Beschreibung des Oberamts Riedlingen/Kapitel B 35
« Kapitel B 34 | Beschreibung des Oberamts Riedlingen | Kapitel B 36 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Gefälle beziehen: der Staat 1 fl. 21 kr., Fürstenberg 920 fl. 43 kr. und 265/8 Sch. Mühlfrucht; Pfarrey 11 fl. 24 kr.; Heiligenpflege 38 fl. 37 kr.; Caplaney St. Johann in Mengen 46 fl. 2 kr.; Präsenz Riedlingen 50 kr.; Taxis 1 fl. 12 kr. Hierzu kommen die F. Fürstenberg. Landgarbengefälle mit 3.575 fl. 55 kr. Die Tax. Zehnten sind mit 1.042 fl. 8 kr. im Kataster. Ein eigenes Gefälle von 3 Sr. Haber bezog hier sonst auch der Pfarrer unter dem Namen Springhaber im Falle einer unehelichen Schwängerung.
Neufra bildet einen Bestandtheil der F. Fürstenbergischen Standesherrschaft, vormaligen Reichsherrschaft, Gundelfingen, oder, wie sie in neuern Zeiten auch genannt wurde, Gundelfingen-Neufra. Die Herrschaft hat ihren Namen von dem zerfallenen und längst davon abgerissenen Schlosse Hohengundelfingen im Lauterthal. Sie gehörte ehedem den Herrn von Gundelfingen, von dieser kam sie auf die Grafen von Helfenstein, und nach deren Erlöschen 1627, durch den Grafen Uratislaus von Fürstenberg an das F. Haus Fürstenberg. Sie war eine unmittelbare Reichsherrschaft und mit Sitz und Stimme auf der Schwäbischen Grafenbank und einem eigenen Reichsmatrikular-Anschlage versehen[1]. Mit dem Besitze| von Neufra ist ein Schloß und Schloßgut verbunden. S. Tab. Die übrigen Eigenthumsrechte bestehen in Fall-Lehengütern und Ausflüssen der Leibeigenschaft, in der dritten Landgarbe, welche aber neuerlich, durch die Mildthätigkeit des gegenwärtigen Fürsten, auf jährliches Ansuchen, zu großem Danke der Einwohner, in die 4te Garbe verwandelt wird; ferner in dem Mühlbann, Fischrecht und in der niedern | Jagd. Die hohe Jagd hat Taxis als Innhaber der vormaligen Grafschaft Friedberg.Der Ort, dessen Name sonst auch Neufrach, und in ältern Zeiten Neufern, Nuifren, Niufra, Nuvirun, geschrieben gefunden wird, liegt äußerst freundlich und malerisch an der ziemlich steilen Wand, die das Donauried auf der rechten Seite des Flusses begrenzt. Besonders freundlich ragt das Schloß hervor. Durch den Ort fließt der Röthenbach. Der Ort hat mehrere ansehnliche Gebäude, 1 Schildw. und Brauerey, 1 Mahlmühle mit 4 G. und 1 Öhlmühle. Ehemals befand sich hier auch eine Badestube. Das sehr ansehnliche und weitläufige Schloß liegt am Rande der Anhöhe, und durch seine gefällige Aussenseite, die ihm und den angrenzenden herrschaftlichen Gebäuden, mit beträchtlichem Kostenaufwand, neuerlich gegeben worden ist, macht es eine Zierde der ganzen Gegend aus. Es theilt sich in das neue und das alte Schloß, welches letztere mit Thürmen versehen ist. Um das Schloß her liegen mehrere Wirthschaftsgebäude, ein schöner Pferdestall, Reitschule etc. Rückwärts auf der Höhe schließt sich ein großer Garten, vorwärts ein schöner Hof, und ein auf ungeheuren Gewölben ruhender Lustgarten an, von welchem ein unterirdischer gewölbter Gang nach der Tiefe hinabführt. Das Schloß war ehemals lange Zeit Residenz der Herrn von Gundelfingen und ihrer Erben, der Grafen von Helfenstein; manche glänzende Hochzeit, manche fröhliche Taufe wurde hier gefeiert, manches prunkende Leichenbegängniß in die angränzende Kirche hatte hier statt. Auch hatte von Zeit zu Zeit eine Fürstenbergische Nebenlinie daselbst ihren Sitz. Jetzt sehen die Anlagen und selbst das Innere des Schlosses öde und verlassen aus, und es ist nur noch die Erinnerung an die Vergangenheit, und der herrliche Anblick der weiten lachenden Landschaft, den man hier hat, was anzieht. Ausser diesem alten und neuen Schlosse stand noch ein drittes die sogen. Burg, ehemals auch niedere Burg genannt, an dem westlichen Ende des Dorfs, deren nachher noch gedacht werden wird.
