr eine Erneuerung erfuhr. Erbaut war sie nach allen Umständen schon früher. Schon im Jahr 1284 kommt ein Conradus als Plebanus in Christatzhofen vor, der mit seiner Gemeinde zum Wiederaufbau des abgebrannten Klosters Isny beigetragen, und im Jahr 1289 war der Pfarrer in Christatzhofen Dekan des Landkapitels. Das nach dem Jahr 1742, in welchem das Pfarrhaus mit allen Dokumenten ein Raub der Flammen wurde, verfaßte Urbar gibt also irrig erst das Jahr 1333 als Gründungsjahr der Pfarrei an. Aus Akten des heil. Geisthospitals in Isny weiß man, daß am Ende des 14. Jahrhunderts Bürger von Isny das Vogt- und Patronatsrecht in Christatzhofen sammt allem Nutzen, Gewohnheiten, Rechten und Zugehörden inne gehabt, und daß bald nachher der Hospital in Isny solches von diesen Bürgern käuflich an sich gebracht hat, und bis zum Jahr 1806 im Besitz desselben geblieben ist, in welchem Jahre das Patronat an die Krone Württemberg überging. Der Bezug der Vogtgefälle (320 Viertel| Haber Isnyer Maß oder 149 fl. 20 kr.) verblieb jedoch dem Hospital. Noch ruht die Baulast des Pfarrhauses auf dem Hospital Isny; die der Kirche trägt der Kirchenfond, der vor dem Jahr 1829 an Kapitalien 2200 fl., an theils fixen, theils zufälligen Einkünften 126 fl. 36 kr. besaß, inzwischen aber, da er zum Kirchenbau nicht zugezogen worden, namhaft angewachsen ist. Die Pfarrei hat auf sämmtlichen Gütern des Kirchensprengels ausschließend den Groß-, Klein-, Heu- und Blutzehnten, bezieht jedoch seit mehr als 200 Jahren ein jährliches Geldaversum mit etwas Haber in natura, woran jedoch ein künftiger Pfarrer nicht gebunden ist. Auch hat die Pfarrei ein Falllehengut. Außerhalb der politischen Gemeinde gehört zur diesseitigen Pfarrei noch Göttlishofen s. d. Die Schule für den Pfarrsprengel hat einen Lehrer. Das Schulgebäude ist vor ungefähr zwanzig Jahren neu gebaut worden.

Man vermuthet, daß der alte Name des Orts „Christianshofen" lautete, und von einer Familie von Christianih herrührte, die einigemal in Isnyer Urkunden vorkommt, so ein Heinrich von Christianih im Jahr 1166 und 1167 und derselbe mit seinen Söhnen Rudolf und Ottokar in den Jahren 1169 und 1171. Man weiß aber durchaus nicht, ob diese Edle wirklich hier, oder wo anders ihren Sitz gehabt haben.[1]

  • 2) Baldenhofen, Weiler im Argenthal mit 31 Einwohnern, nebst: a) Berg, Weiler mit 27 Einw., b) Hinterberg, Weiler mit 15 Einw., c) Lutzenei, Hof mit 8 Einw., d) Unterstaig, Weiler mit 18 Einw., e) Witzenstaig, Weiler mit 12 Einw. Sämmtliche Parzellen sind nach Meratzhofen, Oberamts Leutkirch, eingepfarrt und dorthin schul- und zehntpflichtig. Es wird nur Groß- und Kleinzehnten gereicht, und zwar in Geld, die Winterfuhr[2] zu 1 fl. 24 kr. Baldenhofen kommt schon früh vor; 1182 schenkt Siegfried (liber homo) einen Hof in Baldenhofen dem Kloster Isny. Vielleicht gehört auch das Balcinishofen hieher, wo dieses Kloster 1176 die Güter eines gewissen Marquard erhält. Der Fürst von Windisch-Grätz hat hier zwei Lehenhöfe.|
  • 3) Bliederatzhofen, Weiler mit 33 Einw. nebst: a) Bummeles, Hof mit 7 Einw., b) Eck, Hof mit 13 Einw., Filiale von Christatzhofen. Eine kleine Feldkapelle zur Privatandacht wird von den Bauern in Eck unterhalten.