| Auf der Höhe, bey dem Schlosse steht auch die Pfarrkirche, über ihrem Eingange eine Inschrift mit den Wappen der verwandten Häuser Gundelfingen, Montfort und Kirchberg. Das Innere der Kirche ist einfach und würdig, und überrascht durch herrliche Denkmähler, um deren bessere Aufstellung, Erhaltung und Reinigung, wie überhaupt um die Erneuerung der Kirche, und die Verschönerung der öffentlichen Gebäude der dermalige Rentbeamte Straßer sich sehr verdient gemacht hat. Unter den Denkmählern zeichnet sich vorzüglich das des Grafen Georgs von Helfenstein, † 1573, aus, das in halb erhabener Arbeit ganz aus Erz gegossen und 121/2 Schuh hoch ist, und über 30 Ctr. wiegen soll; sodann 2 Denkmähler von rothem Marmor, wovon das eine dem letzten Gundelfinger, Schweikardt v. G. † 1546, und seiner Gemahlin Elisabeth, Gräfinn von Montfort, das andere der Gräfinn Apollonia von Kirchberg, Graf Hans von Montfort Gemahlin, † 1517, gesetzt ist; sodann 2 kolossale Bildsäulen, beyde in Rüstung, die eine von Holz mit der Inschrift: Stephan v. G. der jüngere † 1528, die andere von Stein, mit der Inschrift: Anno 1513 starb Schweikhart von G. Auch eine Geschlechtstafel ist in der Kirche aufgehängt. An der Kirche ist neben dem Pfarrer ein beständiger Vikar angestellt. Schon 1303 stiftet Ludwig von Hornstein, mit Einwilligung des Pfarrers, eine Kaplaney zu der Kirche, mit Zehnten zu Waldhausen (s. Waldhausen) und dem Willmandiger Gute zu Burgau. Eine zweyte Kaplaney zu St. Georg (Hof-Kaplaney) stiftete 1470 Magdalena von Gundelfingen, geb. Gräfin von Lupfen, mit 2 Gütern in Burgau und 1 in Neufra. Dazu kam später noch eine 3te Kaplaney, womit der Schulunterricht verbunden war. Das Einkommen der letztern wurde nachher zur Besoldung eines eigenen Schullehrers verwendet. Die St. Oswalds-Kaplaney wurde 1667 vereinigt und die Hofkaplaney 1819 in ein ständiges Vikariat verwandelt. Im J. 1522 wurde das Stift Buchau, das von unbekannten Zeiten her den Großzehnten zu N. hatte, veranlaßt,| dem Pfarrer jährlich 10 Malter an Früchten zu reichen, damit er auch „die armen Leute“ versehe. Diese armen Leute, wie es scheint, Leibeigene des Stifts, waren bis dahin nach Ertingen eingepfarrt.Neufra besitzt auch einen kleinen Spital. Er wurde 1536 von Schweikhard von Gundelfingen und seiner Gemahlin, Elisabeth von Montfort, auf dieselbe Weise, wie diese Eheleute zu gleicher Zeit den Spital zu Hayingen gründeten, gestiftet, indem Schweikhardt sein Haus Wagenhals, Elisabeth aber 500 fl. Kapital dazu gab, welches sich nun zu einer Summe von 8924 fl. vermehrt hat.
Es ist auffallend, daß man von dem ansehnlichen Orte Neufra keine ältere Nachrichten hat. Nach Sulgers Jahrbüchern macht Hemma von Stoffeln 1152 eine Schenkung an das Kloster Zwiefalten in villa Neufron; auch erwähnen dieselben Jahrbücher beym J. 1171 eines Ranzo von Neufern und das Geschlecht der Dienstmannen von Neufra, Uleconen genannt, kommt um dieselbe Zeit auch in den Marchthaler Annalen vor. Da es aber auch ein Neufra bey Gamertingen und überhaupt viele Neufern, Neufra, Neufrach, Niefern, Nuifra gibt, (auch Neuveringen wird Neuveren geschrieben gefunden) so ist es manchmal ungewiß, ob unser, oder ein andres Neufra gemeint sey. Doch gehörte Ranzo von N. ohne Zweifel dem diesseitigen N. an. Ein Ranzo von Neufern erscheint auch in der sogen. Stiftungsurkunde des Kl. H. Kreuzthal von 1227 und wieder ein Ranzo de Niverun in einer Kreuzthaler Urkunde von 1271, und Heinrich von Neufern ist von Graf Ulrich von Berg 1298 mit derselben Burg Zußdorf belehnt, die in dem nämlichen Jahre Ludwig und Mangold von Hornstein zu Lehen erhalten, so daß man vermuthen möchte, auch jener Heinrich und Ranzo haben zum Geschlechte der von Hornstein gehört. Urkundlich ist Ludwig von Hornstein 1303 im Besitze von N. und schrieb sich von dieser Zeit an eine Hornsteinische Linie von Neufra, die auch dort ihren Sitz hatte; 1399 aber verkaufte Ludwig von H. den Ort an Stephan von Gundelfingen für| 9500 Pf. H. Der kinderlose Swigger, oder Schweikhardt von Gundelfingen nahm eine Verwandte, Fräulein von Bowart, an Kindesstatt an, und vermählte sie 1536 mit dem jungen Grafen von Helfenstein; und so kam Neufra mit den obigen Gundelfingischen Besitzungen nach dem Tode Schweikharts, der 1546 als der letzte seines Geschlechts auf dem Schlosse zu Neufra starb, an das Helfensteinische Haus, das sich nun in 2 Linien theilte: Helfenstein-Neufra und Helfenstein-Wiesensteig[2]. Wie darauf, wieder durch Heirath, Neufra 1627 an das Haus Fürstenberg gekommen, ist schon oben in der Note gezeigt.Einzelne Güter waren früher in fremden Händen. Die von Gundelfingen erwarben allmählig auch diese: 1410 kaufte Stephan v. G. von Kuenz Kern, Bürger zu Veringen, den Burgstall mit dem dazu gehörigen Gute (Wallenhof) unten im Dorf, welchen früher Wolf von Grafenegg besessen hatte, für 600 fl.; 1490 kaufte Eberhard v. G. die 2 Mengischen Spitalgüter zu Neufra für 4500 fl., welche Conrads von Buenburg (Baumburg) Wittwe früher an den Spital verkauft hatte. Von den von Gundelfingen wurden auch Habsburg und Warmthal, Emerfeld, Uigendorf und Dietelhofen, und somit fast das ganze Amt Neufra erworben.
- ↑ S. Beschr. des Oberamts Münsingen. S. 159 u. f. Die Herrschaft begreift die vereinigten Ämter Neufra und Hayingen in sich, mit folgenden Orten: a) zu dem Amte Neufra, oder dem sogen. obern Amt gerechnet: Neufra, Burgau 1/2, Dietelhofen, Uigendorf, Emerfeld, Warmthal; b) zu dem Amte Hayingen oder dem sogen. untern Amt gerechnet: Hayingen, Münsdorf, Derneck, Weiler 1/2, Bichishausen, Enabeuren 1/2. Das letztere Amt enthält die Stammgüter. Neufra, wozu schon in frühen Zeiten der Burgauische Antheil gehört, wurde 1399, Warmthal mit Habsburg 1405, Emerfeld 1430, Dietelhofen und Uigendorf 1534, und Enabeuren und Bichishausen, welches letztere jedoch schon vorher, wie Dernek, Gundelfingisch war, 1513 dazu erworben. Burgau steht, wegen früherer Verhältnisse, unter Tax. Standesherrschaft. S. Burgau. Der Flächeninhalt und die Bevölkerung der Herrschaft beträgt:
- a) im OA. Münsingen 12.9131/2 M. mit 1226 Einw.
- b) im OA. Riedlingen 8.0493/8 M. mit 1352 –
- Zus. 11/5 Q.M. oder 20.9627/8 M. mit 2578 Einw.
- Zus. 11/5 Q.M. oder 20.9627/8 M. mit 2578 Einw.
- ↑ S. Beschr. des Ob.Amts Münsingen, S. 162 u. f.