  • 4) Enkenhofen, katholischer Pfarrweiler mit 88 Einw., nebst: a) Burgstall, Weiler mit 28 Einw., b) Grütt, Weiler mit 19 Einw. Der Pfarrort liegt ziemlich hoch am Anfang eines engen, tief einschneidenden Thälchens, durch welches der aus dem Haldensee kommende Tobelbach in reißendem Lauf nach der Argen eilt, und ist von der Oberamtsstadt, nach welcher die Vicinalstraße von Friesenhofen hier durchführt, 33/4 St. entfernt. Die Pfarrkirche zum h. Laurentius liegt frei und erhaben; die Zeit ihrer Erbauung kann nicht angegeben werden, im Jahr 1710 wurde sie in neuerem Styl renovirt und ist nicht ohne Geschmack. Den Pfarrsprengel s. o. S. 146. Im Jahr 1436 brachte der Hospital in Isny das Patronatrecht durch Kauf an sich, und übte es durch den dortigen Magistrat aus, bis es 1806 an die Krone überging.[3] Noch bezieht er ein Vogtgefäll von 9 fl. Die Pfarrei bezieht ein gesetztes Geldsurrogat für den großen, kleinen und Heuzehnten auf allen Gütern des Sprengels, mit Ausnahme ganz unbedeutender Bezüge, welche den Pfarreien Christatzhofen und Beuren zustehen. Die Baulast der Kirche liegt auf einem Kirchenfonds von sehr geringem Belang (400 fl. Kapital und 50 fl. fixes, 22 fl. zufälliges Einkommen), bei dessen Unzulänglichkeit für Bau- und Kultkosten die Gemeinde und die Pfarrei subsidiarisch einzutreten haben. Von der Verbindlichkeit, die Pfarrgebäude im Bau zu unterhalten, ist die Pfarrei, welche bei dem Unvermögen der Kirche, als Großzehntherrin zunächst in Anspruch zu nehmen wäre, durch Vertrag mit der Gemeinde vom Jahre 1794 gegen einen jährlichen Bauschilling befreit. Die Pfarrei war übrigens so gering dotirt, und durch die Unglückszeiten des 17. Jahrhunderts so sehr herabgekommen, daß vom Jahr 1630 bis 1710 kein eigener Pfarrer mehr hier bestand, sondern die Pfarrei von Beuren aus pastorirt wurde. In dem letztgenannten Jahre wurde das Pfarrhaus neu gebaut und die Pfarrei wieder besetzt. Aus demselben Grunde des geringen Pfarrgehalts aber wird seit dem Jahr 1821 die Stelle aufs Neue unbesetzt gelassen, und von Christatzhofen versehen, während welcher Zeit das Einkommen zur Verbesserung der Dotation eingezogen, auch ein Baufond von 800 fl. für das Pfarrwiddumgut, bei welchem die Pfarrei die Baulast hat, gebildet wird. Die Schule für den Pfarrsprengel hat einen Lehrer.| Enkenhofen ist urkundlich ein sehr alter Ort. Schon im Jahr 843 tauschte ein gewisser Reginbold gewisse Besitzungen in „Enenhouun" von St. Gallen ein, welche eine gewisse Ohilt diesem Kloster vermacht hatte. (Neugart C. D. CCCIV.)[4]

Eine kleine halbe Viertelstunde nordwestlich von dem Ort machen sich zwei ansehnliche Höhenpunkte bemerklich, welche mit einander zusammenhängen, und auf welchen die Spuren ehemaliger Burgen noch sichtbar sind. Auch tragen beide noch jetzt die Namen „der vordere“ und „hintere Burgstall“ und am Fuße des einen dieser Hügel liegt der oben angeführte Weiler desselben Namens. Sie sind kaum 500 Schritte von einander entfernt und bieten mit ihren Spitzen, bewaldeten Kuppen ein malerisches Bild. Die Mappa des Trauchburgischen Gebiets vom Jahr 1716 zeichnet auf einen derselben eine bedeutende Ruine. Allein über die Geschichte dieser Burgen konnte bis jetzt nicht das Geringste erhoben werden. Weder Urkunden noch Chroniken erwähnen eines edlen Geschlechtes von Enkenhofen. Doch s. unten Gottratshofen.

  • 5) Gaisau, Hof mit 15 Einw., zur Pfarrei und Markung Enkenhofen; dieser Hof bildet mit Gaisau, Gemeinde Beuren, Markung Gumpeltshofen, einen Weiler, der durch die Markungsgrenze geschieden ist.
  • 6) Gottratshofen, Weiler mit 55 Einw., nebst: a) Auf der Staig, Weiler mit 8 Einw., b) Altbuch, Hof mit 7 Einw., c) Gschwend, Weiler mit 16 Einw., d) Riesers, Hof mit 5 Einw., Filiale von Enkenhofen.
Gottratshofen liegt im Argenthal an der Ausmündung des malerischen und wilden Tobelthals; es hat eine kleine, sehr unansehnliche Kapelle zur Privatandacht. Gottratshofen hieß vordem Gottramshofen und so schrieben sich auch Edelleute, wie die Marquard und Conrad von Gottramshofen, welche wir 1189 unter den Nobiles als Zeugen in einer zu Leutkirch ausgestellten Urkunde finden. Und das bekannte falsche Aktenstück, das Verzeichniß der am Feilenforst gefallenen Ritter enthaltend (Pappenheim, Chronik der Truchs. Thl. I. S. 11), erweist diesem Geschlecht die Ehre, einen Eberhard von Gottramshofen unter denselben aufzuführen, jedenfalls ein Beweis, daß dieser Name wenigstens noch im fünfzehnten Jahrhundert in einigem Ansehen gestanden haben muß. Gleichwohl wird man in der nächsten Umgebung dieses Weilers die Spuren einer Burgstelle vergeblich suchen. Um so wahrscheinlicher wird die Vermuthung des Herrn Pfarrers Fürst, welchem wir diese| Notizen verdanken, daß der Wohnsitz dieses Geschlechts nach den, nur eine Viertelstunde von hier entfernten Burgställen von Enkenhofen zu versetzen seyn dürfte.
  • 7) Neideck, Hof mit 8 Einw., Filial von Enkenhofen. Auf einem jähen Vorsprung auf dem rechten Argenufer lag das Schloß Neideck (in Urkunden Neydegg), an dessen Stelle in neueren Zeiten ein Pächterhof getreten ist. Auf der Südseite fällt der Schloßberg schroff in einen engen Waldtobel ab, eben so westlich, wo die Argen den Fuß des steilen Waldabhangs benetzt. Auf der Nordseite zieht sich von der Argen an um den Schloßberg ein tiefer Einschnitt, der zum Theil ein Werk der Natur, mehr aber noch, besonders gegen die Ebene hin, ein Werk der Menschenhände zu seyn scheint. Östlich ist das Ganze von zwei sehr tiefen Graben umgeben, über welche noch vor ungefähr 50 Jahren eine Zugbrücke führte, so wie um jene Zeit auch noch eine Mauer die Platte des Schloßberges umfing. Das gegenwärtige Gebäude ist ein Werk neuerer Zeit; nur die westliche Mauer in einer Dicke von 10′ ist ein Überbleibsel des alten Schlosses. Außer dem Wohnhaus ist ein Ökonomiegebäude und eine Kapelle vorhanden, in welche vom Schlößchen aus ein bedeckter Gang führt, und unter welcher sich geräumige Keller befinden.
Das Schloß war von Adeligen bewohnt, die sich von seinem Besitze schrieben. In den Jahren 1224 und 1239 finden wir einen Heinrich von Neideck, namentlich in dem letztern Jahr als Zeugen eines Vertrags zwischen den Gotteshäusern Kempten und Isny, unter den „edeln Dienstleut.“ Im Jahre 1274 wohnte die Wittwe des Marquard von Erolzheim, Adelberis (Adilbertis?), in castro Neydegg, wo sie in einer Urkunde sich das Begräbniß im Kloster Isny ausbedingt. Im Jahr 1366 findet sich ein Trägli (?) und 1448 ein Wilhelm von Nydek. 1478 wird Sigmund von Neideck mit der Herrschaft Eberhardszell (s. Oberamtsbeschr. von Waldsee S. 145) belehnt. In Folge dessen scheinen sich die Neidecke häufig in Eberhardszell aufgehalten zu haben, wo sie eine Burg erbauten, der Neidecker genannt. Auch liegt Victor von Neideck in der Pfarrkirche zu Eberhardszell begraben, derselbe, nach dessen Tod (1520) seine vier Töchter die Herrschaft Eberhardszell an Truchseß Georg von Waldburg verkauften. Aus einer Altshauser Urkunde weiß man, daß die Herren von Neideck Ober- und Unter-Matzen (Gem. Pfärrich) besaßen; in derselben Urkunde vom Jahr 1536 ist Paul von Neideck der letzte dieses Namens, von welchem sich eine Spur findet. Später erscheint das Schloß im Besitz der Edeln von Werdenstein. In einer im Trauchburg’schen Archiv befindlichen Urkunde vom Jahr 1614 werden von dem Grafen Wilhelm Heinrich von Trauchburg| dem Hans von Werdenstein zu Neydegg mehrere Freiheiten in Beziehung auf diesen Schloßbesitz zugestanden. Namentlich sollte innerhalb der Schloßmauern den Werdenstein die niedere Gerichtsbarkeit, außer den Mauern aber die hohe und niedere sammt der forstlichen der Grafschaft Trauchburg zustehen. Fünf Jahre nachher kommt aber schon die Familie Reichlin-Meldegg als Besitzerin von Neydegg vor. In dem Calendarium des Urbars der Pfarrkirche zu Beuren ist zu dem 18. Mai notirt: Hoc die anno 1619 Nobilis ac strenuus Bernardus Reichlin a Meldegg et Velheim in Neydegg pie in Christo obiit. Diese Familie scheint übrigens ihren beständigen Wohnsitz nicht auf dem Schlosse gehabt zu haben. In den 1680er Jahren erkaufte ein gewisser Sutor, der anfänglich Trauchburger Oberamtmann gewesen, später aber in den geistlichen Stand getreten war, das Schlößchen mit dem dazu gehörigen Gute und dem Seehaldenhof sammt Fischenz, überließ es aber bald darauf (1685) der Gräfin Monika von Königsegg, Wittwe des Grafen Joh. Ernst von Trauchburg, wodurch dasselbe an das Waldburg’sche Haus kam.[5] Diese fromme Dame erbaute im Jahr 1713 die Kapelle und dotirte sie mit einem Meßfond von 500 fl. Der Pfarrer von Enkenhofen hat hier eine wöchentliche Messe und zwei Jahrtage zu halten. Die Baulast ruht auf der Rentamtskasse zu Trauchburg. Ein in die Seitenwand der Kapelle eingemauertes Denkmal erinnert an die Stifterin. Gräfin Monika hatte aus dem Schlosse mit den dazu gehörigen Gütern ein Fideikommiß für den jedesmaligen Inhaber von Kißlegg, Waldburg’schen Antheils, gemacht. Im Jahr 1780 aber wurde Neideck dem Grafen Fr. Anton von Waldburg-Zeil-Trauchburg gegen 10.000 fl. auf immer überlassen.
  • 8) Ober-Harprechts, Weiler am linken Argenufer mit 54 Einw., nebst a) Kreuzbühl, Weiler mit 17 Einw., und b) Semersteig, Weiler mit 30 Einw., Filialien von Christatzhofen. Ober-Harprechts hat eine Feldkapelle zur Privatandacht als Eigenthum der Bewohner des Weilers. Der Gemeinderath Schobloch in Ober-Harprechts zeichnet sich durch besondere Thätigkeit in der Obstkultur aus; er hat eine schöne Baumschule und treibt einen vortheilhaften Handel mit jungen Bäumen (s. oben).
  • 9) Ried, Weiler mit 42 Einw., Filial von Christatzhofen. Der zerstreute Weiler hat seinen Namen von dem großen Torfmoor, welches den südlichen und östlichen Theil seiner Markung bildet.
  • 10) Seehalden, Hof mit 7 Einw., zur Pfarrei und Markung Enkenhofen. S. oben Gem. Beuren am Ende, und Neideck.|
  • 11) Tobelmühle, Mühle mit 17 Einw., zur Pfarrei und Markung Enkenhofen. Stark betriebene Sägmühle.
  • 12) Unter-Harprechts, Weiler am rechten Argenufer mit 27 Einw., nebst a) Argenbauer, Hof mit 9 Einw., b) Leritz, Hof mit 8 Einw., c) Maierhof, Hof mit 7 Einw., d) Schwabenbauer, Hof mit 8 Einw., Filiale von Christatzhofen. In Unter-Harprechts hat der Graf Quadt ein Lehngut.

Auch Unter-Harprechts scheint in alten Zeiten einen Rittersitz gehabt zu haben. Eine kleine Viertelstunde abwärts von dem Weiler, über dem linken Ufer der Argen, durch eine kleine Thalschlucht von dem Argenbauer getrennt, befindet sich ein unbedeutender Hügel, der Schloßrain genannt, der die Spitze der links an der Argen sich hinziehenden Anhöhe bildet, nach der Ost- und Nordwestseite steil abfällt, auf der Südwestseite dagegen, wo er mit der Ebene zusammenhängt, durch einen nach Innen 3′, nach Außen 10′ hohen Wall abgeschnitten ist, auf welchen ein Graben folgt, der, jetzt großentheils eingeebnet, noch vor wenigen Jahrzehnten sehr tief gewesen seyn soll. Der Flächengehalt der Platte beträgt ungefähr 1/4 Morgen und ist mit Nadelholz bewachsen. Von Mauerwerk ist nirgends eine Spur. Eben so wenig irgend eine Nachricht von dem Namen oder den Besitzern der Burg, falls hier wirklich eine solche stand, vorhanden. Deutete nicht der Name Schloßrain auf ein mittelalterliches Gebäude, so würde die Vermuthung des Hrn. Pfarrers Fürst, der hierin eine Befestigung zur Deckung des Flußübergangs, eine Art Brückenkopf, zu erkennen glaubt, sehr viel für sich haben.


  1. Mit Unrecht, wie es scheint, wird in den württemb. Jahrb. 1834, S. 268, unter den Erwerbungen, welche unter Johann Truchseß von Sonnenberg an das Waldburg′sche Haus gekommen sind, auch Christatzhofen, erwähnt. Pappenheim (S. 146), aus welchem die Angabe entnommen ist, schreibt „Kristoll,“ worunter ohne Zweifel Tristolz im Oberamt Leutkirch zu verstehen ist.
  2. Die Winterfuhr, nach welcher im Trauchburgischen gerechnet wurde, und im gewöhnlichen Leben noch immer gerechnet wird, betrug 3 Jauchert, à 520 Quadratruthen Nürnberger Maß. Auch in andern Herrschaften wurde nach Winterfuhren gerechnet, die aber z. B. in der Herrschaft Leupolz und Praßberg nur 11/2 Jauchert enthielten.
  3. Hieher ist ohne Zweifel die Nachricht des Chronicon Isnense zu beziehen, wonach Rupert von Niederhofen ein Gut in Emiheinhofen cum parte ecclesiae ipsius villae 1166 dem Kloster Isny vergabt.
  4. Ob aber das Anchilhoven, wo nach dem Necrol. Zwif. (Heß, M. Guelf. II. p. 238), Heinrich der Jüng., Graf von Berg, dem Kloster Zwiefalten ein Gut schenkte, hieher gehört, bleibt billig dahingestellt.
  5. Darnach scheint die Angabe in den Württ. Jahrb. 1834. S. 227 berichtigt werden zu müssen, nach welcher die Gräfin das Schloß unmittelbar von den Reichlin erkauft hätte.